Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.10.2013, Az. VII R 68/11

7. Senat | REWIS RS 2013, 1591

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Gegenstand

Berichtigung einer Anrechnungsverfügung nach Änderung der bei der Veranlagung erfassten Einkünfte


Leitsatz

Werden durch einen die Festsetzung der Einkommensteuer ändernden Steuerbescheid die Einkünfte in abweichender Weise erfasst und führt diese Änderung zu einer entsprechenden Änderung der gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnenden Beträge, ist die erforderliche Berichtigung einer früheren Anrechnungsverfügung durch eine neue mit dem Steueränderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung oder einen Abrechnungsbescheid innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist vorzunehmen, die insoweit durch die Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids in Lauf gesetzt wird. Ob die Frist ggf. schon durch einen entsprechenden Feststellungsbescheid in Lauf gesetzt wird, bleibt offen .

Tatbestand

1

I. Nach einem im Jahr 2002 von dem für die [X.] ([X.]) zuständigen Finanzamt (Feststellungs-[X.]) erlassenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hatte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Veranlagungszeitraum 2001 aus einer Beteiligung an der [X.] gewerbliche Einkünfte erzielt; zugleich wurden auf die festzusetzende Steuer anzurechnende [X.] (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) sowie anrechenbare Körperschaftsteuer in bestimmter Höhe gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 2 der Abgabenordnung ([X.]) festgestellt. In der mit dem Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 25. Oktober 2002 verbundenen [X.] berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) u.a. diese Beträge.

2

Unter dem 25. April 2006 erhielt das [X.] eine geänderte Mitteilung des Feststellungs-[X.] über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001. Danach hatte die Klägerin gemäß einem nach § 164 Abs. 2 [X.] geänderten Feststellungsbescheid aus ihrer Beteiligung an der [X.] geringere Einkünfte als bisher festgestellt erzielt, während die [X.] und die anrechenbare Körperschaftsteuer nunmehr mit jeweils 0 DM festgestellt wurden.

3

Daraufhin erließ das [X.] unter dem 10. Mai 2006 einen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] geänderten Einkommensteuerbescheid für 2001, welcher der Besteuerung die gemäß dem geänderten Feststellungsbescheid verminderten gewerblichen Einkünfte zugrunde legte. In die mit dem Steuerbescheid verbundene [X.] wurde die geändert festgesetzte Einkommensteuer eingestellt, während die [X.] und die Körperschaftsteuer nicht dem geänderten Feststellungsbescheid entsprechend berichtigt wurden, so dass die [X.] im Ergebnis einen Erstattungsbetrag auswies.

4

Nachdem der Irrtum im Jahr 2008 bemerkt worden war, erließ das [X.] unter dem 8. Juli 2008 einen Einkommensteuerbescheid für 2001 mit gemäß §§ 129, 130 [X.] berichtigter [X.], die keine auf die Einkünfte aus der Beteiligung an der [X.] entfallenden [X.] und anrechenbare Körperschaftsteuer enthielt und somit im Ergebnis zu einem von der Klägerin noch zu entrichtenden Betrag führte. In dem hiergegen erhobenen Einspruch der Klägerin sah das [X.] einen Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids, den es unter dem 28. August 2008 mit einem der [X.] des Einkommensteuerbescheids vom 8. Juli 2008 entsprechenden Inhalt erließ.

5

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin geltend macht, die [X.] des § 129 [X.] lägen nicht vor, jedenfalls habe die [X.] wegen eingetretener Zahlungsverjährung nicht zu ihren Ungunsten geändert werden dürfen, wies das Finanzgericht ([X.]) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 200 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit ihrer Revision beruft sich die Klägerin auf Rechtsprechung des [X.] und macht geltend, die fünfjährige Frist für die Zahlungsverjährung habe im Streitfall mit der Bekanntgabe der ersten [X.] begonnen und sei durch spätere Änderungen nicht neu in Gang gesetzt worden. Nach Ablauf dieser Frist dürften die [X.] nicht mehr korrigiert werden.

7

Das [X.] schließt sich der Ansicht des [X.] an, wonach die [X.] erst mit der in Befolgung des geänderten Feststellungsbescheids geänderten [X.] begonnen habe.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene [X.] ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

9

1. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass Gegenstand des Streitfalls der [X.] vom 28. August 2008 und nicht die [X.] vom 8. Juli 2008 ist, weil das Verwaltungs- und Klageverfahren über den [X.] vorrangig ist gegenüber einer Anfechtung der [X.] (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 1987 VII R 32/87, [X.] 1988, 349).

2. Ebenso zutreffend hat das [X.] entschieden, dass nicht nur die unter dem 25. April 2006 vom [X.] mitgeteilte geänderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 182 Abs. 1 Satz [X.] für den Steuerbescheid bindend ist, sondern auch die gleichzeitig auf jeweils 0 DM geänderte Feststellung der [X.] sowie der anrechenbaren Körperschaftsteuer gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 i.V.m. Satz [X.] Bindungswirkung für die mit dem geänderten Steuerbescheid verbundene [X.] hat und diese gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz [X.] in entsprechender Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. [X.] in der sich aus dem Bescheid vom 8. Juli 2008 ergebenden Weise zu korrigieren ist. Dass das [X.] die Berichtigung der [X.] nicht auf vorgenannte Vorschriften, sondern auf §§ 129, 130 AO gestützt hat, ist ohne Bedeutung. Der angefochtene [X.] vom 28. August 2008 entspricht der zutreffenden [X.] aus dem Bescheid vom 8. Juli 2008.

3. Der Änderung der [X.] steht [X.] nicht entgegen.

Ob eine abgabenrechtliche Vorschrift die Berichtigung eines Verwaltungsakts erlaubt oder --wie hier-- sogar vorschreibt, sagt zwar nichts darüber aus, ob andere Vorschriften wie zum Beispiel diejenigen über die [X.] die Korrektur ggf. hindern (Senatsurteil vom 12. Februar 2008 VII R 33/06, [X.], 225, [X.], 504). Anders als die Revision meint, hindern aber im Streitfall Verjährungsvorschriften die Berichtigung der [X.] und der anrechenbaren Körperschaftsteuer nicht.

Die dem [X.] unter dem 25. April 2006 mitgeteilte Änderung der Besteuerungsgrundlagen durch das [X.] hat das [X.] mit dem Einkommensteuerbescheid vom 10. Mai 2006 innerhalb der Festsetzungsfrist umgesetzt (§ 171 Abs. 10 AO). Auf die danach erforderliche Änderung auch der mit dem Steuerbescheid verbundenen [X.] bzw. auf einen entsprechenden [X.] findet diese [X.] indes keine Anwendung, weil [X.] und [X.] Verwaltungsakte im Steuererhebungsverfahren sind, in dem es nur die fünfjährige Frist der [X.] gemäß § [X.] gibt. Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als das [X.] die mit dem Einkommensteuerbescheid vom 8. Juli 2008 verbundene berichtigte [X.] erließ.

Soweit nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, auf die sich die Revision beruft, die Anrechnung von [X.]n nach Ablauf der [X.]sfrist weder zu Gunsten noch zu Lasten des Steuerpflichtigen geändert werden kann, lag jenen entschiedenen [X.] als im [X.] keine sich auf die [X.] auswirkende geänderte Steuerfestsetzung zugrunde. Es handelte sich vielmehr um Fälle, in denen aufgrund vorgelegter Steuerbescheinigungen [X.] zunächst in die [X.] eingestellt, später jedoch vom [X.] nicht mehr als abzugsfähig anerkannt worden waren (Senatsurteile vom 27. Oktober 2009 VII R 51/08, [X.], 327, [X.], 382; vom 9. Dezember 2010 VII R 3/10, [X.] 2011, 750), Steuerbescheinigungen für geltend gemachte [X.] erst nach Ablauf der [X.]sfrist vorgelegt worden waren (Senatsurteil in [X.], 225, [X.], 504) und einbehaltene Lohnsteuer versehentlich zu hoch in die [X.] eingegeben worden war (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 VII R 55/10, [X.], 115, [X.], 220). Nur für solche Fälle unabhängig von einer geänderten Steuerfestsetzung zu berichtigender Posten einer [X.] gilt vorstehende Rechtsprechung.

Ändert sich dagegen die Festsetzung der Einkommensteuer, ist im Umfang dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene [X.] anzupassen, ohne dass der Anpassung bis dahin ggf. bereits abgelaufene [X.]sfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen könnten. Dies folgt aus der durch § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes --in der im Streitjahr geltenden [X.] (EStG) hergestellten Verknüpfung zwischen Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren, die dem Steuerbescheid eine einem Grundlagenbescheid ähnliche bindende Wirkung für ihm folgende [X.]en bzw. [X.]e verleiht (Senatsurteile vom 19. Dezember 2000 VII R 69/99, [X.], 162, [X.] 2001, 353; vom 12. November 2013 VII R 28/12, zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt). Die [X.] ist der geänderten Steuerfestsetzung anzupassen, indem der geänderte festgesetzte Betrag in sie eingestellt wird. Dies hat innerhalb der [X.]sfrist des § [X.] zu geschehen, die mit der Bekanntgabe des [X.] (insoweit erneut) in [X.] gesetzt wird (vgl. Senatsurteile in [X.], 115, [X.], 220 und in [X.] 2011, 750).

Gleiches gilt für die in die [X.] gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG (sowie gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG a.F.) aufzunehmenden [X.], soweit sich diese infolge bei der Veranlagung abweichend erfasster Einkünfte geändert haben. Dies folgt ebenfalls aus der gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG angeordneten Verknüpfung zwischen bei der Veranlagung erfassten Einkünften und (nur) den auf sie entfallenden [X.]n ("soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte [...] entfällt ..."). Die Änderung der Höhe der der Veranlagung zugrunde gelegten Einkünfte führt in der [X.] bzw. in einem [X.] zur Berücksichtigung damit im Zusammenhang stehender Änderungen der auf diese Einkünfte entfallenden [X.].

Im Streitfall ist das [X.] ersichtlich davon ausgegangen, dass die durch das [X.] mitgeteilte Verminderung der [X.] und der anrechenbaren Körperschaftsteuer auf jeweils 0 DM die Folge der nunmehr in geringerer Höhe als zuvor erfassten gewerblichen Einkünfte der Klägerin war. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für eine insoweit unzutreffende Annahme des [X.] sprechen; auch aus dem Vorbringen der Beteiligten ergibt sich nichts Entsprechendes. Der erkennende Senat sieht sich daher an diese Feststellung gebunden (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

Ebenso wie das [X.] die aufgrund geminderter gewerblicher Einkünfte der Klägerin herabgesetzte Einkommensteuer in eine geänderte [X.] einzustellen hatte, musste es deshalb (auch unabhängig von der im Streitfall anzuwendenden Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. [X.]) die damit im Zusammenhang stehenden geänderten [X.] in die [X.] aufnehmen. Diese Änderung der [X.] sowohl hinsichtlich der geändert festgesetzten Steuer als auch der auf 0 DM verringerten [X.] war --wie ausgeführt-- innerhalb der [X.]sfrist des § [X.] vorzunehmen, die jedenfalls mit der Bekanntgabe des [X.] vom 10. Mai 2006 in [X.] gesetzt wurde. Ob diese Frist in Fällen gemäß § 180 AO gesondert festgestellter Besteuerungsgrundlagen bzw. Abzugsposten bereits mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids zu laufen beginnt, kann im Streitfall offenbleiben, da die jeweils auf 0 DM herabgesetzten [X.] unter dem 8. Juli 2008, d.h. auch in diesem Fall innerhalb der Frist des § [X.] in die [X.] eingestellt worden sind.

Meta

VII R 68/11

29.10.2013

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 19. Oktober 2011, Az: 9 K 1772/10, Urteil

§ 171 Abs 10 AO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 AO, § 180 Abs 5 Nr 2 AO, § 182 Abs 1 AO, § 228 AO, § 36 Abs 2 Nr 2 EStG 2002, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.10.2013, Az. VII R 68/11 (REWIS RS 2013, 1591)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1591

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1 StR 519/20

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