Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.05.2022, Az. VI R 32/20

6. Senat | REWIS RS 2022, 5202

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Gegenstand

Keine dauerhafte Zuordnung bei nur befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses


Leitsatz

1. Im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG ist (lohnsteuerrechtlicher) Arbeitgeber der Verleiher.

2. Maßgebliches Arbeitsverhältnis für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung i.S. des § 9 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 EStG dauerhaft zugeordnet ist, ist das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih-) Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis.

3. Besteht der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG.

Tenor

Auf die Revision der Kläger werden das Urteil des [X.] vom 28.05.2020 - 1 K 382/16 sowie die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 24.11.2016 aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 04.11.2015 dahingehend geändert, dass bei den Einkünften des [X.] aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 2.581 € berücksichtigt werden.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind für das Streitjahr (2014) zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten. Der Kläger ist seit dem 01.02.2012 mit einem unbefristeten [X.]rbeitsvertrag bei [X.] angestellt, einem Personaldienstleister, der u.a. [X.]rbeitnehmer im Rahmen von [X.]arbeit überlässt. Gemäß § 1 des [X.]rbeitsvertrags vom 23.01.2012 sollte der Kläger als überbetrieblicher Mitarbeiter bei Kunden von [X.] eingesetzt werden, ohne dass dadurch ein Vertragsverhältnis zu dem jeweiligen Kunden begründet werden sollte. Die [X.]rbeitsleistung war bei verschiedenen Kunden von [X.] und an verschiedenen Einsatzorten in der Regel im [X.] und der umliegenden [X.]undesländer zu erbringen. Der Kläger erklärte sich einverstanden, in Einzelfällen auch im gesamten [X.] eingesetzt zu werden.

2

In einer "Ergänzung zum [X.]rbeitsvertrag", einer "Zusatzvereinbarung zum [X.]rbeitsvertrag" und einer "Zusatzvereinbarung Einsatzbezogene [X.]ufwendungen", sämtlich vom 24.01.2012, waren u.a. Zuschläge, Zulagen und Prämien sowie der Ersatz einsatzbezogener [X.]ufwendungen im Rahmen und für die Dauer der Überlassung an die [X.] bzw. für den Einsatz des [X.] bei der [X.] vereinbart. Für die Dauer des Einsatzes des [X.] bei [X.] stand dem Kläger --anstelle der im [X.]rbeitsvertrag mit [X.] vereinbarten Vergütung in Höhe von 11,92 €/Stunde-- eine einsatzbezogene Vergütung in Höhe von 16,47 €/Stunde zu.

3

Eingesetzt war der Kläger im Rahmen seines [X.]rbeitsverhältnisses zu [X.] ab Vertragsbeginn ausschließlich bei [X.]. Die [X.]rbeitnehmerüberlassung des [X.] war nach den zwischen [X.] ([X.]) und [X.] (Verleiher) geschlossenen Vereinbarungen jeweils befristet. Der weitere Einsatz des [X.] bei [X.] war danach davon abhängig, dass [X.] nach [X.]blauf der jeweiligen Frist mit [X.] eine weitere (befristete) [X.]rbeitnehmerüberlassung begründete, was bis über das Streitjahr hinaus stets geschehen ist.

4

Im Streitjahr selbst war der Kläger ausweislich einer [X.]escheinigung von [X.] für die [X.] vom 01.01.2014 bis zum 30.09.2014 und danach vom 01.10.2014 bis zum 31.12.2014 bei [X.] im Rahmen der [X.]rbeitnehmerüberlassung befristet eingesetzt.

5

Der Kläger fuhr im Streitjahr an 239 Tagen mit seinem privaten PKW von seiner Wohnung zu [X.]. Hierfür erhielt er im Streitjahr einen steuerfreien Fahrtkostenersatz in Höhe von 462 €.

6

In der Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr machte der Kläger für diese Fahrten Fahrtkosten nach [X.] in Höhe von 5.162,40 € als Werbungskosten geltend (239 Tage x 36 km x 0,30 € x 2).

7

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --F[X.]--) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid unter Zugrundelegung der Entfernungspauschale um den steuerfreien Fahrtkostenersatz gekürzte Fahrtkosten in Höhe von 2.120 €.

8

Der Einspruch der Kläger war ohne Erfolg. Die im [X.]nschluss erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit den in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2020, 1412 veröffentlichten Gründen ab.

9

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die fehlerhafte [X.]nwendung von § 9 [X.]bs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Sie beantragen sinngemäß,
das [X.]-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 24.11.2016 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 04.11.2015 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des [X.] aus nichtselbständiger [X.]rbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 2.581 € berücksichtigt werden, und die Zuziehung eines [X.]evollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das F[X.] beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte des [X.] zu Unrecht bejaht.

1. [X.]eruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Handelt es sich bei den [X.]ufwendungen des [X.]rbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 [X.]bs. 4 EStG, ist zu deren [X.]bgeltung für jeden [X.]rbeitstag, an dem der [X.]rbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen (§ 9 [X.]bs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG).

2. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 [X.]bs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des [X.]rbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des [X.]ktiengesetzes) oder eines vom [X.]rbeitgeber bestimmten [X.], der der [X.]rbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.

a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des [X.]rbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom [X.]rbeitgeber bestimmten [X.] dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (z.[X.]. Senatsurteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17, [X.], 271, [X.]St[X.]l II 2019, 536, [X.] 13, m.w.N.; zur großräumigen ersten Tätigkeitsstätte s. Senatsurteil vom 11.04.2019 - VI R 40/16, [X.], 248, [X.]St[X.]l II 2019, 546).

b) Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 [X.]bs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden [X.]bsprachen und Weisungen bestimmt. Einer gesonderten Zuordnung für einkommensteuerliche Zwecke bedarf es nicht (Senatsurteil in [X.], 248, [X.]St[X.]l II 2019, 546, [X.] 23, 35).

Die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des [X.]rbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden. Die Feststellung einer entsprechenden Zuordnung ist durch alle nach der [X.]O zugelassenen [X.]eweismittel möglich und durch das [X.] im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der [X.]rbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des [X.]rbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll (z.[X.]. Senatsurteil in [X.], 271, [X.]St[X.]l II 2019, 536, [X.] 17).

c) Ist der [X.]rbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des [X.]rbeitgebers für die erste Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der [X.]rbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, nicht an. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der [X.]rbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten [X.]erufsbild gehören (Senatsurteile in [X.], 271, [X.]St[X.]l II 2019, 536, [X.] 18 f., und in [X.], 248, [X.]St[X.]l II 2019, 546, [X.] 25 f.).

d) Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 [X.]bs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der [X.]rbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen [X.]raum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.

aa) Eine Zuordnung ist unbefristet i.S. des § 9 [X.]bs. 4 Satz 3  1. [X.]lternative EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex [X.] nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus [X.]rt, Zweck oder [X.]eschaffenheit der [X.]rbeitsleistung ergibt (Senatsurteil in [X.], 271, [X.]St[X.]l II 2019, 536, [X.] 21).

Ist das [X.]rbeitsverhältnis seinerseits befristet, kommt eine unbefristete Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen dieses [X.]rbeitsverhältnisses nicht in [X.]etracht. Denn es ist in einem solchen Fall ausgeschlossen, dass "der [X.]rbeitnehmer unbefristet ...  an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll", wie es § 9 [X.]bs. 4 Satz 3 EStG nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut voraussetzt (Senatsurteil vom 10.04.2019 - VI R 6/17, [X.], 258, [X.]St[X.]l II 2019, 539, [X.] 26).

bb) Die Zuordnung erfolgt gemäß § 9 [X.]bs. 4 Satz 3  2. [X.]lternative EStG für die Dauer des [X.]rbeits- oder Dienstverhältnisses, wenn sie aus der maßgeblichen Sicht ex [X.] für die gesamte Dauer des [X.]rbeits- oder Dienstverhältnisses [X.]estand haben soll. Dies kann insbesondere angenommen werden, wenn die Zuordnung im Rahmen des [X.]rbeits- oder Dienstverhältnisses unbefristet oder (ausdrücklich) für dessen gesamte Dauer erfolgt (Senatsurteil in [X.], 271, [X.]St[X.]l II 2019, 536, [X.] 22).

3. [X.]ei [X.]nwendung dieser Grundsätze ist das [X.] zu Unrecht davon ausgegangen, dass der [X.]etrieb des [X.] im Streitjahr die erste Tätigkeitsstätte des [X.] war.

a) Maßgeblich für die [X.]eurteilung ist vorliegend das zwischen dem Kläger und [X.] bestehende [X.]rbeitsverhältnis (sog. [X.], s. Urteile des [X.]undesarbeitsgerichts --[X.][X.]G-- vom 22.02.2017 - 5 [X.] 252/16, [X.][X.]GE 158, 205, [X.] 2, und vom 23.11.2016 - 5 [X.] 53/16, [X.][X.]GE 157, 213, [X.] 4).

Im Fall der wirtschaftlichen [X.]rbeitnehmerüberlassung [X.] 1 [X.]bs. 1 Satz 1 des [X.]rbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.], hierzu z.[X.]. [X.][X.]G-Urteil vom 02.06.2010 - 7 [X.] 946/08, [X.] 19) besteht nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ein [X.]rbeitsverhältnis allein zwischen dem Verleiher (hier [X.]) und dem [X.]rbeitnehmer. Der Entleiher (hier [X.]) nimmt nur die [X.]rbeitsleistung entgegen, lenkt sie nach [X.]edarf durch Weisungen und erfüllt die korrespondieren Fürsorgepflichten ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. [X.]ufl. 2022, Einl. [X.] 112; s.a. [X.][X.]G-[X.]eschluss vom 24.04.2018 - 9 [X.]Z[X.] 62/17, [X.] 11). Entsprechend ist der Verleiher lohnsteuerrechtlicher [X.]rbeitgeber i.S. des § 38 EStG (z.[X.]. [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 21. [X.]ufl., § 42d [X.] 58).

[X.]uch während der Überlassung des [X.]rbeitnehmers bleibt der Verleiher dessen [X.]rbeitgeber ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Einl. [X.] 118). Der Gesetzgeber hat mit § 1 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] den Leiharbeitnehmer arbeitsrechtlich dem Verleiher zugeordnet und deshalb allein diese [X.]eziehung als [X.]rbeitsverhältnis qualifiziert. Nur dort, wo das [X.]rbeitsverhältnis mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 1 [X.] unwirksam ist, fingiert § 10 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] ein [X.]rbeitsverhältnis zum Entleiher (zum lohnsteuerrechtlichen [X.]rbeitgeber s. Senatsurteile vom 02.04.1982 - VI R 34/79, [X.]FHE 135, 501, [X.]St[X.]l II 1982, 502, und vom 04.02.1983 - VI R 63/81). Damit schließt das [X.] zugleich für den Regelfall ein vertraglich begründetes [X.]rbeitsverhältnis mit dem Entleiher als Rahmen für die Leistungsverbringung des Leiharbeitnehmers aus ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Einl. [X.] 122, 186).

[X.]ei der [X.]rbeitnehmerüberlassung im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Verleihers prägt die Verpflichtung des Leiharbeitnehmers, nach Weisung seines [X.]rbeitgebers (Verleiher) bei verschiedenen [X.] zu arbeiten, das [X.]rbeitsverhältnis ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Einl. [X.] 168).

Nach der Intention des Gesetzgebers soll das [X.] im Regelfall ein unbefristetes [X.]rbeitsverhältnis sein. Der [X.]rbeitnehmer ist im Rahmen dieses [X.]rbeitsverhältnisses verpflichtet, bei wechselnden [X.] und nach deren Weisungen zu arbeiten, weshalb sein [X.]rbeitsvertrag von vornherein die [X.]uswechslung und [X.]estimmung der Entleiher durch den Verleiher vorsehen muss. Der Verleiher legt dann durch einseitige [X.]estimmung den jeweiligen Empfänger der [X.]rbeitsleistung, den Entleiher, für den Leiharbeitnehmer verbindlich fest ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Einl. [X.] 191).

b) [X.]ei dem [X.]etrieb des [X.] handelt es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung eines vom [X.] bestimmten [X.]. Dies steht zwischen den [X.]eteiligten auch nicht im Streit. Der Senat sieht deshalb insoweit von weiteren [X.]usführungen ab.

c) Dieser Einrichtung war der Kläger aufgrund entsprechender wiederholender Weisungen seines [X.]rbeitsgebers [X.] im Streitjahr auch zugeordnet. Dies steht im Revisionsverfahren ebenfalls nicht mehr in Streit, so dass der Senat auch insoweit von einer weiteren [X.]egründung absieht.

d) Entgegen der [X.]nsicht des [X.] war die Zuordnung des [X.] zu der Einrichtung des [X.] aber nicht dauerhaft i.S. des § 9 [X.]bs. 4 Satz 3 EStG.

aa) Im Streitfall war das nach den vorstehenden [X.]usführungen maßgebliche [X.]rbeitsverhältnis des [X.] zu seinem [X.] nach den den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 [X.]bs. 2 [X.]O) unbefristet. Die Überlassung des [X.] von seinem [X.] an den Entleiher [X.] erfolgte dessen ungeachtet aber dennoch jeweils befristet. Denn das [X.] hat ebenfalls festgestellt, dass der weitere Einsatz des [X.] bei [X.] davon abhängig war, dass [X.] nach [X.]blauf der jeweiligen Frist mit [X.] eine weitere (wiederum befristete) [X.]rbeitnehmerüberlassung vereinbarte. Zwar kommt es nach der oben bereits dargelegten Rechtsprechung des erkennenden Senats für das [X.]uffinden einer ersten Tätigkeitsstätte auf die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des lohnsteuerrechtlichen [X.]rbeitgebers und in Fällen der [X.]rbeitnehmerüberlassung somit grundsätzlich nicht auf die Vereinbarungen zwischen dem Verleiher (hier [X.]) und dem Entleiher (hier [X.]) an (s.a. so zutreffend Niedersächsisches [X.], Urteil vom 13.07.2021 - 13 K 63/20, E[X.] 2022, 45, [X.] 73). Im Streitfall sind folglich ausschließlich die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden [X.]bsprachen und Weisungen zwischen [X.] und dem Kläger maßgebend.

Nach den bindenden Feststellungen des [X.] hat [X.] indes bescheinigt, den Kläger im Streitjahr zunächst für die [X.] vom 01.01.2014 bis zum 30.09.2014 und danach vom 01.10.2014 bis zum 31.12.2014 jeweils "befristet" bei [X.] eingesetzt zu haben. Diese Feststellungen widersprechen der Würdigung des [X.], der Einsatz des [X.] bei [X.] sei ex [X.] so gestaltet gewesen, dass der Kläger "bis auf Weiteres, also nicht befristet bei ... [[X.]] eingesetzt werden sollte". Vielmehr ist aufgrund der durch den lohnsteuerrechtlichen [X.] ausdrücklich als "befristet" bezeichneten Einsätze des [X.] bei [X.] unter den im Streitfall gegebenen Umständen eine ebenfalls nur befristete Zuordnung des [X.] zu der betrieblichen Einrichtung des [X.] anzunehmen. Dies gilt insbesondere angesichts der ihrerseits jeweils nur befristeten [X.]rbeitnehmerüberlassungsvereinbarungen zwischen [X.] und [X.]. Soweit das [X.] meint, der Einsatz des [X.] sei ex [X.] deshalb ersichtlich nicht befristet erfolgt, weil es keine besonderen Regelungen zu etwaigen anderen Kunden von [X.] oder anderen Einsatzorten gegeben habe, ist dies nicht schlüssig. Denn Vereinbarungen über Einsätze bei anderen Kunden des Verleihers wird es regelmäßig erst geben, wenn ein derartiger anderer Einsatz ansteht. Das Fehlen von Vereinbarungen zu anderen [X.] spricht auch nicht dagegen, dass der Einsatz bei ein und demselben Entleiher sich --wie im [X.] durch neue Einsätze jeweils befristet verlängert.

Der in einem unbefristeten [X.]rbeitsverhältnis beschäftigte Kläger war der betrieblichen Einrichtung bei [X.] durch seinen [X.] damit weder unbefristet noch für die Dauer seines [X.]eschäftigungsverhältnisses [X.] 9 [X.]bs. 4 Satz 3  1. und 2. [X.]lternative EStG zugeordnet.

bb) Der Kläger war dem Unternehmen des [X.] aus der maßgeblichen Sicht ex [X.] aber auch nicht nach § 9 [X.]bs. 4 Satz 3  3. [X.]lternative EStG über einen [X.]raum von 48 Monaten hinaus zugeordnet. Dem stehen die zwar stetig wiederholten, aber jeweils nur befristet erfolgten Einsätze des [X.] und letztlich auch § 1 [X.] in der im Streitjahr geltenden Fassung entgegen, wonach die Überlassung von [X.]rbeitnehmern an Entleiher nur vorübergehend erfolgt (nach der ab dem 01.04.2017 geltenden Fassung des § 1 [X.]bs. 1b [X.] darf --vorbehaltlich einer abweichenden tarifvertraglichen [X.] der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate demselben Entleiher überlassen). Es ist nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich, dass eine einzelne [X.]bordnung an [X.] einen [X.]raum von mehr als 48 Monaten umfasst hätte. Darauf, dass dieser [X.]raum bei einer ex post [X.]etrachtung überschritten wird, kommt es nach dem Gesetz nicht an.

e) Die Höhe der Fahrtkosten steht zwischen den [X.]eteiligten nicht in Streit. Die Werbungskosten des [X.] aus nichtselbständiger [X.]rbeit sind im Streitjahr deshalb um weitere Fahrtkosten in Höhe von 2.581 € zu erhöhen.

4. Die [X.]erechnung der Einkommensteuer wird dem F[X.] übertragen (§ 100 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O).

5. Der [X.]ntrag, die Zuziehung des [X.]evollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist deshalb das Gericht des ersten [X.], im Streitfall das [X.] (Senatsurteil vom 15.02.2017 - VI R 30/16, [X.]FHE 257, 96, [X.]St[X.]l II 2017, 644, [X.] 28, m.w.N.).

6. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 1 [X.]O.

Meta

VI R 32/20

12.05.2022

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. Mai 2020, Az: 1 K 382/16, Urteil

§ 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 2 EStG 2009, § 9 Abs 4 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 9 Abs 4 S 3 EStG 2009, § 1 Abs 1 S 1 AÜG, § 9 Nr 1 AÜG, § 10 Abs 1 S 1 AÜG, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.05.2022, Az. VI R 32/20 (REWIS RS 2022, 5202)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5202

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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