Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2015, Az. XII ZB 66/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 15674

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII [X.]/14
Verkündet am:

11. Februar 2015

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 313; FamFG § 239
Haben die Parteien in einem Scheidungsfolgenvergleich die Zahlung eines
un-befristeten [X.] vereinbart, kann sich der Unterhaltspflichtige nicht auf eine Störung der Geschäftsgrundlage durch spätere Änderungen der Rechtslage (hier: Änderung der Senatsrechtsprechung zur Bedeutung der [X.] im Rahmen von [X.] nach §
1573 Abs.
5 BGB a.F.) berufen, wenn die Parteien in der [X.] auf das Recht zur Abänderung des Vergleichs ausdrücklich verzichtet haben (Fortführung der [X.], 1 =
[X.], 1238; vom 25.
November 2009

XII
ZR
8/08
[X.], 192; vom 23.
November 2011
XII
ZR
47/10

FamRZ 2012, 197 und vom 25.
Januar 2012
XII
ZR
139/09
FamRZ 2012, 525).
[X.], Beschluss vom 11. Februar 2015 -
XII [X.]/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Februar
2015
durch den Vorsitzenden Richter Dose
und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Botur
und Guhling
für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des 2.
Familien-senats
des
Hanseatischen [X.] vom 14.
Januar 2014 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewie-sen.

Von Rechts wegen

Gründe:
I.
Der 1955 geborene Antragsteller und die 1961 geborene [X.] sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Sie streiten um die Abänderung einer
im Jahre 1993 gerichtlich protokollierten
Unterhaltsvereinbarung.
Die Beteiligten, aus deren am 13.
September 1985 geschlossener Ehe eine am 11.
Oktober 1987 geborene Tochter hervorgegangen ist, lebten seit Juli 1989 getrennt; am 11.
Mai 1990 wurde der Scheidungsantrag zugestellt. Am 29.
Januar 1993
ließen die Beteiligten im Scheidungstermin vor dem Amts-gericht einen
Scheidungsfolgenvergleich
protokollieren, durch
die
sich der An-1
2
-
3
-

tragsteller

unter anderem

zur Zahlung eines wertgesicherten [X.] in monatlicher Höhe von 1.500
DM an die Antragsgegnerin verpflichte-te.
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezog der Antragsteller Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Architekt sowie aus Vermietung und Verpachtung. Die Antragsgegnerin, die das seinerzeit minderjährige Kind der Beteiligten [X.], ging einer Teilzeitbeschäftigung als technische
Zeichnerin nach.
Die Vereinbarung
enthält verschiedene
Regelungen, die eine
Anpassung der
Unterhaltsleistung
zum Gegenstand haben. Insbesondere soll die Antrags-gegnerin
eine Erhöhung
des vereinbarten Unterhalts bei
Krankheit, Berufsunfä-higkeit
und Arbeitslosigkeit verlangen
können, letzteres auch für den
Fall einer durch nachweislich gestiegenen Betreuungsbedarf für die gemeinsame Tochter veranlassten Eigenkündigung
ihres Arbeitsplatzes.
Der nach einer Anhebung durch den Antragsteller zu zahlende
Unterhalt ist allerdings einerseits durch 3/7 seines
"durchschnittlichen bereinigten Nettoeinkommens"
und andererseits durch einen absoluten Höchstbetrag von 3.000
DM begrenzt. Der Antragsteller kann
im Fall eigener
Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder
Berufsunfähigkeit
sei-nerseits
eine Abänderung der Unterhaltsvereinbarung zugunsten einer
vollstän-digen
"Neuberechnung des geschuldeten Unterhalts entsprechend der gesetzli-chen Regelung"
fordern. Bei einer Wiederverheiratung der Antragsgegnerin ent-fällt die Verpflichtung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt. Zu einer Reduzie-rung oder Einstellung seiner Unterhaltszahlungen nach Maßgabe der "im Zeit-punkt des Abänderungsverlangens gültigen Rechtsprechung zu §
1579 Nr.
7 BGB"
soll der Antragsteller berechtigt sein, wenn die Antragsgegnerin in "ehe-ähnlichen Verhältnissen"
mit einem neuen Partner lebt. Abschließend enthält die
Unterhaltsvereinbarung folgende Regelung:
"Die Eheleute sind im Übrigen berechtigt,
ihre gegenwärtigen [X.] beliebig zu erhöhen, ohne daß sich hieraus ein [X.] ergibt.
3
-
4
-

Die in dieser Vereinbarung genannten [X.] sind abschließend. Im Übrigen verzichten die Eheleute auf das Recht zur Abänderung der Vereinbarung über die Unterhaltszahlungen."
Die Ehescheidung ist seit dem 13.
April 1993 rechtskräftig. Der in der Scheidungsfolgenvereinbarung festgesetzte nacheheliche Unterhalt wurde [X.] 1995 und 2011
aufgrund einer
vereinbarten Wertsicherungsklausel mehr-fach angepasst und beträgt derzeit monatlich 976

Im vorliegenden Abänderungsverfahren hat der Antragsteller unter [X.] auf eine geänderte Rechtslage zur zeitlichen Begrenzung von Unterhalts-ansprüchen auf einen Wegfall seiner
Unterhaltspflicht seit Oktober 2012
ange-tragen. Das Amtsgericht hat diesem
Antrag in vollem Umfang entsprochen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin
hat das
Oberlandes-gericht die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und den
Abänderungs-antrag zurückgewiesen.
Dagegen wendet
sich der Antragsteller
mit seiner zugelassenen
Rechts-beschwerde, mit der er
eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entschei-dung erstrebt.

II.
Die Rechtsbeschwerde
hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Antragsteller könne keine Abänderung des geschlossenen Vergleichs dahingehend verlangen, dass seine Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin seit Oktober 2012 nicht mehr bestehe. Die Beteiligten hätten in ihrer Scheidungsfolgenvereinbarung eine ausdrückliche Regelung getroffen, 4
5
6
7
8
-
5
-

wonach eine spätere Abänderung ausschließlich aus den im Einzelnen aufge-führten und ausdrücklich als abschließend bezeichneten Gründen möglich sein solle, die im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Der Verzicht auf die Abän-derung aus anderen, in der Vereinbarung nicht genannten Gründen umfasse bei Würdigung des gesamten [X.] der Vereinbarung auch Ände-rungen der Gesetzeslage und der Rechtsprechung. Denn für die [X.] bedeute diese Vereinbarung, dass sie sich, solange sie nicht wieder heiraten oder eine eheähnliche Partnerschaft eingehen sollte, auf die lebenslange [X.] eines inflationsgeschützten [X.] in Höhe von 1.500
DM [X.] könne. Dieser sei von den Beteiligten auch nicht nach konkreten gesetz-lichen Vorgaben berechnet, sondern ausdrücklich frei vereinbart worden.
Im Zeitpunkt des Abänderungsverlangens sei die gemeinsame Tochter der Beteiligten bereits volljährig gewesen, so dass es nur noch um die Abän-derbarkeit des vereinbarten Aufstockungsunterhalts gehe. Bereits zum Zeit-punkt des Abschlusses der Scheidungsfolgenvereinbarung habe der [X.] aber gemäß §
1573 Abs.
5 BGB a.F. zeitlich begrenzt werden können. Die Ansicht des Antragstellers, dass nach der seinerzeitigen Recht-sprechung des [X.] eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts-anspruchs der Antragsgegnerin nicht möglich gewesen sei, treffe nicht zu. Der [X.] habe in seinen damaligen Entscheidungen keine bestimmte Ehedauer festgelegt, die eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs stets ausgeschlossen hätte. Vielmehr habe er darauf hingewiesen, dass die Ehedauer nur eines der Merkmale gewesen sei, die neben anderen [X.] in eine Billigkeitsabwägung mit dem Ziel einer angemessenen Ent-scheidung jedes Einzelfalls einbezogen werden müssten. Schon nach der da-maligen Rechtsprechung des [X.] sei es für die Frage der Be-fristung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin daher auf eine umfas-sende Billigkeitsabwägung angekommen.
Von dem betreuenden Elternteil sei 9
-
6
-

nach der damals herrschenden Rechtsprechung eine Vollzeittätigkeit erwartet worden, sobald das Kind etwa 15
Jahre alt geworden war. Es könne daher nicht davon gesprochen werden, dass bei Abschluss der [X.] noch keine Veranlassung dazu bestanden hätte, die Frage der zeitlichen Befristung

insbesondere
des Unterhaltsanspruchs nach §
1573 Abs.
2 BGB

zu bedenken. Die Beteiligten hätten
in der Scheidungsfolgenvereinbarung nicht nur zugunsten der Antragsgegnerin eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs auf Dauer ausschließen wollen, sondern ausdrücklich vereinbart, dass

im Üb-rigen auch zulasten der Antragsgegnerin

auf andere als die in der Vereinba-rung genannten [X.] wechselseitig verzichtet werde.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.

Wie das Beschwerdegericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend er-kannt hat, richtet sich die Abänderung eines
Prozessvergleichs
allein nach ma-teriell-rechtlichen Kriterien

239 Abs.
2 FamFG). Im vorliegenden Fall [X.] daher der durch Auslegung zu ermittelnde Vertragsinhalt und [X.] die Grundsätze der Vertragsanpassung wegen Störung der Ge-schäftsgrundlage (§
313 BGB) darüber, ob der Antragsteller eine Abänderung der Scheidungsfolgenvereinbarung mit der Begründung verlangen kann, dass der hier allein noch in Rede stehende Anspruch auf Aufstockungsunterhalt mangels ehebedingter Nachteile der Antragsgegnerin zu befristen sei.
a) Vorrangig gegenüber
einer
Störung der Geschäftsgrundlage ist dabei zunächst durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Beteilig-ten eine bindende Regelung hinsichtlich einer möglichen Begrenzung
des im Vergleich festgesetzten Unterhalts getroffen haben
(Senatsurteile [X.], 1 =
[X.], 1238 Rn.
13 und vom 25.
Januar
2012

XII
ZR
139/09

FamRZ
2012, 525
Rn.
28).
10
11
12
-
7
-

[X.]) Der Senat hat in diesem Zusammenhang vor allem
auf die [X.] hingewiesen, dass die Unterhaltsbefristung
nach §
1578
b
Abs.
2 BGB (bzw. nach §
1573 Abs.
5 BGB a.F.) von der Unbilligkeit einer fort-dauernden
Unterhaltsleistung abhängt und im Zeitpunkt der Scheidung die für eine künftige Billigkeitsentscheidung maßgeblichen Umstände regelmäßig noch nicht vorhersehbar zu Tage
treten. Aus diesem Grund wird jedenfalls bei der erstmaligen und scheidungsnahen Festlegung des nachehelichen Unterhalts typischerweise davon auszugehen sein, dass sich die Vertragsparteien die Ent-scheidung über eine spätere Befristung des Unterhalts vorbehalten wollten, weil der Unterhaltspflichtige mit einem sofortigen Ausschluss des [X.] regelmäßig nicht einverstanden sein wird und auch der [X.] nach Treu und Glauben die Zahlungsbereitschaft des [X.] nur als eine in diesem Sinne eingeschränkte verstehen kann (Senatsurteil [X.], 1 =
[X.], 1238 Rn.
24). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Unterhaltsvereinbarung eine ausdrückliche oder konkludente Regelung dahingehend entnehmen lässt, dass die abschließende Entscheidung zu-
gunsten einer unbefristeten Dauer der Unterhaltspflicht schon bei Vertrags-
schluss getroffen werden sollte (Senatsurteil [X.], 1 =
[X.], 1238 Rn.
23).
bb) Die
vom
Beschwerdegericht vorgenommene Auslegung hält den
für eine Prüfung der tatrichterlichen Auslegung individualvertraglicher Abre-
den durch das Rechtsbeschwerdegericht geltenden Maßstäben (Senatsur-
teile [X.], 1 =
[X.], 1238 Rn.
15 und vom 26.
Juni 2013

XII
ZB
133/11
FamRZ 2013, 1366 Rn.
23 mwN) stand. Das [X.] ist bei
seiner Auslegung der Unterhaltsvereinbarung zu dem Ergebnis ge-langt, dass die Geltendmachung des [X.]s dauerhaft ausge-schlossen sein
sollte.
Dies hat das Beschwerdegericht daraus gefolgert, dass einerseits eine
Befristung von Erwerbslosigkeits-
und Aufstockungsunterhalt 13
14
-
8
-

schon nach dem Rechtszustand bei Vertragsschluss im Jahre 1993 gesetzlich
möglich gewesen wäre

1573 Abs.
5 BGB a.F.) und dass andererseits die Geltendmachung eines [X.]s durch den Antragsteller nicht zu den in der Unterhaltsvereinbarung enumerierten [X.]n gehört.
Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Allein aus dem Umstand, dass
die Vertragsparteien die spätere Abänderung ihrer Unterhaltsvereinbarung
schon bei Vertragsschluss bedacht haben und einzelne Regelungen zu deren Abänderbarkeit

etwa im Hinblick auf Einkommensentwicklungen

getroffen haben, lässt sich
zwar noch nicht zwangsläufig folgern, dass damit alle anderen denkbaren [X.] und insbesondere der [X.] ausgeschlossen werden sollen (Senatsurteil [X.], 1 =
[X.], 1238 Rn.
18). Im vorliegenden Fall
hat das Beschwerdegericht demgegenüber aller-dings mit Recht auf den eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung abgestellt, wo-nach die in der Vereinbarung genannten [X.] seinerzeit "ab-schließend"
sein sollten und die Beteiligten im Übrigen auf das "Recht zur Ab-änderung"
ausdrücklich "verzichteten". Auch die Rechtsbeschwerde erinnert insoweit nichts.
b) Auch wenn die Auslegung des Vertrages zu dem Ergebnis führt, dass die Vertragsparteien
bei Abschluss ihrer Unterhaltsvereinbarung im Hinblick auf die damals geltende Rechtslage

hier im Jahre 1993

eine Befristung
des Un-terhalts auf Dauer ausschließen wollten, bedarf es einer weiteren Prüfung, ob sich die für den Unterhaltsanspruch relevanten gesetzlichen Grundlagen oder
die höchstrichterliche Rechtsprechung nach Abschluss der
Vereinbarung grund-legend geändert haben und dies nach den Grundsätzen der Störung
der Ge-schäftsgrundlage (§
313 BGB) für den Unterhaltspflichtigen nunmehr die Mög-lichkeit zur
Geltendmachung eines [X.]s eröffnet
(vgl. [X.] vom 23.
November 2011

XII
ZR
47/10
FamRZ 2012, 197 Rn.
16).
15
16
-
9
-

Geschäftsgrundlage sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erho-benen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellun-gen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhanden-sein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut
(vgl. Senatsbeschluss vom 3.
Dezember 2014

XII
ZB
181/13
juris Rn.
17; [X.] Urteil vom 6.
Mai 2014

X
ZR
135/11
FamRZ 2014, 1547 Rn.
12 mwN).
Bei Unterhaltsvereinbarun-gen
wird der Geschäftswille der Vertragsparteien dabei regelmäßig auf der ge-meinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtslage [X.] sein (vgl. Senatsurteil vom 25.
November 2009

XII
ZR
8/08

[X.], 192 Rn.
28).
[X.]) Unter diesem Gesichtspunkt kann eine Störung der [X.] entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht bereits deshalb verneint werden, weil die Beteiligten eine vom Gesetz losgelöste Unterhaltsregelung mit einem eigenen Schuldgrund geschaffen hätten, die einer Abänderung im [X.] auf eine geänderte Rechtslage zum gesetzlichen Unterhaltsrecht nicht zu-gänglich wäre. Der Wille der Parteien, den Unterhaltsanspruch völlig auf eine vertragliche Grundlage
zu stellen und ihn damit des Wesens eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu entkleiden, kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur beim Vorliegen besonderer dafür sprechender Anhaltspunkte ange-nommen werden (Senatsurteile vom 21.
September 2011

XII
ZR
173/09

FamRZ
2012, 699 Rn.
19 und vom 26.
September
1990

XII
ZR
87/89

FamRZ
1991, 673, 674; [X.] Urteil vom 28.
Juni 1984

IX
ZR
143/83

FamRZ 1984, 874, 875).
Solche Anhaltspunkte ergeben
sich auch aus den von der [X.] in der
Rechtsbeschwerdeerwiderung aufgezeigten Aspekten nicht.
Die bloße 17
18
19
-
10
-

Beschränkung der Abänderungsmöglichkeit besagt

für sich genommen

noch nichts über die Rechtsnatur des in Rede stehenden Anspruchs (Senatsurteil vom 26.
September
1990

XII
ZR
87/89

FamRZ 1991, 673, 674). Auch [X.] über die Nichtanrechnung von Einkünften sind sowohl bei einem gesetzlichen als auch bei einem vertraglich begründeten Unterhaltsanspruch möglich (Senatsurteile vom 25.
Januar 2012

XII
ZR
139/09
FamRZ 2012, 525 Rn.
33 und vom 26.
September
1990

XII
ZR
87/89

FamRZ 1991, 673, 674). Demgegenüber sind verschiedene andere Regelungen aus der [X.]svereinbarung der Beteiligten eindeutig an unterhaltsrechtliche Grundsätze angelehnt. Die Antragsgegnerin sollte beim Eintreten typisch unterhaltsrechtli-cher Bedürfnislagen

Ausweitung der Kinderbetreuung, Krankheit oder Arbeits-losigkeit

berechtigt sein, eine Erhöhung des Unterhalts zu fordern. Soweit der Antragsteller wegen eigener Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit seinerseits eine Abänderung der Unterhaltsvereinbarung verlangen kann, soll eine freie Neube-rechnung des Unterhalts "entsprechend der gesetzlichen Regelung"
erfolgen. Der Unterhaltsanspruch soll bei Wiederverheiratung der Antragsgegnerin entfal-len (vgl. §
1586 Abs.
1 BGB) und

unter ausdrücklichem Hinweis auf §
1579 Nr.
7 BGB a.F.

bei der Aufnahme eines "eheähnlichen Verhältnisses"
durch die Antragsgegnerin ganz oder teilweise verwirkt werden können. Dies lässt mit hinreichender Deutlichkeit darauf schließen, dass die Beteiligten mit ihrer [X.] lediglich den sich aus §§
1570
ff. BGB ergebenden gesetzlichen Un-terhaltsanspruch ausgestalten wollten.
bb)
Auch dass
das Beschwerdegericht eine schwerwiegende Verände-rung der rechtlichen Verhältnisse
offensichtlich schon deshalb verneinen will, weil die
Befristung
des
Aufstockungsunterhalts
gemäß §
1573 Abs.
5 BGB a.F. schon nach dem Stand der Rechtsprechung bei Vertragsschluss eine umfas-sende Billigkeitsabwägung vorausgesetzt habe,
begegnet rechtlichen Beden-ken.
20
-
11
-

(1) Der Senat hat mehrfach ausgesprochen, dass sich eine Änderung der zuvor gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung

und zwar bezogen auf die zur Befristung
des Aufstockungsunterhalts im Rahmen des §
1573 Abs.
5 BGB a.F. anzustellenden
Billigkeitsabwägungen

durch die Senatsentschei-dung vom 12.
April 2006
(XII
ZR
240/03

FamRZ 2006, 1006) vollzogen hat
(Senatsurteile vom 16.
Januar 2013

XII
ZR
39/10

FamRZ 2013, 534 Rn.
17 und vom 23.
Mai 2012

XII
ZB
147/10
FamRZ 2012, 1284 Rn.
18 mwN). Denn der
Senat hat mit diesem Urteil seine zunächst nach dem [X.] vom 20.
Februar 1986 (BGBl.
I S.
301)
ergangene und grundle-gend auf das [X.] zurückgehende Rechtsprechung geändert.
Zwar hatte
er es in dieser früheren Rechtsprechung
abgelehnt, dem Kriterium der [X.] im Rahmen
der Billigkeitsabwägung nach §
1573 Abs.
5 BGB a.F. einen [X.] Vorrang in dem Sinne einzuräumen, dass
der Unterhaltsanspruch un-abhängig von den sonstigen Umständen des Einzelfalls generell keiner Befris-tung mehr zugänglich sein solle, wenn die Ehedauer
(einschließlich der ihr
gleichgestellten [X.]) eine bestimmte feste Zeitgrenze über-steigt. Andererseits hatte
der Senat aber betont, dass sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von §
1573 Abs.
5 BGB ein "durchschla-gendes"
Gewicht für eine dauerhafte Unterhaltsgarantie und gegen die Mög-lichkeit zeitlicher Begrenzung des Unterhalts zukommen werde
(Senatsurteile vom 28.
März 1990

XII
ZR
64/89

FamRZ 1990, 857, 859 und vom 10.
Okto-ber 1990

XII
ZR
99/88

FamRZ 1991, 307, 310; zur Entwicklung der Senats-rechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294 f.).
(2) Unter den hier obwaltenden Umständen war bei Protokollierung
der Scheidungsfolgenvereinbarung im Januar 1993 absehbar, dass die Ehe der Beteiligten bis zu ihrer kurz bevorstehenden
Scheidung knapp sieben Jahre gedauert haben würde. Bei der Scheidung
war die im Haushalt der Antrags-21
22
-
12
-

gegnerin lebende gemeinsame Tochter erst sechs Jahre alt, so dass die [X.] darüber hinaus auf der Grundlage des früher angewandten
Alterspha-senmodells damit rechnen konnten, dass sich an die Rechtskraft der Eheschei-dung eine noch rund
zehnjährige
[X.] anschließen würde. [X.] hätte sich für eine Billigkeitsabwägung nach §
1573 Abs.
5 BGB a.F. eine gesamte zu berücksichtigende Zeitspanne
von etwa siebzehn Jahren ergeben.
In diesem Fall wäre nach
dem Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Abschluss der Unterhaltsvereinbarung die
spätere Befristung eines An-spruchs der Antragsgegnerin
auf Aufstockungsunterhalt

wenn überhaupt

nur unter außergewöhnlichen Umständen möglich gewesen. Es liegt durchaus na-he, dass der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen und damit auch auf der Erwartung aufbaute, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung, die der Ehedauer im Rahmen der Billigkeitsabwägung eine überragende Be-deutung zugewiesen hatte, auch künftig Bestand haben werde.
[X.]) Allein die schwerwiegende Veränderung der Vertragsgrundlage
rechtfertigt indessen noch nicht das Verlangen nach einer
Vertragsanpassung gemäß §
313 Abs.
1 BGB. Vielmehr muss als weitere Voraussetzung hinzu-kommen, dass der
durch die Änderung der
Verhältnisse belasteten Vertrags-partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am [X.] nicht zugemutet werden kann. Für eine Berücksichtigung
von Störungen der Geschäftsgrundlage
ist deshalb insbesondere dann kein Raum, wenn nach der vertraglichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft ([X.] Urteil vom 6.
Oktober 2003

II
ZR
63/02

FamRZ
2004, 94; [X.]Z 74,
370, 373 =
NJW 1979, 1818, 1819 mwN).
In diese Richtung vermag der Senat die Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen selbst aus-zulegen (vgl. dazu Senatsurteil [X.], 1 =
[X.], 1238 Rn.
17).
23
-
13
-

(1) Eine vertragliche Risikoübernahme kann insbesondere darin zu erbli-cken sein, dass die Beteiligen einen umfassenden
Anpassungsausschluss ver-einbaren. Von einem
Anpassungsausschluss, der auch der
Abänderung
eines
Unterhaltsvergleichs wegen nachträglicher Änderung der gesetzlichen Grundla-gen oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegensteht
und für den der Abänderungsgegner darlegungs-
und beweisbelastet ist, wird indessen nur beim Vorliegen einer ausdrücklichen
vertraglichen Vereinbarung auszugehen sein
(Senatsurteil vom 25.
November 2009

XII
ZR
8/08

[X.], 192 Rn.
29). An die Deutlichkeit dieser Vereinbarung sind
hohe Anforderungen zu stellen. Auf eine umfassende Unabänderbarkeit der Unterhaltsvereinbarung kann nicht schon daraus geschlossen werden, dass die Vertragsparteien den Unterhalt pauschal ohne konkrete Berechnungsmodalitäten und ohne Rücksicht auf ihre tatsächlichen Einkommensverhältnisse festgelegt haben (vgl. [X.] vom 25.
November 2009

XII
ZR
8/08

[X.], 192 Rn.
27
ff.). Auch aus dem Umstand, dass die Parteien im Hinblick
auf die
bei Vertragsschluss geltende Rechtslage eine als "lebenslänglich"
bezeichnete Zahlung von [X.] verabredet haben, folgt für sich genommen noch nicht zwangsläufig, dass
ihre
Unterhaltsvereinbarung in Bezug auf die Geltendmachung eines
Befris-tungseinwands auch bei nachträglich geänderter
Gesetzeslage oder geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung unumstößlich wäre (vgl. auch Senatsurteil vom 25.
Januar 2012

XII
ZR
139/09

FamRZ 2012, 525 Rn.
31
ff.).
(2) Im vorliegenden Fall
haben
die Beteiligten allerdings eine ausdrückli-che Bestimmung
getroffen, wonach
die
Abänderung der Unterhaltsvereinbarung aus anderen als den in der Vereinbarung selbst enumerierten
Gründen ausge-schlossen sein soll. Enthält der Vertrag einen
solcherart ausdrücklichen
[X.]sausschluss,
soll dieser
offenbar
unbedingt und ohne Rücksicht auf mögli-che Störungen gelten; die auftretenden Risiken sollen dort verbleiben, wohin sie fallen
(MünchKommBGB/Finkenauer 6.
Aufl. §
313 Rn.
66).
24
25
-
14
-

Für eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass die von den [X.] getroffene
Regelung

noch
verstärkt durch den "Verzicht"
auf das "Recht zur Abänderung"
der Unterhaltsvereinbarung im Übrigen

nicht solche Störungen ergreift, die sich erst aus der nachträglichen Änderung der gesetzli-chen Grundlagen oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergeben, gibt der Wortlaut der Vereinbarung keinen Anhalt.
Zwar bildet auch ein vermeintlich klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände, weil sich
die Feststellung, ob eine Erklärung [X.] ist oder nicht, erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Ausle-gung treffen lässt
(Senatsurteile vom 15.
Oktober 2014

XII
ZR
111/12

WM 2014, 2280 Rn.
50 und vom 19.
Dezember 2001

XII
ZR
281/99

NJW 2002, 1260, 1261 mwN).
Besondere Umstände, die an dem Verständnis der Regelung als einem uneingeschränkten
Anpassungsausschluss zweifeln lassen
könnten, werden
von der Rechtsbeschwerde aber nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht er-sichtlich. In diesem Zusammenhang ist insbesondere
darauf hinzuweisen, dass der rechtliche Ausgangspunkt, wonach nicht nur Gesetzesänderungen, sondern
auch
Änderungen einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu [X.] vertraglicher Dauerschuldverhältnisse führen können, die nach den Grundsätzen über den Wegfall
der Geschäftsgrundlage im Wege der [X.] zu bereinigen sind, in der Rechtsprechung des [X.] schon lange vor Abschluss der hier verfahrensgegenständlichen
Unterhaltsvereinba-rung im Jahre 1993 allgemein anerkannt war (vgl. [X.]Z 58, 355, 362
f. =
NJW 1972, 1577, 1579; Senatsurteil vom 26.
Januar 1983

IVb
ZR
344/81

FamRZ 1983, 569, 573; vgl. auch [X.]/[X.]/Brudermüller Eherecht 2.
Aufl. [1992] §
323 ZPO Rn.
66; [X.]/Staudigl
Das Unterhaltsrecht in der familien-richterlichen Praxis 2.
Aufl. [1990]
S.
1007
f.;
Graba NJW 1988, 2343, 2347).
Bereits im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses
musste deshalb beiden
Beteiligten 26
27
-
15
-

bewusst sein, dass sie
sich mit der ausdrücklichen Vereinbarung eines unein-geschränkten
Abänderungsverzichts auch solcher Anpassungsmöglichkeiten
begaben, die sich erst aufgrund einer nachträglichen Änderung der Rechtslage zu ihren Gunsten eröffnen
konnten.
Die auf der Ungewissheit über die Entwick-lung der künftigen unterhaltsrechtlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung beruhenden Risiken werden gerade in diesem Fall
bei dem Beteiligten zu ver-bleiben
haben, bei dem sie sich verwirklichen
(im Ergebnis ebenso
OLG [X.] Beschluss vom 3.
August 2011

8
UF
83/11
juris Rn.
32).
Im Übrigen findet die
in der Abrede der [X.] liegende vertragliche Risikozuweisung grundsätzlich erst
dort ihre Grenze, wo die Inanspruchnahme des Unterhalts-pflichtigen zur
Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz
führen würde ([X.], 40, 49; [X.] FamRZ 1998, 830, 831; OLGR S[X.]rbrücken 2004, 13, 15; [X.]/[X.] BGB [Stand 2014] §
1585
c Rn.
251; [X.]/[X.] BGB 14.
Aufl. §
313 Rn.
57; [X.] 2010, 212, 213;
vgl. auch Senatsurteil [X.]Z 178, 322 =
[X.], 198 Rn.
35
ff. zur Inhaltskon-trolle einer unterhaltsersetzenden Leibrentenvereinbarung).
-
16
-

c) Der
Antragsteller kann daher einen Abänderungsantrag nicht allein
auf die Begründung stützen, dass ihm wegen schwerwiegender Änderungen der rechtlichen Vertragsgrundlagen nach den Grundsätzen der Störung der Ge-schäftsgrundlage (§
313 BGB) die Geltendmachung eines [X.]s eröffnet sein müsse.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.07.2013 -
275 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.01.2014 -
2 UF 95/13 -

28

Meta

XII ZB 66/14

11.02.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2015, Az. XII ZB 66/14 (REWIS RS 2015, 15674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15674

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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