Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.04.2023, Az. IX ZR 44/22

9. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 3069

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Gegenstand

Rückforderungsklage des Insolvenzverwalters nach Insolvenzanfechtung: Anwendbarkeit des Kleinbeteiligtenprivilegs im Fall der Anfechtung der Rückzahlung eines Darlehens oder einer darlehensgleichen Finanzierungsleistung des GmbH-Minderheitsgesellschafters


Leitsatz

1. Für das Kleinbeteiligtenprivileg im Fall der Anfechtung der Rückzahlung eines Darlehens oder einer darlehensgleichen Finanzierungsleistung des Gesellschafters genügt es, dass seine Voraussetzungen in dem Zeitraum von einem Jahr vor Beantragung des Insolvenzverfahrens vorliegen. Auf die Verhältnisse in der Zeit davor, insbesondere zum Zeitpunkt der Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters, kommt es grundsätzlich nicht an.

2. Für die Annahme einer der Anwendbarkeit des Kleinbeteiligtenprivilegs entgegenstehenden koordinierten Finanzierung genügt es nicht, dass der geringfügig beteiligte Gesellschafter einer darlehensgleichen Finanzierungsleistung an den Schuldner in der Gesellschafterversammlung nur zustimmt, ohne damit zugleich eine über seine Rolle hinausgehende unternehmerische Verantwortung zu übernehmen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 9. Februar 2022 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 4. April 2019 am 1. Juli 2019 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der D.                     Verwaltungs- und Beteiligungs- GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Das Stammkapital der Schuldnerin beträgt 230.000 €. Seit dem 1. Januar 2015 ist der Beklagte Gesellschafter der Schuldnerin. Sein Geschäftsanteil beläuft sich auf 23.000 € (10 v.H.). Die übrigen 90 v.H. des Stammkapitals werden von     [X.](im Folgenden: Mehrheitsgesellschafterin) gehalten. In der [X.] vom 3. November 2014 bis zum 29. Dezember 2017 war der Beklagte auch Geschäftsführer der Schuldnerin. In diesem [X.]raum, am 26. Juni 2017, beschloss die Gesellschafterversammlung, den Überschuss aus dem [X.] sowie Gewinne aus den Vorjahren von insgesamt 685.000 € auf neue Rechnung vorzutragen. Am 8. Juni 2018 beschloss die Gesellschafterversammlung die Ausschüttung dieses Betrags an die Gesellschafter entsprechend den [X.]. In Ausführung des Beschlusses zahlte die Schuldnerin am 29. Juni 2018 an den Beklagten 68.500 €. Der Beklagte stimmte in beiden Gesellschafterversammlungen mit der Mehrheitsgesellschafterin.

2

Der Kläger verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung die Erstattung des Betrags von 68.500 € von dem Beklagten. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der von dem Senat zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat keinen Erfolg.

4

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne offenbleiben, ob in der Zustimmung eines Minderheitsgesellschafters zu einem Beschluss der [X.]erversammlung über einen Gewinnvortrag die Gewährung einer darlehensgleichen Leistung an diese zu sehen sei. Jedenfalls scheitere eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gegenüber dem [X.] am [X.] gemäß § 39 Abs. 5 [X.]. Für dessen Anwendung sei ausschließlich auf den [X.]raum des letzten Jahres vor Beantragung des Insolvenzverfahrens und nicht schon auf die Verhältnisse zum [X.]punkt des Beschlusses der [X.]er über den Gewinnvortrag abzustellen. Denn auch insoweit gelte das zeitliche Konzept des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. In dem genannten [X.]raum hätten die Voraussetzungen des Privilegs vorgelegen. Entscheidend sei, dass der [X.] bereits zuvor seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Schuldnerin beendet gehabt habe.

5

2. Das hält rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.

6

a) Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines [X.]ers auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne von § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Gewinnausschüttung von 68.500 € an den [X.] nicht vor.

7

Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung eines Minderheitsgesellschafters zu einem den Vortrag des Jahresüberschusses auf neue Rechnung enthaltenden Gewinnverwendungsbeschluss der [X.]erversammlung dazu führt, dass der Anspruch aus einem später gefassten Gewinnausschüttungsbeschluss als eine wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehende Forderung anzusehen ist (vgl. für den Fall des Alleingesellschafters [X.], Urteil vom 22. Juli 2021 - [X.], [X.]Z 230, 335 ff), kann dahinstehen. Eine Anfechtung der Ausschüttung an den [X.] wird jedenfalls durch § 39 Abs. 5 [X.] ausgeschlossen. Dem steht weder der Gesichtspunkt eines koordinierten Zusammenwirkens der [X.]er noch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des [X.] entgegen.

8

b) Im Streitfall scheidet eine Anfechtung bereits deshalb aus, weil der [X.] in dem [X.]raum von einem Jahr vor [X.] durchgängig unter das [X.] gemäß § 39 Abs. 5 [X.] fiel, nachdem er in dieser [X.] nicht mehr Geschäftsführer der Schuldnerin war. Nach der Bestimmung, die gemäß § 135 Abs. 4 [X.] für die Anfechtung entsprechend gilt, gilt § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] nicht für den nicht geschäftsführenden [X.]er einer [X.] im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 1 [X.], der mit 10 v.H. oder weniger am [X.] beteiligt ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

9

aa) Auch eine Beteiligung von genau 10 v.H. fällt unter das [X.] gemäß § 39 Abs. 5 [X.]. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift im Sinne einer Beschränkung auf Beteiligungen von weniger als 10 v.H. scheidet aus, wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.], Urteil vom 26. Januar 2023 - [X.], [X.] 2023, 705 Rn. 21 f).

bb) Für die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen von § 39 Abs. 5 [X.] kommt es entsprechend § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] grundsätzlich auf die Verhältnisse während des letzten Jahres vor [X.] an. Damit ist entscheidend, dass der [X.] bereits am 29. Dezember 2017 und damit vor Beginn dieses [X.]raums aus der Geschäftsführung der Schuldnerin ausgeschieden ist.

(1) Die Frage ist allerdings umstritten. Nach einer Auffassung kann das [X.] nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Vor-aussetzungen des § 39 Abs. 5 [X.] bereits im [X.]punkt der Darlehensgewährung vorlagen. Eine spätere Verringerung der Beteiligung auf 10 v.H. oder weniger oder eine spätere Aufgabe der Tätigkeit als Geschäftsführer der [X.] rechtfertigt danach nicht die Anwendung der Bestimmung (vgl. MünchKomm-[X.]/Behme, 4. Aufl., § 39 Rn. 68; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 39 Rn. 73; HmbKomm-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 135 Rn. 88; [X.], [X.] 2007, 2145, 2150; [X.]/[X.], [X.] 2009, 325, 326). Nach anderer und überwiegender Ansicht ist das [X.] anzuwenden, wenn die Geschäftsführung vor Beginn des [X.]raums gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] niedergelegt wurde und die Beteiligung im entscheidenden [X.]raum höchstens 10 v.H. betrug (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 135 Rn. 31; [X.]. in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], 4. Aufl., § 135 Rn. 13; HK-[X.]/[X.], 11. Aufl., § 39 Rn. 69; Graf-Schlicker/Neußner, [X.], 6. Aufl., § 39 Rn. 68; [X.]/Bitter, GmbHG, 13. Aufl., [X.]. § 64 Rn. 107; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., [X.]. § 64 Rn. 51; [X.], NJW 2008, 3601, 3604 f; [X.], Z[X.] 2007, 617, 619 f; [X.], [X.], 248, 250; [X.]/[X.], GmbHR 2016, 962, 964; offengelassen von HmbKomm-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 39 Rn. 70).

(2) Die zweite Auffassung trifft zu.

(a) Die Bestimmung des § 39 Abs. 5 [X.] ist durch das [X.] vom 23. Oktober 2008 ([X.] I S. 2026; fortan: [X.]) in die [X.] aufgenommen worden. Mit ihr hat der Gesetzgeber die Vorgängervorschrift des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG in der Fassung des [X.] Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von [X.]erdarlehen vom 20. April 1998 ([X.] I S. 707; fortan: [X.]) rechtsformneutral in die [X.] übernommen (vgl. BT-Drucks. 16/6140, S. 56 f). Über den [X.]punkt, zu dem die Privilegierungsvoraussetzungen gegeben sein müssen, verhalten sich die Materialien zum [X.] nicht. Hinsichtlich dieser Frage ist auch der Regierungsentwurf zum [X.] zunächst unergiebig (vgl. BT-Drucks. 13/7141, [X.] f).

(b) Der Gesetzgeber des [X.] hat das für das Eigenkapitalersatzrecht bestimmende Tatbestandsmerkmal der Krise und das damit einhergehende Erfordernis einer eigenkapitalersetzenden Finanzierungsleistung des [X.]ers in § 32a Abs. 1 GmbHG wegen der mit diesem Begriff verbundenen Unsicherheiten bewusst aufgegeben (vgl. BT-Drucks. 16/6140, [X.] zu Nummer 5). An die Stelle einer besonderen Qualifizierung der Finanzierungsleistung als eigenkapitalersetzend ist der [X.]raum von einem Jahr vor [X.] getreten. Deshalb kommt es für die Anfechtbarkeit ausschließlich auf - wegen der zeitlichen Nähe zum Insolvenzantrag nach Auffassung des Gesetzgebers fragwürdige - Auszahlungen an [X.]er in dieser typischerweise kritischen [X.]spanne an (vgl. BT-Drucks. 16/6140, [X.]). Demgemäß sind Darlehensrückzahlungen oder Leistungen der [X.] auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.]), außerhalb dieses [X.]raums nicht anfechtbar (vgl. [X.], Beschluss vom 30. April 2015 - [X.], [X.], 1119 Rn. 7 ff).

(c) Hierfür spricht weiter, dass die Befriedigung eines Darlehens nicht anfechtbar ist, wenn der darlehensgewährende [X.]er vor Beginn des in § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bestimmten [X.]raums vollständig aus der [X.] ausscheidet. In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass die Darlehensrückzahlung nur dann der Anfechtung unterliegt, wenn der Darlehensgeber in diesem [X.]raum [X.]er oder einem solchen gleichzustellen war (vgl. [X.], Beschluss vom 15. November 2011 - [X.], [X.], 78 Rn. 14 ff; Urteil vom 21. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 220 Rn. 25; Beschluss vom 30. April 2015 - [X.], [X.], 1119 Rn. 3; Urteil vom 15. November 2018 - [X.], [X.] 2019, 182 Rn. 12). Nach dieser Rechtsprechung kommt es mithin nicht darauf an, dass der Darlehensgeber zum [X.]punkt der Darlehensgewährung außerhalb der Anfechtungsfrist noch [X.]er war. Entsprechendes muss für den zunächst nicht unter § 39 Abs. 5 [X.] fallenden [X.]er gelten, der seine Beteiligung vor Beginn des [X.]raums gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] reduziert oder seine Tätigkeit als Geschäftsführer aufgibt, so dass er in diesem [X.]raum durchgehend nur noch geringfügig im Sinne der Bestimmung beteiligt ist.

Der Gesetzgeber des [X.]es hat die Einführung eines [X.]s in dem § 39 Abs. 5 [X.] für die GmbH inhaltlich entsprechenden § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG aF damit gerechtfertigt, dass der nur geringfügig Beteiligte typischerweise keine mitunternehmerische Verantwortung trage, es ihm regelmäßig an der Insi[X.]tellung eines sonstigen [X.]ers fehle, er kaum Einflussmöglichkeiten auf die [X.] habe und folglich in seinem Fall auch nicht von einer Finanzierungsfolgenverantwortung für diese auszugehen sei (vgl. BT-Drucks. 13/7141, [X.]). Im Ergebnis stuft der Gesetzgeber den Kleinbeteiligten daher wie einen außenstehenden, an der [X.] nicht beteiligten Gläubiger ein. Das Gesetz ordnet denjenigen, der unter das [X.] des § 39 Abs. 5 [X.] fällt, nicht als [X.]er im Sinne von § 135 [X.] ein (vgl. [X.], [X.] 2022, 891, 892). Dies spricht dafür, die Reduzierung der Beteiligung an der [X.] unter die Schwelle von § 39 Abs. 5 [X.] oder die für die Einstufung entscheidende Niederlegung der Geschäftsführerfunktion vor Beginn des [X.] nicht an[X.] als das vollständige Ausscheiden eines [X.]ers aus der [X.] zu diesem [X.]punkt zu behandeln.

Bereits die bisherige Rechtsprechung des [X.] zur Anwendung von § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] stellt darauf ab, dass ein zeitlich unbegrenzter Nachrang der Darlehensforderung des ausgeschiedenen [X.]ers gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] über den in § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] festgelegten [X.]raum von einem Jahr nach seinem Ausscheiden hinaus nach der gesetzlichen Regelung unangemessen wäre (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.], 78 Rn. 15; Beschluss vom 30. April 2015 - [X.], [X.], 1119 Rn. 3). Dies gilt in gleicher Weise für den [X.]er, der seine Beteiligung außerhalb der Jahresfrist unter die Schwelle von § 39 Abs. 5 [X.] verringert oder sein Geschäftsführeramt aufgibt.

c) Zu einer abweichenden Würdigung führt entgegen der Revision auch nicht der Gesichtspunkt einer koordinierten Finanzierung der [X.] durch einen Minderheitsgesellschafter im Zusammenwirken mit dem Mehrheitsgesellschafter. Die Voraussetzungen für die Annahme einer solchen koordinierten Vorgehensweise des [X.] mit der Mehrheitsgesellschafterin liegen nicht vor.

aa) Allerdings kann - wie der [X.] mit Urteil vom 26. Januar 2023 ([X.], [X.] 2023, 705 Rn. 23 ff) entschieden hat - im Hinblick auf die Anwendung von § 135 Abs. 1 Nr. 1, § 39 Abs. 5 [X.] eine koordinierte Finanzierung mit der Folge der Zusammenrechnung der Beteiligungen der an der Finanzierung beteiligten [X.]er auch nach Maßgabe der neuen Rechtslage gemäß dem [X.] nach den Umständen des Einzelfalls zur Verneinung der Anwendung des [X.]s führen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Finanzierung vor oder nach Eintritt der Krise der [X.] vorgenommen worden ist. Maßgeblich ist vielmehr allein die Übernahme einer über den nominellen [X.]santeil hinausgehenden, überschießenden unternehmerischen Verantwortung des Kleinbeteiligten, die in einer koordinierten Fremdfinanzierung wie beispielsweise einer Konsortialvereinbarung zum Ausdruck kommen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. Januar 2023, aaO Rn. 26, 28, 30).

bb) Hier liegen die Voraussetzungen für ein koordiniertes Vorgehen des [X.] und der Mehrheitsgesellschafterin der Schuldnerin nicht vor. Die Stellung eines [X.]ers als Geschäftsführer ist hierfür ohne Bedeutung. Eine davon unabhängige koordinierte Finanzierung mit einer überschießenden unternehmerischen Verantwortung, die sich aus den im Zusammenhang mit dem Gewinnverwendungsbeschluss getroffenen Abreden ergeben könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Das bloße Einvernehmen der [X.]er bei der Beschlussfassung in der [X.]erversammlung, die Zustimmung des [X.] zu dem Gewinnvortrag, genügt für eine solche Annahme nicht. Allein in dieser, den üblichen Rahmen einer Beschlussfassung der [X.]er nicht verlassenden Zustimmung liegt keine Übernahme einer überschießenden unternehmerischen Verantwortung. Der [X.] ist damit nicht über seine Rolle als Kleinbeteiligter hinausgegangen. Weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten. Einer Zurückverweisung bedarf es deshalb nicht.

cc) Damit kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine aufgrund einer koordinierten Fremdfinanzierung erfolgende Zusammenrechnung der Beteiligungen am [X.] der [X.] außerhalb des [X.] des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in einer Weise beendet werden kann, dass sich einer der an der koordinierten Fremdfinanzierung beteiligten [X.]er bei einer Rückzahlung des Darlehens innerhalb des [X.] auf das [X.] gemäß § 39 Abs. 5 [X.] berufen kann.

d) Schließlich steht einer Anwendbarkeit des [X.]s gemäß § 39 Abs. 5 [X.] im Streitfall auch nicht die nach Aufgabe seiner Geschäftsführertätigkeit fortbestehende gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des [X.] als [X.]er der Schuldnerin entgegen.

Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ist in der Rechtsprechung des [X.] allerdings als rechtsformübergreifendes Verbandsprinzip anerkannt (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 2019 - [X.], [X.]Z 221, 100 Rn. 16; vom 8. November 2022 - [X.], [X.], 376 Rn. 27; jeweils mwN). Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich sowohl auf das Verhältnis zwischen den [X.]ern und der [X.] als auch auf das Verhältnis der [X.]er untereinander. Der [X.]er hat dabei die Pflicht zur Förderung des [X.]szwecks und der [X.]sinteressen (vgl. [X.], Urteil vom 1. April 1953 - [X.], [X.]Z 9, 157, 163; vom 14. Februar 2019, aaO Rn. 17 f). Von der Treuepflicht sind dagegen weder der Erhalt der künftigen Insolvenzmasse noch der Schutz der Gläubiger der [X.] erfasst (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 2019, aaO Rn. 25). Aus diesem Prinzip kann daher nichts für die Frage hergeleitet werden, ob eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] weiterhin durchgreift, wenn die Voraussetzungen des [X.]s erst nach der Darlehensgewährung, aber außerhalb des [X.] herbeigeführt werden.

Schoppmeyer     

      

Lohmann     

      

Schultz

      

Selbmann     

      

Harms     

      

Meta

IX ZR 44/22

20.04.2023

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 9. Februar 2022, Az: 2 U 45/21

§ 39 Abs 5 InsO, § 135 Abs 1 Nr 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.04.2023, Az. IX ZR 44/22 (REWIS RS 2023, 3069)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3069

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