Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.06.2023, Az. II R 2/21

2. Senat | REWIS RS 2023, 6387

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Gegenstand

Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs


Leitsatz

§ 16 Abs. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steht einer Aufhebung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht entgegen, wenn der Notar den Erwerbsvorgang zwar nicht innerhalb der für ihn geltenden Frist des § 18 GrEStG anzeigt, seine Anzeige bei dem zuständigen Finanzamt aber noch innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist des § 19 GrEStG eingeht.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 20.01.2021 - 4 K 270/20 aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des [X.] vom 28.06.2018 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30.01.2020 verpflichtet, die Grunderwerbsteuerbescheide vom 02.05.2018 und 07.07.2020 aufzuheben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war an einer Objektgesellschaft (GmbH) mit 90,1 % beteiligt. Die restlichen 9,9 % hielt eine AG. Die GmbH war Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses.

2

Mit notariell beurkundetem [X.] verkaufte die AG ihren Anteil an der GmbH an die Klägerin zum Kaufpreis von 2.475 €. Die Klägerin wurde bei Vertragsschluss durch ihren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer (A) vertreten. Die AG wurde durch eines ihrer Vorstandsmitglieder ([X.]) vertreten. Nach der Vertretungsregelung der AG konnte die Gesellschaft nur durch zwei Vorstandsmitglieder (zusammen) vertreten werden. [X.] handelte daher zum einen als Vorstand der AG und zum anderen für den [X.] ([X.]). Insoweit stand seine Erklärung unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Genehmigung, die nach der ausdrücklichen Regelung im Vertrag mit Zugang beim Notar wirksam werden sollte. [X.] genehmigte den [X.] Die Genehmigung des [X.] ging dem Notar am 30.12.2016 zu.

3

Am 30.12.2016 übersandte der beurkundende Notar eine Kopie des Vertrages an das für die [X.]esteuerung von Körperschaften zuständige Finanzamt. [X.]ei dem [X.]eklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) ging die Veräußerungsanzeige samt Kopie des [X.] am 12.01.2017 ein.

4

Mit [X.]escheid vom 02.05.2018 setzte das [X.] gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Die Klägerin hat gegen diesen [X.]escheid Einspruch eingelegt.

5

Mit notariell beurkundetem [X.] trat die Klägerin 9,9 % ihrer Anteile an der GmbH wieder entgeltlich an die AG zum Kaufpreis von 2.475 € ab. Am 19.06.2018 beantragte sie die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 02.05.2018 nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes in der auf den Streitzeitraum anwendbaren Fassung ([X.]). Mit Schreiben vom 28.06.2018 lehnte das [X.] den Antrag auf Aufhebung der Steuerfestsetzung ab. Der Aufhebung stehe § 16 Abs. 5 [X.] entgegen. Der [X.] sei erst am 12.01.2017 und damit nicht fristgerecht im Sinne des § 18 Abs. 3 [X.] beim [X.] angezeigt worden. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung legte die Klägerin am 01.08.2018 Einspruch ein.

6

Am 29.04.2019 wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Mit Schreiben vom 13.11.2019 teilte die Klägerin im Einspruchsverfahren mit, dass sie mit Zustimmung des Sachwalters das durch das Insolvenzverfahren zunächst unterbrochene Einspruchsverfahren nach § 85 der Insolvenzordnung, § 74 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) analog, § 240 der Zivilprozessordnung wieder aufnehme und bat um den Erlass einer Einspruchsentscheidung.

7

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.01.2020 wies das [X.] den Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 28.06.2018 als unbegründet zurück.

8

Mit [X.]escheid vom 07.07.2020 wurde der Grunderwerbsteuerbescheid aus hier nicht streitigen Gründen geändert.

9

Die Klage auf Aufhebung der geänderten Grunderwerbsteuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts ([X.]) stand der Aufhebung die Frist des § 16 Abs. 5 [X.] entgegen. Weder die Klägerin noch der beurkundende Notar hätten den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuerstelle des [X.] gemäß §§ 18, 19 [X.] fristgerecht angezeigt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 570 veröffentlicht.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Nach ihrer Ansicht steht § 16 Abs. 5 [X.] einer Aufhebung der festgesetzten Grunderwerbsteuer nicht entgegen. Der Erwerbsvorgang sei fristgerecht angezeigt worden. Zwar habe die [X.] für den Notar nach § 18 Abs. 3 [X.] bereits am 05.01.2017 geendet. Gehe man aber mit dem [X.]undesfinanzhof ([X.]FH) davon aus, dass es ausreiche, wenn entweder der Notar oder der Steuerschuldner seiner Anzeigepflicht nachkomme, genüge der Eingang der Anzeige durch den Notar innerhalb der für die Klägerin geltenden länger laufenden Frist. Diese habe im Streitfall erst mit Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts durch Zugang der Genehmigung des Vorstandes [X.] beim Notar am 30.12.2016 zu laufen begonnen. [X.]eim Eingang der Anzeige des Notars beim [X.] am 12.01.2017 sei diese für die Klägerin geltende Frist noch nicht abgelaufen gewesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das [X.]-Urteil vom 20.02.2021 - 4 K 270/20, den Ablehnungsbescheid des [X.] vom 28.06.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2020 aufzuheben und das [X.] zu verpflichten, die Grunderwerbsteuerbescheide vom 02.05.2018 und 07.07.2020 aufzuheben.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Seiner Auffassung nach hat das [X.] zu Recht entschieden, dass § 16 Abs. 5 [X.] der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegenstehe. Weder die Klägerin noch der beurkundende Notar hätten den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuerstelle des [X.] fristgerecht angezeigt. Die Klägerin selbst habe den Erwerbsvorgang entgegen ihrer Pflicht aus § 19 Abs. 3 [X.] der Grunderwerbsteuerstelle des [X.] nicht angezeigt. Die fehlende Anzeige sei auch nicht durch eine ordnungsgemäße, das heißt den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Anzeige des Notars ersetzt worden, da dessen Anzeige gemäß § 18 Abs. 3 [X.] verspätet beim für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständigen [X.] eingegangen sei. Dass im Zeitpunkt des Eingangs der Anzeige des Notars beim [X.] die Frist für die Anzeigenerstattung durch die Klägerin nach § 19 Abs. 3 [X.] noch nicht abgelaufen gewesen sei, ändere daran nichts.

Die [X.]eteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 [X.]O).

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag der Klägerin ist dahingehend zu verstehen, dass sie im Wege der Verpflichtungsklage begehrt, das [X.] zur Aufhebung der [X.] vom 02.05.2018 und 07.07.2020 zu verpflichten.

Die Klage der Klägerin ist darauf gerichtet, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer in den Bescheiden vom 02.05.2018 und 07.07.2020 aufgrund des [X.] der GmbH-Anteile nach § 16 Abs. 1 und 2 [X.] aufgehoben wird. Dieses Begehren ist als Verpflichtungsklage in Gestalt der [X.] zu verfolgen (s. z.B. [X.]-Urteil vom 05.06.1991 - II R 83/88, [X.], 267). Der erkennende Senat deutet den Klageantrag der Klägerin dementsprechend in eine Verpflichtungsklage um. Die Umdeutung ist auch noch in der Revisionsinstanz möglich (vgl. [X.]-Urteil vom 27.01.2011 - III R 65/09).

III.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Verpflichtung des [X.], die streitigen [X.] aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sind erfüllt. § 16 Abs. 5 [X.] steht der Aufhebung der Steuerfestsetzung nicht entgegen.

1. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] unterliegt der Grunderwerbsteuer unter anderem ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer grundstücksbesitzenden [X.] begründet, [X.]n durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % (heute 90 %) der Anteile der [X.] in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a [X.] nicht in Betracht kommt.

2. Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder eine bereits erfolgte Steuerfestsetzung aufgehoben, [X.]n der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] betrifft über seinen Wortlaut hinaus auch [X.] nach § 1 Abs. 2 bis 3a [X.]. Dies folgt aus § 16 Abs. 5 [X.], wonach § 16 Abs. 1 bis 4 [X.] nicht gilt, [X.]n einer der in § 1 Abs. 2 bis 3a [X.] bezeichneten [X.] rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt war. Diese Regelung setzt die grundsätzliche An[X.]dbarkeit der Begünstigungsvorschrift des § 16 [X.] auch auf die Tatbestände des § 1 Abs. 3 [X.] voraus (vgl. [X.]-Urteil vom [X.], [X.], 454, [X.], 157, Rz 15, m.w.N.).

3. § 16 Abs. 5 [X.] schließt den Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung aus, [X.]n ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 3  [X.] zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, aber nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18, 19 [X.]) wurde. Die Vorschrift dient einerseits der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 [X.] und soll andererseits dem Anreiz entgegen wirken, durch Nichtanzeige einer Besteuerung den in dieser Vorschrift genannten [X.]n zu entgehen (vgl. [X.]-Urteile vom 17.05.2017 - II R 35/15, [X.], 95, [X.], 966, Rz 42 und vom [X.], [X.], 454, [X.], 157, Rz 18). Den Beteiligten soll die Möglichkeit genommen werden, die dort benannten [X.] ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird (vgl. [X.]-Urteil vom 17.05.2017 - II R 35/15, [X.], 95, [X.], 966, Rz 42).

4. Die Anzeigepflichten für den Notar nach § 18 [X.] und für den Steuerschuldner nach § 19 [X.] bestehen grundsätzlich selbständig nebeneinander. Die Wirkungen der Anzeigen können jedoch bei der An[X.]dung des § 16 Abs. 5 [X.] unter bestimmten Voraussetzungen dem anderen Anzeigepflichtigen zugerechnet werden.

a) Die Anzeigepflichten gemäß §§ 18, 19 [X.] sind innerhalb von zwei Wochen zu erfüllen, knüpfen jedoch für die verschiedenen Anzeigepflichtigen an verschiedene Ereignisse an und können deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen.

aa) Ein Notar hat über einen Rechtsvorgang, den er beurkundet hat, nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 [X.] innerhalb von zwei Wochen nach der Beurkundung Anzeige zu erstatten, auch [X.]n die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs von einer Genehmigung abhängig ist.

bb) Ein [X.]er hat ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] nach § 19 Abs. 3 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 13 Nr. 5 [X.] innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem anzeigepflichtigen Vorgang Kenntnis erhalten hat, anzuzeigen. Voraussetzung dafür ist, dass das Rechtsgeschäft wirksam ist. Anderenfalls ist der Erwerbsvorgang noch nicht verwirklicht. Hängt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von einer Genehmigung ab, ist der Erwerbsvorgang erst im Zeitpunkt des Eintritts der Genehmigung erfüllt (§ 14 Nr. 2 [X.]). In diesem Fall beginnt die Frist für die Anzeige nach § 19 Abs. 3 [X.] erst mit Kenntnis von dem Vorliegen der Genehmigung ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 19 Rz 219; [X.], [X.], Kommentar, 7. Aufl., § 19 Rz 23; kritisch zum Auseinanderfallen des Fristbeginns [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 18 Rz 210, § 19 Rz 221).

b) Der [X.] hat bereits entschieden, dass es für § 16 Abs. 5 [X.] ausreicht, [X.]n einer von mehreren Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß und fristgerecht nachkommt (vgl. [X.]-Urteile vom 18.04.2012 - II R 51/11, [X.]E 236, 569, [X.], 830, Rz 24; vom 03.03.2015 - II R 30/13, [X.]E 249, 212, [X.], 777, Rz 23 und vom [X.], [X.], 454, [X.], 157, Rz 19). Danach wirkt die Anzeige des Notars für Zwecke des § 16 Abs. 5 [X.] auch für den Steuerschuldner.

c) Die Urteile sind zwar zu § 16 Abs. 5 [X.] in der Fassung vor der Änderung durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt [X.] zur [X.] und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014 ([X.], 1265) ergangen. Mit Wirkung ab dem 07.06.2013 (vgl. § 23 Abs. 12 [X.]) wurde der Wortlaut des § 16 Abs. 5 [X.] geändert. Während zuvor § 16 Abs. 1 bis 4 [X.] nicht galt, [X.]n der Erwerbsvorgang "nicht ordnungsmäßig angezeigt (§§ 18, 19) war", schließt die im Streitfall geltende Fassung die An[X.]dung von § 16 Abs. 1 bis 4 [X.] bereits dann aus, [X.]n der Erwerbsvorgang "nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war". Die Vorschrift verlangt jedoch auch in der neuen Fassung nicht, dass beide Anzeigeverpflichtete jeweils ihren Anzeigepflichten "fristgerecht und in allen Teilen vollständig" nachkommen. Vielmehr ist § 16 Abs. 5 [X.] weiterhin passivisch formuliert. Es genügt, dass der Erwerbsvorgang angezeigt "war".

d) Ausgehend vom Wortlaut und Zweck des § 16 Abs. 5 [X.] reicht es danach aus, dass der Erwerbsvorgang innerhalb der für den Notar nach § 18 Abs. 3 Satz 1 [X.] oder der für den Steuerschuldner nach § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.] geltenden Anzeigefrist in allen Teilen vollständig angezeigt war und zwar unabhängig davon, von wem und für [X.] die Anzeige erfolgt ist.

aa) Nach dem Normzweck des § 16 Abs. 5 [X.] genügt es, [X.]n der Erwerbsvorgang innerhalb der in § 18 Abs. 3 und § 19 Abs. 3 [X.] vorgesehenen Anzeigefristen dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass es die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs. 2 bis 3a [X.] prüfen kann. Daher muss die Anzeige grundsätzlich an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts übermittelt werden ([X.]-Urteil vom [X.], [X.], 454, [X.], 157). Ist dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob die Anzeige durch den Notar oder den Steuerschuldner erfolgt ist. Unerheblich ist auch, ob der Steuerschuldner Kenntnis davon hatte, ob und [X.]n ja zu welchem Zeitpunkt der Notar seiner Anzeigepflicht nach der für ihn --den [X.] geltenden Frist nachgekommen ist. Maßgeblich ist, dass dem zuständigen Finanzamt innerhalb einer der gesetzlichen Fristen der steuerbare Vorgang vollständig angezeigt wurde. Ist dies der Fall, ist der Normzweck des § 16 Abs. 5 [X.] erfüllt. Die Vorschrift schließt die An[X.]dung des § 16 Abs. 1 bis 4 [X.] dann nicht mehr aus.

bb) Nach den vorstehenden Grundsätzen reicht es im Sinne des § 16 Abs. 5 [X.] daher aus, [X.]n der Notar eine Anzeige erstattet, die zwar nach der gemäß § 18 Abs. 3 [X.] für den Notar laufenden Frist verspätet ist, die dem zuständigen Finanzamt aber innerhalb der nach § 19 Abs. 3 [X.] für den Steuerschuldner geltenden Frist zugeht. In einem solchen Fall wird der Zweck des § 16 Abs. 5 [X.] gewahrt, nämlich auf Grundlage einer entsprechenden Anzeige dem Finanzamt die ordnungsgemäße Prüfung des [X.] zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, [X.]n die Verwirklichung des Erwerbstatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] von der Genehmigung einer Vertragspartei abhängt und diese für die Berechnung der in § 19 [X.] benannten Fristen für die Anzeigepflicht eines Beteiligten maßgebend ist. Es ginge in diesem Fall über den Normzweck des § 16 Abs. 5 [X.] hinaus, den Verlust der Rechte aus § 16 Abs. 1 und 2 [X.] an die fehlende Erstattung einer Anzeige des Notars nach § 18 [X.] zu einem Zeitpunkt zu knüpfen, in dem der Erwerbsvorgang des Anteilskaufs mangels der erforderlichen Genehmigung einer der Vertragsparteien noch nicht verwirklicht worden ist und deshalb die Anzeigepflicht des Steuerschuldners nach § 19 [X.] noch nicht zu laufen begonnen hat. Eine Gefährdung des Steueranspruchs ist in diesem Fall vor Entstehung der Steuer nicht zu befürchten.

5. Das [X.] ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Ablehnung der beantragten Aufhebung der Steuerfestsetzung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Aufhebung der [X.] aus § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Mit notariell beurkundetem [X.] trat die Klägerin 9,9 % ihrer Anteile an der GmbH wieder entgeltlich an die AG zum Kaufpreis von 2.475 € ab, sodass der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren nach Entstehung der Steuerschuld für den vorangegangenen Erwerbsvorgang erfolgte. Diese Steuer entstand nach § 14 Nr. 2 [X.] am 30.12.2016 mit dem Zugang der Genehmigung des Verkaufs der Anteile durch den [X.] der Verkäuferin beim Notar. § 16 Abs. 5 [X.] steht dem nicht entgegen. Auch die zweiwöchige Frist für die Anzeige der Klägerin begann nach § 19 Abs. 3 i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 4, § 14 Nr. 2 und § 13 Nr. 5 [X.] erst mit Kenntnis von der nachträglichen Genehmigung des Mitvorstandes C der Käuferin durch den Notar am [X.] Die Anzeige des Notars nach § 18 [X.] ging bei der Grunderwerbsteuerstelle des [X.] am 12.01.2017 und somit noch innerhalb der für die Klägerin laufenden zweiwöchigen Anzeigefrist ein.

6. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O, die Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung auf § 90 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 2/21

21.06.2023

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 20. Januar 2021, Az: 4 K 270/20, Urteil

§ 16 Abs 2 GrEStG 1997, § 16 Abs 5 GrEStG 1997, § 18 Abs 3 GrEStG 1997, § 19 Abs 3 GrEStG 1997, § 14 Nr 2 GrEStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.06.2023, Az. II R 2/21 (REWIS RS 2023, 6387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6387


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 4 K 270/20

FG München, 4 K 270/20, 20.01.2021.


Az. II R 2/21

Bundesfinanzhof, II R 2/21, 21.06.2023.


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