Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2014, Az. 4 StR 323/14, 4 StR 324/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 176

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Gegenstand

Strafbare Insolvenzverschleppung: Täterschaft des faktischen GmbH-Geschäftsführers


Leitsatz

Der faktische Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann Täter einer Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO sein.

Tenor

Die Revision des Angeklagten [X.]     gegen das Urteil des [X.] vom 9. Januar 2014 und die Revision des Angeklagten [X.]gegen das Urteil des [X.] vom 29. Januar 2014 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung der Urteile auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Verurteilung des Angeklagten [X.]als faktischer Geschäftsführer der [X.] wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und die Verurteilung des Angeklagten [X.]     als Geschäftsführer dieser Gesellschaft wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die in der Rechtsprechung des [X.] seit jeher anerkannte Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers bei unterlassener oder verspäteter Konkurs- oder Insolvenzantragstellung (vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 1952 – 1 [X.], [X.]St 3, 32, 37 f.; Urteil vom 28. Juni 1966 – 1 [X.], [X.]St 21, 101, 103; Urteil vom 22. September 1982 – 3 StR 287/82, [X.]St 31, 118, 122; Urteil vom 10. Mai 2000 – 3 [X.], [X.]St 46, 62, 64 ff.; Urteil vom 17. März 2004 – 5 [X.], [X.], 582, 583; zustimmend etwa [X.]/[X.] in [X.], GmbHG, 11. Aufl., § 84 Rn. 21 ff. [X.]; ablehnend u.a. [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 18. Aufl., § 84 Rn. 7) ist durch die Neuregelung in § 15a Abs. 4 [X.] nicht entfallen.

Durch das [X.] des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen ([X.]) vom 23. Oktober 2008 wurden mit Wirkung zum 1. November 2008 die bis dahin bestehenden Vorschriften zur Insolvenzantragstellung in verschiedenen Einzelgesetzen durch § 15a [X.] ersetzt. Nach § 15a Abs. 4 [X.] wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift einen Insolvenzantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 [X.] haben die Mitglieder des [X.] oder die Abwickler einer juristischen Person, die zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Der Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 [X.] – „Mitglieder des [X.]“ – schließt entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. [X.]/[X.], GmbHG, vor § 82 Rn. 60; [X.]/[X.], Insolvenzordnung, 6. Aufl., § 15a Rn. 40) den faktischen Geschäftsführer nicht aus. Die Formulierung umschreibt zusammenfassend die Verantwortlichen verschiedener Gesellschaftsformen. „Mitglied des [X.]“ der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Geschäftsführer, dem nach ständiger Rechtsprechung der faktische Geschäftsführer gleichsteht.

Für die Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers spricht auch die Begründung des Gesetzesentwurfs. Durch die Neuregelung sollten die Vorschriften zur Insolvenzantragstellung aus verschiedenen Einzelgesetzen (GmbHG, [X.], [X.], HGB) rechtsformneutral geregelt und wortgleich erfasst werden (BT-Drucks. 16/6140 [X.]). Eine Einschränkung der strafbewehrten Pflicht zur Antragstellung war mit dem [X.] nicht bezweckt, vielmehr sollten Schutzlücken vermieden werden (BT-Drucks. 16/6140 aaO). Auch ergibt sich aus der Begründung zu § 15a Abs. 3 [X.] (BT-Drucks. 16/6140 [X.]), wonach durch die vorgesehene Regelung zu der Fallgruppe der [X.] „die Rechtsprechung zum faktischen Geschäftsführer und die weitere Rechtsentwicklung hierzu nicht berührt [werden]“, dass der Gesetzgeber die Verantwortlichkeit des faktischen Geschäftsführers nicht einschränken wollte (so auch [X.], [X.] [2011] S. 200 f.; [X.], Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung wegen Insolvenzverschleppung bei der GmbH [2013] S. 62 f.).

Dass durch die Neufassung des § 15a [X.] die (strafrechtliche) Haftung des faktischen Geschäftsführers bei Insolvenzverschleppung keine Änderung erfahren hat, ist in der Rechtsprechung des [X.] auch bereits [X.] bejaht worden (Beschluss vom 21. August 2013 – 1 [X.], NJW 2014, 164; Beschluss vom 15. November 2012 – 3 [X.], [X.], 1892; Beschluss vom 26. Mai 2009 – 4 StR 10/09; Urteil vom 1. Februar 2009 – [X.], NJW-RR 2010, 1048, 1050).

Sost-Scheible                           Roggenbuck                      Cierniak

                        [X.]

Meta

4 StR 323/14, 4 StR 324/14

18.12.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 29. Januar 2014, Az: 33 KLs 2/14

§ 15a Abs 4 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2014, Az. 4 StR 323/14, 4 StR 324/14 (REWIS RS 2014, 176)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 176

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