Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.06.2018, Az. 2 StR 211/18

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 7644

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sperrfrist wegen einer nicht im Katalog der Regelbeispiele enthaltenen Straftat


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Dezember 2017 aufgehoben, soweit

a) die Festsetzung der [X.] für die wegen illegalen Aufenthalts in der [X.] verhängte Einzelgeldstrafe unterblieben ist und

b) die Verwaltungsbehörde angewiesen worden ist, dem Angeklagten vor Ablauf von drei Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen illegalen Aufenthalts in der [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf von drei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Ferner hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die dagegen gerichtete, auf die Beanstandung der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. [X.] ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

3

2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat sowohl zum Schuldspruch, hinsichtlich der verhängten [X.] und der Gesamtfreiheitsstrafe sowie der Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

4

3. Hingegen hält der Strafausspruch hinsichtlich der Verurteilung wegen illegalen Aufenthalts in der [X.] (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) zu einer Einzelgeldstrafe rechtlicher Prüfung nicht vollumfänglich stand. Das [X.] hat insoweit auf eine Einzelgeldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen erkannt, jedoch rechtsfehlerhaft die [X.] nicht bestimmt.

5

Die Festsetzung der [X.] (§ 40 Abs. 2 Satz 1 StGB), die neben der Bemessung der Tagessatzzahl einen selbständigen Strafzumessungsvorgang darstellt (vgl. [X.], Beschluss vom 30. November 1976 - 1 [X.], [X.]St 27, 70, 72; Beschluss vom 10. Juni 1986 - 1 [X.], [X.]St 34, 90, 92), ist auch dann erforderlich, wenn, wie hier, die Einzelgeldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB in eine Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen wird (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 8. April 2014 - 1 [X.], [X.], 208, 209 mwN). Der Tatrichter hat daher die Bestimmung der [X.] nachzuholen (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, [X.]St 30, 93, 97). Der übrige Strafausspruch ist hiervon nicht berührt.

6

4. Die Anordnung der Sperrfrist kann nicht bestehen bleiben.

7

a) Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung ist im Urteil gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 [X.] zu begründen ([X.]/[X.], [X.], 29. Aufl., Rn. 553; MüKo[X.]/[X.], [X.], § 267 Rn. 440). Soll gegen den Angeklagten wegen einer nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthaltenen Straftat eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet werden, so ist die Vornahme einer Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit durch den Tatrichter zum Beleg der fehlenden Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich. Der erforderliche Umfang der Darlegung ist hierbei einzelfallabhängig (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Dezember 2014 - 3 StR 487/14, juris Rn. 3). Zwar liegt es bei typischen Verkehrsdelikten, zu denen Fahren ohne Fahrerlaubnis zählt, nicht fern, dass der Täter zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet und daher eine isolierte Sperrfrist anzuordnen ist ([X.], Beschluss vom 17. Dezember 2014 - 3 StR 487/14, aaO; Urteil vom 5. September 2006 - 1 [X.], [X.], 40). Eine auf den Einzelfall bezogene Begründung macht dies indes nicht entbehrlich. Zudem bedarf es bei der Bemessung der Sperrfrist der Darlegung der Prognoseentscheidung zur Dauer der voraussichtlichen Ungeeignetheit des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Oktober 2002 - 4 [X.], [X.], 46).

8

b) Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die [X.] hat ihre Überlegungen zur Anordnung der Maßregel sowie zur Dauer der isolierten Sperrfrist nicht dargelegt. Mangels jeglicher Ausführung zur Begründung des [X.] ist nicht nachvollziehbar, welche Kriterien für die [X.] bei der Anordnung der isolierten Sperrfrist und der Bestimmung ihrer Länge leitend gewesen sind. Dies erschließt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht, auch wenn die vielfachen Verurteilungen des Angeklagten wegen straßenverkehrsrechtlicher Vergehen für dessen charakterlichen Eignungsmangel sprechen.

9

5. Die zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 [X.]). Die neu zur Entscheidung berufene [X.] ist allerdings nicht gehindert, weitere Feststellungen zu treffen, sofern sie den bereits bestehenden nicht widersprechen.

Schäfer     

        

Eschelbach     

        

Bartel

        

Grube     

        

[X.]     

        

Meta

2 StR 211/18

19.06.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wiesbaden, 11. Dezember 2017, Az: 2280 Js 20205/17 - 2 KLs

§ 69 Abs 2 StGB, § 267 Abs 6 S 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.06.2018, Az. 2 StR 211/18 (REWIS RS 2018, 7644)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7644

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 211/18 (Bundesgerichtshof)


3 StR 417/23 (Bundesgerichtshof)


4 StR 231/22 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr u.a.: Nachweis der drogenbedingten Fahrunsicherheit


4 StR 176/19 (Bundesgerichtshof)

Fahren ohne Fahrerlaubnis bei mehreren Teilabschnitten der Fahrt


3 StR 424/23 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.