Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. 2 StR 94/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5284

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 94/13
vom
5.
Juni 2013
in der Strafsa[X.]he
gegen

wegen
gefährli[X.]her Körperverletzung

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat na[X.]h Anhörung des [X.] und des Bes[X.]hwerdeführers am 5.
Juni 2013 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO bes[X.]hlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-geri[X.]hts [X.] vom 24.
Oktober 2012 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.]he zu neuer Verhand-lung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]hts-mittels, an eine andere [X.] des [X.]s zu-rü[X.]kverwiesen.

2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährli[X.]her Körperverlet-zung zu einer Freiheitsstrafe von
zwei Jahren und
se[X.]hs
Monaten verurteilt und die Unterbringung im psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Rüge
der Verletzung formellen und materiellen Re[X.]hts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sa[X.]hrüge
den aus der [X.] ersi[X.]htli[X.]hen Teilerfolg;
im Übrigen ist sie unbegründet na[X.]h §
349 Abs.
2 StPO.
1. Na[X.]h den zur [X.] getroffenen Feststellungen traf der Angeklagte am Abend des 30.
Mai 2011 die ihm flü[X.]htig bekannte Zeugin [X.]

und den Zeugen F.

. Na[X.]hdem sie si[X.]h zu dritt zunä[X.]hst unterhalten hatten, fasste der 1
2
-
3
-
Angeklagte an die Brust der Zeugin [X.]

, was diese zurü[X.]kwies. Auf die Aufforderung des Zeugen F.

, die Örtli[X.]hkeit zu verlassen, wurde der Ange-klagte aggressiv und bedrohte den Zeugen damit, ihn fertig zu ma[X.]hen. [X.] ohne weitere Auseinandersetzung entfernte si[X.]h der Angeklagte, der eine Blutalkoholkonzentration von 1,63 Promille hatte, und holte aus seiner na-he gelegenen Wohnung eine S[X.]hre[X.]ks[X.]husspistole. Damit kehrte er zum Ge-s[X.]hehensort zurü[X.]k, an dem si[X.]h die Zeugin [X.]

und der Zeuge F.

weiterhin aufhielten, und s[X.]hoss aus einer Entfernung von einem Meter zwei-mal gezielt dem Zeugen F.

ins Gesi[X.]ht. Der Zeuge F.

erlitt an der Wange eine S[X.]hürfwunde und hatte einige Tage S[X.]hmerzen im Gesi[X.]ht.
Die sa[X.]hverständig beratene [X.] ist davon ausgegangen, der Angeklagte sei bei Tatbegehung vermindert s[X.]huldfähig gewesen (§
21 StGB). Bei ihm sei na[X.]h der [X.] eine paranoide S[X.]hizophrenie diagnostiziert worden. Diese Erkrankung habe, ohne dass Hinweise für eine akut psy[X.]hoti-s[X.]he Symptomatik zur Tatzeit vorlägen, die Handlungskompetenzen des Ange-klagten mit hoher Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit derart beeinträ[X.]htigt, dass die Vorausset-zungen für eine erhebli[X.]h verminderte Steuerungsfähigkeit gegeben seien.
2. [X.] hält re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. Die Voraussetzungen für die Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus werden ni[X.]ht hinrei[X.]hend belegt.

a) Die grundsätzli[X.]h unbefristete Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus gemäß §
63 StGB ist eine außerordentli[X.]h belastende [X.], die einen besonders gravierenden Eingriff in die Re[X.]hte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei fest-steht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der [X.]en aufgrund eines psy[X.]his[X.]hen Defekts s[X.]huldunfähig oder vermindert s[X.]huldfähig war und
3
4
5
-
4
-
die Tatbegehung hierauf beruht ([X.] Rspr.;
vgl. jeweils
mwN [X.], Bes[X.]hlüsse vom 11. März 2009

2
StR 42/09, [X.], 198, und vom 16.
Januar 2013

4 StR
520/12, [X.], 141).
Daneben muss
eine Wahrs[X.]hein-li[X.]hkeit höheren
Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauern-den Zustandes in Zukunft erhebli[X.]he re[X.]htswidrige Taten begehen; die zu [X.] Taten müssen s[X.]hwere Störungen des Re[X.]htsfriedens besorgen lassen (vgl. [X.], Urteil vom 2.
März 2011

2
StR 550/10, NStZ-RR 2011, 240, 241; Bes[X.]hlüsse
vom 11. März 2009

2 StR 42/09, Rn. 10, [X.], 198, und vom 22. Februar 2011

4 [X.], NStZ-RR 2011, 202).
Die er-forderli[X.]he Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönli[X.]hkeit des [X.], seines [X.] und der von ihm begangenen [X.](en)
zu entwi[X.]keln (vgl. [X.], Urteil vom 17. November 1999

2 StR 453/99, [X.]R StGB § 63 Gefährli[X.]hkeit 27; Bes[X.]hluss vom 16.
Januar 2013

4 StR
520/12, aaO).
b) Das landgeri[X.]htli[X.]he Urteil enthält s[X.]hon zum Zustand des Angeklag-ten
keine ausrei[X.]henden Feststellungen. Soweit das [X.] im Ans[X.]hluss an den Sa[X.]hverständigen davon ausgeht, dass der Angeklagte
an einer para-noiden S[X.]hizophrenie leide, werden die diese Bewertung tragenden Anknüp-fungs-
und Befundtatsa[X.]hen ni[X.]ht in ausrei[X.]hendem Umfang wiedergegeben (vgl. [X.], Bes[X.]hlüsse
vom 26. September 2012

4 StR 348/12,
vom 29. Mai 2012

2
StR 139/12, [X.], 306, 307, und
vom 14. September 2010

5 [X.]). Die Urteilsgründe bes[X.]hränken si[X.]h insoweit im Wesentli[X.]hen auf eine Mitteilung der Diagnose. Zu einem symptomatis[X.]hen Zusammenhang zwis[X.]hen der psy[X.]his[X.]hen Störung des Angeklagten und der [X.] lassen si[X.]h den Ents[X.]heidungsgründen keine näheren Ausführungen entnehmen.
[X.]) Au[X.]h die Gefährli[X.]hkeitsprognose begegnet dur[X.]hgreifenden re[X.]htli-[X.]hen Bedenken.
Eine die Biographie des Angeklagten
und seine Krankheitsge-6
7
-
5
-
s[X.]hi[X.]hte in den Bli[X.]k nehmende Gesamtwürdigung wurde ni[X.]ht erkennbar vor-genommen. Dabei hätte Berü[X.]ksi[X.]htigung finden müssen, dass der 34 Jahre alte Angeklagte
eins[X.]hlägig offenbar nur einmal im
Jahr
2006
strafre[X.]htli[X.]h in Ers[X.]heinung trat und bei dieser vom [X.] ni[X.]ht weiter bes[X.]hriebenen Vorverurteilung nur zu einer geringfügigen Geldstrafe verurteilt werden musste. Der länger währenden Straffreiheit des Angeklagten
käme jedenfalls dann eine prognosegünstige Bedeutung zu, wenn bei ihm in diesen Zeiträumen bereits die diagnostizierte psy[X.]his[X.]he
Störung vorlag (vgl. [X.], Urteil vom 28. August 2012

5 [X.], [X.], 366, 367; Bes[X.]hluss vom 11. März 2009

2 StR 42/09, [X.], 198, 199). Ob dies der Fall gewesen ist, kann den Urteilsgründen ebenso wenig entnommen werden
wie der weitere
Verlauf der angenommenen s[X.]hizophrenen
Erkrankung na[X.]h der [X.] vom Mai 2011. Hierauf näher einzugehen wäre das [X.] au[X.]h deshalb gehalten gewesen,
weil im Rahmen der Darstellung des Sa[X.]hverständigenguta[X.]htens von "aktuell positiv wirksamen therapeutis[X.]hen Maßnahmen"
die Rede ist (UA
S. 13).
Im Übrigen ers[X.]höpfen si[X.]h die Ausführungen des [X.]s zur Gefährli[X.]hkeitsprognose in einem Zitat der Darlegungen des Sa[X.]hverständigen, der seinerseits überwiegend statistis[X.]he Prognoseelemente für seine Beurtei-lung herangezogen hat.
d) Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einem psy[X.]hiatri-s[X.]hen Krankenhaus muss daher

wiederum unter Hinzuziehung eines Sa[X.]h-verständigen (§ 246a StPO)

aufgrund neu zu treffender Feststellungen (§
353
8
-
6
-
Abs. 2 StPO) no[X.]hmals geprüft und ents[X.]hieden werden.

Be[X.]ker

Fis[X.]her

S[X.]hmitt

Berger

Es[X.]helba[X.]h

Meta

2 StR 94/13

05.06.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. 2 StR 94/13 (REWIS RS 2013, 5284)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5284

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 249/17 (Bundesgerichtshof)


4 StR 242/17 (Bundesgerichtshof)


4 StR 311/13 (Bundesgerichtshof)

Zulässigkeit der Revision in Strafsachen: Fehlen eines ausdrücklichen Revisionsantrags


4 StR 520/12 (Bundesgerichtshof)

Sicherungsverfahren: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus; Anforderungen an die Gefährlichkeitsprognose bei fehlender Erheblichkeit der Anlasstat


4 StR 275/13 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 635/10

4 StR 348/12

5 StR 229/10

5 StR 295/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.