Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.05.2010, Az. 6 PB 2/10

6. Senat | REWIS RS 2010, 6316

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Gegenstand

Wahl des Bezirkspersonalrats; regelmäßige Personalstärke in den Gruppen; Meldungen der örtlichen Wahlvorstände; Bindung des Bezirkswahlvorstandes


Leitsatz

Der Bezirkswahlvorstand ist an die Zahlen, die ihm zu den in den Dienststellen in der Regel Beschäftigten und zu deren Verteilung auf die Gruppen von den örtlichen Wahlvorständen mitgeteilt wurden, nicht gebunden, wenn diese Zahlen mit den materiell-rechtlichen Vorgaben zur Ermittlung der regelmäßigen Personalstärke in den Gruppen nicht in Einklang stehen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch.

2

1. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3

Die Antragsteller wollen sinngemäß geklärt wissen, ob die Mitteilungen der örtlichen Wahlvorstände über die Zahl der in den Dienststellen in der Regel Beschäftigten und ihrer Verteilung auf die Gruppen nach § 34 Abs. 1 [X.] für den [X.] verbindlich ist, wenn dieser gemäß § 35 Abs. 1 [X.] die Zahl der zu wählenden Mitglieder des [X.] und die Verteilung der Sitze auf die Gruppen ermittelt. Diese Frage ist anhand der einschlägigen Rechtsvorschriften eindeutig im Sinne des [X.] zu beantworten, so dass es der Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

4

a) Größe und gruppenbezogene Zusammensetzung des [X.] beim [X.] - [X.] - richten sich nach §§ 16, 17 Abs. 1 und 2, 5 bis 7, § 53 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 BPersVG i.V.m. § 51 Abs. 2 [X.] (vgl. zur Einbeziehung von Soldaten in die [X.] bei der [X.]: Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 6 P 16.07 - BVerwGE 130, 165 = [X.] 449.7 § 49 [X.] Nr. 3 Rn. 14 ff.). Die danach gebotene prognostische Ermittlung der regelmäßigen Personalstärke in den Gruppen ist in zwei Schritten vorzunehmen. Der erste Schritt besteht darin, die tatsächliche Personalstärke in den Dienststellen des Geschäftsbereichs zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens festzustellen. Die daraus resultierende Regelvermutung ist in einem zweiten Schritt sodann zu überprüfen und ggf. zu korrigieren, wenn sich im Rahmen einer Rück- und Vorschau Anhaltspunkte dafür gewinnen lassen, dass die Verhältnisse im überwiegenden Teil der folgenden Amtsperiode von denjenigen im Zeitpunkt des Wahlausschreibens abweichen werden. Auf diese Weise wird dem Sinn und Zweck der Wahlvorschriften entsprochen, während der Amtszeit des zu wählenden Personalrats ein nicht nur vorübergehendes, sondern nahezu ständiges echtes Spiegelbild der Stärke der einzelnen Gruppen in der Dienststelle herzustellen und zufällige Verzerrungen des zwischen den Gruppen bestehenden Stärkeverhältnisses bei der Sitzverteilung zu vermeiden (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 2006 - BVerwG 6 PB 12.06 - [X.] 250 § 17 BPersVG Nr. 4 Rn. 5 ff.).

5

b) Die Regelungen in §§ 32 ff. [X.] zur Arbeitsteilung zwischen [X.] und örtlichen [X.] sind kein Selbstzweck. Ihre Auslegung und Anwendung hat sich von dem Ziel leiten zu lassen, die materiell richtige Größe und Zusammensetzung des [X.] im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmungen sicherzustellen.

6

c) Bereits den gesetzlichen Regelungen in § 23 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 BPersVG ist zu entnehmen, dass der [X.] die [X.]auptverantwortung dafür trägt, dass die Wahl zum Bezirkspersonalrat im Einklang mit dem dafür maßgeblichen formellen und materiellen Recht stattfindet. Die [X.]auptverantwortung des [X.] wird dadurch, dass den örtlichen [X.] die technische Durchführung der Wahl obliegt, nicht infrage gestellt. Dieses gesetzliche Leitbild wird durch die Aussage in § 33 Abs. 1 [X.] bestätigt, wonach der [X.] die Wahl des [X.] leitet und die örtlichen Wahlvorstände die Durchführung der Wahl in den einzelnen Dienststellen im Auftrag und nach Richtlinien des [X.] übernehmen.

7

d) Nach § 34 Abs. 1 [X.] obliegt es den örtlichen [X.], die Zahl der in den Dienststellen in der Regel Beschäftigten und ihre Verteilung auf die Gruppen festzulegen und diese Zahlen unverzüglich schriftlich an den [X.] mitzuteilen. [X.]ieran knüpft § 35 Abs. 1 [X.] an, wonach der [X.] die Zahl der zu wählenden Mitglieder des [X.] und die Verteilung der Sitze auf die Gruppen ermittelt. Bestehen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den örtlichen [X.] gemeldeten Zahlen zum Regelstand keine Bedenken, so erschöpft sich die Aufgabe des [X.] nach § 35 Abs. 1 [X.] darin, diese Zahlen zusammenzurechnen und auf dieser Grundlage die Größe und gruppenbezogene Zusammensetzung des [X.] festzulegen. Das ist der Regelfall, von dem die Bestimmungen in § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 1 [X.] offensichtlich ausgehen.

8

Stellt der [X.] dagegen fest, dass die von den örtlichen [X.] gemeldeten Zahlen unvollständig oder unrichtig sind, so hat er für eine Korrektur Sorge zu tragen (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Februar 2000 - 4 B 10280.00 - [X.], 123 <124>; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 35 WO Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2008, § 34 WO Rn. 3, § 35 WO Rn. 2; [X.]/[X.]/[X.], in: [X.], [X.] § 34 Rn. 3a). Unrichtig sind die Zahlen, wenn sie mit den rechtlichen Vorgaben zur Ermittlung des [X.] nicht im Einklang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn organisatorische Veränderungen im Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Anlass zur Korrektur kann der [X.] zwecks Vermeidung sachwidriger Verzerrungen auch haben, wenn die örtlichen Wahlvorstände bei ihren Feststellungen von uneinheitlichen Prognosemaßstäben ausgegangen sind. Zur Ermittlung derjenigen Zahlen, die den materiell-rechtlichen Maßstäben entsprechen, kann sich der [X.] des im Bereich der übergeordneten Dienststelle vorhandenen [X.] bedienen (§ 1 Abs. 2 Satz 1, § 32 [X.]).

9

e) Nach den Feststellungen des [X.], die mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffen sind, lag im vorliegenden Fall ein Sachverhalt vor, welcher den [X.] berechtigte und verpflichtete, von den gemeldeten Zahlen abzuweichen und Ermittlungen zur Feststellung der regelmäßigen Personalstärke in den Gruppen aufzunehmen. Danach hatten einige örtliche Wahlvorstände Zahlen zum Regelstand übermittelt, die auf der aktuellen Personalstärke basierten, während andere eine Prognose mit Blick auf die folgende Amtsperiode des [X.] angestellt hatten. Aus einer Dienststelle lagen keinerlei Zahlen vor. Schließlich hatte sich der örtliche Wahlvorstand der mit Abstand größten Dienststelle außer Stande gesehen, aufgrund eigener Erkenntnisse die maßgeblichen Zahlen der in der Regel Beschäftigten zu ermitteln (Beschlussabdruck S. 8). Zudem stand fest, dass der Geschäftsbereich des [X.] durch grundlegende Organisationsveränderungen und Umstrukturierungen geprägt war, die gravierende Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten in den Gruppen mit sich brachten (Beschlussabdruck S. 9). In einem derartigen Fall darf sich der [X.] des [X.] in der übergeordneten Dienststelle bedienen, um auf der Grundlage eines einheitlichen Maßstabes zu einer belastbaren Prognose über die Personalstärke in den Gruppen zu gelangen.

Die in diesem Zusammenhang erhobenen Angriffe der Antragsteller gegen die Beweiswürdigung durch das Oberverwaltungsgericht sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde unbeachtlich. Eine zulässige Verfahrensrüge ist den Ausführungen der Antragsteller nicht zu entnehmen (§ 72 Abs. 2 Nr. 3, § 72a Abs. 3 Satz 3 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 92a Satz 2 ArbGG.

2. [X.]at die von den Antragstellern aufgeworfene Rechtsfrage somit keine grundsätzliche Bedeutung, so kann auf sich beruhen, ob diese Frage mit Blick auf die Ausführungen des [X.] in Abschnitt II 3 seiner Entscheidungsgründe (Beschlussabdruck S. 11) entscheidungserheblich ist (vgl. zum Kausalitätsmaßstab in der Wahlanfechtung: Urteil vom 27. Juni 2007 - BVerwG 6 A 1.06 - [X.] 272 Gleichstellungsrecht Nr. 3 Rn. 45 und Beschluss vom 26. November 2008 - BVerwG 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 = [X.] 250 § 86 BPersVG Nr. 6 Rn. 20).

Meta

6 PB 2/10

27.05.2010

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 9. Dezember 2009, Az: 4 A 10760/09, Beschluss

§ 16 BPersVG, § 17 Abs 1 BPersVG, § 17 Abs 2 BPersVG, § 17 Abs 5 BPersVG, § 17 Abs 6 BPersVG, § 17 Abs 7 BPersVG, § 53 Abs 3 S 1 BPersVG, § 53 Abs 5 BPersVG, § 34 Abs 1 BPersVWO, § 35 Abs 1 BPersVWO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.05.2010, Az. 6 PB 2/10 (REWIS RS 2010, 6316)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6316

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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