Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.09.2018, Az. VII R 18/18

7. Senat | REWIS RS 2018, 3718

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Gegenstand

Zur Zahlungsverjährung bei mehrfach geänderter Einkommensteuer-Festsetzung


Leitsatz

NV: Wird die Festsetzung der Einkommensteuer geändert, ist im Umfang dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen, ohne dass bis dahin ggf. abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen (Bestätigung der Rechtsprechung). Eine Teil-Zahlungsverjährung sich aus früheren Steuerbescheiden ergebender Abschlusszahlungen tritt in solchen Fällen nicht ein .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. Februar 2018  8 K 2196/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Mit an den Kläger und Revisionskläger (Kläger) gerichteten Einkommensteuerbescheiden für 2001 bis 2003 vom 20. Februar 2006 änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die bisher für diese Veranlagungszeiträume ergangenen Bescheide. Aus den damit verbundenen Steueranrechnungen und der Berücksichtigung bereits getilgter Beträge ergab sich jeweils eine Abschlusszahlung. Nach hiergegen erhobenen Einsprüchen gewährte das [X.] die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Bescheide mit Schreiben vom 21. März 2006, in dem es (u.a.) hieß: "Die Aussetzung der Vollziehung endet bei einem angefochtenen Bescheid/Verwaltungsakt mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung/des geänderten Bescheides."

2

Unter dem 21. Dezember 2007 erließ das [X.] weitere [X.] für die o.a. Veranlagungszeiträume, deren [X.]en wiederum zu (wenn auch verringerten) Abschlusszahlungen führten.

3

Mit Datum vom 21. Oktober 2014 erließ das [X.] erneut [X.] für die genannten Veranlagungszeiträume, womit sich die bis dahin anhängig gewesenen Einspruchsverfahren erledigten. Die festgesetzte Einkommensteuer wurde für 2001 erhöht, für 2002 sowie für 2003 herabgesetzt und Zinsen zur Einkommensteuer sowie der [X.] entsprechend geändert. Die Steueranrechnungen führten wiederum zu für alle Veranlagungszeiträume verringerten Abschlusszahlungen.

4

Mit [X.] vom 17. Dezember 2014 stellte das [X.] (u.a.) für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003 fest, dass die mit den [X.] vom 21. Oktober 2014 geforderten Abschlusszahlungen in dieser Höhe bestünden und auch Säumniszuschläge angefallen seien.

5

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit welcher der Kläger den Eintritt der Zahlungsverjährung für die angeforderten Beträge geltend machte, wies das Finanzgericht ([X.]) ab. Zwar sei die Zahlungsverjährung nicht während des gesamten vergangenen Zeitraums durch AdV unterbrochen gewesen, weil davon auszugehen sei, dass die dem Kläger gewährte AdV einen Monat nach dem Erlass der [X.] vom 21. Dezember 2007 geendet habe. Allerdings sei das [X.] wegen der seinerzeit noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfrist berechtigt gewesen, die [X.] vom 21. Oktober 2014 zu erlassen. Ändere sich in einem solchen Fall die Festsetzung der Einkommensteuer, sei nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) die mit dem Änderungsbescheid verbundene [X.] anzupassen, ohne dass der Anpassung bis dahin ggf. bereits abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen könnten. Einer im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach eine Teilverjährung des Steueranspruchs eintreten könne, sei nicht zu folgen.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die [X.]-Entscheidungen, auf die sich das [X.] stütze, beträfen Fälle von Änderungen der [X.] wegen geänderter Steueranrechnungsbeträge, nicht aber wegen geänderter Steuern. Richtigerweise sei in Fällen geänderter Steuerbescheide von einer teilweisen Zahlungsverjährung auszugehen. Dies entspreche dem Wortlaut des § 229 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) sowie dem Sinn und Zweck der Zahlungsverjährung. Mit dem Änderungsbescheid beginne eine neue Zahlungsverjährungsfrist nur hinsichtlich des Steueranspruchs in seiner geänderten Höhe.

Entscheidungsgründe

II.

7

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O), soweit er für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003 angefochten ist. Die sich aus den [X.] der [X.] vom 21. Oktober 2014 ergebenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (Abschlusszahlungen) sind nicht gemäß § 47 i.V.m. § 228 [X.] durch Zahlungsverjährung erloschen.

8

Das [X.] hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu Recht entschieden, dass im Streitfall der (vom [X.] angenommene) Ablauf der Zahlungsverjährungsfrist für die sich aus den [X.]n vom 21. Dezember 2007 ergebenden Abschlusszahlungen dem sich aus den [X.]n vom 21. Oktober 2014 jeweils ergebenden Steueranspruch auf Entrichtung der Abschlusszahlung nicht entgegensteht.

9

Die Steueränderungsbescheide vom 21. Oktober 2014 sind innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen, die wegen der seinerzeit nicht beendeten Einspruchsverfahren noch nicht abgelaufen war (§ 171 Abs. 3a [X.]). Zwar haben die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung keine Wirkung auf die mit dem Steuerbescheid verbundene [X.], da es sich bei dieser um einen Verwaltungsakt im Steuererhebungsverfahren handelt, in dem es nur die Zahlungsverjährung gemäß § 228 [X.] gibt, weshalb nach Ablauf der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist eine [X.] grundsätzlich weder zu Gunsten noch zu Lasten des Steuerpflichtigen geändert werden kann. Anders verhält es sich jedoch nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 29. Oktober 2013 VII R 68/11, [X.], 111, [X.], 115, m.w.N.), wenn --wie im [X.] mit einem Steueränderungsbescheid die Festsetzung der Einkommensteuer geändert wird. In einem solchen Fall ist im Umfang dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene [X.] anzupassen, ohne dass bis dahin ggf. abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen. Dies folgt aus der durch § 36 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --in der in den Streitjahren geltenden [X.] hergestellten Verknüpfung zwischen Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren, die dem Steuerbescheid eine einem Grundlagenbescheid ähnliche bindende Wirkung für ihm folgende [X.]en bzw. [X.] verleiht. Die [X.] ist der geänderten Steuerfestsetzung anzupassen, indem der geänderte festgesetzte Steuerbetrag in sie eingestellt wird. Dies hat innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist des § 228 [X.] zu geschehen, die mit der Bekanntgabe des [X.] (insoweit erneut) in Lauf gesetzt wird.

An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest. Der Einwand der Revision, die vorgenannte BFH-Rechtsprechung betreffe allein Fälle geänderter Steueranrechnungsbeträge, trifft nicht zu. Vielmehr wird im Senatsurteil in [X.], 111, [X.], 115 ausdrücklich hervorgehoben, dass dem damaligen Streitfall eine geänderte Steuerfestsetzung zugrunde gelegen habe, die sich entsprechend auf die [X.] auswirken müsse.

Daher kommt --wie das [X.] zutreffend erkannt hat-- eine Teilverjährung der wegen des [X.] nunmehr angepassten Abschlusszahlung in dem Sinne, dass ein Steueranspruch nur auf Entrichtung eines über die frühere Abschlusszahlung hinausgehenden Betrags besteht, nicht in Betracht. Für einen bestimmten Veranlagungszeitraum der Einkommensteuer besteht ein einheitlicher Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, der bei mehrfach geänderter Steuerfestsetzung nicht in unterschiedliche Steuerzahlungsansprüche oder Erstattungsansprüche aufgespalten werden kann, die bezogen auf die jeweils ergangenen Steuerbescheide unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen (Senatsurteil vom 6. Februar 1996 VII R 50/95, [X.], 556, [X.] 1997, 112; ebenso [X.] in [X.]/[X.], [X.]/[X.]O, § 229 [X.] Rz 10a; a.A.: Loose in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 228 [X.] Rz 5; [X.], Abgabenordnung, 3. Aufl., § 228 Rz 8; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 228 [X.] Rz 14). Mit der der geänderten Steuerfestsetzung angepassten [X.] wird der Betrag der Abschlusszahlung bzw. der Erstattung im Ganzen neu ausgewiesen und nicht etwa nur ein über die geänderte [X.] hinausgehender Betrag. Durch den Änderungsbescheid verliert der geänderte Bescheid in vollem Umfang seine Wirkung (s. für Änderungen im Einspruchsverfahren § 365 Abs. 3 [X.]). Um [X.] § 231 Abs. 4 [X.], auf den die vorgenannten Vertreter der Gegenmeinung verweisen, geht es dabei nicht. Auch dies hat das [X.] zutreffend ausgeführt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII R 18/18

18.09.2018

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 16. Februar 2018, Az: 8 K 2196/15, Urteil

§ 171 Abs 3a AO, § 228 AO, § 231 AO, § 36 Abs 2 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.09.2018, Az. VII R 18/18 (REWIS RS 2018, 3718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3718


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VII R 18/18

Bundesfinanzhof, VII R 18/18, 18.09.2018.


Az. 8 K 2196/15

FG München, 8 K 2196/15, 16.02.2018.


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6 K 174/20 (FG Nürnberg)

Erledigung der Hauptsache in Steuersache


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1 StR 519/20

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