Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.07.2023, Az. 10 B 17/22

10. Senat | REWIS RS 2023, 5522

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Gegenstand

Fortbestand eines anzuerkennenden Vertraulichkeitsinteresses


Tenor

Die Beschwerden der Beklagten und der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 5. September 2022 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen zu je einem Drittel. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin begehrt Zugang zu Informationen im Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Sanierung eines [X.] und dessen Vorgängergesellschaften.

2

Sie beantragte im August 2015 Zugang zu Sitzungs- und Beratungsprotokollen verschiedener Bürgschaftsausschüsse sowie zu von der Beigeladenen zu 2 im Zusammenhang mit dem Sanierungskonzept einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellten Unterlagen. Die Beklagte lehnte den Antrag überwiegend ab. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht gab der Klage im Wesentlichen statt. Das Oberverwaltungsgericht wies die Berufungen der [X.] und der Beigeladenen im Wesentlichen zurück. Auf die Revisionen der [X.] und der Beigeladenen hob das [X.] das Berufungsurteil mit Urteil vom 15. Dezember 2020 - 10 C 25.19 - auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurück.

3

In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin Zugang zu 19 näher bezeichneten Dokumenten zu gewähren. Mit Urteil vom 5. September 2022 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und das Urteil des [X.] für wirkungslos erklärt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es die Berufungen der [X.] und der Beigeladenen unter Beifügung einer klarstellenden Maßgabe zum Schutz der personenbezogenen Daten nicht sachbearbeitend tätiger Mitarbeiter zurückgewiesen. Dem [X.] stehe der Ausschlussgrund vertraulich erhobener oder übermittelter Informationen nach § 3 Nr. 7 Informationsfreiheitsgesetz ([X.]) nicht entgegen. Es fehle an tragfähigen Anhaltspunkten für den Fortbestand des objektiv schutzwürdigen [X.]s der Beigeladenen zu 2 im Zeitpunkt des [X.]. Die Beendigung des konkreten Mandats der Beigeladenen zu 2, die Insolvenzanmeldung des [X.], das endgültige Scheitern der Sanierung und die mangelnde Erhebung von Bedenken des Insolvenzverwalters gegen die Gewährung des [X.] begründeten einen wesentlichen Einschnitt für den Fortbestand des schutzwürdigen [X.]s. Die von der Beigeladenen zu 2 geltend gemachten privaten Belange, durch die Offenlegung der Informationen in Zukunft Wettbewerbsnachteile zu erleiden, korrespondierten nicht mit öffentlichen Belangen der [X.].

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richten sich die Beschwerden der [X.] und der Beigeladenen.

II

5

Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet.

6

1. Die Beschwerden sind zulässig. Insbesondere sind die Beklagte und die Beigeladenen durch das Urteil des [X.] weiterhin beschwert. Dass die Beklagte nach dessen Zustellung einen seinem Tenor nach stattgebenden Bescheid erlassen hat, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für die Anträge auf Zulassung der Revisionen nicht entfallen. Zwar entfällt die Beschwer eines Beschwerdeführers, wenn sich die Sache erledigt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 21. August 1995 - 8 [X.] - [X.] 310 § 113 VwGO Nr. 279 S. 11 f.; [X.], in: [X.], [X.]ordnung, 16. Aufl. 2022, § 133 Rn. 7; Bier, in: [X.]/[X.], Stand August 2022, § 133 VwGO Rn. 26), und fehlt das Rechtsschutzinteresse etwa bei einer unnötigen, nicht zweckmäßigen oder missbräuchlichen Beschreitung des Rechtswegs oder einem nicht zur Beseitigung der Beschwer eingelegtem Rechtsmittel (Rudisile, in: [X.]/[X.], Stand August 2022, Vorbemerkung § 124 VwGO Rn. 39 m. w. N.). Davon ist hier aber nicht auszugehen. Denn zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerden steht fest, dass die Beklagte beabsichtigt, eine etwaig eingetretene - zwischen den Beteiligten streitige - Erledigung rückgängig zu machen, und die Klägerin zur beabsichtigten "vorsorglichen" Teilrücknahme des Bescheides angehört hat. Ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung des Urteils des [X.] kann ihr und den Beigeladenen daher nicht abgesprochen werden.

7

2. Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützten Beschwerden sind unbegründet.

8

Die Beklagte und die Beigeladenen haben die [X.] aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht gewahrt, soweit sie sich - teilweise nach Ablauf der jeweiligen [X.] - den Beschwerdebegründungen der jeweils anderen Beschwerdeführer angeschlossen und diese zum Gegenstand der eigenen Beschwerdebegründung gemacht haben. Diese pauschalen Bezugnahmen lassen nicht erkennen, dass der jeweils unterzeichnende Prozessbevollmächtigte den Streitstoff auch insoweit eigenständig gesichtet und durchdrungen hat (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Februar 1992 - 7 [X.] - juris Rn. 1; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 133 Rn. 10 m. w. N.).

9

a) Die Rechtssache hat nicht die von der [X.] und den Beigeladenen geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und sowohl für die Vorinstanz als auch in dem angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden, dass und inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - [X.]E 13, 90 <91>, vom 4. Oktober 2013 - 6 B 13.13 - [X.] 421.2 Hochschulrecht Nr. 181 Rn. 19 und vom 24. Juni 2022 - 10 B 16.21 - juris Rn. 2).

aa) Die Beklagte misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,

ob ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit einer Information als Voraussetzung für das Vorliegen vertraulich erhobener oder übermittelter Informationen im Sinne des § 3 Nr. 7 [X.] auch dann besteht, wenn eine Behörde zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hohem Gewicht auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen ist, auf Seiten dieser [X.] ein besonderes [X.] anzuerkennen ist und die (zukünftige) ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe dadurch gefährdet wird, dass bei einer [X.] die mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestatteten [X.] nicht oder nur zu ungünstigeren Konditionen zur Erhebung und Übermittlung von Informationen bereit wären.

Diese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie für das angegriffene Urteil nicht entscheidungserheblich war. Sie geht von tatsächlichen Feststellungen aus, die das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen hat. Dieses hat vielmehr festgestellt, es sei nicht zu erwarten, dass eine Offenlegung der begehrten Informationen die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in anderen Anwendungsfällen der vorliegenden Konstellation beeinträchtigen könnte, insbesondere die Beklagte nicht mehr auf den Sachverstand externer Wirtschaftsprüfer, auf den sie in dieser Konstellation angewiesen ist, zurückgreifen könnte ([X.] f.). Damit fehlt es an tatsächlichen Feststellungen des [X.] dahingehend, dass mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte bei einer Offenlegung in Zukunft nicht zur Erhebung und Übermittlung von Informationen bereit wären. Es hat auch nicht festgestellt, dass Dritte in einem solchen Fall nur zu für die Behörde ungünstigeren Konditionen bereit seien, Informationen zu erheben oder zu übermitteln. Es kann auf sich beruhen, ob die Tatsachenfeststellung insoweit lediglich deshalb unterblieben ist, weil die Vorinstanz, die aufgeworfene Rechtsfrage anders als die Beklagte beantwortet und die fraglichen Tatsachen deshalb als nicht entscheidungserheblich bewertet hat (vgl. [X.], Beschluss vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - [X.]E 111, 61 <62> m. w. N.).

Denn jedenfalls hat das Oberverwaltungsgericht zusätzlich schon das Vorliegen eines fortbestehenden besonderen [X.]s der Beigeladenen zu 2 verneint, weil entgegen deren Auffassung nicht anzunehmen sei, dass die Offenlegung der Informationen Rückschlüsse auf eine nur ihr vertraute exklusive Arbeitsmethodik zulasse ([X.] f.) oder ihr dadurch im Zusammenhang mit dem Schadensersatzprozess der Klägerin gegen die das Sanierungskonzept erstellende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Reputationsverlust drohe ([X.]). Die von der [X.] dagegen geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch (vgl. unten b). Ist die vorinstanzliche Entscheidung aber - wie hier - auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Die mit der Grundsatzrüge angegriffene Begründung kann hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Juni 2021 - 4 [X.] 1.21 - juris Rn. 3 m. w. N.).

bb) Der Beigeladene zu 1 möchte grundsätzlich geklärt wissen,

ob das Tatbestandsmerkmal des § 3 Nr. 7 [X.] "soweit das Interesse des [X.] an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht" dahingehend auszulegen ist, dass für das Fortbestehen des "anerkennenswerten" (objektivierten) Interesses an der vertraulichen Behandlung allein auf "subjektive Nachteile des [X.]" in Bezug auf die bereits übermittelten Informationen, die Gegenstand des [X.]begehrens sind, abzustellen ist oder das objektiv schutzwürdige Interesse auch insoweit anspruchshindernd in dem Fall fortbestehen kann, als dieses auch aufgrund des Vertrauens des [X.] in die Vertraulichkeit der Sachbehandlung der Behörde bei der Informationsübermittlung auf künftige Informationsübermittlungen an die Behörde in anderen, vergleichbaren Fällen gebildet wurde.

Diese Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Das Oberverwaltungsgericht hat den Fortbestand eines objektiv schutzwürdigen Interesses an der Vertraulichkeit - wie dargelegt - gerade verneint und festgestellt, es sei nicht zu erwarten, dass die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung gefährdet ist, weil die Beigeladene zu 2 oder andere mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte nicht mehr bereit wären, Informationen vertraulich zu erheben oder zu übermitteln.

Unabhängig davon ließe sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des [X.]s und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Einer Auslegung des § 3 Nr. 7 [X.], nach der es für den Fortbestand des anzuerkennenden [X.]s nicht zumindest auch auf die subjektive Interessenlage des [X.] ankäme, stünde bereits der Wortlaut der Regelung entgegen. Soweit die Frage darauf zielt zu klären, ob sich Nachteile des [X.] aus der Offenlegung der konkreten, bereits übermittelten Information ergeben müssen oder ein Vertrauen auf die Vertraulichkeit der Sachbehandlung als solche ausreichend sein kann, lässt sie sich auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung im Sinne der zweiten Variante beantworten. Das [X.] hat bereits entschieden, dass das für die Annahme des [X.] nach § 3 Nr. 7 [X.] erforderliche objektiv schutzwürdige Interesse an der Vertraulichkeit einer Information jedenfalls dann vorliegt, wenn dem Informanten bei deren Offenbarung Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist (vgl. [X.], Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 - [X.] 404 [X.] Nr. 23 Rn. 25 m. w. N.), und im [X.] daran auch dann, wenn eine Behörde zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hohem Gewicht auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen ist und auf Seiten dieser [X.] ein besonderes [X.] anzuerkennen ist ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2020 - 10 C 25.19 - [X.]E 171, 90 Rn. 28). Danach ist ein anerkennenswertes besonderes [X.] des [X.] nicht auf drohende Nachteile in Bezug auf bereits übermittelte Informationen beschränkt. Es kann auch aus einem davon gesonderten besonderen [X.] folgen. Ob ein solches Interesse - etwa wegen eines objektiv schutzwürdigen generellen Vertrauens auf die Vertraulichkeit der Sachbehandlung - besteht und deshalb bei [X.]en die (zukünftige) ordnungsgemäßen Erfüllung der behördlichen Aufgaben gefährdet ist, lässt sich nur im Einzelfall beantworten.

cc) Die von der Beigeladenen zu 2 als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,

ob die Zuordnung zu dem Aufgabenbereich, der "spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten" des [X.] voraussetzt, intendiert, dass ein "besonderes [X.]" des [X.] anzunehmen ist, was dann auch auf den zeitlichen Fortbestand desselben "durchschlägt", sodass im Ergebnis eine Bereichsausnahme im Hinblick auf betroffene Unterlagen anzunehmen ist,

vermischt verschiedene Rechtskategorien mit jeweils gesonderten Rechtsfolgen. Während für eine Bereichsausnahme im Informationsfreiheitsrecht charakteristisch ist, dass beim Vorliegen der Voraussetzungen der Bereichsausnahme von vornherein keine Einzelfallprüfung stattfindet (vgl. [X.], Informationsfreiheitsgesetz, 2. Aufl. 2016, Vorbemerkung §§ 3 bis 6, Rn. 45 f.), wäre bei Annahme eines von der Norm intendierten Vorliegens des besonderen [X.]s des [X.] eine Einzelfallprüfung angezeigt, deren Ergebnis allerdings grundsätzlich vorgezeichnet ist.

Die aufgeworfene Frage lässt sich ebenfalls auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des [X.]s beantworten. Der [X.] hat die Feststellung eines anzuerkennenden besonderen [X.]s des [X.] ausdrücklich auch dann verlangt, wenn eine Behörde auf die Informationserhebung und -übermittlung von mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestatteten [X.] angewiesen ist. Auf die Revisionen der [X.] und der Beigeladenen gegen das erste Berufungsurteil des [X.] hat er entschieden, dass es an Feststellungen zum Vorliegen des objektiv schutzwürdigen [X.]s sowie zu dem weiteren Tatbestandsmerkmal des Fortbestandes des anzuerkennenden [X.]s im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang fehle. Für die nach Zurückverweisung zu treffende anderweitige Entscheidung des [X.] werde hinsichtlich der Frage eines besonderen [X.]s "auch danach zu unterscheiden" sein, welche der übernommenen Aufgaben spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen und auf welchen Aufgabenbereich sich von der Klägerin begehrte Unterlagen beziehen ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2020 - 10 C 25.19 - [X.]E 171, 90 Rn. 29). Danach scheidet auch bei Zuordnung von Informationen zum Bereich der für die Aufgabenerfüllung erforderlichen spezifischen Kenntnisse und Fertigkeiten eine Bereichsausnahme oder automatische Annahme eines [X.]s des [X.] aus. Andernfalls käme es nicht "auch", sondern allein darauf an, welche der übernommenen Aufgaben spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen und auf welchen Aufgabenbereich sich von der Klägerin begehrte Unterlagen beziehen.

dd) Die von der Beigeladenen zu 2 aufgeworfene Frage,

ob das Fortbestehen des [X.]s des [X.] zum Zeitpunkt des [X.]-Antrags im Rahmen von § 3 Nr. 7 [X.] in Fällen "vertraulichen [X.]" grundsätzlich anzunehmen oder nur bei besonderen Anhaltspunkten (von dem [X.]) gegebenenfalls gesondert darzulegen und zu begründen ist,

führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Auch sie lässt sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des [X.]s beantworten. Der [X.] hat das Vorliegen eines objektiv schutzwürdigen [X.]s einerseits und dessen Fortbestand andererseits in dem Revisionsverfahren gegen das Urteil des [X.] vom 1. August 2019 als gesondert zu prüfende Tatbestandsmerkmale angesehen ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2020 - 10 C 25.19 - [X.]E 171, 90 Rn. 29). Danach ist der Fortbestand des [X.]s in Fällen wie dem vorliegenden nicht grundsätzlich anzunehmen, sondern auf der Grundlage entsprechender Darlegungen festzustellen.

Die aufgeworfene Rechtsfrage ist aber auch nicht entscheidungserheblich. Denn das Oberverwaltungsgericht hat besondere Anhaltspunkte, die die Beigeladene zu 2 für die gesonderte Darlegung und Begründung des Fortbestandes für erforderlich erachtet, vorliegend gerade festgestellt. Es hat in der Beendigung des konkreten Mandats der Beigeladenen zu 2, der Insolvenzanmeldung des [X.], dem endgültigen Scheitern der Sanierung und fehlenden Bedenken des Insolvenzverwalters gegen die Gewährung des [X.] einen wesentlichen Einschnitt für den Fortbestand des schutzwürdigen [X.]s gesehen ([X.]).

Soweit die Beigeladene zu 2 meint, die rechtlichen Leitlinien hinsichtlich des Fortbestehens des [X.]s jenseits der bekannten [X.] seien auch im Übrigen grundsätzlich klärungsbedürftig, formuliert sie bereits keine konkrete Rechtsfrage.

b) Aus dem Vorbringen der [X.] ergibt sich nicht das Vorliegen eines [X.] im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dem das angegriffene Urteil beruhen kann.

aa) Die Rüge der [X.], das Oberverwaltungsgericht habe gegen den Grundsatz der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, indem es im Rahmen der Prüfung des Fortbestandes des besonderen [X.]s einen Reputationsverlust im Zeitpunkt der Antragstellung verneint hat, greift nicht durch.

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung von dem nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Die Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich grundsätzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen. Deshalb ist die Einhaltung der aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden Verpflichtung nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Bewertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt und daraus andere Schlüsse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Ein als Verfahrensfehler einzuordnender Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann zwar ausnahmsweise gegeben sein, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 27. September 2021 - 8 C 31.20 - [X.]E 173, 282 Rn. 13). Derartiges lässt sich der Beschwerdebegründung jedoch nicht entnehmen.

Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des [X.] bestand das ursprünglich gegebene schutzwürdige [X.] der Beigeladenen zu 2 im Zeitpunkt des Antrags der Klägerin auf Informationszugang nicht fort, weil den von dieser geltend gemachten privaten Belangen keine einen Ausschluss des Zugangs gemäß § 3 Nr. 7 [X.] tragenden öffentlichen Belange der [X.] korrespondierten. Es ist vielmehr entscheidungstragend davon ausgegangen, dass es im Interesse der [X.] und des Beigeladenen zu 1 liege, wenn durch eine Offenlegung der Unterlagen etwaige Unzulänglichkeiten der [X.] durch die Beigeladene zu 2 aufgedeckt und künftig vermieden werden könnten. Dagegen wurden keine durchgreifenden Zulassungsgründe geltend gemacht, sodass die Feststellung, ein drohender Reputationsverlust sei nicht ersichtlich, schon mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erfolgreich mit der Rüge eines Verfahrensfehlers angegriffen werden kann.

Im Übrigen lässt das Beschwerdevorbringen insoweit keine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes erkennen. Das Oberverwaltungsgericht hat entgegen der Auffassung der [X.] nicht festgestellt, dass ein Reputations- und Haftungsrisiko für die Beigeladene zu 2 ursprünglich bestand, sondern abstrakt ausgeführt, Informationen des [X.], auf die die öffentliche Verwaltung angewiesen sei, rechtfertigten es grundsätzlich, auf Seiten dieses [X.] ein besonderes [X.] anzuerkennen. Die Offenlegung von Bewertungen anhand wirtschaftlicher Parameter könne auch mit Haftungsrisiken für ihn verbunden sein. Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des [X.] genügte diese abstrakte Möglichkeit eines Reputations- und Haftungsrisikos, um zunächst von einem anzuerkennenden besonderen [X.] auszugehen. Im Rahmen der Prüfung des Fortbestandes des [X.]s hat es dagegen einen drohenden Reputationsverlust fallbezogen - konkret für die Beigeladene zu 2 - mit der Erwägung verneint, dass sich für ihn Anhaltspunkte weder aus dem Urteil des [X.] im Verfahren gegen die für das Sanierungskonzept verantwortliche [X.] noch substantiell aus dem Vorbringen der Beigeladenen zu 2 ergäben. Darin liegt keine willkürliche oder denkgesetzwidrige, die Grenzen der Logik überschreitende Sachverhaltswürdigung des [X.]. Zudem hat das Oberverwaltungsgericht selbstständig tragend darauf abgestellt, dass der Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 7 [X.] kein Deckmantel für etwaige Fehlleistungen und Inkompetenz sei und nicht dazu diene, dass Entscheidungsträger für ihr Verhalten nicht politisch oder rechtlich verantwortlich gemacht werden können. Gegen diese Begründung, die der Annahme des [X.] nach § 3 Nr. 7 [X.] auch im Falle eines der Beigeladenen zu 2 drohenden Reputations- und Haftungsrisikos entgegenstünde, sind keine Zulassungsgründe geltend gemacht worden.

bb) Auch die Rüge der [X.], das Oberverwaltungsgericht habe den Fortbestand des schutzwürdigen [X.]s unter dem Gesichtspunkt der Offenlegung der Arbeitsmethodik der Beigeladenen zu 2 verfahrensfehlerhaft verneint, führt nicht zur Zulassung der Revision.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu Recht rügt, dass das Oberverwaltungsgericht mögliche Rückschlüsse auf eine exklusive Arbeitsmethodik der Beigeladenen zu 2 nicht ohne Durchführung eines "[X.] verneinen durfte. Denn die Verfahrensrüge der [X.] gegen die selbstständig tragende Begründung des [X.], selbst bei einer Offenlegung der Arbeitsmethodik der Beigeladenen zu 2 entstünden keine Nachteile für die Beklagte, weil sich dadurch die Angebotspalette von Unternehmen grundsätzlich verbreitern würde, greift nicht durch. Die Feststellung verstößt entgegen ihrer Auffassung nicht gegen den Grundsatz der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie weist weder einen gedanklichen Bruch in der Überzeugungsbildung auf noch verstößt sie gegen die Gesetze der Logik. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass sich nach einer Offenlegung der Informationen zwingend mehr Wirtschaftsprüfungsunternehmen um eine Tätigkeit für die Beklagte bewerben, sondern lediglich, dass sich infolge der Erschließung eines möglicherweise erkennbaren besonderen Erfahrungswissens der Beigeladenen zu 2 auch andere leistungsfähige Unternehmen auf Ausschreibungen um einen [X.] bewerben könnten (worauf die Beigeladene zu 2 im Berufungsverfahren selbst hingewiesen hatte, [X.] 9), und sich dadurch die Auswahl unter den Bewerbern für die Beklagte vergrößern würde. Es ist auch nicht davon ausgegangen, dass die Offenlegung der Informationen ausschließlich positive Effekte für die Beklagte hat.

cc) Aus dem Vorbringen der [X.] ergibt sich auch kein Verstoß des [X.] gegen die Bindungswirkung des Revisionsurteils vom 15. Dezember 2020.

Die Bindungswirkung nach § 144 Abs. 6 VwGO, deren Verletzung als Verfahrensmangel gerügt werden kann, erstreckt sich auf die rechtliche Beurteilung des [X.] und umfasst die für die Aufhebungsentscheidung kausal ausschlaggebenden Gründe ([X.], Beschluss vom 22. Dezember 2021 - 9 [X.] - juris Rn. 6 m. w. N.).

Soweit die Beklagte rügt, das Oberverwaltungsgericht habe für den Fortbestand des [X.]s nicht ausreichen lassen, dass die bei einer Offenlegung der Informationen drohenden Reputations- und Haftungsrisiken für die Beigeladene zu 2 sowie die drohende Preisgabe von deren exklusiven Arbeitsmethoden dazu führen könnten, dass künftig andere Wirtschaftsprüfungsunternehmen nicht oder nur noch zu schlechteren Konditionen bereit seien, entsprechende Mandate der [X.] zu übernehmen, legt sie keinen Verstoß gegen die Bindungswirkung des Revisionsurteils dar. Das Oberverwaltungsgericht hat ein Reputations- und Haftungsrisiko der Beigeladenen zu 2 im Falle der Offenlegung der Informationen verneint ([X.]) und gerade nicht festgestellt, dass andere Wirtschaftsprüfungsunternehmen bei einer Offenlegung der Informationen zukünftig nicht oder nur noch zu schlechteren Konditionen bereit wären, für die Beklagte tätig zu werden. [X.] wurden dagegen - wie dargelegt - nicht geltend gemacht.

Selbst wenn das Oberverwaltungsgericht entsprechende Feststellungen getroffen hätte, wäre mit dem Vorbringen der [X.] kein Verstoß gegen die Bindungswirkung des Revisionsurteils vom 15. Dezember 2020 aufgezeigt. § 144 Abs. 6 VwGO erfasst die vom [X.] in dem Revisionsurteil gebildeten Rechtssätze sowie auch die Rechtsanwendung im Einzelfall und damit einzelne Subsumtionsergebnisse ([X.], in: [X.], [X.]ordnung, 16. Aufl. 2022, § 144 Rn. 25). Die Beklagte rügt mit ihrem Einwand, das Oberverwaltungsgericht hätte eine (zukünftige) Gefährdung der ordnungsgemäßen Erfüllung behördlicher Aufgaben annehmen müssen, weder eine Abweichung von einem Rechtssatz noch eine Abweichung von einer Rechtsanwendung des [X.] im Einzelfall, sondern der Sache nach eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Oberverwaltungsgericht. Damit macht sie letztlich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Berufungsurteils geltend, auf die eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht mit Erfolg gestützt werden kann (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 19. Oktober 2022 - 7 B 19.21 - juris Rn. 15). Eine Rechtsanwendung, von der das Oberverwaltungsgericht hätte abweichen können, hat der [X.] in Randnummer 28 seines Revisionsurteils, auf die sich die Beklagte bezieht, im Übrigen nicht vorgenommen.

Einen Verstoß gegen § 144 Abs. 6 VwGO zeigt die Beklagte schließlich auch nicht mit ihrer Rüge auf, das Oberverwaltungsgericht habe hinsichtlich des Fortbestandes des [X.]s zum Zeitpunkt der Antragstellung allein auf die nachteilige Betroffenheit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben abgestellt, obwohl sich aus dem zurückverweisenden Revisionsurteil ergebe, dass es sich beim anzuerkennenden [X.] um das Interesse des [X.] an der Vertraulichkeit der jeweiligen Information handele. Bereits nach der von ihr zitierten Urteilspassage des [X.] trifft der Einwand nicht zu. Dieses ist vielmehr davon ausgegangen, dass fortbestehenden privaten [X.]n öffentliche Belange korrespondieren müssten, um ein objektiv schutzwürdiges [X.] im Sinne des [X.] nach § 3 Nr. 7 [X.] begründen zu können. Eine Abweichung von den nach § 144 Abs. 6 VwGO bindenden rechtlichen Erwägungen des [X.] ist auch hieraus nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

10 B 17/22

17.07.2023

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 5. September 2022, Az: OVG 12 B 6/21, Urteil

§ 3 Nr 7 IFG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.07.2023, Az. 10 B 17/22 (REWIS RS 2023, 5522)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5522

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