Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.08.2010, Az. XII ZB 78/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4124

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]BESCHLUSS [X.] ZB 78/10
vom 11. August 2010 in der Betreuungs- und Unterbringungssache - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 11. August 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Schilling beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] vom 22. Januar 2010 wird [X.]. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe: [X.] Die Betroffene leidet an einer schizoaffektiven Psychose. Mit Beschluss vom 29. Dezember 2009 hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 2 als Betreuer der Betroffenen u.a. mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge, Unterbrin-gung und Vermögenssorge bestellt und für Angelegenheiten der [X.] einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Außerdem hat das Amtsgericht mit Beschluss vom selben Tag "die Unterbringung der Betroffenen in einer ge-schlossenen Einrichtung bis längstens zum [X.]" genehmigt. Die gegen beide Beschlüsse gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen. 1 - 3 - Sie möchte die Aufhebung der Betreuung erreichen; außerdem begehrt sie die Feststellung, dass die Genehmigung ihrer Unterbringung rechtswidrig war. I[X.] 2 Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 3 1. Das [X.] hat mit Recht die Beschwerde der Betroffenen inso-weit zurückgewiesen, als diese sich gegen die Betreuerbestellung wendet. Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers und die Anord-nung eines Einwilligungsvorbehalts in Angelegenheiten der Vermögenssorge (§ 1896 Abs. 1 Satz 1, § 1903 BGB) liegen vor. Die hierzu vom [X.] ge-troffenen Feststellungen sind [X.] nicht zu beanstanden. § 1896 Abs. 1 a BGB steht der Bestellung eines Betreuers nicht entgegen, da nach dem - von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen - Ergebnis des vom Amtsgericht erholten Gutachtens die Fähigkeit der Betroffenen zur Bildung ei-nes "freien Willens" aufgehoben ist. Auch die Bestellung des Beteiligten zu 2. als Betreuer begründet keine Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen [X.]. Zwar soll nach § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB auf einen Vorschlag des Betrof-fenen, eine bestimmte Person nicht zu seinem Betreuer zu bestellen, Rücksicht genommen werden. Indes zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf, dass sich das Amtsgericht über einen solchen Vorschlag der Betroffenen hinweggesetzt hätte. Der von der Verfahrenspflegerin wiedergegebenen Meinung der Betroffenen, diese benötige keinen Betreuer, "sondern jemanden, der sie täglich psychoso-zial für etwa zwei Stunden – an die Hand nimmt", zielt auf eine Regelung au-ßerhalb des Betreuungsrechts, begründet aber keinen Vorschlag, auf den nach § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB Rücksicht genommen werden müsste. Auch der 4 - 4 - Umstand, dass die Beteiligte zu 1. die Betreuung durch den Beteiligten zu 2. "von Anfang an als für die Betroffene nicht förderlich empfunden" hat, ist für sich genommen nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Bestellung des [X.] zu 2. als Betreuer in Zweifel zu ziehen. 5 2. Mit Recht hat das [X.] die Beschwerde auch insoweit zurück-gewiesen, als das Amtsgericht die Unterbringung der Betroffenen genehmigt hat. a) Zwar wird im Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses die Art der ge-schlossenen Einrichtung, in der die Betroffene untergebracht werden durfte, nicht näher bezeichnet. Aus den Gründen der Entscheidung lässt sich aber [X.] weiteres entnehmen, dass die Betroffene (nur) in einer psychiatrischen Ein-richtung unterzubringen war. Das ergibt sich bereits aus der im Beschluss wie-dergegebenen Diagnose (chronifizierte schizoaffektive Störung) und dem er-klärten Ziel der Unterbringung, der diagnostizierten Krankheit mit einer medi-kamentösen Behandlung zu begegnen. Einer näheren Beschreibung der ge-schlossenen Einrichtung bedurfte es deshalb nicht; die Auswahl der konkreten Einrichtung oblag ohnehin dem Betreuer. 6 b) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung der Betroffenen zum Zwecke ihrer Behandlung (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB) aufgrund des vom Amtsgericht eingeholten Gutachtens nicht hinreichend festgestellt seien und auch die Art der mit der Unterbringung beab-sichtigten Behandlung im angefochtenen Beschluss nicht genügend konkreti-siert werde. Diese Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Sie können jedoch dahinstehen. Denn das [X.] hat seine Entscheidung auch auf § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB gestützt. Diese Begründung rechtfertigt die Unterbrin-gung der Betroffenen. 7 - 5 - Wie der Senat dargelegt hat, verlangt diese Vorschrift - im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung - keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für dessen Leib oder Leben (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - [X.] ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 [X.]. 14), wobei die Anforderungen an die Voraussehbarkeit einer Selbsttötung oder einer erheblichen gesundheitlichen Eigenschädigung jedoch nicht überspannt werden dürfen (Senatsbeschluss vom 23. Juni 2010 - [X.] ZB 118/10 - zur Veröffentlichung bestimmt). Die [X.] ist im Wesentlichen Sache des Tatrichters (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - [X.] ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 [X.]. 14). 8 Das [X.] ist insoweit den Ausführungen der behandelnden Ärztin anlässlich der persönlichen Anhörung der Betroffenen am 20. Januar 2010 ge-folgt. Danach bestand für die Betroffene im Falle einer Entlassung eine akute erhebliche Eigengefährdung. Richtig ist zwar, dass sich nach dem vom Amtsge-richt eingeholten Gutachten vom 21. Dezember 2009 für den Gutachter keine "Hinweise auf sehr schwere fremd- oder eigengefährdende Handlungsweisen" ergaben. Dieses Gutachten ist jedoch erstellt worden, bevor die Betroffene am 30. Dezember 2009 in einer Tagesstätte gedroht hatte, sich mit einem von ihr mitgeführten Messer in den Bauch zu stechen, und daraufhin sofort unterge-bracht worden war. Es ist [X.] nicht zu beanstanden, wenn das [X.] - aufgrund der inzwischen veränderten Sachlage - der im 9 - 6 - Gutachten vom 21. Dezember 2009 mitgeteilten Einschätzung des Gutachters von der (fehlenden) Eigengefährdung der Betroffenen kein entscheidungser-hebliches Gewicht mehr beigemessen hat. Hahne [X.] [X.] Schilling Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 29.12.2009 - 15 XVII 6004 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 9 T 9/10 und 9 T 13/10 -

Meta

XII ZB 78/10

11.08.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.08.2010, Az. XII ZB 78/10 (REWIS RS 2010, 4124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4124

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 78/10 (Bundesgerichtshof)

Betreuung: Meinungsäußerungen des Betroffenen über den Betreuungsbedarf; Unterbringung des Betreuten wegen akuter erheblicher Eigengefährdung


XII ZB 47/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 349/20 (Bundesgerichtshof)

Betreuungs- und Unterbringungssache: Anhörung des Betroffenen ohne Teilnahme des Verfahrenspflegers; Prüfung der Kompetenz des Betreuers …


XII ZB 138/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 138/10 (Bundesgerichtshof)

Betreuungsverfahren: Pflicht zur Bekanntgabe eines Gutachtens gegenüber dem Betroffenen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 78/10

XII ZB 248/09

XII ZB 118/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.