Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2010, Az. VIII ZR 93/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 676

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 93/10 Verkündet am: 8. Dezember 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die Richterin [X.] sowie [X.] [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des [X.] vom 24. März 2010 wird [X.]. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen Tatbestand: Der [X.] mietete ab 1. September 1986 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin [X.] im ersten Stock des [X.]in M. . Nach § 1 Nr. 1 des [X.] vom 17. September 1986 wurde [X.] "zur Benutzung als Wohnung" vermietet. Mit einem am 28. Dezember 1988 unterzeichneten "Anhang zum Mietvertrag" übernahm der [X.] ab 1. Januar 1989 [X.]. Aufgrund "[X.]" vom 21. März 2000 wurde dem [X.]n schließlich noch [X.] im ersten Stock überlassen; im Gegenzug hierzu gab der [X.] zwei weitere, von ihm im vierten Obergeschoss des Anwesens angemie-tete Räume an die Klägerin zurück. 1 - 3 - Seit September 2000 wohnt der [X.] mit seiner Tochter in einer im Melderegister der [X.]als Erstwohnsitz eingetragenen Wohnung in der B. straße . In den streitgegenständlichen Räumen, die im [X.] M.

als "Nebenwohnung" geführt werden, stehen um-fangreicher eigener - teilweise ererbter - Hausrat sowie Gegenstände der ver-storbenen Großmutter der Tochter des [X.]n. Der [X.] bietet in der Wohnung befindliche Gegenstände in der Zeitschrift "kurz und fündig" zum [X.] an und empfängt in der Wohnung Kaufinteressenten. 2 Die Klägerin hat unter anderem behauptet, der [X.] nutze die von ihr angemieteten Räume entgegen dem Vertragszweck nicht mehr als Wohnung, sondern als Lager und betreibe aus den Räumen heraus einen gewerblichen Handel mit den dort befindlichen Gegenständen. Der [X.] hat dies bestrit-ten; die Verkaufstätigkeiten erschöpften sich in dem gelegentlichen Verkauf von in der Wohnung befindlichen [X.]. 3 Die Klägerin hat den [X.]n wegen der von ihr als vertragswidrig an-gesehenen Nutzung der angemieteten Räume erfolglos mit Schreiben vom 30. April 2008 und 1. Juli 2008 abgemahnt. Mit der Klage hat die Klägerin den [X.]n auf Unterlassung der Nutzung der angemieteten Räume "zu gewerb-lichen Zwecken, insbesondere als Lager und Verkaufsräume" in Anspruch ge-nommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Zuge der von ihr ge-gen das erstinstanzliche Urteil eingelegten Berufung hat die Klägerin zusätzlich den Hilfsantrag gestellt, den [X.]n zu verpflichten, es zu unterlassen, die angemieteten Räume "zu anderen als Wohnzwecken" zu nutzen. Die Berufung der Klägerin ist auch im Hilfsantrag erfolglos geblieben. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr [X.] weiter. 4 - 4 - Entscheidungsgründe: 5 Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] 6 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 7 Der Klägerin stehe gegen den [X.]n kein Anspruch auf Unterlassung aus § 541 BGB zu. Zwar seien die Räume unstreitig zu Wohnzwecken vermietet worden. Aus dem Gesetz lasse sich jedoch keine Pflicht ableiten, in den zu [X.] auch tatsächlich zu wohnen; eine Gebrauchspflicht kenne das Gesetz nicht. 8 Soweit die Klägerin dem [X.]n vorwerfe, er verwende die vermiete-ten Räume zum Betrieb eines Gewerbes, sei der Sachvortrag der insoweit [X.] und beweisbelasteten Klägerin nicht ausreichend, um einen vertrags-widrigen Gebrauch annehmen zu können. Die Klägerin habe nicht konkret be-hauptet, dass die Tätigkeit des [X.]n nach außen in Erscheinung trete, et-wa durch Anbringung eines Schildes am Hauseingang oder das tägliche Er-scheinen einer größeren Anzahl von Kunden. Auch sei nicht vorgetragen, dass der [X.] für seine Verkaufsaktivitäten Mitarbeiter beschäftige. 9 Die Klage bleibe auch im zulässigen Hilfsantrag erfolglos. Der Vortrag der Klägerin sei nicht geeignet, eine Nutzung der angemieteten Räume zu an-deren als Wohnzwecken darzulegen. Dass sich in einer Wohnung Einrich-tungsgegenstände befänden, sei für eine Wohnnutzung gerade typisch; anders wäre es, wenn der [X.] die Wohnung zur Lagerung ölverschmierter [X.] - 5 - teile nutzen würde. Im Übrigen seien ein Nachteil der Klägerin oder eine Belästigung anderer Mitmieter durch die Nutzung des [X.]n we-der vorgetragen noch sonst ersichtlich. I[X.] 11 Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts steht der Klägerin ge-gen den [X.]n kein Unterlassungsanspruch gemäß § 541 BGB zu. 1. Die Klägerin hat von dem [X.]n Unterlassung begehrt, die ange-mieteten Räume "zu gewerblichen Zwecken, insbesondere als Lager- und [X.]sräume" hilfsweise "zu anderen als Wohnzwecken" zu nutzen. Angesichts ihrer sehr weiten, insbesondere im Hilfsantrag einen konkreten Verletzungstat-bestand nicht einmal ansatzweise beschreibenden Fassung ist fraglich, ob die gestellten Prozessanträge im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO noch hinrei-chend bestimmt sind, um eine zulässige Klageerhebung annehmen zu können. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der [X.] (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar [X.] sind, sich der [X.] deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, dem Vollstreckungs-verfahren überlassen bliebe (st. Rspr; vgl. nur [X.], Urteil vom 17. Juli 2003 - [X.]/00, [X.]Z 156, 1, 8 f. - "Paperboy"; zuletzt: [X.], Urteil vom 29. April 2010 - [X.], [X.], 749 Rn. 21 - "Erinnerungswerbung im [X.]"). Dies kann jedoch dahin stehen, denn der Klägerin steht auf der Grundla-ge der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedenfalls materiell-rechtlich kein Unterlassungsanspruch zu. 12 - 6 - 2. Nach § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Die Parteien haben im Streitfall eine Nutzung zu Wohnzwecken ver-einbart. Die tatsächliche Nutzung der angemieteten Räume durch den [X.] hält sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts innerhalb dieses vereinbarten Zwecks. 13 Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass den Mie-ter keine Gebrauchspflicht trifft (vgl. Senatsurteile vom 4. April 1979 - [X.] ZR 118/78, NJW 1979, 2351 unter 2 b; vom 7. März 1983 - [X.] ZR 333/81, [X.], 531 unter [X.]); wo der Mieter seinen Lebensmittelpunkt begründet und im herkömmlichen Sinne "wohnt" (schlafen, essen, regelmäßiger Aufenthalt etc.) ist den persönlichen Vorstellungen und der freien Entscheidung des [X.] überlassen. Dass der [X.] seinen Lebensmittelpunkt seit dem [X.] nicht mehr in den von der Klägerin angemieteten Räumen, sondern in der Wohnung in der B.

straße sieht und in den angemieteten Räumen nur noch umfangreicher Hausrat steht, vermag daher entgegen der Auffassung der Revision die grundsätzlich nach wie vor gegebene Nutzung zu Wohnzwecken nicht zu verändern. 14 Auch ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, wenn es die Existenz von [X.] in einer Wohnung als geradezu typisch für eine Wohn-nutzung ansieht. Die Anzahl der Hausratsgegenstände ist dabei ebenso ohne Belang wie ihre Anordnung in der Wohnung. Auch ist es einem Mieter [X.], eigene oder in seiner Verfügungsbefugnis stehende Hausratsgegen-stände von Familienangehörigen zu veräußern; darin liegt grundsätzlich auch dann keine von einer Vereinbarung mit dem Vermieter abhängige geschäftliche Tätigkeit des Mieters, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt. Zwar mag sich im Einzelfall auch aus derartigen Tätigkeiten ein Unterlassungsanspruch des 15 - 7 - Vermieters nach § 541 BGB wegen vertragswidrigen Gebrauchs ergeben [X.], etwa wenn die zum Verkauf angebotenen Gegenstände nicht zur persönli-chen Nutzung, sondern zu Zwecken des alsbaldigen Weiterverkaufs erworben worden sind oder der Mieter durch die Verkaufstätigkeiten Schutz- und Ob-hutspflichten in Bezug auf die Mietsache verletzt oder den vertragsgemäßen Gebrauch anderer Mieter stört. Für all das fehlt es jedoch im Streitfall an tatrich-terlichen Feststellungen; übergangenen Sachvortrag der Klägerin zeigt die [X.] insoweit nicht auf. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.07.2009 - 453 [X.] - [X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

VIII ZR 93/10

08.12.2010

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2010, Az. VIII ZR 93/10 (REWIS RS 2010, 676)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 676

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Referenzen
Wird zitiert von

XII ZR 123/22

Zitiert

VIII ZR 93/10

I ZR 202/07

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