Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.04.2010, Az. IX B 3/10

9. Senat | REWIS RS 2010, 7282

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Gegenstand

(NZB: Feststellungsverjährung eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 10d EStG, Bedeutung i.S.v. § 181 Abs. 5 AO; zur verjährungshemmenden Wirkung einer Prüfungsanordnung)


Leitsatz

1. NV: Nach der BFH-Rechtsprechung ist die Frage der Feststellungsverjährung betreffend den verbleibenden Verlustabzug nach § 10d EStG gesondert von der Festsetzungsverjährung der jeweiligen Einkommensteuer-Veranlagung zu prüfen. Dem Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 10d EStG steht jedoch solange keine Feststellungsverjährung entgegen, als diese Feststellung für künftige Einkommensteuerfestsetzungen oder Verlustfeststellungen nach § 10d EStG von unmittelbarer oder mittelbarer Bedeutung i.S. des § 181 Abs. 5 AO ist.

2. NV: Die verjährungshemmende Wirkung einer Prüfungsanordnung nach § 171 Abs. 4 AO erstreckt sich nicht auch auf gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

2

1. Eine Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) ist nicht erforderlich. Eine Divergenz liegt nur vor, wenn das Finanzgericht ([X.]) bei einem gleich oder ähnlich gelagerten Sachverhalt in einer bestimmten entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der --dieselbe Rechtsfrage betreffenden-- Rechtsauffassung eines anderen Gerichts abweicht (z.B. [X.]-Beschluss vom 14. Oktober 2009 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 443, unter 1., m.w.N.), also eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen vorliegt.

3

a) Im Streitfall ist eine solche Divergenz nicht gegeben. Es mag zutreffen, dass das [X.] die Frage der Feststellungsverjährung des Bescheids gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) von der Festsetzungsverjährung für die betreffende Einkommensteuer abhängig gemacht hat; diese mögliche Abweichung ist aber nicht entscheidungserheblich. Zwar hat der [X.] in seinem Urteil vom 4. November 1992 [X.] ([X.]E 170, 291, [X.] 1993, 425; in der neueren Rechtsprechung z.B. [X.]-Urteile vom 10. Juli 2008 IX R 90/07, [X.]E 222, 32, [X.] 2009, 816; vom 19. August 2009 IX R 89/07, [X.]/NV 2009, 762; vom 17. September 2009 [X.], [X.]E 223, 50, [X.] 2009, 897) die Feststellungsverjährung unabhängig von der Festsetzungsverjährung der jeweiligen Einkommensteuer-Veranlagung geprüft. Jedoch hat er für einen zu erlassenden Verlustfeststellungsbescheid nach § 10d EStG solange keine Feststellungsverjährung angenommen, als diese Feststellung für künftige Einkommensteuerfestsetzungen oder Verlustfeststellungen nach § 10d EStG von unmittelbarer oder mittelbarer Bedeutung i.S. des § 181 Abs. 5 der Abgabenordnung ([X.]) ist ([X.]-Urteile vom 12. Juni 2002 [X.], [X.]E 198, 395, [X.] 2002, 681; in [X.]E 223, 50, [X.] 2009, 897; [X.]-Beschluss vom 5. November 2009 [X.], [X.]/NV 2010, 386). Im Streitfall war aber --unabhängig davon, dass § 181 Abs. 5 [X.] keine Ablaufhemmung für die Feststellungsfrist bewirkt-- nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] (s. § 118 Abs. 2 [X.]O) für das [X.] die Festsetzungsfrist (für die Einkommensteuer) noch nicht abgelaufen (s. [X.]-Urteil S. 5, a.E.).

4

b) Auch liegt keine erhebliche Abweichung zum Urteil des [X.] Köln vom 31. August 2000  15 K 6221/95 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 1368, rkr.) vor. Nach dieser Entscheidung erstreckt sich die verjährungshemmende Wirkung einer Prüfungsanordnung nach § 171 Abs. 4 [X.] nicht auf gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen (s. [X.]-Urteile vom 25. April 2001 [X.]/97, [X.]/NV 2001, 1541; vom 4. März 2009 [X.]/07, [X.]/NV 2009, 1953; [X.]-Beschluss vom 19. Mai 2006 [X.], [X.]/NV 2006, 1625). Abgesehen davon, dass es im Streitfall zum einen um eine Verlustfeststellung nach § 10d EStG geht, dass zum anderen entgegen der Ansicht des [X.] Köln bei der Benennung der "Einkommensteuer" als Gegenstand einer Prüfungsanordnung alle für diese Steuerart maßgebenden Verhältnisse des betreffenden Steuerpflichtigen der Prüfung unterliegen (Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 [X.] Rz 51), also auch --wie vom [X.] erkannt-- die gesonderte Verlustfeststellung nach § 10d EStG, und dass schließlich die vorliegende Prüfungsanordnung nur die Ehefrau des [X.] als Adressatin ausweist, nicht aber den Kläger --für diesen also keine ablaufhemmende Wirkung auslösen konnte (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 25. April 2006 [X.], [X.]E 212, 421, [X.] 2007, 220)--, konnte die vom Kläger angegriffene Feststellung des verbleibenden [X.] nach § 10d EStG im Streitfall gleichwohl auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist gemäß § 181 Abs. 5 [X.] erfolgen (s. oben unter a) a.E.).

5

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O und erfordert keine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O. Denn auf die vom Kläger angesprochenen Rechtsfragen kommt es im Streitfall nicht an (s. unter 1. a, b; zur Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 30, 41).

6

Im Übrigen ergeht der Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ohne weitere Begründung.

Meta

IX B 3/10

23.04.2010

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 25. November 2009, Az: 3 K 117/06, Urteil

§ 171 Abs 4 AO, § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO, § 181 Abs 5 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 118 Abs 2 FGO, § 10d Abs 4 S 3 EStG 1997, § 10d Abs 4 S 4 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.04.2010, Az. IX B 3/10 (REWIS RS 2010, 7282)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7282

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