Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2014, Az. XII ZB 504/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7193

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/12
vom
12. März
2014
in der Adoptionssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
BGB §§
1763, 1771
Das zu einem Minderjährigen begründete [X.] ist nach dem [X.] der Volljährigkeit des Kindes auch bei schwersten Verfehlungen eines [X.] (hier: sexueller Missbrauch der Adoptivtochter durch den Adoptivvater) nicht mehr aufhebbar.
[X.], Beschluss vom 12. März 2014 -
XII [X.]/12 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 12.
März 2014
durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.]
[X.], Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 5.
Zivilsenats

Senat für Familiensachen in Freiburg

des Oberlandesgerichts [X.] vom 13.
August 2012 wird [X.].
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Wert: 3.000

Gründe:
I.
Das Verfahren betrifft die Aufhebung einer Minderjährigenadoption.
Die Mutter der Antragstellerin heiratete im Jahre 1992 den Antragsgeg-ner. Sie brachte die im Februar 1991 geborene Antragstellerin in die Ehe mit, die von [X.] abstammte und von dem Antragsgegner im Jahre 1994 adoptiert wurde. Aus der Ehe des Antragsgegners mit der Mutter der [X.] gingen noch vier gemeinsame
Kinder hervor, darunter die im
Jahre 1997 geborene Tochter L.

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-

Sowohl die Antragstellerin als auch ihre leibliche Halbschwester L.
wur-den seit ihrem sechsten Geburtstag (1997 bzw. 2003) von dem Antragsgegner bis zu seiner vorläufigen Festnahme im Jahre 2008 fortwährend sexuell miss-braucht. Im Jahre 2009 wurde der Antragsgegner deswegen zu einer
Freiheits-strafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Antragstellerin [X.] sich in laufender psychotherapeutischer Behandlung, war zeitweise in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und unternahm kurz nach ihrem 18.
Ge-burtstag einen Suizidversuch.
Im
November 2009 beantragte die zu diesem Zeitpunkt bereits volljährige Antragstellerin die Aufhebung der Adoption. Der Antragsgegner hat sich dem [X.] angeschlossen. Das Amtsgericht
hat den Antrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das [X.]. Hiergegen wendet
sich die Antragstellerin mit ihrer zugelassenen Rechts-beschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht entschieden, dass die Aufhebung einer Minderjährigenadoption nach geltendem Recht nicht möglich ist, sobald das angenommene Kind volljährig geworden ist.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Eine Aufhebung der Adoption von Amts wegen aus Gründen des Kindeswohls gemäß §
1763 BGB scheide aus, weil diese Vorschrift nur für die Minderjährigenadoption und nur solange gelte, wie das Kind
minderjährig sei. Auch gemäß §
1771 Satz
1 BGB könne die Adoption 3
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4
-

nicht aufgehoben werden, weil diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur für [X.] gelte, welche zu einem Volljährigen begründet worden [X.]. Die Vorschrift könne auch nicht analog angewendet werden, weil es an [X.] planwidrigen Regelungslücke fehle. Selbst in Fällen krassen materiellen Unrechts komme eine entsprechende Anwendung von §
1771 Satz
1 BGB nicht in Betracht, zumal der Gesetzgeber das Adoptionsrecht mehrfach reformiert habe, ohne dieser Problematik mit einer Änderung der
Vorschrift Rechnung zu tragen. [X.]rechtliche Bedenken gegen die aktuelle Rechtslage, soweit sie einer Aufhebung der Adoption der Antragstellerin entgegenstünden, seien nicht zu erheben.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.
a)
Auf die in §
1759 [X.] §§
1760, 1763 BGB enumerierten Gründe für die Aufhebung einer Minderjährigenadoption kann sich die Antragstellerin nicht stützen. Die in §
1760 BGB benannten schwerwiegenden Mängel bei der Begründung des [X.]ses bestehen nicht. Eine amtswegige Auf-hebung der Adoption aus wichtigem Grund zum Wohle des Kindes sieht §
1763 Abs.
1 BGB ausdrücklich nur während der Minderjährigkeit des Kindes vor, wo-bei auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der letzten [X.] abzustellen ist
([X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1759 Rn.
4 mwN). Im vorliegenden Fall
war die Antragstellerin schon bei der Antragstellung voll-jährig.
b)
Nach §
1771 Satz
1 BGB kann das Familiengericht das "zu einem Volljährigen begründete"
[X.] aus wichtigem Grund aufheben, wenn dies der Annehmende und der Angenommene übereinstimmend beantra-gen.

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5
-

aa) Es entspricht allgemeiner Meinung, dass die Vorschrift auf solche Fälle, in denen

wie hier

der Angenommene bei der Adoption minderjäh-
rig war und zwischenzeitlich volljährig geworden ist, schon angesichts ihres kla-ren
Wortlauts nicht unmittelbar angewendet werden kann (BayObLG FamRZ 1990, 204
und FamRZ 1990, 1392, 1393; [X.] [X.], 1149 und [X.], 577, 578; OLG [X.] FamRZ 1996, 434, 435; [X.] NJW-RR 1986, 300; [X.] FamRZ 2001, 648, 649). Da-nach
besteht auch kein Raum für eine gegebenenfalls verfassungskonforme Auslegung von §
1771 Satz
1 BGB, weil auch eine solche
Auslegung am ein-deutigen Wortlaut der
Vorschrift ihre Grenze findet (vgl. nur [X.] NJW 1983, 1179, 1181 und NJW 1981, 39, 43;
vgl. auch Senatsurteil vom 24.
Juni 2009

XII
ZR
161/08
mRZ 2009, 1477 Rn.
28).
bb) Das Beschwerdegericht hat ferner

ebenfalls im Einklang mit der einhelligen Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. [X.] NJW 1981, 2762, 2763; BayObLG FamRZ 1990, 204, 205 und [X.], 227, 228; [X.] [X.], 1149 und [X.], 577, 578; OLG [X.]
FamRZ 1996, 434, 435; [X.] [X.], 1096
f.; [X.] NJW-RR 1986, 300
f.; [X.] FamRZ 2001, 648, 649) und in der Literatur ([X.]/Götz BGB
73.
Aufl. §
1771 Rn.
2; [X.] BGB/[X.] [Stand: Mai 2013] §
1771 Rn.
2;
[X.]/[X.] [2007] §
1771 Rn.
5; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1771 Rn.
6
mwN)

zutreffend erkannt, dass eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den Fall einer Minderjährigenadop-tion nach dem Eintritt der Volljährigkeit des angenommenen Kindes
nicht in Betracht
kommt. Von einer
planwidrigen
Regelungslücke kann nicht ausgegan-gen
werden. Der Gesetzgeber hat gesehen, dass jede Minderjährigenadoption eines Tages in ein [X.] zu einem Volljährigen übergehen wird, das dann unaufhebbar ist. Dies erschließt sich aus der amtlichen Begründung des [X.] für das Adoptionsgesetz
vom 2.
Juli 1976
(BGBl.
I 10
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6
-

S.
1749). Unter der Kapitelüberschrift "Keine erleichterte Aufhebung nach Voll-jährigkeit des Kindes"
ist in der Entwurfsbegründung ausgeführt, dass die An-nahme als Kind nicht nur der Erziehung und Betreuung des Minderjährigen [X.]. Vielmehr solle das angenommene Kind "auf Dauer, also auch nachdem es volljährig geworden ist, der neuen Familie zugeordnet"
bleiben. Der Zweck der Annahme sei deshalb nicht dann erfüllt, wenn das Kind nicht mehr erziehungs-bedürftig ist. Die Familienbindung und die Zugehörigkeit zu einem Familienver-band habe auch für den Erwachsenen eine erhebliche Bedeutung. Auch bei einem auf Geburt beruhenden [X.] gebe es in Bezug auf die familiäre Zuordnung keine Einschränkung, nachdem das Kind volljährig gewor-den ist. Aus diesem Grunde sehe
der Entwurf für die Aufhebung der Adoption "keine vertragliche oder sonst erleichterte Möglichkeit vor, wenn der [X.] volljährig geworden"
sei (BT-Drucks. 7/3061, S.
27).
c)
Die insbesondere auf Aufsätze von [X.] (FamRZ 1984, 829, 842 und [X.], 1149
f.) zurückgehende Auffassung, dass die Aufhebung
einer Minderjährigenadoption nach Eintritt der Volljährigkeit zumindest in "krassen
Fällen materiellen Unrechts"
ausnahmsweise entsprechend §
1771 Satz
1 BGB zugelassen werden sollte
([X.]/[X.] BGB 12.
Aufl. §
1771 Rn.
10; [X.]/Saar BGB 12.
Aufl. §
1759 Rn.
3), fand
in der früheren oberge-richtlichen Rechtsprechung einige Male Erwähnung
(vgl. etwa BayObLG FamRZ
1990, 204, 205 und [X.], 227, 228; [X.] [X.], 577, 578), ohne dass allerdings die den
jeweiligen Entscheidungen
zu-grunde liegenden Sachverhaltsumstände eine nähere Befassung mit dieser Rechtsansicht erforderten. Mit Recht weist das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gesetzgeber bei den bisherigen größeren Teilnovellierungen des Adoptionsrechts, insbesondere durch das Gesetz zur Änderung adoptionsrechtlicher Vorschriften ([X.]) vom 4.
Dezember 1992 (BGBl.
I S.
1974) und durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts 12
-
7
-

(KindRG)
vom 16.
Dezember 1997
(BGBl.
I S.
2942),
die bereits seit längerer Zeit erhobene
rechtspolitische Forderung nach einer Aufhebungsmöglichkeit in Extremfällen nicht aufgegriffen habe.
Auch in Fällen, in denen

wie hier

die Adoption in katastrophaler Weise fehlschlägt, kann daher von einer planwidri-gen Regelungslücke im Gesetz nicht mehr ausgegangen werden (vgl. nunmehr auch [X.]/[X.] BGB 13.
Aufl. §
1771 Rn.
4 und Fn.
10; [X.]/Saar BGB 13.
Aufl. §
1759 Rn.
3).
Mit dieser Wertung
steht es in Einklang, dass der Gesetzgeber kei-
ne rechtliche
Möglichkeit zur Aufhebung einer Minderjährigenadoption aus schwerwiegenden Gründen im Interesse der Adoptiveltern eröffnet hat, und
zwar bewusst auch nicht in Extremfällen "schwerer Kriminalität, die sich gegen die Eltern richtet"
(BT-Drucks. 7/3061, S.
26); jeder Überlegung, das angenom-mene Kind sei nicht das eigene Kind, sollte von vornherein der Boden entzogen werden.
Auch dies verdeutlicht, dass dem Adoptionsgesetz erkennbar das ge-setzgeberische Konzept grundsätzlicher
Unauflösbarkeit der Minderjährigen-adoption zugrunde
liegt, welches die familiären Bande der
Adoptivfamilie
in gleicher Weise schicksalhaft "mit [X.] sich daraus ergebenden Konsequenzen"
miteinander verknüpfen soll, wie dies auch bei einem durch leibliche Abstam-mung verbundenen Familienverband der Fall ist.
Im Übrigen lässt sich kein allgemeiner
Rechtsgrundsatz dahin aufstellen, dass jedes familienrechtliche Dauerrechtsverhältnis beim Vorliegen wichtiger Gründe vorzeitig beendbar sein müsse (Senatsbeschluss [X.]Z 103, 12, 18 =
[X.], 390, 392). Eine Aufhebung der Minderjährigenadoption nach Eintritt der Volljährigkeit lässt sich daher auch in Extremfällen nicht durch bei-derseitigen Antrag entsprechend
§
1771 Satz
1 BGB oder

wie die Rechtsbe-schwerde meint

von Amts wegen durch eine analoge Anwendung von §
1763 Abs.
1 BGB erreichen.
13
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-
8
-

3. Der Senat sieht keine Veranlassung zu der von der [X.] angeregten Vorlage nach Art.
100 Abs.
1 Satz
1 GG. Der Senat hält

eben-so wie das Beschwerdegericht

die
geltende Rechtslage, auch soweit sie unter den hier gegebenen Bedingungen einer Aufhebung der Adoption entgegen-steht,
nicht für verfassungswidrig.
a) Der
von der Rechtsbeschwerde
reklamierte Verstoß gegen Art.
3 GG liegt nicht vor. Art.
3 Abs.
1 GG gebietet dem Gesetzgeber nach ständiger
Rechtsprechung des [X.], wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln
([X.] FamRZ 2010, 2050 Rn.
44 mwN). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitssatz ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtferti-gen könnten ([X.] FamRZ 1999, 990
und
NJW 1992, 2213, 2214
mwN).
aa) Nach diesen Maßgaben kann
ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht damit begründet
werden, dass eine Minderjährigenadoption während
der Minderjährigkeit des Kindes nach §
1763 Abs.
1 [X.] wegen aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes aufgehoben werden kann, während für ein zwischenzeitlich volljährig gewordenes Kind eine solche Mög-lichkeit nicht mehr besteht
(ebenso bereits BayObLG [X.], 227, 229). Der Grund für diese Ungleichbehandlung von minderjährigen und volljährigen Kindern liegt darin, dass die Aufhebung einer Adoption in Zeiten der Minderjäh-rigkeit des angenommenen Kindes erforderlich sein kann, um es dem minder-jährigen Kind zu seinem Wohl zu ermöglichen, in einer
neuen
Familienbindung mit seinen leiblichen Eltern oder mit neuen Adoptiveltern aufzuwachsen
(vgl. BT-Drucks. 7/3061 S.
26). Insoweit steht §
1763 Abs.
1 BGB insbesondere in 15
16
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9
-

einem untrennbaren systematischen Zusammenhang zum Verbot der soge-nannten
Kettenadoption gemäß §
1742 BGB ([X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1763 Rn.
3; [X.]/[X.] [2007] §
1771 Rn.
5; vgl. auch §
1763 Abs.
3 lit.
b BGB), wonach
ein minderjähriges Adoptivkind ohne vorherige Auf-hebung des bisherigen [X.]ses nicht erneut adoptiert werden
kann, um ein "Herumreichen"
des angenommenen Kindes zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 7/3061 S.
31).
Die für die Schaffung des §
1763 Abs.
1 BGB tragenden Erwägungen
zum besonderen Schutzbedürfnis minderjähriger Kinder
können für ein volljäh-rig gewordenes Adoptivkind nicht Raum greifen. Ein
Volljähriger bedarf keiner Pflege und Erziehung mehr, so dass die Integration in einen neuen Familien-verband für ihn nicht mehr die gleiche grundlegende Bedeutung hat wie für ein minderjähriges Kind.
Da das Verbot der Kettenadoption für die Annahme
von Volljährigen nicht gilt (§
1768
Abs.
1 Satz
2 BGB
in der durch das [X.] geänderten Fassung), wird das volljährig gewordene Kind durch das Fehlen einer §
1763 Abs.
1 BGB entsprechenden
Möglichkeit zur Aufhebung des in Zeiten seiner Minderjährigkeit begründeten [X.]ses nicht daran gehindert, sich erneut adoptieren zu lassen und insbesondere durch eine soge-nannte
Rückadoption wieder statusrechtliche Eltern-Kind-Beziehungen zu sei-nen leiblichen Eltern zu begründen (vgl. Senatsbeschluss vom 15.
Januar 2014

XII
ZB
443/13
s Rn.
17).
bb) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz
kann auch nicht darin erblickt werden, dass der Gesetzgeber die durch §
1771 Satz
1 BGB geschaffene Mög-lichkeit einer einvernehmlichen Aufhebung der Adoption aus wichtigem Grund auf die Fälle der mit "schwachen"
Wirkungen ausgestatteten [X.] beschränkt hat. Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der ihm zustehenden rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten
in verfassungsrechtlich (vgl. auch [X.] 18
19
-
10
-

NJW 2013, 847
Rn.
94)
und konventionsrechtlich (vgl. [X.], 377 Rn.
80) nicht zu beanstandender Weise dafür entschieden, die Annahme minderjähriger Kinder als Volladoption auszugestalten, bei der die [X.] zur leiblichen Familie erlöschen

1755 BGB). Bei der Volljährigen-adoption mit "schwachen"
Wirkungen ist dies gemäß §
1770 Abs.
2
BGB nicht der Fall, weil lediglich ein zusätzliches rechtliches Verwandtschaftsverhältnis zu dem Annehmenden begründet wird.
Diese unterschiedlichen rechtlichen [X.] der Adoption gebieten auch eine unterschiedliche Behandlung der [X.]. Denn der Gesetzgeber musste insbesondere in Erwä-gung ziehen, dass den (ehemaligen) leiblichen Verwandten des Kindes, zu de-nen die Rechtsbeziehungen durch die Volladoption zerschnitten worden waren, durch die späte Aufhebung einer
Minderjährigenadoption nach Jahren oder Jahrzehnten eine möglicherweise nicht mehr erwünschte Verwandtschaftsbe-ziehung aufgedrängt werden könnte (vgl. [X.] [X.], 1149; [X.] FamRZ 2001, 648, 650; vgl. auch [X.]/[X.] [2007] §
1771 Rn.
5).
§
1772 Abs.
2 Satz
1 BGB schließt aus diesem Grunde sogar die Aufhebung einer Volljährigenadoption mit "starken"
Wirkungen nach §
1771 Satz
1 BGB aus.
b) Die geltende Rechtslage
verstößt auch nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes (Art.
2 Abs.
1 GG iVm
Art.
1 GG), soweit es das durch die
Minderjährigenadoption begründete Verwandtschaftsverhältnis zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind nach dem Erreichen der Volljährigkeit des Kindes als unabänderlich
ausgestaltet hat.

aa) Mit seiner Entscheidung, die Aufhebung einer Minderjährigenadopti-on nach Volljährigkeit des angenommenen Kindes nicht mehr zuzulassen, ver-folgt der Gesetzgeber den legitimen und im Hinblick auf die in Art.
6 Abs.
1 GG enthaltene Institutsgarantie der ([X.] verfassungsrechtlich unbe-20
21
-
11
-

denklichen Zweck, die Grenzen der [X.] so eng wie möglich zu ziehen und damit auch die Rechtsstellung von leiblichen und adoptierten min-derjährigen Kindern so vollständig
wie möglich einander anzugleichen
(vgl. auch [X.] FamRZ 2001, 648, 650).

bb) Die verfassungsrechtliche Legitimation für die Wahl dieser rechtli-chen Gestaltung entfällt
auch dann noch nicht, wenn die Adoption

wie es unter den hier obwaltenden Umständen der Fall ist

in krasser Weise fehlschlägt. Denn der Gesetzgeber musste zusätzlich in
Erwägung ziehen, dass durch die Aufhebung einer Volladoption die erloschenen Verwandtschaftsverhältnisse zu der leiblichen Familie des Adoptivkindes wieder aufleben und die damit verbun-denen unterhalts-
und erbrechtlichen Folgen verfassungsrechtlich geschützte Rechte Dritter beeinträchtigen können. Es ist in der Rechtsprechung des Bun-desverfassungsgerichts anerkannt, dass den staatlichen Organen
bei der Wahl, welche Maßnahmen sie zum Schutz des Persönlichkeitsrechts ergreifen, ein weiter Einschätzungs-, Wertungs-
und Gestaltungsspielraum zusteht, der auch die Abwägung einander gegenüberstehender Grundrechte erfordert
([X.] [X.], 869, 870
f.).
Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen des ihm insoweit eröffneten Ge-staltungsspielraums
dafür entschieden,
das zu einem Minderjährigen begründe-te [X.] auch in den Fällen, in denen die statusrechtliche [X.] zum Verband der Adoptivfamilie für das volljährig gewordene Adoptivkind zu einer schweren Belastung geworden ist, unauflösbar zu gestalten und das adoptierte Kind zur Milderung dieser Belastungen auf die freie Gestaltung s[X.] tatsächlichen familiären Beziehungen (vgl. BayObLG [X.], 227, 229), die Möglichkeit der Durchtrennung des namensrechtlichen Bandes (§
3 [X.])
und der
Abwehr unerwünschter
unterhaltsrechtlicher

1611 BGB) und erbrechtlicher
(§§
2333, 2339 BGB) Folgen der Adoption zu verweisen, wie 22
23
-
12
-

sie auch einem leiblichen Kind in
der gleichen Situation

hier der Schwester der Antragstellerin

zu Gebote stehen
würden. Die Entscheidung des [X.], eine Volladoption auch bei gravierendem Fehlverhalten eines Beteiligten grundsätzlich unauflösbar zu gestalten, mag nicht zwingend gewesen (vgl. auch [X.]/[X.] [2007] §
1771 Rn.
14) und rechtspolitisch diskussions-würdig sein. Den ihm von [X.] wegen eröffneten Gestaltungsspielraum hat der Gesetzgeber mit den geltenden Regelungen aber nicht verlassen.

Dose

[X.]

[X.]

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.07.2011 -
2 [X.]/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 13.08.2012 -
5 UF 170/11 -

Meta

XII ZB 504/12

12.03.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2014, Az. XII ZB 504/12 (REWIS RS 2014, 7193)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7193

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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