VG Würzburg, Urteil vom 18.10.2018, Az. W 5 K 17.18

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Gegenstand

Erfolglose Klage gegen rechtmäßige bauaufsichtliche Anordnungen bezüglich Beseitigung von Mängeln in einem Wohngebäude


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Landratsamts ..., mit dem ihr aufgegeben wurde, Arbeiten an den Feuerstätten, Kaminen, Verbindungsstücken und Lüftungseinrichtungen in einem Wohngebäude vorzunehmen.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks …straße ...1 in 97… … Am 10. Dezember 2014 fand im Anwesen der Klägerin eine Feuerstättenschau durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger R. statt, bei der ausweislich des Mängelberichts vom 23. Dezember 2014 (in der überarbeiteten Fassung vom 23. Januar 2015) eine Reihe von Mängeln festgestellt wurden. Hiergegen ließ die Klägerin durch Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 20. Januar 2015 Einwendungen geltend machen.

Nach weiterem, sich über Monate hinziehenden Schriftverkehr zwischen dem Bevollmächtigten der Klägerin und dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger R. gab letzterer die Angelegenheit an das Landratsamt ... ab, das mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 die Klägerin zur Beseitigung der (aus ihrer Sicht bestehenden) Mängel aufforderte. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen dem Landratsamt und dem Bevollmächtigten der Klägerin hörte das Landratsamt schließlich unter dem 15. November 2016 die Klägerin über ihren Bevollmächtigten zum Erlass eines Bescheids - der im Vorentwurf beigefügt war - bis zum 30. November 2016 an. Mit Schreiben vom 16. November 2016 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass er die Angelegenheit mit seiner Mandantin besprechen werde und davon ausgehe, dass einstweilen keine weiteren Maßnahmen getroffen würden. Auf das Schreiben des Landratsamts ... vom 18. November 2016, dass mit Ablauf der Anhörungsfrist ein Bescheid erlassen werde, erfolgte keine Reaktion.

2. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2016 erließ das Landratsamt ... folgende Anordnungen:

„1. Frau … …, …straße ...1, 97… …, wird aufgegeben, unverzüglich, jedoch bis spätestens 15.01.2017 in dem auf ihrem Grundstück stehenden Gebäude nachstehende Arbeiten an den Feuerungsstätten, Kaminen, Verbindungsstücken und Lüftungseinrichtungen vorzunehmen:

a) Bei der Einzelraumfeuerstätte der Marke Wamsler, die sich im Flur des Erdgeschosses befindet, sind die defekten Schamottsteine im Brennraum auszutauschen. Die obere Umlenkplatte im Brennraum ist einzubauen. Sofern die in Buchst. a) angeordneten Reparaturen nicht geplant sind, ist der Ofen stillzulegen oder durch einen neuen zu ersetzen.

b) Die sich im Keller befindliche Zuluftöffnung ist beim Betrieb der Feuerstätte zu öffnen.

c) Die schadhaften innenliegenden Reinigungstüren der Revisionsöffnungen des Heizungskamins sind sowohl an der Sohle als auch im Dachbodenbereich instand zu setzen bzw. zu erneuern.

d) Der Abstand der Schornsteinreinigungsöffnung im Dachboden zu den vorhandenen Bauteilen aus brennbaren Stoffen ist auf mindestens 40 cm zu erweitern.

e) Zwischen dem Rauchrohr der Einzelraumfeuerstätte im Erdgeschoss und der brennbaren Türverkleidung ist ein Abstand von mindestens 40 cm einzuhalten. Bei doppelwandiger Ausführung des Rauchrohres mit 2 cm Isolierung, kann der Abstand auf 10 cm verkürzt werden.

f) Es ist eine Sicherheitseinrichtung einzubauen, die sicherstellt, dass beim gleichzeitigen Betrieb der Dunstabzugshaube in der Küche sowie der raumluftabhängigen Feuerstelle im Erdgeschoss keine gefährlichen Abgase von der Dunstabzugshaube aus der Feuerstelle gezogen werden können.

g) Die an der Schornsteingruppe angebrachten brennbaren Verkleidungen/Wandvertäfelungen müssen so verändert werden, dass ein Abstand von 5 cm (Hinterlüftung) zum Kamin eingehalten wird.

h) Alle Möbel bzw. brennbaren Baustoffe müssen einen Abstand von mindestens 5 cm zum Kamin einhalten.

2. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 a) bis 1 h) des Bescheids nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wird angeordnet.

3. Für den Fall der Nichterfüllung der Anordnung aus der Ziffer 1 a) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 Euro fällig.

4. Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung aus Ziffer 1 b) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 Euro fällig.

5. Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung aus Ziffer 1 c) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 Euro fällig.

6. Für den Fall der Nichterfüllung der Anordnung aus Ziffer 1 d) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 Euro fällig.

7. Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung aus Ziffer 1 e) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 Euro fällig.

8. Für den Fall der Nichterfüllung der Anordnung aus Ziffer 1 f) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 Euro fällig.

9. Für den Fall der Nichterfüllung der Anordnung aus Ziffer 1 g) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 150,00 Euro fällig.

10. Für den Fall der Nichterfüllung der Anordnung aus Ziffer 1 h) dieses Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 150,00 Euro fällig.

11. Frau … … hat als Veranlasserin dieser Amtshandlung die Kosten des Verfahrens zu tragen.

12. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 70,00 Euro festgesetzt.“

Zur Begründung wurde ausgeführt: Nach Art. 54 Abs. 4 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO könnten die zuständigen Bauaufsichtsbehörden bei bestehenden baulichen Anlagen Anforderungen stellen, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig sei. Die unter Ziffer 1 dieses Bescheids getroffenen Maßnahmen seien nach der gegebenen Sachlage erforderlich, um erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit des Eigentümers bzw. der Allgemeinheit abzuwehren. Dies ergebe sich aus diversen Mängelanzeigen des Bezirksschornsteinfegermeisters R. Die Maßnahmen stünden nach Art. 8 LStVG auch im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs. Die unter Ziffer 1 dieses Bescheids getroffenen Maßnahmen stellten die einzige Möglichkeit dar, die momentan vorhandene Gefährdung abzuwenden bzw. die erforderliche Sicherheit im dortigen Bereich zu gewährleisten. Zudem seien diese Maßnahmen auch die, die den geringsten finanziellen Aufwand verursachten. Somit erfüllten die unter Ziffer 1 dieses Bescheids getroffenen Maßnahmen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im vorliegenden Fall hätten Zwangsgelder gemäß Art. 31 VwzVG angedroht werden können, um die unter Ziffer 1 dieses Bescheids erhobenen Forderungen durchzusetzen. Die für die Mängelbeseitigung gesetzte Frist sei im Hinblick auf den Umfang der durchzuführenden Arbeiten angemessen.

3. Gegen den Bescheid vom 1. Dezember 2016 ließ die Klägerin am 5. Januar 2017 Klage erheben mit dem

A n t r a g, den Bescheid des Landratsamts ... vom 1. Dezember 2016 aufzuheben.

Ebenfalls am 5. Januar 2017 stellte die Klägerin bei Gericht den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (W 5 S 17.19). Zur Begründung der Klage wie auch des Antrags wurde vorgebracht: Der Klägerin sei es - mit Blick auf die lange Dauer der gesamten Angelegenheit - nicht zumutbar, die geforderten baulichen Änderungen an ihrem Anwesen (sofort) vorzunehmen, bevor eine die Sache abschließende Entscheidung vorliege. Im Verlauf des sich über zwei Jahre hinziehenden Schriftwechsels sei weder der Bezirkskaminkehrermeister noch das Landratsamt auf die seitens der Klägerin vorgebrachten Einwendungen eingegangen. Der streitgegenständliche Bescheid sei mangels nachvollziehbarer Begründung, hilfsweise aus anderen Gründen, rechtswidrig. Die in der Begründung des Bescheids erfolgenden, pauschalen Ausführungen, wonach sich der vermeintlich rechtswidrige Zustand aus den diversen Mängelanzeigen des Bezirkskaminkehrermeisters ergebe, reichten nicht aus, um die vermeintlich vorliegende akute Gefahr für Leib und Leben zu begründen. Die Behörde habe sich mit den durch die Klägerin vorgebrachten Einwendungen schlichtweg nicht auseinandergesetzt. Der Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt eine Hilfestellung durch den Bezirkskaminkehrermeister angeboten worden. Wenn von Seiten der Behörde darauf hingewiesen werde, dass der Bescheid unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergangen sei, sei darauf hinzuweisen, dass Arbeiten an einer bestehenden Heizungsanlage inmitten der Heizperiode schlichtweg nicht zumutbar seien. Schließlich sei mitzuteilen, dass die Klägerin grundsätzlich bereit sei, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht den Anordnungen in Ziffer 1a) bis c), e) und f) Folge zu leisten.

4. Das Landratsamt ... beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen: Das Landratsamt müsse sich bei der Beurteilung der aufgeführten Mängel auf die fachlichen Ausführungen des ausnahmslos zuständigen bevollmächtigten Schornsteinfegers verlassen. Der Klägerin sei es sehr wohl zuzumuten gewesen, die im Bescheid festgelegten Verpflichtungen bis zum Ablauf der festgesetzten Frist zu erfüllen. Auch die Behauptung, es bestehe keine erhebliche Gefahr für das Leben der Bewohner, könne so nicht nachvollzogen werden. Gerade in der anstehenden Heizperiode ergebe sich beim Betrieb der Einzelraumfeuerstätte eine erhöhte Brandgefahr. Wie aus der bisherigen Verfahrensweise zu ersehen sei, sei die Klägerin nicht gewillt, die von ihr zunächst auf formlosen Weg verlangten Mängel zu beseitigen. Im gesamten Verfahren habe die Klägerin die in Rede stehenden Mängel nicht ausdrücklich bestritten, sondern vielmehr nur auf eventuell fehlende Begründungen verwiesen. Auch sei seitens der Klägerin vor Erlass des Bescheides nicht mitgeteilt worden, dass bereits Mängel behoben worden seien bzw. dass eine Bereitschaft hierzu bestehe. Insofern die Klägerin nunmehr eine Mängelbeseitigung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht in Aussicht stelle, habe dies auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids keine Auswirkungen.

5. Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2017 brachte der Klägerbevollmächtigte vor, dass die Punkte 1a) sowie 1b) des gegenständlichen Bescheids abgearbeitet worden seien. Die vermeintlich defekten Schamottsteine in der Einzelraumstätte seien ersetzt worden. Der Bezirksschornsteinfeger habe die Ordnungsgemäßheit bestätigt. Die unter Punkt 1c) genannten Reinigungstüren seien durch die Klägerin überprüft worden, ein Austausch habe sich erübrigt. Bezüglich „Punkt 1?“ werde mitgeteilt, dass die Klägerin die sog. „Promatplatten“ bestellt habe und sie grundsätzlich beabsichtige, diese entsprechend anzubringen. Zu Punkt 1f) werde mitgeteilt, dass eine entsprechende Sicherheitseinrichtung angebracht worden sei. Zu Punkt 1g) werde mitgeteilt, dass eine derartige bauliche Veränderung grundsätzlich nicht bzw. nur sehr schwer möglich sei, und durch die Klägerin abgelehnt werde. Zu Punkt 1h) werde mitgeteilt, dass zwischen dem Kamin und dem Schrank eine gemauerte Wand bestehe, so dass nicht von einer Brandgefahr durch den Schrank auszugehen sei. Zur vermeintlichen Mangelhaftigkeit der Befeuerungsanlage dürfe nunmehr vorgetragen werden, dass der vom Bescheid ebenfalls betroffene Kaminofen im Jahr 2009 installiert und vom Bezirkskaminkehrermeister abgenommen worden sei, ohne dass Mängel festgestellt worden seien. Auch im Rahmen der jährlich durchgeführten Mess- und Kehrarbeiten habe es keinerlei Beanstandungen gegeben.

6. Mit Schreiben vom 31. März 2018 teilte das Landratsamt Bad Kissingen mit, dass durch die Mängelbeseitigungen hinsichtlich der Ziffern 1a) und 1b) die entsprechenden Forderungen umgesetzt worden seien. Zu Ziffer 1c) sei festzuhalten, dass eine Rücksprache ergeben habe, dass die Türen in der ursprünglichen Bauweise nicht mehr hergestellt würden, so dass die gesamten Türen auszutauschen seien. Die Einlassung des Klägervertreters zu Ziffer 1e) belege die Notwendigkeit der Forderung. Die in Ziffer 1e) geforderte Anbringung sei erst nach Erlass des Bescheids erfolgt. Die zu der Forderung der Entfernung der Wandvertäfelung vorgelegten Beweismittel träfen keine Aussage zu den aufgeführten Mängeln. Zu Ziffer 1h) sei festzustellen, dass die Klägerseite bei der Feuerbeschau nichts davon erwähnt habe, dass noch eine zusätzliche Wand vorhanden sei. Wenn diese tatsächlich vorhanden sei, könne der Schrank dort belassen werden. Hinsichtlich des Kaminofens bleibe festzuhalten, dass sich bei der Feuerbeschau am 10. Dezember 2014 die festgestellten Mängel gezeigt hätten.

7. Bereits mit Beschluss der Kammer vom 7. Februar 2017 war der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (W 5 S 17.19) abgelehnt worden. Wegen der Begründung wird auf den vg. Beschluss Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2018 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert.

Mit Beschluss der Kammer wurde vom Verfahren W 5 K 17.18 das Verfahren abgetrennt, soweit es sich auf die Ziffern 1a, 1b, 1f, 1h und die Ziffern 3, 4, 8 und 10 bezieht, und unter dem Aktenzeichen W 5 K 18.1350 fortgeführt und dieses Verfahren nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt.

Der Klägerbevollmächtigte stellte den

A n t r a g, den Bescheid des Landratsamts ... vom 1. Dezember 2016 in Ziffern 1c, 1d, 1e, 1g und 5, 6, 7, 9, 11 und 12 aufzuheben.

Der Vertreter des Beklagten stellte den

A n t r a g,

die Klage insoweit abzuweisen.

Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung im Übrigen wird auf das Protokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist. Die Anordnungen des Landratsamts Bad Kissingen vom 1. Dezember 2016 sind - jedenfalls soweit sie noch angegriffen sind - nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Klägerseite kann mit ihren Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 1. Dezember 2016 nicht durchdringen.

Zwar ist dem Bevollmächtigten der Klägerin zuzubilligen, dass es im Sinne eines bürgerfreundlichen Verhaltens sowohl von Seiten des bevollmächtigten Bezirkskaminkehrers als auch der Bauaufsichtsbehörde zu begrüßen gewesen wäre, wenn von diesen im Rahmen einer sich über fast zwei Jahre hinziehenden Korrespondenz nicht lediglich pauschal auf frühere Mängelberichte verwiesen worden wäre und stattdessen auf konkrete Fragen auch konkrete Antworten gegeben worden wären. Möglicherweise hätte sich dadurch auch dieser Rechtsstreit vermeiden lassen. Letztlich kann dieses Verhalten im Vorfeld des Erlasses eines Verwaltungsaktes aber keinen Formfehler des streitgegenständlichen Bescheids auslösen, der zu dessen Aufhebung führen würde. Wenn die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids auch sehr knapp ausfällt, dürften wohl noch die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG gewahrt sein, wonach in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Darüber hinaus spricht einiges dafür, dass selbst für den Fall, dass ein etwaiger Begründungsmangel nicht im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens geheilt werden sollte (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG), er unbeachtlich wäre, weil offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. Art. 46 BayVwVfG).

2. Die noch streitgegenständlichen Anordnungen in Ziffer 1 Buchst. c), d), e) und g) erweisen sich auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig.

Die streitgegenständlichen Anordnungen finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 54 Abs. 4 BayBO. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Befugnisnorm liegen vor. Das Landratsamt ... hat zudem das ihm zustehende Ermessen erkannt und in pflichtgemäßer Weise davon Gebrauch gemacht, § 114 Satz 1 VwGO. Im Einzelnen:

Gemäß Art. 54 Abs. 4 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen Anforderungen stellen, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Feuerungsanlagen sind selbst bauliche Anlagen nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand 129. Erg.Lief. März 2018, Art. 40 Rn. 2). Unter den Begriff „Feuerungsanlagen“ fallen Feuerstätten und Abgasanlagen (vgl. Art. 40 Abs. 1 BayBO; vgl. auch Simon/Busse, BayBO, Art. 40 Rn. 5). Der Begriff „Anforderungen“ ist weit auszulegen. Dass der mögliche Inhalt der Anforderungen im Gesetz nicht näher festgelegt ist, ist verfassungsrechtlich nicht bedenklich, da die Vorschrift kraft Verfassungsrechts zum Inhalt hat, dass die Anforderungen nur rechtmäßig sind, wenn sie notwendig, zweckmäßig und verhältnismäßig sind und dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs genügen (Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 166). Voraussetzung für die Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO ist es, dass die Anforderung zur Abwehr von erheblichen Gefahren, die Leben und Gesundheit betreffen, notwendig ist. Das Vorliegen einer abstrakten Gefahr genügt, d.h. ein Zustand, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine nicht nur entfernte Möglichkeit entstehender Schäden enthält (Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 169). Eine derartige Gefahr ist hier bei den gegebenen Mängeln an der Feuerungsanlage der Klägerin zu bejahen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Anordnungen vor. Im Einzelnen:

Die materiell-rechtlichen Anforderungen an Feuerungsanlagen, dies sind Feuerstätten und Abgasanlagen (vgl. Art. 40 Abs. 1 BayBO), ergeben sich im Wesentlichen aus Art. 40 BayBO sowie aus der auf Art. 80 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 sowie Abs. 6 BayBO beruhenden Feuerungsverordnung vom 11. November 2007 (GVBl. S. 800 - FeuV).

Gemäß Art. 40 Abs. 1 BayBO müssen Feuerstätten und Abgasanlagen betriebssicher und brandsicher sein. Feuerstätten dürfen in Räumen nur aufgestellt werden, wenn nach der Art der Feuerstätte und nach Lage, Größe, baulicher Beschaffenheit und Nutzung der Räume Gefahren nicht entstehen (Art. 40 Abs. 2 BayBO). Abgase von Feuerstätten sind durch Abgasleitungen, Kamine und Verbindungsstücke so abzuführen, dass keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen entstehen. Abgasanlagen sind in solcher Zahl und Lage und so herzustellen, dass die Feuerstätten des Gebäudes ordnungsgemäß angeschlossen werden können; sie müssen leicht gereinigt werden können (Art. 40 Abs. 3 Satz 1, 2 und 3 BayBO). Die vg. Anforderungen gelten dann als erfüllt, wenn die einschlägigen technischen Regeln eingehalten sind (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 40 Rn. 81). Weitere Einzelanforderungen ergeben sich aus der Feuerungsverordnung, der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV) und den Technischen Bestimmungen (DIN) (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 40 Rn. 82).

Die streitgegenständlichen Feuerungsanlagen im Anwesen der Klägerin halten die einschlägigen technischen Regeln nicht ein. Im Einzelnen:

Soweit mit Ziffer 1 Buchst. c) gefordert wird, dass die schadhaften innenliegenden Reinigungstüren der Revisionsöffnungen des Heizungskamins sowohl an der Sohle als auch im Dachbodenbereich instand zu setzen bzw. zu erneuern sind, stellt dies auf die Feststellung des bevollmächtigten Bezirkskaminkehrers ab, wonach bei der Feuerstättenschau vom 10. Dezember 2014 die innenliegenden Reinigungstüren der Revisionsöffnungen des Heizungskamins sowohl an der Sohle als auch im Dachbodenbereich schadhaft waren. Nach § 7 Abs. 7 Nr. 5 FeuV müssen Schornsteine für die Reinigung Öffnungen mit Schornsteinreinigungsverschlüssen haben. Die Anordnung stützt sich auf Art. 40 Abs. 1 BayBO, der einen betriebssicheren und brandsicheren Zustand der Abgasanlagen, also auch des Kamins (Art. 40 Abs. 3 Satz 1 BayBO) verlangt. Wenn die Türen nicht repariert werden können, sind sie - wie in Ziffer 1 Buchst. c) gefordert - auszutauschen. Der Austausch hat sich nicht - wie die Klägerin pauschal vortragen lässt - erübrigt.

Die Anordnung in Ziffer 1 Buchst. d) des streitgegenständlichen Bescheids, wonach der Abstand der Schornsteinreinigungsöffnung im Dachboden zu den vorhandenen Bauteilen aus brennbaren Stoffen auf mindestens 40 cm zu erweitern ist, stellt ab auf § 8 FeuV, der Festlegungen trifft zu Abständen von Abgasanlagen zu brennbaren Bauteilen. Abgasanlagen müssen demnach zu Bauteilen aus brennbaren Baustoffen so weit entfernt oder abgeschirmt sein, dass an den genannten Bauteilen bei Nennleistung keine höheren Temperaturen als 85° C und bei Rußbränden in Schornsteinen keine höheren Temperaturen als 100° C auftreten können (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 40 Rn. 131). Die Verbindungsstücke zu Schornsteinen müssen von Bauteilen aus brennbaren Baustoffen einen Abstand von mindestens 40 cm einhalten, wobei ein Abstand von 10 cm genügt, wenn die Verbindungsstücke mindestens 2 cm dick mit nichtbrennbaren Baustoffen mit geringer Wärmeleitfähigkeit ummantelt sind, vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 4 FeuV (Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Stand 128. Erg.Lief. Sept. 2018, Art. 40 Rn. 142a).

Nach Ziffer 1 Buchst. e) ist zwischen dem Rauchrohr der Einzelraumfeuerstelle im Erdgeschoss und der brennbaren Türverkleidung ein Abstand von mindestens 40 cm einzuhalten, bei doppelseitiger Ausführung des Rauchrohres mit 2 cm Isolierung kann der Abstand auf 10 cm verkürzt werden. Ausweislich des Mängelberichts des bevollmächtigten Bezirkskaminkehres R. soll diese Forderung gestützt sein auf § 8 Abs. 1 Ziffer 3 und § 8 Abs. 4 FeuV. § 8 Abs. 1 FeuV enthält jedoch - worauf der Bevollmächtigte der Klägerin schon gegenüber dem bevollmächtigten Bezirkskaminkehrer und der Behörde hingewiesen hat - keine Ziffer 3 Absatz 4 dieser Vorschrift regelt - worauf von Klägerseite ebenfalls ohne Reaktion der Behörde hingewiesen wurde -, dass für den Fall, dass bei Durchführungen von Abgasanlagen durch Bauteile aus brennbaren Baustoffen Zwischenräume verschlossen werden, dann nicht brennbare Baustoffe mit geringer Leitfähigkeit verwendet werden müssen und die Anforderungen des Absatz 1 erfüllt werden müssen. Diese Vorschriften können mithin erkennbar nicht auf die getroffene Anordnung herangezogen werden. Heranzuziehen ist vielmehr auch hier § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 4 FeuV (s.o.). Bei dem Rauchrohr handelt es sich um eine Verbindungsstück i.S.v. § 40 Abs. 3 Satz 1 FeuV, nämlich um eine Vorrichtung zwischen dem Abgasstutzen der Feuerstätte und dem Schornstein als dem senkrechten Teil der Abgasanlage (vgl. zur Begriffsdefinition Anlage 4 zu § 7 Nr. 23 der Kehr- und Überprüfungsverordnung). Wenn die Klägerseite hierzu vorbringt, dass sie sog. „Promatplatten“ bestellt habe und sie grundsätzlich beabsichtige diese einzubauen, aber noch nicht angebracht worden seien, vermag dies nichts an der Rechtmäßigkeit der Forderung der Behörde zu ändern.

Die Anordnung in Ziffer 1 Buchst. g), wonach die an der Schornsteingruppe angebrachten brennbaren Verkleidungen/Wandvertäfelungen so verändert werden müssen, dass ein Abstand von 5 cm (Hinterlüftung) zum Kamin eingehalten wird, wird gestützt auf § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 FeuV. Nach dieser Vorschrift müssen Schornsteine zu Bauteilen aus brennbaren Stoffen einen Abstand von 5 cm einhalten (vgl. Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Art. 40 Rn. 142). Das völlig unsubstantiierte Vorbringen der Klägerseite, dass eine derartige bauliche Veränderung „grundsätzlich nicht/nur sehr schwer möglich“ sei und durch die Klägerin abgelehnt werde, vermag nichts an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnung zu ändern.

Der Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnungen steht auch kein nach § 114 Satz 1 VwGO im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zu beanstandender Ermessensfehler entgegen. Insbesondere genügen die getroffenen Anordnungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies gilt auch für die Frage der Fristsetzung in Ziffer 1 Halbs. 1 der streitgegenständlichen Anordnungen. Die Kammer hat nicht den geringsten Zweifel daran, dass eine Frist von sechs Wochen ausreichend ist, um es der Klägerin zu ermöglichen, die ihr aufgezeigten Mängel zu beheben, zumal ihr die Mängel schon seit langer Zeit bekannt sind.

3. Die Androhung der Zwangsgelder in Ziffer 5, 6, 7 und 9 des streitgegenständlichen Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung bestehen nicht, zumal Einwendungen hiergegen auch nicht vorgebracht wurden. Insbesondere sind sie ausreichend bestimmt. Die Höhe der jeweils angedrohten Zwangsgelder liegt mit 100,00 EUR bis 200,00 EUR im unteren Bereich des gesetzlich vorgegebenen Rahmens des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG. Keine Bedenken hat die Kammer hinsichtlich der in Ziffern 11 und 12 getroffenen Kostenentscheidung, zumal von Klägerseite insoweit keinerlei Einwendungen vorgebracht wurden.

4. Mithin war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

Meta

W 5 K 17.18

18.10.2018

VG Würzburg

Urteil

Sachgebiet: K

Zitier­vorschlag: VG Würzburg, Urteil vom 18.10.2018, Az. W 5 K 17.18 (REWIS RS 2018, 2662)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2662

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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