Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2004, Az. XII ZR 308/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2852

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/01 Verkündet am: 9. Juni 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 1581, 1578 Abs. 1, 1573 Abs. 2 und 5, 242 Bb a) Zur Abänderung eines Prozeßvergleichs über einen nach § 1581 BGB herabge-setzten nachehelichen Unterhalt nach Änderung der höchstrichterlichen Recht-sprechung zur [X.]. b) Zur Bindungswirkung an eine - nicht vorgenommene - zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Anspruchs auf Billigkeitsunterhalt.
[X.], Urteil vom 9. Juni 2004 - [X.]/01 - OLG Düsseldorf

AG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 9. Familiensenats des [X.] vom 31. Oktober 2001 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die [X.]en streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über nachehelichen Ehegattenunterhalt. Die am 1. August 1980 geschlossene Ehe der [X.]en ist seit dem 17. Juni 1989 rechtskräftig geschieden. Die am 20. September 1981 geborene gemeinsame Tochter [X.] lebte seit der Trennung der [X.]en im Jahre 1987 im Haushalt der [X.]; seit Frühjahr 2001 unterhält die Tochter eine eigene Wohnung. Der Kläger zahlt für sie monatlichen Unterhalt in Höhe von 825 DM. Der Kläger ist wieder verheiratet; aus dieser Ehe sind die am 20. Februar 1990 geborene Tochter [X.] und die am 18. August 1991 geborenen [X.] - 3 - und [X.] hervorgegangen. Die Ehefrau des [X.] ist neben der [X.] erwerbstätig. Am 6. September 1996 schlossen die [X.]en einen gerichtlichen [X.]svergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, an die Beklagte monatli-chen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 2.000 DM zu zahlen. Die [X.]en hatten folgende Vergleichsgrundlagen festgelegt: Für die Bedarfsbe-rechnung war von dem zugrunde gelegten Einkommen des [X.] i.H.v. 10.500 DM nur der Unterhalt für die Tochter [X.] i.H.v. seinerzeit 925 DM abzu-ziehen. Der aus dem so bereinigten Einkommen des [X.] ermittelte eheliche Lebensbedarf der [X.] i.H.v. 3/7 (= rd. 4.100 DM) wurde um einen tren-nungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 150 DM erhöht. Die Beklagte verfügte über ein eigenes anrechenbares Einkommen in Höhe von monatlich 1.745 DM, das zu 6/7 (= 1.495 DM) auf ihren Bedarf anzurechnen war, sowie über anre-chenbare Zinseinkünfte in Höhe von 230 DM. Wegen der weiteren Unterhalts-pflichten des [X.] gegenüber seinen drei Kindern aus zweiter Ehe hatten die [X.]en den sich nach § 1581 BGB ergebenden Unterhalt der [X.] auf monatlich 2.000 DM gekürzt, da dem Kläger 4/7 seines Einkommens (= 5.471 DM) verbleiben sollten. Das Amtsgericht hat die auf Wegfall der Unterhaltspflicht ab dem 1. April 1999 gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Ober-landesgericht den Unterhalt zeitlich gestaffelt, zuletzt für die [X.] ab Juli 2002 auf monatlich 1.340 DM, herabgesetzt und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren wei-ter.

- 4 - Entscheidungsgründe: Die unbeschränkt zugelassene Revision ist unbegründet.

[X.] Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, "soweit die zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der [X.] und die Anpassung des Vergleichs an die Entscheidung des [X.] vom 13. Juni 2001 (FamRZ 2001, 986) in Rede stehen". Letzteres erlangt zwar nur insoweit Bedeutung, als der Kläger einen geringeren Unterhalt für die [X.] ab dem 13. Juli 2001 begehrt, weil Anpassung an die geänderte Rechtspre-chung des Senats nur für diese [X.] in Betracht kommt (Senatsurteile [X.] 148, 368, 381 und [X.] 153, 358, 360 f.). Da das [X.] aber auch wegen der (unterlassenen) Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der [X.] zugelassen hat, wirkt sich die Zulassungs-frage auf den gesamten [X.] aus (vgl. Senatsurteil vom 25. Ja-nuar 1995 - [X.] ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405, 1406).

I[X.] Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsanspruch der [X.] für den [X.]raum bis Mai 2001 auf der Grundlage der neuen wirtschaftlichen und per-sönlichen Verhältnisse und für die [X.] ab Juni 2001 zusätzlich unter [X.] 5 [X.] der Differenzmethode berechnet, weil ihr gegenwärtiges Erwerbseinkom-men als Surrogat der eheprägenden Familienarbeit anzusehen sei und die Zinseinkünfte an die Stelle des während der Ehezeit prägenden mietfreien Wohnens getreten seien. Für die [X.] von April 1999 bis Juni 2001 greift die Revision diese Berechnung nicht an; sie läßt auch keine Rechtsfehler erken-nen. Für das [X.] ist das Berufungsgericht von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen des [X.] nach Abzug des Unterhalts für die ge-meinsame Tochter [X.] in Höhe von 9.042,66 DM und auf Seiten der [X.] von monatlichen Einkünften in Höhe von 2.319,90 DM sowie weiterer Zinserträ-ge in Höhe von 230 DM ausgegangen. Auf dieser Grundlage hat es für die [X.] ab Juni 2001 einen ungedeckten Unterhaltsbedarf der [X.] in Höhe von 2.916,18 DM errechnet. Wegen der weiteren Unterhaltspflicht des [X.] für seine drei Kinder aus zweiter Ehe, die sich im Juni auf insgesamt 2.457 DM (3 x 819 DM) und ab Juli 2001 auf monatlich insgesamt 2.532 DM (3 x 844 DM) beläuft, hat das [X.] den geschuldeten Unterhalt nach § 1581 BGB im Wege der Billigkeit herabgesetzt. Es hat dem Kläger einen eigenen angemessenen [X.] belassen, den es - ausgehend von dem Vergleich - mit 4/7 seines eige-nen anrechenbaren Arbeitseinkommens - nach Abzug des Unterhalts für die Tochter [X.] - d.h. mit 5.167,23 DM bemessen hat. Eine Befristung oder weitere Herabsetzung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB i.V.m. § 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil die [X.]en sich in Kenntnis der Verhältnisse auf einen unbefristeten Unterhalt verständigt hätten. Auch die lange Ehedauer mit ehebedingten Nachteilen der [X.] stehe [X.] weiteren Begrenzung entgegen. Die Revision macht demgegenüber geltend, dem Kläger müsse in [X.] der [X.]en und unter Berücksichtigung - 6 - des Wechsels von der Anrechnungs- zur Differenzmethode ein angemessener Bedarf nach den gesamten ehelichen Lebensverhältnissen, einschließlich des eheprägenden Erwerbseinkommens der [X.], verbleiben. Wenn der eheangemessene Bedarf der [X.] nunmehr nach der Differenzmethode auf der Grundlage des Erwerbseinkommens beider Ehegatten ermittelt werde, müsse dieser Maßstab folgerichtig auch auf den dem Kläger zu belassenden eigenen angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB übertragen wer-den. Deswegen sei der Kläger nach Billigkeit nur zu geringeren Unterhaltslei-stungen verpflichtet, die sich für Juni 2001 auf 216,33 • (= 424,19 DM) und für die [X.] ab Juli 2001 auf monatlich 178,54 • (= 349,19 DM) beliefen. Zu Unrecht habe das Berufungsgericht auch eine Befristung des Unterhaltsanspruchs ab-gelehnt. Seit Abschluß des Vergleichs sei eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dadurch eingetreten, daß der Unterhalt der [X.] jetzt nicht mehr auf § 1570 BGB, sondern nur noch auf § 1573 Abs. 2 und 3 BGB gestützt werde und daß dieser nunmehr nach der Rechtsprechung des Senats im Wege der Differenzmethode zu ermitteln sei. Auch die Dauer der Ehe stehe einer [X.] nicht entgegen, weil das Berufungsgericht keine hinreichenden Fest-stellungen zu ehebedingten Nachteilen getroffen habe.

II[X.] Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die in dem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Unterhaltsschuld des [X.] an die geänderte Rechtsprechung des Senats angepaßt. Für [X.] über Dauerschuldverhältnisse hat - 7 - der [X.] bereits entschieden, daß die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen kann, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der [X.] im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Grundlage der Beurteilung in diesen Fällen ist, daß beim Abschluß einer Vereinbarung ein beiderseitiger Irr-tum über die Rechtslage das Fehlen der Geschäftsgrundlage bedeuten kann, wenn die Vereinbarung ohne diesen Rechtsirrtum nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen worden wäre. Gleiches gilt, wenn der Geschäftswille der [X.]en auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer be-stimmten Rechtslage aufgebaut war. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, welche Verhältnisse die [X.]en zur Grundlage ihrer Einigung gemacht haben und von welcher Rechtslage sie ausgegangen sind. Ob und in welcher Weise sodann eine Anpassung an die veränderte Rechtslage erfolgen kann, bedarf einer sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung der Interessen beider [X.]. Es genügt nicht, daß ein weiteres Festhalten am Vereinbarten nur für eine [X.] unzumutbar erscheint, vielmehr muß hinzukommen, daß das Abgehen vom Vereinbarten der anderen [X.] auch zumutbar ist. Dabei ist auch zu be-achten, ob die im Vergleich insgesamt getroffenen Regelungen noch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen (Senatsurteil [X.] 148, 368, 377 f.). 2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht - ausgehend von dem Prozeßvergleich der [X.]en - den dem Kläger im Rahmen einer [X.] nach § 1581 BGB zu belassenden Selbstbehalt auf 4/7 seiner eigenen Er-werbseinkünfte beschränkt. Dabei ist es von der Vereinbarung der [X.]en ausgegangen, die - allerdings auf der Grundlage der [X.] und des [X.] der [X.] allein nach den Erwerbseinkünften des [X.] - auch dessen eheangemessenen Selbstbehalt entsprechend ermittelt hat. - 8 - a) Zwar ist der eigene angemessene Unterhaltsbedarf des [X.] grundsätzlich mit dem eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 BGB gleichzusetzen. Das folgt schon aus dem grundsätzlichen Anspruch beider Ehegatten an einer gleichen Teilhabe am verfügbaren Einkommen. [X.] das verfügbare Einkommen allerdings nicht aus, den angemessenen Unterhalt bei-der Ehegatten zu sichern, kann auch dem Unterhaltspflichtigen nicht stets der volle eheangemessene Unterhalt belassen bleiben; eine Gefährdung des eige-nen angemessenen Unterhalts eröffnet vielmehr lediglich den Einstieg in eine Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB. Ist der Verpflichtete also nach seinen Er-werbs- und Vermögensverhältnissen bei Berücksichtigung seiner sonstigen Be-lastungen außerstande, ohne Gefährdung seines eigenen eheangemessenen Unterhalts den vollen nach § 1578 BGB geschuldeten Unterhalt zu leisten, so schlägt der Unterhaltsanspruch des Berechtigten in einen Billigkeitsanspruch um, dessen Umfang das Gericht unter Abwägung der beiden Eheleuten zur Verfügung stehenden Mittel sowie der beiderseits zu befriedigenden Bedürfnis-se nach individuellen Gesichtspunkten zu bestimmen hat (Senatsurteil [X.] 109, 72, 83 f.). Das schließt indessen nicht aus, eine Mindestgrenze zu [X.], die grundsätzlich nicht unterschritten werden soll und von den [X.] durchweg bei dem sogenannten notwendigen Selbstbehalt ange-setzt wird. Allerdings würde es auch der Billigkeit widersprechen, einem unter-haltspflichtigen geschiedenen Ehegatten im Verhältnis zu dem anderen, dessen Existenzminimum nicht sichergestellt ist, regelmäßig nur den notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Aus dem Erfordernis, die nach § 1581 BGB zu tref-fende Billigkeitsabwägung jeweils nach den Besonderheiten des Einzelfalles vorzunehmen, ergibt sich andererseits, daß auch der sogenannte große Selbst-behalt im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB nicht regelmäßig als untere Grenze des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenen Betrages gelten kann. Diese Größe kann allenfalls einen Anhalt bieten. Je nach den Umständen des Falles, insbe-- 9 - sondere auch den Verhältnissen des Berechtigten, kann der dem Verpflichteten zu belassende Teil seines Einkommens aber auch unter dem großen Selbstbe-halt liegen ([X.] aaO, 84 ff., 86). b) Die Revision weist deswegen zu Recht darauf hin, daß im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB zunächst ein eigener Unterhaltsbedarf des [X.] zugrunde zu legen ist, der sich nach den gesamten eheprägenden Einkünften und somit auch nach dem - um einen Erwerbstätigenbonus vermin-derten - Erwerbseinkommen der [X.] bemißt. Davon ist aber auch das Berufungsgericht ausgegangen, indem es den "vollen angemessenen Bedarf des [X.]fi, dessen Gefährdung den Einstieg in die Billigkeitsprüfung eröffnet, mit 6.161,47 DM (4/7 seines eigenen Einkommens = 5.167,23 [X.] des Einkommens der [X.] = 994,24 DM) bemessen hat. Zwar sind dem, wie bei der Berechnung des [X.] der [X.], zusätzlich die [X.] Zinseinkünfte (115 DM) hinzuzurechnen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als Surrogat an die Stelle des mietfreien Wohnens während der Ehezeit getreten sind und damit auch die Lebensverhältnisse des [X.] geprägt haben. Ein weiterer trennungsbedingter Mehrbedarf - wie bei der [X.] mit 150 DM berücksichtigt - ist dem allerdings nicht hinzuzurechnen. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats durfte der Tatrichter zwar die Höhe eines trennungsbedingten Mehrbedarfs schätzen, was aber stets einen konkreten Vortrag des betreffenden Ehegatten zu solchen Mehrkosten voraussetzt, der hier fehlt (vgl. Senatsurteile vom 31. Januar 1990 - [X.] ZR 21/89 - FamRZ 1990, 979, 981 und vom 11. Januar 1995 - [X.] ZR 122/93 - FamRZ 1995, 346, 347). Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (Se-natsurteil [X.] 148, 105) ist schon der Quotenbedarf regelmäßig nach dem gesamten verfügbaren Einkommen zu bemessen, weil auch die Haushaltstätig-keit und Kindererziehung die ehelichen Lebensverhältnisse in einem Umfang geprägt haben, wie er sich aus dem als Surrogat an ihre Stelle getretenen Ein-- 10 - kommen ergibt. Neben dem deswegen im Wege der Differenzmethode zu er-mittelnden (höheren) Unterhaltsbedarf würde ein konkret zu bemessener zu-sätzlicher Bedarf eines Ehegatten stets zu einem Verstoß gegen den [X.] führen. Weil ein trennungsbedingter Mehrbedarf regelmäßig auch nicht in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegt ist, kann er deshalb in der Regel nicht neben dem nach der Differenzmethode ermittelten [X.] berücksichtigt werden (vgl. [X.] FamRZ 2002, 857, 859; [X.]/Gut-deutsch, Unterhaltsrecht 6. Aufl., § 4 Rdn. 432 a; [X.]/[X.]/[X.], Eherecht 4. Aufl., § 1578 BGB Rdn. 25 ff.). Zugleich ist damit wegen der geän-derten Rechtsprechung des Senats auch die - auf der Grundlage der [X.] vereinbarte - Vergleichsgrundlage insofern entfallen. Letztlich kommt es hier aber nicht darauf an, weil der Kläger keinen Mehrbedarf vorge-tragen hat und der Unterhaltsbedarf der [X.] auch ohne trennungsbeding-ten Mehrbedarf den vom Berufungsgericht zugesprochenen Unterhalt über-steigt. Vorbehaltlich des unterschiedlich hohen Erwerbstätigenbonus ist somit für beide [X.]en von einem gleich hohen Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen auszugehen. Nur weil der Kläger wegen seiner weiteren, die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr prägenden Unterhaltsbelastungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts der [X.] den vollen eheangemessenen Unterhalt zu zahlen, ist der [X.] gemäß § 1581 BGB nach Billigkeit zu bestimmen. Dabei ver-kennt die Revision, daß der dem Unterhaltsschuldner im Rahmen einer Billig-keitsprüfung nach § 1581 BGB zu belassende angemessene Selbstbehalt nicht mit seinem eheangemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 BGB identisch ist. Der Billigkeitsanspruch nach § 1581 BGB ist vielmehr unter Abwägung der bei-den Eheleuten zur Verfügung stehenden Mittel, der beiderseits zu befriedigen-den Bedürfnisse und der individuellen Verhältnisse zu bestimmen. Danach ist - 11 - dem Kläger - auch auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs - jedenfalls kein Selbstbehalt zu belassen, der den vom Berufungsgericht berücksichtigten Betrag von monatlich 5.167,23 DM übersteigt. Denn der dem Kläger nach [X.] des Unterhalts für die gemeinsame Tochter [X.] und für die drei weiteren Kinder aus zweiter Ehe belassene Betrag übersteigt die der [X.] verfüg-baren Mittel aus Unterhalt und eigenen Einkünften von ca. 3.660 DM monatlich nicht unerheblich. Daran ändert auch die weitere Unterhaltslast des [X.] gegenüber seiner in Teilzeit tätigen zweiten Ehefrau nichts, weil deren [X.] nach § 1582 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber der [X.] nach-rangig ist. Dem steht auch nicht entgegen, daß die [X.]en dem Kläger in dem [X.] einen Selbstbehalt in Höhe des vollen - allerdings auf der Grundlage der [X.] ermittelten - eigenen angemessenen Unterhalts belassen hatten. Auch dafür ist mit der Änderung der Rechtsprechung des Senats die Geschäftsgrundlage entfallen. 3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Befristung oder Herab-setzung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB in Verbindung mit § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB abgelehnt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB schon deswegen aus, weil der Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit der Tochter [X.] und die sich daraus erge-bende volle Erwerbsobliegenheit der [X.] schon bei Abschluss des [X.] bekannt gewesen sei und der [X.] schon damals ein unbefristeter Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zugestanden ha-be. Gegen eine zeitliche Befristung oder Herabsetzung des [X.] nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB spreche außerdem, daß die Beklagte mit der Tochter [X.] nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut habe. Das hält den Angriffen der Revision stand. - 12 - Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist eine Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als behauptet wird, daß die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des [X.] oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen [X.], entstanden seien. Konnte deswegen eine zeitliche Begrenzung des [X.] bzw. seiner Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnis-sen bereits zum [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung des [X.] vorgetragen und geltend gemacht werden, ist eine Abänderungskla-ge mit dem Ziel einer zeitlichen Unterhaltsbegrenzung bei gleichgebliebenen Verhältnissen wegen § 323 Abs. 2 ZPO unzulässig. Die Entscheidung, einen Unterhaltsanspruch von einem bestimmten [X.]punkt an aus Billigkeitsgründen zu begrenzen, setzt dabei nicht voraus, daß dieser Zustand bereits erreicht ist. Soweit die betreffenden Gründe schon im Ausgangsverfahren entstanden oder jedenfalls zuverlässig vorauszusehen waren, mußten sie auch im [X.] berücksichtigt werden. Die Entscheidung über eine Unterhaltsbegren-zung kann dann wegen § 323 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht im Rahmen einer Abänderungsklage nachgeholt werden ([X.], Urteil vom 5. Juli 2000 - [X.] ZR 104/98 - FamRZ 2001, 905). Da die [X.]en im [X.]punkt des Abschlusses des gerichtlichen [X.] bereits seit mehr als sieben Jahren geschieden waren, waren die [X.], die zu einer Begrenzung des nachehelichen [X.] führen könnten, schon damals bekannt. Zwar stand der [X.] seinerzeit neben der mehr als halbschichtigen Berufstätigkeit noch ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1570 BGB zu. Allerdings hatte die gemeinsame Tochter der [X.]en schon das 16. Lebensjahr begonnen und der Wegfall dieses Anspruchs auf nacheheli-chen Ehegattenunterhalt stand - für die [X.]en erkennbar - unmittelbar bevor (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - [X.] ZR 88/98 - [X.], 1499). Ent-sprechend haben die [X.]en in dem gerichtlichen [X.] auch - 13 - nicht zwischen Unterhaltsansprüchen nach § 1570 und solchen nach § 1573 BGB unterschieden. Zwar gewinnt die Begrenzung oder Befristung des Anspruchs auf nach-ehelichen Ehegattenunterhalt aus Billigkeitsgründen durch die Änderung der Rechtsprechung des Senats zur eheprägenden Haushaltsführung ein stärkeres Gewicht. Denn die Haushaltsführung und die Kindererziehung prägen - über den Wert des später an ihre Stelle tretenden Surrogats - die ehelichen [X.], was zu einem erhöhten Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtig-ten und, im Falle hinreichender Leistungsfähigkeit, auch zu einem höheren [X.]sanspruch führt (Senatsurteil [X.] 148, 105 ff.; Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - [X.] ZR 132/02 - zur [X.] bestimmt). Schon bei der erstmali-gen Geltendmachung des Unterhalts stellt sich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung oder Herabsetzung des [X.] deswegen nunmehr in verstärktem Maße. Waren die zugrunde liegenden Tatsachen - wie hier - aber schon im [X.]punkt des abzuändernden Vergleichs bekannt, führt allein die geänderte Senatsrechtsprechung insoweit nicht zu einem Wegfall der Ge-schäftsgrundlage. Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Begrenzung des Unterhalts auch wegen der langen Ehedauer abgelehnt. Nach §§ 1573 Abs. 5 Satz 2, 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB stehen die [X.]en der Kindererziehung der Ehedauer gleich. Die Ehe der [X.]en dauerte bis zur rechtskräftigen Scheidung schon [X.] neun Jahre. Sodann ist die gemeinsame Tochter [X.], die seit der Tren-nung der [X.]en im Haushalt der [X.] lebte, allein von dieser erzogen worden. Das 16. Lebensjahr hat sie ca. acht Jahre nach der rechtskräftigen Ehescheidung erreicht, so daß sich eine gesamte zu berücksichtigende Dauer von ca. 17 Jahren ergibt. Auf dieser Grundlage ist die Billigkeitsentscheidung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Zwar widerspräche es dem Sinn - 14 - und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 1573 Abs. 5 BGB, den Billigkeitsge-sichtspunkt der "Dauer der Ehe" im Sinne einer festen [X.]grenze zu [X.], von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Be-grenzung mehr zugänglich sein sollte. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem, vorbehaltlich stets zu berücksichtigender besonderer Umstände des Einzelfalles, der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhalts-"Garantie" und gegen die Möglichkeit zeitlicher Begrenzung des Unterhalts [X.] wird (Senatsurteil vom 28. März 1990 - [X.] ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859). Eine weiter zunehmende Ehedauer gewinnt nach und nach ein Ge-wicht, das nur bei außergewöhnlichen Umständen eine zeitlichen Begrenzung zulässt (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - [X.] ZR 99/89 - FamRZ 1991, 307, 310; vgl. auch [X.] FamRZ 1996, 305, 307; [X.]/[X.] aaO § 4 Rdn. 592). Die sich hier aus der ca. 17 Jahre dauernden Ehe ergebenden ehe-bedingten Nachteile hat das Berufungsgericht aufgezeigt. Besondere [X.], die trotz dieser Feststellungen für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sprechen könnten, ergeben sich weder aus dem Berufungsurteil, noch zeigt die Revision solche auf. - 15 - Zu Recht hat das Berufungsgericht mit den gleichen Erwägungen auch eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des [X.] nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB abgelehnt. Hinzu kommt, daß die Beklagte mit der Tochter [X.] nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat. Auch das steht nach § 1578 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. BGB einer Befristung des Unterhaltsanspruchs entgegen. [X.] [X.] [X.]

Vézina

Dose

Meta

XII ZR 308/01

09.06.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2004, Az. XII ZR 308/01 (REWIS RS 2004, 2852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2852

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