Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2000, Az. AnwZ (B) 63/99

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2000, 892

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[X.] ([X.]) 63/99vom16. Oktober 2000in dem [X.]: ja[X.]GHZ: nein_____________________[X.]RAO § 89 Abs. 2 Nr. 1[X.]estimmt die Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer, daß die [X.] Mitglieder ihres Vorstandes geheim zu erfolgen hat, ist der [X.] geheimen Wahl strikt zu beachten.Er ist verletzt, wenn durch Numerierung von Anwesenheitsliste und Stimm-zetteln die Person des Wählers und seiner Wahlentscheidung aufgedecktwerden kann.[X.]GH, [X.]eschl. vom 16. Oktober 2000 - [X.] ([X.]) 63/99 - AGH [X.]wegen Anfechtung einer Vorstandswahl- 2 -- 3 -Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch denPräsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. [X.], die Richter[X.]asdorf, [X.] und die Richterin Dr. [X.] sowie die [X.]. [X.], [X.] und [X.] 16. Oktober 2000beschlossen:Die sofortige [X.]eschwerde der Antragsgegnerin gegen den[X.]eschluß des 1. Senats des [X.] desLandes [X.] in [X.] vom [X.] wird zurückgewiesen.Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsmittels zutragen und dem Antragsteller die ihm im [X.]eschwerdever-fahren entstandenen notwendigen außergerichtlichenAuslagen zu erstatten.Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 35.000 [X.] 4 -Gründe:[X.] der Jahreskammerversammlung der Antragsgegnerin [X.] waren sieben der dreizehn Vorstandsmitglieder [X.] der Amtszeit (§ 68 Abs. 1 [X.]RAO) neu zu wählen. Nach § 12Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung der Antragsgegnerin erfolgt [X.] der Vorstandsmitglieder "geheim mittels nicht unterschriebenerStimmzettel in einem einzigen Wahlgang".Der Antragsteller, Mitglied der Antragsgegnerin, hatte sich [X.] zu dieser Versammlung mit seinem Namen in eine der ausliegen-den Anwesenheitslisten einzutragen. Diese Listen sind durchnumeriert;vor dem Namen des Antragstellers ist die Zahl 125 vermerkt. Ob die [X.] bereits bei Eintragung des Namens eine fortlaufende Numerierungaufwiesen oder ob sie erst im Nachhinein von einer Mitarbeiterin [X.] durchnumeriert worden sind, ist nicht mehr festzustel-len.Zur Teilnahme an der Wahl wurde dem Antragsteller ein Stimm-zettel ausgehändigt, der oben rechts die mit [X.]leistift eingetragene Zahl125 aufwies; auch die übrigen Stimmzettel waren in dieser Weise mit [X.] Zahl versehen. Der Antragsteller gab bei der Wahl, die mit den aus-gegebenen Stimmzetteln durchgeführt wurde, seinen Stimmzettel [X.] -Er hat mit am 5. Juli 1999 beim [X.] eingegangenenSchriftsatz beantragt, die Vorstandswahl vom 28. Juni 1999 für [X.] erklären. Zur [X.]egründung hat er insbesondere geltend gemacht, beiDurchführung der Wahl sei der in § 12 Abs. 1 der Geschäftsordnung [X.] verankerte Grundsatz der geheimen Wahl verletzt [X.]. Der [X.] hat dem Antrag entsprochen. [X.] sich die - zugelassene- sofortige [X.]eschwerde der Antragsgegne-rin.[X.] Rechtsmittel ist zulässig (§ 91 Abs. 6 [X.]RAO), bleibt in der [X.] jedoch ohne Erfolg.1. Der [X.] hat die am 28. Juni 1999 durchgeführteWahl von Vorstandsmitgliedern der Antragsgegnerin mit Recht für un-gültig erklärt.a) Die [X.]undesrechtsanwaltsordung enthält zwar über die Art [X.], in der die Kammerversammlung den Vorstand zu wählen hat(§ 64 Abs. 1, § 89 Abs. 2 Nr. 1 [X.]RAO), keine Regelung. Vielmehr be-stimmt insoweit "das Nähere" die Geschäftsordnung der Kammer (§ 64Abs. 2 [X.]RAO). Damit hat der Gesetzgeber in zulässiger Weise die [X.] ausdrücklich der Satzungsautonomie [X.] überlassen im Vertrauen darauf, daß die [X.] 6 -desorganisation im Rahmen der ihr zugebilligten Verbandsautonomie ei-ne angemessene und mit den Grundsätzen der Demokratie vereinbareRegelung treffen wird ([X.]GHZ 52, 297, 299 f.). Mit ihrer Geschäftsord-nung hat die Antragsgegnerin von ihrer Satzungsautonomie Gebrauchgemacht und mit den Regelungen unter § 12 das Wahlverfahren bei [X.] von Vorstandsmitgliedern festgelegt. Ein Abweichen von diesemVerfahren läßt die Geschäftsordnung der Antragsgegnerin nicht zu. [X.] der Mitglieder ihres Vorstandes hatte danach "geheim" zu erfolgen(§ 12 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung); bei der Ausgestaltung [X.]handlung selbst - und hier insbesondere dem Akt der Stimmabga-be - war demgemäß der Grundsatz der geheimen Wahl strikt zu beach-ten.b) Diesen Anforderungen genügte die am 28. Juni 1999 vorge-nommen Wahlhandlung nicht; die Wahl der Vorstandsmitglieder ist [X.] unter Verletzung der Geschäftsordnung der Antragsgegnerin zu-stande gekommen (§ 90 Abs. 1 [X.]RAO). Die auf dem Stimmzettel [X.] vermerkte Zahl stimmte mit der seinem Namen zugeord-neten Zahl auf der Anwesenheitsliste überein. Stimmzettel und [X.] konnten deshalb zur Aufdeckung der Person des [X.] damit seiner Wahlentscheidung führen. Angesichts der Durchnume-rierung von Anwesenheitslisten und Stimmzetteln kann nicht ausge-schlossen werden, daß auch die Wahlentscheidung anderer [X.] in dieser Weise aufgedeckt werden konnte. Daß ein solchesVerfahren den Grundsatz der geheimen Wahl nicht wahrt, bedarf keinerweiteren [X.]egründung (vgl. nur [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]. 38 [X.]. 54).- 7 -Die Antragsgegnerin beanstandet die Entscheidung des Anwalts-gerichtshofs insoweit auch nicht.2. Der [X.] hat aber auch - entgegen der mit der[X.]eschwerde vertretenen Auffassung - die Antragsbefugnis des [X.] zutreffend bejaht.a) Die [X.]undesrechtsanwaltsordnung verlangt für die Zulässigkeitdes Antrags, eine Wahl für ungültig zu erklären, nicht, daß der die [X.] vor dem Wahlakt einen Widerspruch zu Protokoll gegebenoder das Wahlverfahren als gegen die Satzung verstoßend gerügt hat.Die Antragsbefugnis steht vielmehr insoweit, ohne daß weitere Voraus-setzungen zu erfüllen wären, jedem [X.] zu (§ 90 Abs. 2Halbs. 1 [X.]RAO). Anderes gilt nur, wenn der Antrag des [X.]seinen [X.]eschluß des Vorstands, des Präsidiums oder der Kammer betrifft,denn in diesem Falle ist das Mitglied nur dann antragsbefugt, wenn [X.] den [X.]eschluß in seinen Rechten verletzt ist (§ 90 Abs. 2 Halbs. 2[X.]RAO). Schon diese Differenzierung macht deutlich, daß die [X.] bei Anfechtung einer Wahl durch die Entscheidung des [X.] bewußt von weiteren Voraussetzungen freigehalten wordenist. Dadurch unterscheidet sich die hier in Rede stehende Vorschrift [X.] von den [X.]estimmungen des Aktien- oder [X.] 245 Abs. 1 Nr. 1 AktG, 51 Abs. 2 Satz 1 GenG), auf die die [X.] muß der Antrag des Mitglieds, eine Wahl für ungültig zuerklären, den in § 91 Abs. 2, 3 [X.]RAO bestimmten Anforderungen genü-gen. Er ist demgemäß nur zulässig (vgl. Feuerich/[X.], [X.]RAO 5. Aufl.§ 91 [X.]. 8; [X.], [X.]RAO § 91 [X.]. 10), wenn er die Grün-de, aus denen die Wahl für ungültig zu erklären sei, bezeichnet und in-nerhalb eines Monats nach der Wahl beim [X.] eingegan-gen ist. Das Gebot, die gegen die Gültigkeit der Wahl streitenden Grün-de anzugeben, ist grundsätzlich geeignet, mißbräuchlichen Anträgenentgegenzuwirken. Die in § 91 Abs. 3 [X.]RAO bestimmte Frist sichert zu-dem, daß Zweifel an der Gültigkeit einer Wahl in überschaubarer Zeitgeklärt werden können. Der Weg, die Gültigkeit einer Wahl durch ge-richtliche Entscheidung klären zu lassen, steht danach zwar jedem[X.] offen, er ist aber an die Einhaltung der in § 91 [X.]RAObestimmten weiteren Voraussetzungen geknüpft, die der Mißbrauchsver-hütung und der Sicherung einer zeitnahen Entscheidung Rechnung tra-gen. Dieses gesetzliche Regelungsgefüge bietet weder Anhalt nochRaum dafür, einen Antrag bereits und nur deshalb als unzulässig oderrechtsmißbräuchlich anzusehen, weil der [X.] nicht bereits vorder Wahl einen Widerspruch zu Protokoll der Versammlung erklärt hat.Eine Regelungslücke ist insoweit nicht [X.] -b) Ob und unter welchen Voraussetzungen einem Antrag nach§§ 90, 91 [X.]RAO dennoch im Einzelfall der Einwand des Rechtsmiß-brauchs entgegengehalten werden kann, bedarf hier keiner abschlie-ßenden Klärung. Sind in einem Antrag, eine Wahl für ungültig zu erklä-ren, hinreichende Gründe dafür dargetan, daß bei der Wahl gegen ele-mentare, in der Geschäftsordnung der Kammer verankerte Wahlrechts-grundsätze verstoßen worden ist - wie hier gegen den Grundsatz der ge-heimen Wahl -, scheidet Rechtsmißbrauch von vornherein aus. Das giltauch dann, wenn ein Antragsteller aus anderen Gründen bereits zuvorund mehrfach erfolglose Anträge gegen die Kammer gerichtet habensollte.[X.] [X.]asdorf [X.] [X.] [X.] Schott Wüllrich

Meta

AnwZ (B) 63/99

16.10.2000

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2000, Az. AnwZ (B) 63/99 (REWIS RS 2000, 892)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 892

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