Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2000, Az. 2 StR 431/00

2. Strafsenat | REWIS RS 2000, 510

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[X.]/00vom15. November 2000in der Strafsachegegenwegenunerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.- 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.], zu Ziffer 3 auf dessen Antrag, [X.] November 2000 einstimmig [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Juli 2000a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte schul-dig [X.] unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln innicht geringer Menge in drei Fällen, davon in einem Fall un-ter Mitführung eines Gegenstands, der seiner Art nach zurVerletzung von Personen geeignet und bestimmt ist,des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln indrei Fällen,des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in224 Fällen, davon in 70 Fällen in Tateinheit mit [X.]) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen [X.] aufgehoben,aa) soweit der Angeklagte in den Fällen 155 bis 224 zu Ein-zelstrafen von jeweils vier Monaten verurteilt wurdebb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe von zwei Jahren- 3 -cc) soweit von der Anordnung der Unterbringung in einerEntziehungsanstalt abgesehen wurde.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] Die weitergehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten [X.] mit Betäubungsmitteln in 73 Fällen, davon in 70 Fällen in Tateinheitmit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie wegen unerlaubten [X.] von Betäubungsmitteln in 154 Fällen unter Einbeziehung einer rechts-kräftig verhängten Freiheitsstrafe von fünf Monaten zu einer Gesamtfreiheits-strafe von zwei Jahren sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall unterMitführung eines Gegenstands, der seiner Art nach zur Verletzung von [X.] geeignet und bestimmt ist, zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von dreiJahren und drei Monaten verurteilt. Von der Anordnung einer Maßregel nach§ 64 StGB hat das [X.] abgesehen. Die auf die Sachrüge gestützte Re-vision hat in dem aus dem [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im übri-gen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.- 4 -1. [X.] in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von [X.] in den Fällen 155 bis 224 kann nicht bestehen bleiben. Nach den Fest-stellungen des [X.]s tauschte der Angeklagte in diesen Fällen jeweils 1g Kokain bei dem [X.] gegen ein 1 g Heroin zum Eigenverbrauch ein,weil er Heroin bevorzugte. In weiteren 120 Fällen kaufte er bei dem [X.]0,5 oder 1 g Heroin, jeweils zum [X.] von 100,-- DM. Soweit er [X.] Fällen wegen des Erwerbs von Kokain verurteilt wurde, hat er nach den Ur-teilsfeststellungen für 1 g Kokain jeweils 120,-- DM bezahlt.Das [X.] hat den Tausch von Kokain gegen Heroin jeweils alsunerlaubtes Handeltreiben in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb angesehen.Das ist rechtsfehlerhaft, weil der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibensim Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG als ungeschriebenes Merkmal ein Han-deln aus Eigennutz voraussetzt; dies ist hier nicht festgestellt. Der Angeklagtegab das Kokain allenfalls zum Selbstkostenpreis an seinen Heroinlieferanten F.zum Zweck des Tauschs weiter; die Urteilsfeststellungen legen nahe, daß an-gesichts der Preisunterschiede von Heroin und Kokain der Tausch sogar unterdem Selbstkostenpreis erfolgte. Einen über den entgeltlichen Erwerb des [X.] hinausgehenden wirtschaftlichen Nutzen strebte der Angeklagte nicht an.Der unerlaubte Erwerb (von Heroin) steht daher in diesen Fällen in Tateinheitmit unerlaubter Veräußerung (von Kokain) nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (vgl.[X.], 306; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 15; [X.] 23. April 1992 - 4 [X.]; Körner, BtMG 4. Aufl. § 29 Rdn. 670). [X.] hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht demnicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen kön-nen.- 5 -2. [X.] bis 224 können nicht bestehenbleiben. Das [X.] hat hier auf [X.] von jeweils vierMonaten erkannt; in den Fällen 1 bis 154, in denen der Angeklagte (nur) wegenunerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln verurteilt wurde, sind Freiheits-strafen von jeweils zwei Monaten verhängt worden. Im Hinblick auf den höhe-ren Unrechtsgehalt des Handeltreibens gegenüber der (gleichfalls entgeltli-chen, aber ohne Eigennutz erfolgenden) Veräußerung von [X.] nicht auszuschließen, daß das [X.] bei zutreffender Beurteilung zuniedrigeren Einzelstrafen gelangt wäre. Der [X.] kann ausschließen, daß sichder Rechtsfehler auf die Bemessung der übrigen Einzelstrafen ausgewirkt hat.Da die Taten 155 bis 224 sämtlich in der [X.] vor dem Urteil des [X.] vom 13. April 1999 begangen wurden, dem das [X.] zu-treffend eine Zäsurwirkung beigemessen hat, war nur die unter [X.] Strafe aus dieser Verurteilung gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von zweiJahren aufzuheben. Daß die Bemessung der für die nach dem 13. April 1999begangenen Verbrechen nach §§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ver-hängten weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten vondem Rechtsfehler beeinflußt sein könnte, kann der [X.] ausschließen.3. Die Erwägungen, aus welchen das [X.] von der [X.] Maßregel nach § 64 StGB abgesehen hat, halten rechtlicher Überprüfungnicht stand. Nach den Urteilsfeststellungen konsumierte der Angeklagte seit1991 Haschisch und Amphetamin, später auch Kokain, ab Ende 1998 täglichHeroin. Es besteht eine mindestens psychische Abhängigkeit; nach seinerFestnahme litt der Angeklagte überdies unter körperlichen Entzugserscheinun-gen. Der Angeklagte wurde 1997 und 1998 jeweils unter anderem wegen [X.] verurteilt; die hier abgeurteilten Taten beging er über-- 6 -wiegend zur Sicherung seines Eigenverbrauchs. Das [X.] hat das [X.] eines Hangs im Sinne von § 64 Abs. 1 StGB bejaht, jedoch angenom-men, hieraus ergebe sich die Gefahr der Begehung künftiger Straftaten nicht.Dies hat das [X.] auf die Erwägung gestützt, der Angeklagte sei [X.] der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt gewe-sen; er werde daher auch bei Fortbestehen seiner Sucht in der Lage sein,künftige Straftaten zu vermeiden, und sich gegebenenfalls einer freiwilligenDrogentherapie unterziehen können.Diese Erwägungen tragen das Absehen von der Anordnung der [X.] nicht. Der vielfach wegen Gewaltdelikten und Betäubungsmittel-Straftatenvorbestrafte Angeklagte hat seit Entwicklung seiner Heroinsucht im Jahre 1998in schneller Folge eine Vielzahl von Straftaten begangen, die unmittelbar aufseine Abhängigkeit zurückzuführen sind und deren krimineller Gehalt sich ste-tig steigerte. Aufgrund der Feststellungen des [X.]s drängt sich die [X.] auf, daß er bei Fortbestehen seiner Sucht auch zukünftig Straftaten vonerheblichem Gewicht begehen wird, um seinen eigenen Betäubungsmittelkon-sum zu finanzieren. Daß er bei Begehung der abgeurteilten Taten voll schuld-fähig war, steht dem nicht entgegen; vielmehr zeigen gerade diese Taten, daßder Angeklagte trotz voll erhaltener Steuerungsfähigkeit immer wieder geneigt- 7 -ist, zur Finanzierung seiner Sucht auch Straftaten erheblichen Gewichts zu be-gehen. Die Möglichkeit einer freiwilligen Therapie nach § 35 BtMG steht [X.] der Maßregel nicht entgegen (vgl. [X.]/[X.], StGB 49. Aufl.§ 64 Rdn. 8 m.w.N.). RinBGH Dr. [X.] ist infolge Urlaubs verhindert, ihre Unter- schrift beizufügen.[X.]Rothfuß [X.] Elf

Meta

2 StR 431/00

15.11.2000

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2000, Az. 2 StR 431/00 (REWIS RS 2000, 510)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 510

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Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln


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