Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. XII ZB 120/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4363

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/14
vom
2. Juli
2014
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 278, 34
a)
Im Verfahren betreffend die erstmalige Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts darf das Gericht unter den Vo-raussetzungen des §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG ausnahmsweise dann von der Anhörung des Betroffenen bzw. von der Verschaffung eines persönli-chen Eindrucks absehen, wenn eine Vorführung des Betroffenen (§
278 Abs.
5 FamFG) unverhältnismäßig ist und das Gericht zuvor sämtliche nicht mit Zwang verbundenen Versuche
einschließlich des Versuchs einer [X.] in der gewöhnlichen Umgebung
-
unternommen hat, um den Be-troffenen zu befragen oder sich von ihm einen persönlichen Eindruck
zu verschaffen (im [X.] an Senatsbeschluss vom 11.
August 2010

XII
ZB
171/10
-
FamRZ 2010, 1650).
b)
Eine Betreuung kann in diesen Fällen nur dann angeordnet werden, wenn das Gericht nach Ausschöpfung aller verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten auch ohne Anhörung und ohne persönlichen Eindruck von dem Betroffenen vom Vorliegen der Betreuungsvoraussetzungen überzeugt ist.
[X.], Beschluss vom 2. Juli 2014 -
XII [X.]/14 -
LG Göttingen

[X.]
-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 2.
Juli
2014
durch den [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
[X.], Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Dem Betroffenen wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-gen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 10.
Februar 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Betroffene wendet sich gegen die Anordnung seiner Betreuung.
Der 1971 geborene Betroffene ist an mehreren vor dem Familiengericht anhängigen Abstammungsverfahren beteiligt. Nachdem in diesen Verfahren die [X.] des Betroffenen zweifelhaft geworden war, regte das Fami-liengericht die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung an. Das Betreuungsge-richt hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung des 1
2
-
3
-

Betroffenen
im Beisein der Sachverständigen durch Beschluss vom 14.
August 2013 eine Betreuung mit dem
Aufgabenkreis der "Vertretung in familiengericht-lichen Verfahren"
eingerichtet und die
Beteiligte zur
Berufsbetreuerin
bestellt.
Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde hat der Betroffene geltend ge-macht, er sei nicht geschäftsunfähig und benötige keinen
Betreuer. Das Land-gericht hat die Beschwerde nach Einholung eines ergänzenden Sachverständi-gengutachtens zur Frage der freien Willensbestimmung zurückgewiesen. [X.] diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbe-schwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der [X.] Entscheidung.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Betroffene leide nach den überzeugenden Darlegungen der Sachverständigen seit einigen Jahren an einer psychischen Krankheit mit para-noiden Ideen, Einengung des Denkvermögens und einer Beeinträchtigung der Auseinandersetzung mit komplexen Sachverhalten. Aufgrund dieser Krankheit bestehe ein subjektives Betreuungsbedürfnis für den Aufgabenbereich der Ver-fahrensführung in familienrechtlichen Verfahren, was sich ebenfalls aus den Ausführungen der Sachverständigen in ihrem
"Gutachten vom 15.
Juni 2013"
ergebe. Ferner habe die Sachverständige festgehalten, dass der Betroffene

jedenfalls hinsichtlich der unter seiner Beteiligung geführten familiengerichtli-chen Verfahren

nicht in der Lage sei, seine Entscheidung von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Die Ablehnung der Betreuung durch den 3
4
-
4
-

Betroffenen beruhe nicht auf seinem freien Willen, sondern darauf, dass er das Wesen der rechtlichen Betreuung nicht verstanden habe.
Es habe gemäß §
34 Abs.
3 FamFG ohne Anhörung des Betroffenen entschieden werden können. Der Betroffene sei erstmalig zur Anhörung am 28.
November 2013 geladen worden. Nachdem die Betreuerin an diesem
Ter-min verhindert gewesen sei, sei der Betroffene auf den 4.
Dezember 2013 ge-laden worden. Diesen Termin habe der Betroffene mit Schreiben vom 3.
De-zember 2013 abgesagt, woraufhin er nochmals unter ausdrücklichem Hinweis auf die Folgen unentschuldigten [X.] auf den 16.
Januar 2014 ge-laden worden sei. Auch diesen Termin habe der Betroffene kurzfristig abgesagt und sich schriftlich darauf berufen, "indisponiert"
zu sein. Dies habe der Be-troffene auf Nachfrage des Gerichts dahin konkretisiert, dass er bis Ende April 2014 "gutachterlich krankgeschrieben"
sei und er in dieser Zeit keine Termine einhalten könne. Eine Vorlage dieses
"Gutachtens"
habe der Betroffene ver-weigert, weil er seine "Gesundheitsdaten"
gesperrt habe, um einer missbräuch-lichen Verwendung vorzubeugen. Mit diesen Begründungen habe
der Betroffe-ne sein Nichterscheinen nicht entschuldigen
können.
2. Dies hält den
Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
a)
Gemäß §
278 Abs.
1 Satz
1 und 2 FamFG hat das Gericht den Be-troffenen vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und sich einen persönli-chen Eindruck von ihm zu verschaffen.
aa) Die Pflicht zur persönlichen Anhörung besteht nach §
68 Abs.
3 Satz
1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Allerdings darf das Beschwerdegericht nach §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG von der persönlichen [X.] absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wor-5
6
7
8
-
5
-

den ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, wovon offensichtlich auch das Beschwerdegericht ausgegangen ist.
Eine erneute Anhörung des [X.] war unter den obwaltenden Umständen schon deshalb erforderlich, weil
der Betroffene ausweislich des Vermerks der Betreuungsrichterin über die Anhörung
vom 5.
August 2013 mit der Errichtung einer Betreuung für die [X.] seiner Rechte in den familienrechtlichen Verfahren einverstanden war. Wenn sich demgegenüber

wie hier

in der Beschwerdeinstanz erstmals die Frage nach der Einrichtung der Betreuung gegen den Willen des
Be-
troffenen stellt, sind von seiner
Anhörung durch das Beschwerdegericht stets neue Erkenntnisse zu erwarten (Senatsbeschlüsse vom 7.
August 2013

XII
ZB
188/13

FamRZ 2013, 1800 Rn.
9 und vom 22.
August 2012

XII
ZB
141/12

FamRZ 2012, 1796
Rn.
14).
Darüber hinaus war die Anhörung des Betroffenen auch deshalb gebo-ten, weil der Betroffene

worauf das Beschwerdegericht nicht eingegangen ist

erstmals im Zuge des Beschwerdeverfahrens
den konkreten Wunsch
geäußert hat, ihm für den Fall der [X.] einen von ihm ausgewählten
Betreuer
(nämlich Rechtsanwalt Dr.
L.)
zu bestellen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21.
November 2012

XII
ZB
384/12
FamRZ 2013, 286 Rn.
9 und vom 16.
März 2011

XII
ZB
601/10
RZ 2011, 880 Rn.
16).
bb) Das Beschwerdegericht konnte seine Entscheidung, von einer per-sönlichen Anhörung des Betroffenen abzusehen, auch nicht auf §
34 Abs.
3 FamFG stützen.
(1) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt dies aber nicht schon daran, dass im Verfahren betreffend die erstmalige Bestellung eines Be-treuers von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen schlechthin nicht nach §
34 Abs.
3 FamFG abgesehen werden könnte.
Der
Senat hat dies in ei-9
10
11
-
6
-

ner
früheren Entscheidung für möglich gehalten
(Senatsbeschluss vom 11.
Au-gust 2010

XII
ZB
171/10

FamRZ 2010, 1650 Rn.
8
mit
zust. [X.]. [X.] FamRZ 2010, 1651; vgl. ebenso [X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
278 Rn.
34; [X.]/Weinreich/Rausch FamFG 4.
Aufl. §
278 Rn.
9), woran er gegenüber den von der Rechtsbeschwerde und Teilen der Literatur ([X.]/[X.] FamFG
18.
Aufl. §
278 Rn.
23; [X.]/[X.] FamFG 12.
Aufl. §
278 Rn.
13;
BeckOK FamFG/[X.] [Stand: 1.
Januar 2014] §
278 Rn.
13)
geäu-ßerten Bedenken im Grundsatz festhält. Zwingende gesetzessystematische Gründe schließen die
Anwendung des
§
34 Abs.
3 FamFG auch im [X.] von
§
278 FamFG nicht aus.
(a) §
34 FamFG regelt im Interesse der Beteiligten die Grundzüge der persönlichen Anhörung. Diese Form der Anhörung dient der Gewährung rechtli-chen Gehörs (vgl. §
34 Abs.
1 Nr.
1 FamFG), ist aber hierauf nicht
beschränkt. Vielmehr erfasst §
34 Abs.
1 Nr.
2 FamFG schon nach seinem Wortlaut alle Fälle, in denen das Gesetz eine persönliche Anhörung vorsieht, unabhängig davon, zu welchem Zweck sie vom Gesetz vorgeschrieben ist. Erfasst werden daher auch solche Fälle, in denen die persönliche Anhörung

wie nach §
278 Abs.
1 Satz
1 FamFG

auch der Sachverhaltsaufklärung dienen soll (klarstel-lend MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
34 Rn.
1). Auch die Begründung des Gesetzentwurfes lässt erkennen, dass §
278 Abs.
1 Satz
1 FamFG nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zu den von §
34 Abs.
1 Nr.
2 FamFG in Bezug genommenen Vorschriften
gehört
(BT-Drucks. 16/6308 S.
192).

(b) Der Anwendbarkeit
von §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG auf die Anhörung eines
Betroffenen im Verfahren betreffend die erstmalige Bestellung eines Be-treuers steht
auch §
278 Abs.
4 und 5 FamFG nicht grundsätzlich entgegen.
Aus §
278 Abs.
4 FamFG ergibt sich, dass das Gericht seine Überzeu-gung von den
durch die Anhörung drohenden gesundheitlichen Nachteilen
12
13
14
-
7
-


34 Abs.
2 FamFG) für den Betroffenen nur auf der Grundlage eines ärztli-chen Gutachtens bilden darf; die Vorschrift setzt damit voraus, dass die Anhö-rung des Betroffenen im Betreuerbestellungsverfahren aus den in §
34 Abs.
2 FamFG genannten Gründen unterbleiben darf. Die weitergehende Schlussfol-gerung, dass demgegenüber ein Vorgehen nach §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG mangels einer Verweisung auf diese Vorschrift generell unzulässig
sei, lässt sich aber auch in der Zusammenschau mit den Regelungen in §
278 Abs.
5 bis
7 FamFG nicht ziehen.
Allerdings enthält §
278 Abs.
5 FamFG die Ermächtigung des Gerichts, die Vorführung des Betroffenen durch die Betreuungsbehörde anzuordnen, wenn die nach §
278 Abs.
1 Satz
1 FamFG vorgeschriebene Anhörung an der Weigerung des Betroffenen scheitert; um die Vorführung des Betroffenen durchzusetzen, kann das Gericht die Betreuungsbehörde zur Anwendung von Gewalt (§
278 Abs.
6 FamFG) sowie zur Öffnung und Durchsuchung der [X.] (§
278 Abs.
7 FamFG) ermächtigen. Richtig ist, dass §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG demgegenüber an der gesetzgeberischen Überlegung anknüpft, dass die Teilnahme an einem Termin zur
persönlichen Anhörung gerade nicht [X.] werden kann, weil diese Anhörung ausschließlich im Interesse der Verfahrensrechte des Beteiligten stattfinden solle
(BT-Drucks. 16/6308 S.
192). Stellt dagegen die persönliche Anhörung

wie in den Fällen des §
278 Abs.
1 Satz
1 FamFG

auch eine
Konkretisierung des sich aus §
26 FamFG ergeben-den Amtsermittlungsgrundsatzes dar, kann es dem Gericht nicht in die Hand gegeben werden, den Umfang seiner Aufklärungspflicht durch ein Vorgehen nach §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG selbst zu beschränken ([X.]/[X.] 2.
Aufl. §
34 Rn.
21).

Andererseits sind aber auch im Betreuerbestellungsverfahren Sachver-haltskonstellationen denkbar, in denen das Gericht die persönliche Anhörung 15
16
-
8
-

des Betroffenen nicht mit den
gemäß §
278 Abs.
5 bis 7 FamFG zu Gebote ste-henden Mitteln durchsetzen darf. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Vorführung des Betroffenen oder deren zwangsweise Vollziehung
außer Ver-hältnis zum Verfahrensgegenstand stehen würden
([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
278 Rn.
25;
vgl. auch [X.] 2007, 47
f.). Die mit dem Erfordernis der persönlichen Anhörung verbundenen
Verfahrensgarantien
sollen
dem Schutz des Betroffenen dienen. Dieser Zweck würde indessen in sein Gegenteil verkehrt, falls
dem Betroffenen
in solchen Fällen, in denen ge-richtliche Anordnungen nach §
278 Abs.
5 bis 7 FamFG wegen Unverhältnis-mäßigkeit ausscheiden, die nach dem Sach-
und Streitstand gebotenen Maß-nahmen des betreuungsrechtlichen Erwachsenenschutzes
vorenthalten werden müssten, wenn er
sich der persönlichen Anhörung durch das Gericht entzieht
und sich sein [X.] Verhalten nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis als Ausdruck einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen oder seeli-schen Behinderung darstellt. In diesen Fällen wird das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen unter den Voraussetzungen des §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG von der persönlichen Anhörung des Betroffenen absehen und nach Aktenlage entscheiden dürfen (ebenso [X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
278 Rn.
34, 41).
(c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Gericht ge-mäß
§
278 Abs.
1 Satz
2 FamFG verpflichtet ist, sich einen persönlichen [X.] von
dem Betroffenen zu verschaffen.
Auch ein Betroffener, der nicht be-fragt
werden kann oder sich nicht befragen lässt, vermag
beim
Gericht einen Eindruck zu hinterlassen. Richtig ist, dass §
34 FamFG

der nur die Grundzüge der persönlichen
Anhörung regelt

keine unmittelbare Handhabe dafür bieten kann, auf die
Verschaffung
eines persönlichen Eindrucks
verzichten zu können. Allerdings ist es weitgehend anerkannt, dass das Gericht entsprechend §
34 Abs.
2 iVm §
278 Abs.
4 FamFG auch von
der Verschaffung
eines persönlichen 17
-
9
-

Eindrucks absehen kann, wenn ausweislich eines ärztlichen Gutachtens schon von der bloßen Konfrontation mit einer
Gerichtsperson
eine Gesundheitsgefahr für den Betroffenen ausgeht, auch wenn er hierbei nicht befragt wird ([X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
278 Rn.
35; HK-BUR/[X.]§
278, 34 FamFG
Rn.
133; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 5.
Aufl. §
278 FamFG Rn.
16). Können
wegen Unverhältnismäßigkeit keine
Maßnahmen gemäß
§
278 Abs.
5 bis 7 FamFG angeordnet werden, kann das Gericht entsprechend §
34 Abs.
3 FamFG ausnahmsweise auch von der Verschaffung eines persönlichen [X.]s absehen, wenn nur dadurch eine dem Sach-
und Streitstand entspre-chende Endentscheidung ermöglicht wird ([X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
278 Rn.
36). Eine Betreuung kann in diesen Fällen aber nur dann [X.] werden, wenn das Gericht nach Ausschöpfung aller sonstigen [X.] (§
26 FamFG) auch ohne einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen vom Vorliegen der Betreuungsvoraussetzungen überzeugt ist.
(2) Angesichts der hohen Bedeutung, die dem persönlichen Kontakt mit den Verfahrensbeteiligten
im Verfahren um die erstmalige Bestellung eines Be-treuers bzw. die Einrichtung eines Einwilligungsvorbehaltes zukommt, darf das Gericht von der Möglichkeit des §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG erst dann Gebrauch machen, wenn und soweit die Vorführung des Betroffenen unverhältnismäßig ist und zudem alle zwanglosen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, den [X.] anzuhören bzw. sich von ihm einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Zu diesen Möglichkeiten gehört auch das Aufsuchen des Betroffenen, um ihn in seiner
üblichen Umgebung anzuhören (§
278 Abs.
1 Satz
3 FamFG).
(3) Gemessen daran kann das Verfahren des Beschwerdegerichts kei-nen Bestand haben.
Der erste vom Beschwerdegericht anberaumte Anhörungs-termin am 28.
November 2013 ist nicht auf Wunsch des Betroffenen, sondern 18
19
-
10
-

auf Wunsch der Betreuerin verlegt worden. Die Absage des zweiten Anhö-rungstermins am 4.
Dezember 2013 hat der Betroffene durch Schreiben vom 3.
Dezember 2013 mit einem stationären Krankenhausaufenthalt begründet, ohne dass das Beschwerdegericht Feststellungen dazu getroffen hat, ob
diese Behauptung der Wahrheit entsprach. Nach dem bisherigen Sachstand konnte das Beschwerdegericht nur das Fernbleiben des Betroffenen beim
dritten Anhö-rungstermin am 16.
Januar 2014 als nicht genügend entschuldigt ansehen. Dies rechtfertigt ein Vorgehen nach §
34 Abs.
3 Satz
1 FamFG noch nicht, zumal das Beschwerdegericht keinen Versuch unternommen hat, den Betroffenen oh-ne Zwang in seiner persönlichen Umgebung anzuhören.
Auf die Frage, ob eine Vorführung des Betroffenen angesichts des beschränkten Verfahrensgegen-stands verhältnismäßig gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
b)
Darüber hinaus rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass das Be-schwerdegericht seine Überzeugung vom Bestehen eines objektiven [X.] für den Aufgabenkreis
"Verfahrensführung in familiengerichtlichen Verfahren"
nicht auf das schriftliche Gutachten der Sachverständigen vom 15.
Juni 2013 stützen konnte, weil die Sachverständige in diesem Gutachten

20
-
11
-

ebenso wie in einem früheren Gutachten vom 16.
Februar 2013

dem Be-troffenen
noch bescheinigt hatte, seine Situation trotz seiner mit Psychophar-maka behandelten psychischen Erkrankung richtig einschätzen und gegebe-nenfalls Rechtsanwälte mit seiner Vertretung in gerichtlichen Verfahren beauf-tragen zu können.
3.
Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil noch weitere Ermittlungen anzustellen sind. Deshalb war der Beschluss aufzu-heben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Be-schwerdegericht zurückzuverweisen, §
74 Abs.
6 Satz
2 FamFG.

Dose

Klinkhammer

[X.]

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.08.2013 -
33 XVII 3634 -

LG Göttingen, Entscheidung vom 10.02.2014 -
5 [X.] -

21

Meta

XII ZB 120/14

02.07.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. XII ZB 120/14 (REWIS RS 2014, 4363)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4363

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 120/14

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