Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2017, Az. B 11 AL 4/16 R

11. Senat | REWIS RS 2017, 15027

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 18. März 2016 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2014 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisions- und des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt [X.] ab dem 18.6.2012. [X.] ist, ob er die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

2

Der Kläger war seit dem [X.] versicherungspflichtig beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis endete durch arbeitsgerichtlichen Vergleich vom [X.] zum 31.1.2010. In der [X.] vom [X.] bis 1.5.2011 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und erhielt von einer privaten Krankenversicherung vertragsgemäß ab dem 43. Kalendertag der Krankmeldung Krankentagegeld für die [X.] vom [X.] bis 1.5.2011. Danach nahm er vom 2.5. bis 9.12.2011 an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben des Rentenversicherungsträgers teil und bezog Übergangsgeld. Nach deren Abschluss war er bis zum [X.] erneut arbeitsunfähig erkrankt und bezog bis zum 31.5.2012 abermals Krankentagegeld.

3

Am 18.6.2012 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte [X.]. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt (Bescheid vom 3.8.2012; Widerspruchsbescheid vom 17.10.2012).

4

Das [X.] hat den Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 18.6.2012 [X.] in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Der Kläger erfülle neben den weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf [X.] auch die Anwartschaftszeit. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Bezug von Krankentagegeld in der [X.] vom [X.] bis 1.5.2011 nach § 26 Abs 2 Nr 2 [X.]B III als Versicherungszeit zu berücksichtigen, weil der Kläger unmittelbar vor Bezug des Krankentagegelds bis zum 31.1.2010 versicherungspflichtig nach dem [X.]B Ill gewesen sei. Die Lücke vom 1.2. bis [X.] hindere den [X.] nicht. Das Gesetz benenne keine feste Frist. Der Zweck des [X.]s sei es, im Ergebnis diejenigen Arbeitslosen vom Leistungsbezug auszuschließen, die den Bezug zur Arbeitslosenversicherung durch lange Unterbrechungen der Erwerbsbiografie verloren hätten. Hier beruhe die Lücke nicht darauf, dass der Kläger den Status als Arbeitnehmer aufgegeben habe.

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, entgegen der Auffassung des [X.] sei der Kläger wegen der Lücke vom 1.2. bis [X.] (38 Tage) nicht unmittelbar vor Bezug des Krankentagegelds ab [X.] versicherungspflichtig nach dem [X.]B Ill gewesen. Nach der Gesetzesbegründung zu § 28a [X.]B Ill liege ein unmittelbarer [X.] vor, wenn die Unterbrechung nicht mehr als einen Monat betrage. Dieser [X.]raum sei auch im Rahmen des § 26 Abs 2 [X.]B III als sachgerecht anzusehen.

6

Mit seiner vom L[X.] zugelassenen Revision macht der Kläger eine Verletzung von § 26 Abs 2 [X.]B III geltend. Das L[X.] habe verkannt, dass § 26 [X.]B III die Versicherungspflicht sonstiger Versicherungspflichtiger regele, § 28a [X.]B III hingegen den Ausnahmecharakter der Antragspflichtversicherung. Der Gesetzgeber habe statt eine feste Monatsfrist zu normieren den unbestimmten Rechtsbegriff "unmittelbar" gewählt. Hieraus sei zu folgern, dass er auch die Prüfung des Einzelfalls zulassen wollte. Die Auslegung des Begriffs "unmittelbar" sei nach Sinn und Zweck des § 26 Abs 2 [X.]B III vorzunehmen. Das L[X.] habe es unterlassen, die für die Lücke ursächlichen Umstände zu prüfen. Es sollten nur Arbeitslose vom Leistungsbezug ausgeschlossen werden, die den Bezug zur Arbeitslosenversicherung durch lange Unterbrechungen der Erwerbsbiografie verloren hätten.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 18. März 2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2014 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 [X.]G). Das Urteil des [X.] vom 18.3.2016 ist aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 17.10.2014 zurückzuweisen, denn das [X.] hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von [X.] dem Grunde nach verurteilt.

Streitgegenstand in der Sache ist der Bescheid vom 3.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.10.2012, den der Kläger mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage 54 Abs 1, 4 [X.]G) angreift. Er begehrt zulässigerweise dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 S 1 [X.]G) [X.] ab dem 18.6.2012.

Gemäß § 137 [X.]B III (anwendbar ist hier das [X.]B III in der seit dem 1.4.2012 geltenden Fassung des [X.] der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - [X.]) setzt der Anspruch auf [X.] bei Arbeitslosigkeit voraus, dass Arbeitnehmer (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der [X.] arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger hat sich zum 18.6.2012 arbeitslos gemeldet und ist nach dem Gesamtzusammenhang der tatsächlichen Feststellungen des L[X.] danach arbeitslos gewesen. Entgegen der Auffassung des L[X.] erfüllt er auch die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf [X.].

Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs 1 [X.]B III). Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf [X.] (§ 143 Abs 1 [X.]B III). Nicht eingerechnet werden in die Rahmenfrist [X.]en, in denen der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat (§ 143 Abs 3 [X.]B III).

Hier verläuft die Rahmenfrist - ausgehend von der Arbeitslosmeldung zum 18.6.2012 - zunächst vom [X.] bis 17.6.2012. Innerhalb dieses Rahmens hat der Kläger vom 2.5. bis 9.12.2011 wegen einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben vom Rentenversicherungsträger, die als berufsfördernde Maßnahme iS des § 143 Abs 3 [X.]B III anzusehen ist (vgl Söhngen in [X.], [X.]B III nF, § 143 RdNr 35, Stand April 2014), Übergangsgeld bezogen, sodass sich die Rahmenfrist um diese nicht einzurechnende [X.] verlängert auf den [X.]raum vom 8.11.2009 bis 17.6.2012. In dieser [X.] war der Kläger vom 8.11.2009 bis 31.1.2010 (84 Tage) versicherungspflichtig beschäftigt. Darüber hinaus ist jedenfalls auch der Bezug von Krankentagegeld in der [X.] vom [X.] bis 1.5.2011 (415 Tage) als Versicherungspflichtverhältnis gemäß § 26 Abs 2 Nr 2 [X.]B III zu berücksichtigen, wodurch die Anwartschaftszeit erfüllt ist.

Ob daneben auch der spätere Bezug von Krankentagegeld in der [X.] vom 12.12.2011 bis 31.5.2012 nach § 26 Abs 2 Nr 2 [X.]B III zu berücksichtigen ist, musste der [X.] nicht entscheiden. Von Bedeutung wäre dies nur für die Anspruchsdauer (vgl § 147 [X.]B III), zu der sich die Beteiligten aber weder bis zum Abschluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] noch im Revisionsverfahren geäußert haben. Unter diesen Voraussetzungen kann ein Grundurteil auch unabhängig von einer Prüfung der Anspruchsdauer ergehen (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 1 KR 15/98 R - [X.] 3-1500 § 141 [X.] 11).

Nach § 26 Abs 2 Nr 2 [X.]B III (in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung der Vorschrift, die sie mit Wirkung vom 1.1.2004 durch das Vierte Gesetz zur Änderung des [X.]B III und anderer Gesetze vom 19.11.2004, [X.], erhalten hat) sind Personen in der [X.] versicherungspflichtig, in der sie von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen Krankentagegeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren.

Der Kläger war bis zum 31.1.2010 als Beschäftigter versicherungspflichtig. Allein die Lücke zwischen dem Ende der Versicherungspflicht und dem Beginn der Zahlung des Krankentagegelds von 38 Tagen schließt es entgegen der Auffassung des L[X.] nicht aus, die Versicherungspflicht als "unmittelbar" vorhergehend anzusehen.

Die Beklagte sieht in ihrer Verwaltungspraxis einen Unterbrechungszeitraum von bis zu einem Monat stets als anschlusswahrend an - was schon aus Gründen der Praktikabilität nicht zu beanstanden ist -, aber keinen [X.]raum, der darüber hinausgeht (Geschäftsanweisung der [X.] zu § 26 [X.]B III RdNr 26.39; dem folgend die Kommentarliteratur, vgl etwa [X.] in jurisPK-[X.]B III, 1. Aufl 2014, § 26 RdNr 32; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B III, 6. Aufl 2017, § 26 Rd[X.]3; [X.], [X.]B II/III, § 26 RdNr 29, Stand Dezember 2016). Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 26 Abs 2 [X.]B III schließen es indes nicht aus, in Einzelfällen auch bei längeren Unterbrechungszeiträumen eine Versicherungszeit für den Bezug der in § 26 Abs 2 [X.]B III genannten Leistungen anzuerkennen.

Dem Begriff "unmittelbar" ist nach seiner Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch keine starre zeitliche Grenze, auch nicht im Sinne einer bestimmten "Höchstdauer", zu entnehmen. Als Antonym von "mittelbar" beschreibt dieses Adjektiv nicht nur einen rein zeitlichen, sondern ebenso einen sachlichen Zusammenhang. In diesem Sinne als "unmittelbar" wird auch ein Zusammenhang zwischen zwei Umständen bezeichnet, der sachlich durch nichts Anderes, Drittes vermittelt sein darf (vgl nur [X.], [X.], 3. Aufl 1999). Gegen ein Verständnis allein als bestimmte Höchstdauer oder als eine Frist spricht zudem, dass solche konkreten [X.]spannen sehr einfach zu bestimmen sind durch Angabe genauer Wochen- oder Monatszeiträume. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit regelt der Gesetzgeber konkrete [X.]grenzen stets in dieser Weise. So bestimmt beispielsweise § 7 Abs 3 [X.]B IV, der vereinzelt zu Unrecht auch zur Auslegung von § 26 Abs 2 [X.]B III herangezogen wird (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]B III, 6. Aufl 2017, § 26 Rd[X.]4), dass ein Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht länger als - genau - einen Monat als Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt anzuerkennen ist (gegen ein "Hereinlesen" dieser Frist in § 26 Abs 2 [X.]B III auch [X.], info also 2016, 71, 72; [X.], [X.]b 2014, 242, 246 f).

Aus der Entstehungsgeschichte des § 26 Abs 2 [X.]B III ergeben sich ebenfalls keine Hinweise darauf, dass der Begriff "unmittelbar" allein im Sinne eines rein zeitlichen und nicht auch eines sachlichen Zusammenhangs auszulegen ist. § 26 [X.]B III fasst insoweit die Regelungen in §§ 107 und 186 [X.] zusammen, wonach bestimmte Lohnersatzleistungen Grundlage für eine Beitragspflicht waren (§ 186 [X.]), die im Rahmen des [X.] [X.]en einer Beschäftigung gleichgestellt waren (§ 107 [X.]; vgl BT-Drucks 13/4941 [X.] zu § 26). Eine Beitragspflicht war in § 186 Abs 1 [X.] für bestimmte Lohnersatzleistungen angeordnet, wenn unmittelbar vor Beginn der Leistung eine Beschäftigung ausgeübt oder eine Lohnersatzleistung nach dem [X.] bezogen wurde. Die Einfügung des Begriffs "unmittelbar" wiederum geht zurück auf eine Gesetzesänderung durch das Rentenreformgesetz ([X.]) vom [X.] ([X.] 2261) zum 1.1.1992. Die ursprüngliche Formulierung, wonach eine Beschäftigung oder der Bezug einer Lohnersatzleistung "unterbrochen" worden sein musste (vgl zum Begriff der Unterbrechung B[X.] Urteil vom [X.] - 7 [X.] - B[X.]E 74, 28, 34 = [X.] 3-4100 § 107 [X.] in dem auch eine Übertragung der rentenrechtlichen Rspr zur "Überbrückungszeit" erwogen wird), wurde unter Hinweis auf die Anpassung an die Neuregelungen im [X.]B VI (vgl [X.] zu [X.]>) ersetzt. Anhaltspunkte für eine beabsichtigte inhaltliche Änderung im Sinne der Regelung einer starren [X.]grenze finden sich in der Gesetzesbegründung zum [X.] nicht.

Ist danach der in § 26 Abs 2 [X.]B III verwendete unbestimmte Rechtsbegriff "unmittelbar" auch als Beschreibung eines sachlichen Zusammenhangs zwischen zwei Umständen anzusehen, hat seine Auslegung vor allem Systematik sowie Sinn und Zweck der Gesamtregelung zu berücksichtigen, weil dadurch der geforderte sachliche Zusammenhang mitbestimmt wird (ähnlich für das Recht der Unfallversicherung bereits B[X.] Urteil vom 26.6.2007 - B 2 U 23/06 R - [X.] 4-2700 § 45 [X.] Rd[X.]2 ff zu § 45 [X.]B VII). Dabei sind die Besonderheiten der einzelnen in § 26 Abs 2 [X.]B III geregelten Tatbestände zu beachten.

Der allgemeine Sinn und Zweck von § 26 Abs 2 [X.]B III ist die Stärkung des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung. Die Vorschrift bewirkt durch die ausdrückliche Anordnung der Versicherungspflicht während des Bezugs bestimmter Lohnersatzleistungen, dass Personengruppen erweiterter Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung vermittelt wird, die nicht nach § 25 [X.]B III - insbesondere als Beschäftigte - versicherungspflichtig sind. Für die in § 26 Abs 2 [X.]B III genannten Personen ist kennzeichnend, dass sie, obwohl sie einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht nachgehen, doch ursprünglich zum Kreis der [X.] gehört haben oder gehören würden, wenn sie nicht durch besondere Umstände an einer Beschäftigung und damit an dem Bezug von Erwerbseinkommen gehindert wären (vgl zum Ganzen [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 26 Rd[X.] ff, 79 ff, Stand Juli 2016; [X.] in Knickrehm/[X.]/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 26 [X.]B III RdNr 8 ff). Die Bedeutung der in § 26 Abs 2 [X.]B III bezeichneten Voraussetzung, unmittelbar vor dem Ausscheiden aus dem Kreis der [X.] versicherungspflichtig gewesen zu sein oder Leistungen nach dem [X.]B III bezogen zu haben, liegt in diesem Zusammenhang darin, sicherzustellen, dass von dieser Begünstigung (nur) dem Kreis der [X.] trotz Nichtbeschäftigung (noch) zuzurechnende Personen erfasst werden, also solche, die bereits zuvor einen hinreichenden Bezug zum System der Arbeitslosenversicherung hatten ([X.] in Knickrehm/[X.]/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 26 [X.]B III Rd[X.]3).

Anders, als das L[X.] meint, kommt § 28a [X.]B III für die Auslegung von § 26 [X.]B III keine entscheidende Bedeutung zu. Zwar ist auch § 28a [X.]B III, der die Berechtigung zu einem Versicherungspflichtverhältnis in der Arbeitslosenversicherung auf Antrag regelt, auf die Vermittlung von Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung gerichtet. Nach dieser Vorschrift besteht diese Berechtigung einerseits, wenn ein Berechtigungstatbestand nach § 28a Abs 1 [X.]B III (selbstständige Tätigkeit; Beschäftigung im [X.] Ausland; bis zum 31.12.2016 Pflegezeiten, deren Berücksichtigung jetzt in § 26 Abs 2b [X.]B III geregelt ist; seit 1.1.2017 auch Elternzeit und Weiterbildung) vorliegt und innerhalb der letzten 24 Monate eine Beschäftigung von zwölf Monaten ausgeübt wurde (§ 28a Abs 2 S 1 [X.] [X.]B III). Andererseits kommt sie aber auch in Betracht bei einem dem Berechtigungstatbestand "unmittelbar" vorhergehenden Entgeltersatzleistungsbezug (§ 28a Abs 2 S 1 Nr 2 [X.]B III) oder einer unmittelbar vorhergehenden Ausübung einer geförderten Beschäftigung (§ 28a Abs 2 S 1 Nr 3 [X.]B III). In diesem [X.] sieht das B[X.] unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien nur eine Unterbrechung von nicht mehr als einem Monat als unmittelbar und damit anschlusswahrend an (vgl B[X.] Urteil vom [X.] AL 2/10 R - [X.] 4-4300 § 28a [X.] RdNr 22; B[X.] Urteil vom 4.12.2014 - [X.] AL 1/14 R - [X.] 4-4300 § 28a [X.] Rd[X.]9; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] AL 1/15 R - juris Rd[X.]3).

Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Auslegung von § 26 Abs 2 [X.]B III ist wegen der unterschiedlichen Zielrichtung und Ausgestaltung der beiden Vorschriften aber nicht geboten. Sinn und Zweck des § 28a [X.]B III ist es, Personen, die aufgrund selbst gewählter Gestaltung Versicherungsschutz verlieren würden, die Möglichkeit einzuräumen, diesen gegen Eigenleistung zu erhalten. Von dieser Ausnahmeregelung sollen zudem - abgesehen von der Anknüpfung an eine Beschäftigung von einem Jahr in den letzten beiden Jahren nach § 28a Abs 2 S 1 [X.] [X.]B III - nur Personen mit einem besonders engen Verhältnis zur Arbeitslosenversicherung profitieren können (B[X.] Urteil vom [X.] AL 2/10 R - [X.] 4-4300 § 28a [X.] Rd[X.]8). § 26 Abs 2 [X.]B III geht in seiner Zielrichtung darüber hinaus (ähnlich auch [X.], [X.]b 2014, 242, 246 f; [X.], info also 2016, 71, 72) und ist darauf gerichtet, Personen zu schützen, die durch besondere, außerhalb ihres Einflussbereichs liegende Umstände an einer Beschäftigung mit Verbleib in der Versichertengemeinschaft gehindert sind (vgl [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 26 RdNr 79, Stand Juli 2016).

Der danach weitergehende Schutzzweck von § 26 [X.]B III erfordert deshalb zur Beantwortung der Frage, ob ein unmittelbarer [X.] zwischen den Leistungen besteht, die Prüfung, welche besonderen Umstände im Einzelfall zur Unterbrechung geführt haben. Ein Ausschluss aus der Versichertengemeinschaft ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese Umstände von solchem Gewicht sind, dass sie den Schluss rechtfertigen, die Betroffenen hätten sich von der Arbeitslosenversicherung abgekehrt. Besonderheiten der in § 26 Abs 2 [X.]B III jeweils bezeichneten Lohnersatzleistungen sind in diesem Rahmen zu berücksichtigen. Der Dauer der Unterbrechung kann dabei als [X.]moment der geforderten Unmittelbarkeit eine indizielle Bedeutung zukommen, insbesondere wenn sie sich als besonders lange darstellt (vgl auch B[X.] Urteil vom 28.8.2007 - [X.]/7a AL 50/06 R - B[X.]E 99, 42 = [X.] 4-4300 § 123 [X.], Rd[X.]6, die Unmittelbarkeit bei einer dreijährigen Unterbrechung verneinend).

Der Sinn und Zweck des hier anwendbaren § 26 Abs 2 Nr 2 [X.]B III, wonach auch der Bezug von Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen zur Versicherungspflicht führen kann, liegt darin, auch versicherungspflichtige Beschäftigte, die nicht gesetzlich krankenversichert sind, bei privater Absicherung für den Fall der Arbeitsunfähigkeit durch ein Krankentagegeld in gleicher Weise wie gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte mit Anspruch auf Krankengeld zu behandeln (vgl [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 26 RdNr 89, Stand Juli 2016; [X.], [X.]B II/III, § 26 RdNr 25, Stand Dezember 2016). Bei Letzteren führt der Bezug von Krankengeld nach § 26 Abs 2 [X.] [X.]B III stets zur Versicherungspflicht.

Diese Zielrichtung erfordert eine Gleichstellung auch in Fällen, in denen - wie hier - eine Leistungslücke eintritt, weil eine Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für den Höchstzeitraum von sechs Wochen erfolgt. Bei gesetzlich Krankenversicherten setzt das Krankengeld in der Regel unmittelbar nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ein (§ 44 Abs 1 iVm § 49 Abs 1 [X.] [X.]B V), sodass eine Lücke gar nicht erst entstehen kann. Eine enge Auslegung des Begriffs "unmittelbar" im Sinne eines stets erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs von nicht mehr als einem Monat würde demgegenüber zu einer Ungleichbehandlung mit nicht gesetzlich krankenversicherten Beschäftigen führen, weil dann in bestimmten Fällen der zeitliche Zusammenhang verneint werden müsste. Zwar betrifft dies nur die wenigen Fälle, in denen die Arbeitsunfähigkeit kurz vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses - weniger als zwölf Tage vorher - eintritt, denn nur dann kann der [X.]raum der Nichtzahlung von Krankentagegeld (maximal sechs Wochen bzw 42 Tage) das Ende des Beschäftigungsverhältnisses um mehr als einen Monat überschreiten und zu einer Lücke von mehr als 30 Tagen führen. Der Schluss auf eine Abkehr des Betroffenen von der Arbeitslosenversicherung ist aber in diesen Fällen ebenso wenig gerechtfertigt, wie in den Fällen, in denen keine oder eine kürzere Lücke eintritt (so auch im Ergebnis L[X.] Nordrhein-Westfalen Urteil vom [X.] AL 287/13 - RdNr 30 ff - für den Fall des Ruhens des gesetzlichen Krankengelds für sechs Wochen gemäß § 49 Abs 1 Nr 7 [X.]B V), zumal die Dauer der Lücke von durch den Betroffenen nicht beeinflussbaren Zufällen abhängt.

Hier liegt der Ausnahmefall mit einer Lücke von mehr als 30 Tagen vor. Wegen der Arbeitsunfähigkeit kurz vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses des [X.] am [X.] setzte die Krankentagegeldzahlung trotz des Wegfalls der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 1.2.2010 erst am [X.] ein. Diese durch die besonderen Umstände des Einzelfalls geprägte Lücke von 38 Tagen ist als anschlusswahrend anzusehen, obwohl sie den Monatszeitraum um acht Tage überschreitet.

Besteht danach ein Anspruch des [X.] auf [X.] dem Grunde nach ab dem 18.6.2012, ist die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des [X.] zurückzuweisen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Revisions- und des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 193 [X.]G).

Meta

B 11 AL 4/16 R

23.02.2017

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Gießen, 17. Oktober 2014, Az: S 20 AL 237/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2017, Az. B 11 AL 4/16 R (REWIS RS 2017, 15027)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15027

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