Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2020, Az. IX ZR 18/19

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11620

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:070520U[X.]18.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX ZR 18/19

Verkündet am:

7. Mai 2020

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 133 Abs. 1 Satz 2
Eine unternehmerische Tätigkeit des Schuldners rechtfertigt den Schluss auf eine Kenntnis des An-fechtungsgegners von anderen, durch die angefochtene Rechtshandlung benachteiligten Gläubigern nur dann, wenn der [X.] von dieser Tätigkeit weiß.
[X.] § 133 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2
a)
Bei der Vermutung, dass der andere Teil im Falle einer Zahlungsvereinbarung oder einer sonstigen Zahlungserleichterung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zur [X.] der angefochtenen Hand-lung nicht kannte, handelt es sich um eine widerlegbare gesetzliche Vermutung.
b)
Zur Widerlegung der Vermutung kann sich der Insolvenzverwalter auf alle Umstände berufen, die über die Gewährung der Zahlungserleichterung und die darauf gerichtete Bitte des Schuldners hin-ausgehen.
c)
Die Vermutung kann auch durch den Nachweis widerlegt werden, dass der [X.] Umstände kannte, die bereits vor Gewährung der Zahlungserleichterung bestanden und aus denen nach der gewährten Zahlungserleichterung wie schon zuvor zwingend auf eine Zahlungsunfähig-keit des Schuldners zu schließen war.
[X.], Urteil vom 7. Mai 2020 -
IX ZR 18/19 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
12. Dezember 2019
durch die
Richter Grupp, Prof. Dr. [X.],
die [X.] [X.], [X.] und den Richter Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird
das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 13. Dezember 2018 aufge-hoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf
einen Antrag vom 5.
Mai 2017 am 20.
Juni 2017 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des

S.

(fortan: Schuldner). Der Schuldner betrieb eine Gaststätte. Die beklagte Bank gewährte ihm mit Vertrag vom 2.
Dezember 2009 ein Darlehen über 26.781,59

zuletzt 266

von einem Konto des Schuldners ein. Bezüglich der Raten für die Monate April und Mai 2016 kam es bei vier Einzugsversuchen zu Rücklastschriften. Die am 1.
Juni 2016, am 1.
Juli 2016 und am 1.
August 2016 fälligen Raten zog
die Beklagte nicht ein. Mit Schreiben vom 3.
August 2016 kündigte sie das Darlehen. In der Folgezeit 1
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schloss die Beklagte mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung. [X.] dieser Vereinbarung zahlte der Schuldner am 20.
September 2016, am 17.
Oktober 2016 und am 15.
November 2016 jeweils 350

an die Beklagte.

Das Amtsgericht hat die Beklagte zur
Rückzahlung der drei Raten im Gesamtbetrag von 1.050

verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat nur hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das
Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte sei nach §
143 Abs.
1, §
133 Abs.
1 [X.] zur Rückzahlung der Raten verpflichtet. Der Schuld-ner habe mit dem Vorsatz gehandelt, seine Gläubiger zu benachteiligen.
Mit [X.] handle ein Schuldner jedenfalls, wenn er zahlungsun-fähig sei und seine Zahlungsunfähigkeit gekannt habe. Es sei
davon auszuge-hen, dass der
Schuldner spätestens im August 2016 zahlungsunfähig gewesen sei, weil er die Darlehensraten von April bis August 2016 schuldig geblieben
sei. Danach habe er seine Zahlungen nicht wieder aufgenommen.

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4
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Die Beklagte habe den [X.] gekannt. Sie habe von den Rücklastschriften und den nicht beglichenen Raten im [X.]raum von April bis August 2016 und damit von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners [X.]. Sie habe bei dem unternehmerisch tätigen Schuldner auch davon [X.] müssen, dass sie nicht die einzige Gläubigerin war. Die Regelung in §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.] nF stehe der Annahme, die Beklagte habe von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gewusst, nicht entgegen. Der Regelungs-gehalt dieser Norm beschränke sich darauf, dass der Nachweis der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit weder allein auf die Bitte des Schuldners um eine Zah-lungserleichterung noch auf die Gewährung einer solchen gestützt werden kön-ne. Andere Umstände könnten zur Begründung der Kenntnis von [X.] aber weiter geltend gemacht werden. Der Gesetzgeber verstehe die Regelung nicht als Vermutung zur Wiederherstellung der Unkenntnis von Zah-lungsunfähigkeit
durch den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung. Eine auf andere Umstände gestützte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit entfalle nicht durch den Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in
vollem Umfang
stand.

1. Nach §
133 Abs.
1
und 2 [X.] in der hier anwendbaren Fassung vom 5.
April 2017 (vgl. Art.
103j EG[X.]) ist eine Rechtshandlung, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, anfechtbar, wenn der Schuldner
sie
in den letzten vier
Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz
vorgenom-5
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men hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und der andere Teil zur [X.] der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
Die subjektiven Voraussetzun-gen der Anfechtbarkeit hat der Tatrichter gemäß §
286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei hat er die in der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Beweisanzeichen zu berücksichtigen. Die revisionsrechtliche Kontrolle der dem Tatrichter obliegen-den Gesamtwürdigung beschränkt sich darauf, ob dieser sich entsprechend dem Gebot des §
286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchs-frei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt ([X.], Urteil vom 18.
Juli 2019

IX
ZR 259/18, Z[X.] 2019, 1790 Rn. 18 mwN; st. Rspr.).

2. Nach diesem Maßstab kann bereits die Annahme des Berufungsge-richts, der Schuldner habe mit dem Vorsatz gehandelt, seine Gläubiger zu be-nachteiligen, keinen Bestand haben. Der Senat ist an diesen
Subsumtions-schluss, der
von der Revision nicht angegriffen wird, nicht nach §
559 Abs.
2 ZPO gebunden. Auch ohne Verfahrensrüge der Revision kann der [X.] prüfen, ob der Tatrichter von einem richtigen Verständnis eines ge-setzlichen Tatbestandsmerkmals ausgegangen ist und ob er eine Feststellung auf der Grundlage von richtigen [X.] getroffen hat ([X.], Urteil vom 15.
Januar 1993

V
ZR 202/91, NJW-RR 1993, 653; [X.]/[X.], 5. Aufl., §
559 Rn.
13; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 17. Aufl., §
559 Rn. 23).

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass ein
Schuldner
jedenfalls dann
mit [X.] handle, wenn er zum [X.]punkt der angefochtenen Zahlungen zahlungsunfähig sei
und seine Zahlungsunfähigkeit 8
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kenne. Eine Zahlungseinstellung und damit (§
17 Abs.
2 Satz 2 [X.]) die Zah-lungsunfähigkeit des Schuldners spätestens im August 2016 hat das [X.] daraus abgeleitet, dass es im April und Mai 2016 wegen der [X.] Darlehensraten zu mehreren Rücklastschriften kam, der Schuldner die Raten auch in den Folgemonaten nicht zahlte und er damit sehenden Auges die Kündigung des Darlehens in Kauf nahm. Der Schuldner, so das Berufungs-gericht, habe seine Zahlungen nach August 2016 auch nicht allgemein wieder aufgenommen. Zum [X.]punkt der angefochtenen Zahlungen hätten mehrere Forderungen bedeutender Gläubiger bestanden, die bis zur Eröffnung des [X.] nicht beglichen worden seien (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Januar 2015

IX
ZR 203/12, [X.], 381 Rn. 15 mwN).

b) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Kenntnis eigener Zahlungsunfähigkeit ein starkes Indiz für den Vorsatz des Schuldners ist, seine Gläubiger zu benachteiligen. Weiß der Schuldner, dass er zahlungsunfähig ist, weiß er regelmäßig auch, dass sein Vermögen nicht [X.], um sämtliche Gläubiger zu befriedigen ([X.], Urteil vom 7.
September 2017

IX
ZR 224/16, [X.], 1910 Rn. 23 mwN). Die erkannte [X.] stellt aber lediglich ein
Beweisanzeichen
dar (vgl. etwa [X.], Urteil vom 19.
September 2013

IX
ZR 4/13, [X.], 2074 Rn. 14 f); entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist in einem solchen Fall nicht "jedenfalls"

im Sinne von stets

auf einen [X.] des Schuldners zu schlie-ßen.
Umstände, aus denen auf ein subjektives Tatbestandsmerkmal wie den [X.] geschlossen werden soll, stellen nur mehr oder weni-ger gewichtige Beweisanzeichen dar, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehr-lich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu [X.] Vermutung angewandt werden dürfen. Der Tatrichter hat vielmehr die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 286 ZPO unter 10
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7
-
Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen
([X.], Urteil vom 13.
August 2009

IX
ZR 159/06, [X.], 1943 Rn. 8; st. Rspr.). Eine solche Gesamtwürdigung
hat das Berufungsgericht unterlas-sen.

3. Auch
die
Beurteilung
des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den von ihm angenommenen Vorsatz des
Schuldners,
seine Gläubiger zu benach-teiligen, gekannt, entbehrt einer tragfähigen Grundlage.
Das Berufungsgericht hat zu den Voraussetzungen, unter denen nach §
133 Abs.
1 Satz 2 [X.] die Kenntnis des [X.]s zu vermuten ist, keine ausreichenden Fest-stellungen getroffen.

a) Die Kenntnis des [X.]s vom [X.] des Schuldners wird nach §
133 Abs.
1 Satz 2 [X.] vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die
Gläubiger benachteiligte. Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der [X.] beanspruchen konnte, mithin eine kongruente [X.], tritt nach der durch das Gesetz vom 29. März 2017 eingefügten Neure-gelung in §
133 Abs.
3 Satz 1 [X.] an die Stelle der drohenden [X.] nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene.
Ebenfalls neu eingefügt wurde die Regelung in §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.]. Danach wird, wenn
der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt hatte, vermutet, dass er zur [X.] der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

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b) Im Streitfall erlangte die Beklagte durch die angefochtenen [X.] eine kongruente Deckung. Sie konnte aufgrund der mit dem Schuldner getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung die Zahlungen so, wie sie erfolgten, beanspruchen. Gegenteiliges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, wes-halb für das Revisionsverfahren hiervon auszugehen ist. Dann setzte die [X.] des §
133 Abs.
1 Satz 2 [X.] voraus, dass die Beklagte, als sie die Zahlungen erhielt, Kenntnis von einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähig-keit
des Schuldners hatte. Dies hat das Berufungsgericht mit der Begründung bejaht, die Beklagte habe um die Rücklastschriften in den Monaten April und Mai 2016 gewusst und um die auch in den Folgemonaten bis August 2016 [X.] Darlehensraten. Die Beklagte habe deshalb alle die Zahlungsein-stellung und damit die Zahlungsunfähigkeit begründenden Umstände gekannt. Dies stehe der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit gleich.

c) [X.] ist diese tatrichterliche Würdigung des Berufungs-gerichts
hinzunehmen. Die Rüge der
Revision, die Würdigung sei
unvollständig, weil außer Betracht bleibe, dass die Beklagte nicht die Hausbank des [X.] war, sondern als reine Finanzierungsbank auftrat und über die streitge-genständliche Finanzierung hinaus keinen geschäftlichen Kontakt mit dem Schuldner hatte, ist nicht berechtigt. Das Berufungsgericht stützt seine Würdi-gung, die Beklagte habe von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gewusst, ausschließlich auf das Zahlungsverhalten des Schuldners gegenüber der [X.]. Zusätzliche konkrete Kenntnisse von der wirtschaftlichen Situation des Schuldners, über die typischerweise eine Hausbank verfügt, hat das [X.] der Beklagten nicht unterstellt.

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d) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Zah-lungsunfähigkeit des Schuldners gekannt, beruht auch nicht auf einer fehlerhaf-ten Anwendung der gesetzlichen Neuregelung in §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.].

aa) Die Funktion des neuen Absatzes 3 Satz 2 im Gefüge des §
133 In-sO wird nicht einheitlich beurteilt. Manche Autoren halten die Norm für rege-lungstechnisch missglückt und sprechen ihr einen wirklichen Anwendungsbe-reich ab, weil die Beweislast für die im [X.] des §
133 Abs.
1 Satz 2 [X.] vorausgesetzte Kenntnis des [X.]s von der Zah-lungsunfähigkeit des Schuldners ohnehin beim anfechtenden Insolvenzverwal-ter liegt und es der "Gegen"-Vermutung des §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.] deshalb gar nicht bedurft hätte ([X.], [X.], 401, [X.], ZIP 2018, 1153, 1159 f;
Tolani, [X.], 652, 659 f; [X.]/[X.], NJW 2017, 1505, 1507). Ein erheblicher Unterschied zur bisherigen Rechtslage wird auch deswegen in Ab-rede gestellt, weil nach der Rechtsprechung des [X.] die Bitte des Schuldners um eine Ratenzahlungsvereinbarung als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit ist, wenn sie sich im Rah-men der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält. Ein Beweisanzeichen für Zahlungsunfähigkeit ist eine solche Bitte nur, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht [X.] zu können ([X.], Urteil vom 18.
Januar 2018

IX
ZR 144/16, [X.], 433 Rn. 20 mwN; vgl. Ganter, [X.], 481, 484). Die Bedeutung der Neuregelung in §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.] wird vor diesem Hintergrund überwie-gend in der Klarstellung gesehen, dass der Insolvenzverwalter den Nachweis einer Kenntnis des [X.]s von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners weder auf die Gewährung der Zahlungserleichterung noch auf die der Gewährung typischerweise zugrundeliegende Bitte des Schuldners stützen 15
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kann ([X.] in Kübler/Prütting/[X.], [X.], 2017, §
133 Rn. 69; [X.], [X.], 15.
Aufl., §
133 Rn. 82b; [X.], Z[X.] 2018, 2557, 2565; [X.] in
Kummer/[X.]/Wagner, Insolvenzanfechtung, 3.
Aufl., §
133 Rn. [X.]). [X.] wird ferner, die Norm sei dahin zu verstehen, dass der Insolvenzverwalter bei gewährter Zahlungserleichterung mehr an [X.] als bisher vorbringen muss, um die Kenntnis des [X.]s von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu belegen ([X.], [X.] 2017, 369, 376; Ganter, aaO S. 485), dass die Zahlungsvereinbarung und die darauf ge-richtete Bitte nicht einmal als Indiz im Rahmen einer Gesamtwürdigung verwer-tet werden darf (Tolani, aaO S. 660 f), oder dahin, dass mit der Gewährung der Zahlungserleichterung gar die Zahlungsunfähigkeit oder jedenfalls eine zuvor bestehende Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit überwunden werde (vgl. [X.], [X.], 401, 405 f).

bb) Die Regelung in §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.] enthält eine widerlegliche gesetzliche Vermutung [X.], ZIP 2018, 1153, 1159; [X.], [X.] 2017, 369, 373). [X.] ist der Abschluss einer Zahlungsvereinbarung [X.] die Gewährung einer sonstigen Zahlungserleichterung, Vermutungsfolge die [X.] der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zur [X.] der [X.] Handlung. Um die Vermutungsfolge zu widerlegen, kann sich der Insolvenzverwalter auf sämtliche Umstände berufen mit Ausnahme der den [X.] bildenden Umstände. Nach der Begründung zum Ent-wurf des Gesetzes vom 29.
März 2017 muss der Insolvenzverwalter zur [X.] der Vermutung des Absatzes 3 Satz 2 konkret Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, die darauf
schließen lassen, dass dem [X.] die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum [X.]punkt der angefochte-nen Handlung doch bekannt war. Die Vermutung habe vor diesem Hintergrund die Wirkung, dass der Insolvenzverwalter den ihm ohnehin obliegenden Beweis 17
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der Kenntnis des [X.]s von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners weder auf die Gewährung der Zahlungserleichterung noch auf die dieser Gewährung typischerweise zugrundeliegende Bitte des Schuldners stüt-zen könne. Umstände, die hierüber hinausgehen, könne der Verwalter [X.] uneingeschränkt geltend machen (BT-Drucks. 18/7054 S.
18). Auf eine kri-tische Stellungnahme des [X.] hin ([X.]. 495/15 S. 3 bis 5) be-kräftigte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung nochmals ihre Ansicht, dass die in §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.] nF vorgesehene Vermutung lediglich die Wirkung habe, dass der Verwalter den ihm obliegenden Beweis weder auf die Gewährung der Zahlungserleichterung noch auf die darauf gerichtete Bitte des Schuldners stützen könne (BT-Drucks. 18/7054 S. 32).

cc) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Zah-lungsunfähigkeit des Schuldners gekannt, ist daher im Blick auf §
133 Abs.
3 Satz
2 [X.] nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht stützt seine Überzeu-gung, dass die Beklagte von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gewusst habe, weder auf die nach der Kündigung des Darlehens getroffene Ratenzah-lungsvereinbarung noch auf eine entsprechende Bitte des Schuldners, sondern ausschließlich auf die Kenntnis der Beklagten von den ausgebliebenen [X.] im [X.]raum von April bis August 2016 einschließlich der in dieser [X.] erfolgten Rücklastschriften. Die Berücksichtigung solcher Umstände schließt die Regelung in §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.] nicht aus. In der
Begründung des Gesetzesentwurfs sind beispielhaft verschiedene Umstände angeführt, die vom Insolvenzverwalter zur Widerlegung der Vermutung geltend gemacht wer-den können. Anders als die Revision meint, kommen dafür nicht nur Umstände in Betracht, die nach
der Gewährung der Zahlungserleichterung aufgetreten sind. Auch dem [X.] bekannt gewordene Umstände aus der [X.] vor der Zahlungsvereinbarung können den Beweis erbringen, dass dieser im 18
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[X.]punkt der angefochtenen Rechtshandlung Kenntnis von der [X.] hatte. War dem [X.] zum [X.]punkt einer Zahlungsvereinbarung oder einer sonstigen Zahlungserleichterung bereits aus anderen Gründen bekannt, dass der Schuldner zahlungsunfähig war, beseitigt die Vereinbarung einer Zahlungserleichterung diese Kenntnis in der Regel nicht
(HmbKomm-[X.]/[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
133 Rn. 72; HK-[X.]/[X.], 9. Aufl., §
133 Rn. 44). Der Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung über die Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber dem [X.] lässt [X.] Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nur dann entfallen, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auf dieser Verbindlichkeit beruh-te.

Im Streitfall wusste die Beklagte nach der Überzeugung des Berufungs-gerichts spätestens im August 2016, dass der Schuldner zahlungsunfähig war, weil über mehrere Monate die geschuldeten Darlehensraten nicht mehr einge-zogen werden konnten und daraus zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit zu schließen war. An diesem Tatbestand änderte sich durch die nachfolgend ge-troffene Ratenzahlungsvereinbarung nichts. Aufgrund der Kündigung des [X.] mit Schreiben der Beklagten vom 3.
August 2016 war [X.] der gesamte noch offene [X.] in Höhe von rund 7.000

lig geworden. Auch wenn die Beklagte dem Schuldner gestattete, diesen [X.] in monatlichen Raten von 350

sein, dass die zuvor erkannte, aus der Nichtbegleichung der mit 266

niedrigeren Darlehensraten abgeleitete Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigt war.

dd) Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, die Vermutungswirkung des §
133 Abs.
3 Satz 2 [X.] über die Begründung des Gesetzesentwurfs hinaus nicht nur die der Gewährung einer Zahlungserleichte-19
20
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13
-
rung typischerweise zugrundeliegende Bitte des Schuldners umfasst, sondern auch die typischerweise mit dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung einhergehenden Begleitumstände wie Lastschriftretouren und ausgebliebene Darlehenszahlungen. Um solche typischen Begleitumstände der Ratenzah-lungsvereinbarung handelt es sich bei den Rücklastschriften und [X.], aus denen das Berufungsgericht auf eine von der Beklagten [X.] Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geschlossen hat, nicht. Die Raten-zahlungsvereinbarung betraf die durch die Darlehenskündigung erst fällig ge-wordene Gesamtforderung, der Zahlungsrückstand dagegen die bis zur Kündi-gung zu zahlenden Darlehensraten.

e) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen jedoch nicht die An-nahme, die Beklagte habe gewusst, dass die angefochtenen Handlungen
die Gläubiger benachteiligten. Nach der Rechtsprechung des [X.] steht diese zweite Vermutungsvoraussetzung des §
133 Abs.
1 Satz 2 [X.] in einem engen Zusammenhang mit der ersten. Weiß der [X.] von der drohenden oder bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, muss er grundsätzlich auch davon ausgehen, dass Zahlungen an ihn selbst andere Gläubiger benachteiligen. Deshalb indiziert das Vorliegen der ersten Vermutungsvoraussetzung regelmäßig auch das Vorliegen der zweiten ([X.], Urteil vom 4.
Mai 2017

IX
ZR 285/16, [X.], 1221 Rn. 8). Dies gilt aber nur dann, wenn der [X.] weiß, dass es noch andere Gläubiger gibt, deren Forderungen vom Schuldner nicht vollständig bedient werden. Mit letzterem muss ein Gläubiger rechnen, wenn der Schuldner unternehmerisch tätig ist. Dann weiß der Gläubiger regelmäßig auch, dass Leistungen aus dem
Vermögen des Schuldners an ihn die Befriedigungsmöglichkeiten anderer Gläubiger beeinträchtigen. Deshalb ist der [X.] dann regelmäßig auch über den [X.] im Bilde ([X.], Urteil vom 13.
August 21
-
14
-
2009

IX
ZR 159/06, [X.], 1943 Rn. 14; vom 12.
Mai 2016

IX
ZR 65/14, [X.]Z 210, 249 Rn.
22; vom 4.
Mai 2017, aaO; vom 22.
Juni 2017

IX
ZR 111/14, [X.], 1424 Rn.
30).

Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagte von ande-ren nicht befriedigten Gläubigern des Schuldners wusste. Die Begründung, die Beklagte habe bei dem unternehmerisch tätigen Schuldner davon ausgehen müssen, nicht deren einzige Gläubigerin zu sein, trägt nicht. Eine unternehme-rische Tätigkeit des Schuldners gestattet diesen Schluss nur dann, wenn der [X.] Kenntnis von der unternehmerischen Tätigkeit hatte
([X.], Urteil vom 13. August 2009, aaO). Hierzu sind bisher keine Feststellungen ge-troffen.

III.

Das Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§
562 Abs.
1, §
563 Abs.
1 ZPO). Eine eigene Sach-entscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache nicht zur Endent-scheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO).

1. Ob der Schuldner im [X.]punkt der angefochtenen Ratenzahlungen mit dem von §
133 Abs.
1 [X.] vorausgesetzten
[X.] handelte, ist vom
Tatrichter unter Würdigung der gesamten Umstände zu beurteilen.

2. Zu der für §
133 Abs.
1 Satz 2 [X.] bedeutsamen, bisher von allen Beteiligten erkennbar übersehenen (§
139 Abs.
2 Satz 1 ZPO)
Frage, ob die 22
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24
25
-
15
-
Beklagte von einer unternehmerischen Tätigkeit des Schuldners wusste, hat der

-
16
-
Kläger bisher nichts [X.] vorgetragen. Hierzu ist ihm in der wiederer-öffneten mündlichen Verhandlung Gelegenheit zu geben.

Grupp
[X.]
[X.]

[X.]
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.02.2018 -
17 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 13.12.2018 -
6 S 1120/18 -

Meta

IX ZR 18/19

07.05.2020

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2020, Az. IX ZR 18/19 (REWIS RS 2020, 11620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11620

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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