Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. II ZR 275/14

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13187

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120416UIIZR275.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
II ZR
275/14
Verkündet am:

12.
April
2016

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GmbHG § 47
Aufgrund der Treuepflicht muss der [X.]er einer Maßnahme zustimmen, wenn sie zur Erhaltung wesentlicher Werte, die die [X.]er geschaffen
haben, oder zur Vermeidung erheblicher Verluste, die die [X.] bzw. die [X.] erleiden könnten, objektiv unabweisbar erforderlich ist und den [X.]ern unter Berücksichtigung ihrer eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist, also wenn der [X.]szweck und das Interesse der [X.] gerade diese Maß-nahme zwingend gebieten und der [X.]er seine Zustimmung ohne vertretba-ren Grund verweigert.
[X.], Urteil vom 12. April 2016 -
II ZR 275/14 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12.
April 2016
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann
und die Richterin [X.], [X.] Dr. Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der [X.] und ihrer Streithelferin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
[X.] vom 14. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] entschieden ist,
und
wie folgt neu gefasst:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des [X.] vom 15.
Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren ein-schließlich der durch die Streithilfe verursachten Kosten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die beklagte GmbH ist die Konzernholdinggesellschaft der M.

Gruppe. Die M.

Märkte werden als Enkelgesellschaften der [X.]
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ten betrieben. Dabei wird regelmäßig für jeden Markt eine eigene [X.] gegründet, die dann die erforderlichen Mietverträge abschließt.
Die Klägerin ist an der [X.] mit 21,62
%, die Streithelferin der [X.], ein Konzernunternehmen der M.

AG, mit dem Rest beteiligt. [X.] der [X.]erversammlung der [X.] erfordern eine Mehrheit von 80
% der Stimmen.
Nach dem Ausscheiden des letzten [X.] aus der Geschäftsführung im Jahr 2010 beschloss die [X.]erversammlung der [X.] mit den Stimmen der Streithelferin die Einrichtung eines in der [X.] vorgesehenen [X.]. Die dagegen gerichtete Beschlussmängelklage der Klägerin hatte keinen Erfolg ([X.], [X.], 1756).
In einem Schiedsverfahren zwischen den [X.]ern wurde am 8.
August 2011 festgestellt, dass Beschlüsse des [X.] mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen nach [X.] gefasst werden. Außerdem wurde festgestellt, dass der Beirat für die Zustimmung zu bestimmten Maßnahmen und Geschäften der Geschäftsführung der [X.] zuständig ist, u.a. zu dem
Abschluss von Mietverträgen mit einer Laufzeit von über fünf Jahren und einem jährlichen Verpflichtungsvolumen von mehr als 300.000 DM durch die Beklagte. Der Schiedsspruch ist rechtskräftig für vollstreckbar erklärt (vgl. [X.],
Beschluss vom 16. April 2015

I
ZB
3/14, [X.], 2019).
Im Laufe des Jahres 2012 arbeitete die Geschäftsführung der [X.] Vorschläge für die Eröffnung neuer Standorte im In-
und Ausland und für den Neuabschluss von Mietverträgen bei Enkelgesellschaften aus und legte diese entsprechend der bisherigen Praxis den [X.]ern zur Zustimmung im Umlaufverfahren vor. Die Streithelferin teilte der Geschäftsführung mit, dass von ihrer Seite aus keine Einwände gegen die vorgeschlagenen Standortmaß-2
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nahmen bestünden, eine Vorlage an Gremien der [X.] jedoch nicht erfor-derlich sei. Die Klägerin beantragte gegenüber der Geschäftsführung der [X.], die Beschlussfassung über die Standortmaßnahmen auf die Tagesord-nung der bereits anberaumten [X.]erversammlung vom 5.
Dezember 2012 zu nehmen. Die Geschäftsführung der [X.] setzte als [X.], der Vorschläge über insgesamt 51 Standortmaßnahmen ent-hält.
Am 5.
Dezember 2012 beschloss die [X.]erversammlung der [X.] in 38 von 50 Fällen die vorgeschlagenen Standortmaßnahmen ein-vernehmlich. Eine Standortmaßnahme wurde von der Tagesordnung genom-men. In neun Fällen stimmte die Streithelferin gegen die vorgeschlagenen Maßnahmen, in drei Fällen enthielt sie sich der Stimme; die Klägerin stimmte in allen Fällen für die vorgeschlagenen Maßnahmen. Die Streithelferin hatte dazu vor der Abstimmung erklärt, dass sie in diesen Fällen nicht aus inhaltlichen, sondern nur aus formalen Gründen eine ablehnende Stimme abgebe oder sich enthalte, weil diese Maßnahmen jeweils nicht von der [X.]erversamm-lung zu beschließen seien, sondern von der Geschäftsführung ohne Zustim-mung der [X.]er durchgeführt werden könnten.
Mit ihrer Anfechtungs-
und Feststellungsklage hat die Klägerin in den neun Fällen, in denen die Streithelferin gegen die jeweiligen Standortmaßnah-men gestimmt hat, die Nichtigerklärung der mit der Stimmenmehrheit der Streit-helferin beschlossenen Ablehnung und im Weg der positiven Feststellungsklage die Feststellung begehrt, dass in diesen Fällen sowie in den Fällen, in denen sich die Streithelferin der Stimme enthalten habe, jeweils positiv festgestellt werde, dass die [X.]erversammlung der [X.] beschlossen habe, dass die jeweiligen Standortmaßnahmen umzusetzen seien. Das Landgericht 6
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hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] und der positiven Beschlussfeststellungsklage mit der Begründung, die Stimmabgabe der Streithelferin sei treuwidrig gewesen und daher nichtig, insoweit stattgegeben, als die Streithelferin mit Nein ge-stimmt hat (neun Standortmaßnahmen). Dagegen wenden sich die Beklagte und ihre Streithelferin mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revisionen haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des [X.] und zur Abweisung der Klage.
[X.] Das Berufungsgericht ([X.], GmbHR 2015, 84) hat ausge-führt: Soweit die Streithelferin gegen
die [X.] gestimmt habe, seien die Klageanträge begründet. Die Stimmabgabe der Streithelferin sei in-soweit treuwidrig und daher unwirksam gewesen, so dass den [X.] mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt worden sei. Grundsätzlich dürfe jeder [X.]er das ihm zustehende Stimmrecht nach Belieben aus-üben. Eine Wahrnehmung der Rechte sei aber treuwidrig, soweit sie nicht [X.] oder nicht erforderlich sei, die berechtigten eigenen Interessen des [X.] zu wahren, vor allem, soweit dafür ein milderes Mittel genüge. [X.] komme es nicht entscheidend darauf an, ob die Standortmaßnahmen auf-grund der Satzungsbestimmungen oder der sogenannten M.

-Vereinbarung von der Geschäftsführung nur mit Zustimmung der [X.]erversammlung vorgenommen werden dürften. Auch wenn man davon ausgehe, dass die [X.] auch ohne Zustimmung der [X.]erversammlung hätten getrof-fen werden können, sei die Streithelferin aufgrund ihrer Treuepflicht dennoch gehindert gewesen, gegen die [X.] zu stimmen. Maßgeblich 8
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sei, dass die Maßnahmen im Interesse der [X.] lägen und die Zwecke der [X.] förderten.
Ein hinreichend sachlicher Grund dafür, dass die Streithelferin trotz in-haltlicher Zustimmung zu den vorgeschlagenen Standortmaßnahmen gegen die [X.] gestimmt habe, sei weder dargetan noch sonst ersichtlich. Ein anzuerkennender Grund könne nicht darin gesehen werden, dass die [X.] Maßnahmen nach Auffassung der Streithelferin nicht der Zu-stimmung der [X.]erversammlung bedurft hätten. Ein [X.]er und die Geschäftsführung seien grundsätzlich nicht daran gehindert, einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen der [X.]erversammlung zur [X.] vorzulegen, auch wenn diese nach der Satzung nicht der Zustimmung durch die [X.]erversammlung bedürften. Dies gelte jedenfalls dann, wenn wie hier die zur Abstimmung gestellten Maßnahmen von nicht unerhebli-cher Bedeutung für die [X.] seien. Die Standortmaßnahmen, die den Abschluss oder die Fortführung längerfristiger Mietverhältnisse und die Grün-dung einer neuen Vor-Ort-[X.] beträfen, seien von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Relevanz. Dies zeige sich auch daran, dass vergleichbare [X.] unmittelbar auf [X.] der [X.] nach der Satzung und der Geschäftsordnung der Zustimmung der [X.]erversammlung bzw. des [X.] bedürften. Ein Nichtbefassungsbeschluss oder ein Beschluss über die Absetzung der [X.] sei nicht gefasst worden und hätte nach der Satzung der [X.] auch nicht allein mit den Stimmen der Streithelferin gefasst werden können. Die Streithelferin habe unter diesen Umständen kein schützenswertes Interesse daran, mit der Abstimmung über die Zustimmung zu diesen Maßnahmen erst gar nicht befasst zu werden.
I[X.] Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1.
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Stimmabgabe der Streithelferin gegen die Zustimmung zu den Standort-maßnahmen treuwidrig gewesen sei, weil die Maßnahmen im Interesse der [X.] gelegen seien und die Zwecke der [X.] förderten.
a) Dass eine Maßnahme im Interesse der [X.] liegt, die Zwecke der [X.] fördert und die Zustimmung dem [X.]er zumutbar ist, genügt nicht, um eine Zustimmungspflicht des [X.]ers zu begründen oder eine entgegenstehende Stimmabgabe als unwirksam anzusehen. [X.] der Treuepflicht muss nach der Rechtsprechung des Senats nur dann in einem bestimmten Sinn abgestimmt werden, wenn die zu beschließende Maß-nahme zur Erhaltung wesentlicher Werte, die die [X.]er geschaffen haben, oder zur Vermeidung erheblicher Verluste, die die [X.] bzw. die [X.]er erleiden könnten, objektiv unabweisbar erforderlich ist und den [X.]ern unter Berücksichtigung ihrer eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist, also wenn der [X.]szweck und das Interesse der Gesell-schaft gerade diese Maßnahme zwingend gebieten und der [X.]er [X.] Zustimmung ohne vertretbaren Grund verweigert (vgl. [X.], Urteil vom 25.
September 1986

II
ZR
262/85, [X.]Z 98, 276, 279; zur Personengesell-schaft: [X.], Urteil vom 10.
Juni 1965

II
ZR
6/63, [X.]Z 44, 40, 41; Urteil vom 24.
Januar 1972

II
ZR
3/69, WM
1972, 489; Urteil vom 28.
April 1975

II
ZR
16/73, [X.]Z
64, 253, 258; Urteil vom 5.
November 1984

II
ZR
111/84, WM
1985, 195, 196; Urteil vom 20.
Oktober 1986

II
ZR
86/85, ZIP
1987, 166, 167; Urteil vom 8.
November 2004

II
ZR
350/02, ZIP
2005, 25; Urteil vom 7.
Februar 2012

II
ZR
230/09, ZIP
2012, 917 Rn.
44). Diese hohen [X.], die vornehmlich an die Zustimmungspflicht zu Änderungen des [X.] gestellt werden, bestehen auch dann, wenn

wie hier

die Zu-stimmungspflicht zu Maßnahmen der Geschäftsführung in Rede steht (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Januar 1972

II
ZR
3/69, [X.], 489).
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aa) Ein [X.]er ist in der Ausübung seines Stimmrechts frei, so-weit sie ihm nicht schon nach §
47 Abs.
4 GmbHG untersagt ist und er die durch die Treuepflicht gezogenen Grenzen einhält. Eine Rechtspflicht zur Zu-stimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung, die die Geschäftsführung oder die Mitgesellschafter für sinnvoll halten, besteht grundsätzlich nicht. Auch die Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Maßnahme ist Aufgabe der [X.]. Die [X.]er müssen hinnehmen, dass eine Maßnahme unterbleibt, wenn einer von ihnen nach eigener Beurteilung der Dinge nicht zustimmen zu können glaubt, auch wenn ihnen die Ablehnung oder die dazu möglicherweise abgegebene Begründung falsch oder töricht erscheint. Der [X.]er muss aus diesem Grund seine Stimmabgabe auch nicht rechtfertigen.
Soweit der [X.]er durch die Treuepflicht nicht zur Zustimmung verpflichtet ist, kann er sie zu einer vorgeschlagenen Maßnahme verweigern, selbst wenn seine Beweggründe dafür sachwidrig und unverständlich erschei-nen. Das Gericht darf einen Beschluss nicht deshalb beanstanden, weil er [X.] oder nicht im Interesse der [X.] erscheint. Umgekehrt kann auch die Ablehnung eines Beschlussantrags nicht allein deshalb bean-standet werden, weil der Beschluss zweckmäßig erscheint und im Interesse der [X.] liegt.
Eine Beschränkung dieser Stimmrechtsausübungsfreiheit kommt nur im Ausnahmefall in Frage, wenn der [X.]szweck objektiv eine bestimmte Maßnahme zwingend gebietet, also die zu beschließende Maßnahme zur [X.] oder zur Vermeidung von Verlusten dringend gebo-ten ist, und dem [X.]er die Zustimmung zumutbar ist. Die Treuepflicht gebietet es
zwar, sich bei der Stimmabgabe grundsätzlich von den Interessen der [X.] leiten zu lassen. Wie die Interessen der [X.] am bes-ten gewahrt bleiben, haben aber grundsätzlich die [X.]er zu beurteilen. 14
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Eine Pflicht zur Abstimmung in einem bestimmten Sinn besteht daher nur, wenn zur Verfolgung der
Interessen
der [X.] keine andere Stimmabgabe denkbar ist, andernfalls nur schwere Nachteile entstehen und die eigenen Inte-ressen des [X.]ers dahinter zurückstehen müssen.
bb) Geringere Anforderungen an eine Beschränkung der [X.] sind nicht deshalb zu stellen, weil das Berufungsgericht nicht angenommen hat, dass die Streithelferin in einem bestimmten Sinn abstimmen musste, sondern ihre Stimmabgabe nur als unwirksam angesehen hat. Der [X.] Zustimmungsbeschluss ist zustande gekommen, wenn die [X.] aufgrund ihrer gesellschafterlichen Treuepflicht zur Zustimmung [X.] waren und deshalb ihre abweichend abgegebenen Stimmen unwirksam waren (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Juli 2008

II
ZR
39/07, [X.], 1818 Rn.
20). Die Unwirksamkeit der abweichend abgegebenen Stimmen ist eine Folge der Pflicht, in einem bestimmten Sinn abzustimmen. Von der Treuepflicht ist nicht wie bei den [X.] nach §
47 Abs.
4 GmbHG die Teilnahme an der Abstimmung betroffen, sondern der Inhalt der Stimmabgabe. Dabei kann die Enthaltung oder Nichtteilnahme an der Versammlung der Treuepflicht in tat-sächlicher Hinsicht genügen, wenn durch die Stimmen der Mitgesellschafter gesichert ist, dass die Maßnahme erfolgen kann. Rechtlich steht dahinter aber immer die Verpflichtung, durch das eigene Verhalten eine bestimmte Maßnah-me zu ermöglichen. Diese Verpflichtung trifft jeden [X.]er unabhängig vom Abstimmungsverhalten der Mitgesellschafter. Wenn keine Treuepflicht zur Stimmabgabe in einem bestimmten Sinn besteht, kann eine im gegenteiligen Sinn abgegebene Stimme auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die
Treue-pflicht als unwirksam gewertet werden (vgl. Ekkenga, Der Konzern 2015, 409, 412 f.).

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b) Dass die Maßnahmen der Geschäftsführung, denen zugestimmt wer-den sollte, zum Zwecke der Erhaltung wesentlicher Werte, die die [X.] geschaffen haben,
oder zur Vermeidung erheblicher Verluste, die die [X.] bzw. die [X.]er erleiden könnten, objektiv unabweisbar erfor-derlich waren, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht er-sichtlich. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Standortmaßnahmen, die den Abschluss oder die Fortführung längerfristiger Mietverträge und die Gründung einer neuen Vor-Ort-[X.] betrafen, von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für die Beklagte waren. Eine erhebliche [X.] Bedeutung besagt nicht, dass die Maßnahmen zur Erhaltung der bei der [X.] geschaffenen Werte objektiv unabweisbar erforderlich waren. [X.] der Größe der [X.] ist auch nicht ersichtlich, dass ein Unterbleiben von neun Standortmaßnahmen zu einer Gefährdung ihres Bestands führen könnte.
Darauf, ob für die Ablehnung durch die Streithelferin ein sachlicher Grund bestand, kommt es entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht entscheidend an, solange die Maßnahme nicht objektiv unabweisbar [X.] war. Die Zweckmäßigkeit der Stimmabgabe ist von den Gerichten nicht zu überprüfen. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die Beweggründe nachvollzieh-bar oder zutreffend sind. Wenn die Streithelferin

wie die Klägerin behauptet

allein deshalb nicht zugestimmt hat, weil die [X.]erversammlung für die Zustimmung nicht zuständig sei, obwohl sie keine sachlichen Einwände gegen die Maßnahmen hatte und im Grunde mit ihnen einverstanden war, mag dies unverständlich erscheinen, weil sie damit die Gefahr schuf, dass die Maßnah-men nicht umgesetzt werden. Die Klägerin muss es aber hinnehmen, dass die Streithelferin nicht zustimmen zu können glaubte, auch wenn ihr die Ablehnung oder die dazu möglicherweise abgegebene Begründung falsch oder sachwidrig erscheint, solange die Zustimmung nicht objektiv unabweisbar erforderlich war.
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2.
Die Stimmabgabe war auch nicht aus anderen Gründen rechtsmiss-bräuchlich.
a)
Sie war nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens unbeachtlich. Dass die Streithelferin, wie die Klägerin meint, die Maßnahmen als solche befürworte-te, machte die Ablehnung der zustimmenden Stimmabgabe nicht widersprüch-lich. Ein Widerspruch ergibt sich daraus weder in der Erklärung noch zu [X.] oder späteren Verhalten. Die ablehnende Stimmabgabe ist keine in sich widersprüchliche Erklärung, weil der Erklärende die Maßnahme, gegen die er stimmt, als solche befürwortet. Ein Widerspruch in der Erklärung liegt nicht vor, wenn der [X.]er die Stimme in der gewählten Form abgeben will und die Zustimmung zu einer Maßnahme ablehnt, aber davon ausgeht, dass die Zustimmung für die gewollte Durchführung der Maßnahme nicht erforderlich ist.
Aus diesem Grund liegt auch kein widersprüchliches Verhalten darin, dass die Streithelferin vor und nach der Stimmabgabe erklärt hat, sie sei für die Umsetzung der Maßnahmen. Selbst wenn darin darüber hinaus

wie nicht

die Ankündigung eines bestimmten [X.] läge, wäre die Streit-helferin nicht gehindert gewesen, ihre Meinung bis zur Abstimmung zu ändern. Ein [X.]er, der keine Stimmbindung eingegangen ist, ist rechtlich nicht gehindert, anders als vorher angekündigt abzustimmen, weil die Ankündigung eines bestimmten [X.] noch keinen Vertrauenstatbestand schafft, sich auch nach einer weiteren Erörterung in der Versammlung in einer bestimmten Weise zu verhalten.
b)
Die Stimmabgabe war auch nicht aus anderen Gründen treuwidrig. Zwar kommt eine Verletzung der Treuepflicht auch in Frage, wenn ein [X.] sein Stimmrecht ausübt, um damit ausschließlich eigennützige Zwecke zu verfolgen, etwa seine Blockademacht dazu benutzt, um seinen Lästigkeits-20
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wert in die Höhe zu treiben und eine Abfindung zu erstreiten, oder seine [X.] zur Schädigung der Mitgesellschafter oder für ungerechtfertigte [X.] einsetzt. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Die Streithelferin hat die Beschlussfassung bei der [X.] nicht blockiert. Sie hat lediglich ei-nigen Maßnahmen die Zustimmung versagt und ihnen im Übrigen zugestimmt bzw. sie durch Stimmenthaltung ermöglicht. Sie hat dadurch nicht zur Erzielung von [X.]n gehandelt oder die Klägerin als Minderheitsgesellschafterin geschädigt.
II[X.] Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten. Inwieweit die Maßnahmen im Interesse der [X.] [X.] waren, wurde bereits in den Vorinstanzen erörtert.

Bergmann

[X.]

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.10.2013 -
1 [X.]/13 -

[X.], Entscheidung vom 14.08.2014 -
23 [X.] -

24

Meta

II ZR 275/14

12.04.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. II ZR 275/14 (REWIS RS 2016, 13187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13187

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 275/14

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