Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2017, Az. I ZB 23/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2617

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:091117BIZB23.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]
vom

9. November 2017

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 802d Abs. 1 Satz 2 aF, § 802k Abs. 2 Satz 1
Der Gerichtsvollzieher hat eine von einem Gläubiger vor dem
26.
November 2016 gestellte Anfrage, ob ein Schuldner innerhalb der Frist des §
802d Abs.
1 Satz
1 ZPO die Vermögensauskunft abgegeben hat, zu beantworten (Ergän-zung zu [X.], Beschluss vom 27.
Oktober 2016 -
I
ZB
21/16, [X.], 571 =
[X.] 2017, 15).
[X.],
Beschluss vom 9. November 2017 -
I [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 9.
November 2017 durch [X.] Dr.
Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des [X.]

16.
Zivilkammer

vom 10.
Fe-bruar 2017 aufgehoben.
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des [X.] vom 21.
November 2016 abgeändert.
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, den Vollstreckungsauf-trag der Gläubigerin vom 7.
Juni 2016 auszuführen.
Der Schuldner trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:
[X.] Die Gläubigerin beantragte mit Schreiben vom 7.
Juni 2016, dem
Schuldner gemäß §§
802c, 802f ZPO die Vermögensauskunft abzunehmen. Sie stellte den Auftrag dabei
unter die Bedingung, dass der Schuldner in den letzten beiden Jahren keine Vermögensauskunft abgegeben hat. Für den Fall, dass der
Schuldner eine entsprechende Vermögensauskunft abgegeben habe oder Ar-beitslosengeld
II oder Sozialhilfe beziehe, werde der Antrag schon jetzt zurück-genommen.
1
-
3
-
Der Gerichtsvollzieher hat die Durchführung des Auftrags mit der [X.] abgelehnt, der Antrag sei in Verbindung mit der Bedingung unzuläs-sig, da eine Prüfung, ob eine Vermögensauskunft abgegeben worden sei, nur durch Einsichtnahme in das Vermögensregister möglich
und
eine solche Ein-sichtnahme ohne Auftrag rechtswidrig sei.
Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen. Die dagegen
von der Gläubigerin eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.
I[X.] Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Gerichtsvollzieher habe die Ausführung des
Vollstreckungsauftrags
zu Recht abgelehnt, weil er nicht ohne weiteres in der Lage gewesen
sei
zu prüfen, ob die Bedingung zutreffe, unter der der Auftrag erteilt worden sei. In der vom Senat mit Beschluss vom 27.
Oktober 2016

I
ZB
21/16
entschiedenen Sache habe die Antragsrücknah-me unter einer Bedingung gestanden. In dieser Konstellation sei es konse-quent, dass im Rahmen der Dispositionsmaxime ein Vollstreckungsauftrag für einen Fall zurückgenommen
werden könne, dessen Vorliegen vom [X.] ohne weiteres überprüft werden könne. Demgegenüber habe die Gläubigerin in der vorliegenden Sache den Antrag selbst bereits von einer Be-dingung abhängig gemacht. Bei einem solchen Antrag müsse der [X.] erst Einsicht in das Vermögensverzeichnis nehmen, um zu prüfen, ob er überhaupt einen Auftrag erhalten habe. Die Einsicht in das [X.] sei dem Gerichtsvollzieher aber nur bei einem entsprechenden Auftrag gestattet. Eine außerhalb des [X.] gerichtete Anfrage, ob eine bestimmte Person im Verzeichnis eingetragen sei, dürfe er nicht beantwor-ten.
II[X.] Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO) und auch im Übrigen
zulässig (§
575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Das Beschwerde-2
3
4
-
4
-
gericht hat zu Unrecht angenommen, der Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin stehe unter einer unzulässigen Bedingung, wenn sie eine Abschrift des [X.] nur für den Fall beantrage, dass der Schuldner in den letz-ten beiden Jahren keine Vermögensauskunft abgegeben habe.
1. Nach §
802d Abs.
1 Satz
1 ZPO ist ein Schuldner, der die [X.] nach §
802c ZPO innerhalb der letzten zwei Jahre abgegeben hat, zur erneuten Abgabe nur verpflichtet, wenn ein Gläubiger Tatsachen [X.] macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Ist dies nicht der Fall, bestimmt §
802d Abs.
1 Satz
2 ZPO, dass der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen [X.] zuleitet. Nach §
802d Abs.
1 Satz
2 Halbs.
2 ZPO, der gemäß Art.
1 Nr.
7 des [X.]
([X.]) Nr.
655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessu-aler, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur [X.] vom 21.
November 2016 ([X.]
I, S.
2591 -
EuKoPfVODG)
nachträglich in das Gesetz eingefügt worden ist, ist ein Verzicht auf die Zuleitung dabei unbeachtlich. Diese Gesetzesänderung ist gemäß Art.
21 Abs.
3 EuKoPfVODG am Tage nach der Verkündung dieses Ge-setzes und damit am 26.
November 2016 in [X.] getreten.
2. Der Senat hat die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob der Gläubiger auf die Übersendung des früheren [X.] gemäß §
802d ZPO verzichten oder den [X.] in der Weise beschränken kann, dass der Gerichtsvollzieher von der Übersendung eines älteren, beispielsweise mehr als sechs oder zwölf Monate alten [X.] absehen muss, auf der Grundlage des §
802d Abs.
1 Satz
2 ZPO
aF dahingehend beantwortet, dass der Gläubiger den [X.] aufgrund der das Zwangsvollstreckungsrecht beherrschenden Dispositionsmaxime für den Fall einschränken oder zurücknehmen kann, dass 5
6
-
5
-
der Schuldner innerhalb der Sperrfrist bereits die Vermögensauskunft abgege-ben hat ([X.], Beschluss vom 27.
Oktober 2016 -
I
ZB
21/16, [X.], 571 Rn.
10 bis 23).
3. Die Bestimmung des §
802d Abs.
1 Satz
2 ZPO
aF, nach der ein Ver-zicht des Gläubigers auf die Zuleitung des [X.] mithin beachtlich war, gilt auch noch für den im Streitfall am 7.
Juni
2016 gestellten Vollstreckungsauftrag. Die durch die Neufassung des §
802d Abs.
1 Satz
2 ZPO bewirkte Indienstnahme des einzelnen Gläubigers für die Gesamtheit der Gläubiger eines bestimmten Schuldners bedurfte einer ausdrücklichen gesetzli-chen Regelung, an der es bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung am 26.
November 2016
und damit zum Zeitpunkt des von der Gläubigerin am 7.
Juni 2016 gestellten Antrags gefehlt hat (vgl. [X.], [X.], 571 Rn.
21
ff., 23).
4. Die
Gläubigerin war entgegen der Ansicht des [X.] nicht gehindert, ihren Vollstreckungsauftrag wie geschehen
zu beschränken. Mangels abweichender Vorschriften konnte der von ihr
erteilte Vollstreckungs-auftrag auch an einen schon bestehenden Umstand anknüpfen, von dem sie keine Kenntnis haben konnte, der für den Gerichtsvollzieher aber ohne weiteres erkennbar war ([X.], [X.], 571 Rn.
11).
Der Gerichtsvollzieher konnte die von den zentralen [X.] nach §
802k Abs.
1 ZPO verwal-teten [X.] gemäß §
802k Abs.
2 Satz
1 ZPO zu Vollstre-ckungszwecken abrufen. Neben eigenen Informationszwecken im Rahmen durchzuführender Vollstreckungshandlungen betrifft diese Regelung auch den Fall, dass der Gerichtsvollzieher einem Gläubiger, der den Antrag auf [X.] innerhalb der Sperrfrist des §
802d Abs.
1 Satz
1 ZPO gestellt hat, gemäß §
802d Abs.
1 Satz
2 ZPO einen Abdruck eines bereits vorliegen-den [X.] zuleiten soll (MünchKomm.ZPO/Wagner, 7
8
-
6
-
5.
Aufl., §
802k Rn.
8; [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 38.
Aufl., §
802k Rn.
4; [X.][X.], 7.
Aufl., §
802k Rn.
5).
Ein Vollstreckungszweck lag unter der Geltung des §
802d Abs.
1 Satz
2 ZPO
aF auch vor, wenn der Gläubiger bei oder nach der Erteilung des [X.]s einen -
nach dem inzwischen
geltenden Recht unbeachtlichen
-
Verzicht auf die Zuleitung eines bereits abgegebenen [X.] erklärte. Der Gerichtsvollzieher hatte daher die von der Gläubigerin am 7.
Juni 2016 -
anders als nach dem seit 26.
November 2016 geltenden Recht (vgl. dazu Fleck in [X.], BeckOK
ZPO, 26.
Edition, Stand 15.
September 2017, §
802k Rn.
8)
-
noch im Rahmen
eines [X.] an ihn gerichtete Anfrage, ob der Schuldner innerhalb der Frist des §
802d
Abs.
1 Satz
1 ZPO die Vermögensauskunft abgegeben hat, zu beant-worten.
Diese Pflicht ist auch nicht mit der
am 26.
November 2016 in [X.] ge-tretenen
Änderung des §
802d Abs.
1 Satz
2 ZPO erloschen, weil
die In-dienstnahme des einzelnen Gläubigers für die Gesamtheit der Gläubiger eines bestimmten Schuldners, die mit
der Änderung bewirkt worden ist
(vgl. oben un-ter III
3), nicht rückwirkend angeordnet werden konnte.
Für die Beurteilung des
Streitfalls
ist es unerheblich, ob der von der Gläubigerin gestellte Antrag

wie die Rechtsbeschwerde geltend macht
bei interessengerechter Auslegung nicht unter einer auflösenden Bedingung stand, sondern lediglich seine Rücknahme unter einer aufschiebenden Bedingung.
Auch wenn der Auftrag von einer Bedingung abhängig gemacht war, konnte der Gerichtsvollzieher gemäß §
802k Abs.
2 Satz
1 ZPO die von den zentralen [X.] nach Abs.
1 verwalteten [X.] ab-rufen.
5. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung 9
10
11
-
7
-
des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache danach zur Endentscheidung reif ist

577 Abs.
5 Satz
1 ZPO).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.11.2016 -
5 M 14904/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 10.02.2017 -
16 [X.] -

12

Meta

I ZB 23/17

09.11.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2017, Az. I ZB 23/17 (REWIS RS 2017, 2617)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2617

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I ZB 23/17

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