Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2011, Az. III ZR 240/10

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3328

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 240/10

Verkündet am:

15. September 2011

F
r
e
i
t
a
g

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

GG Art. 34 Satz 1; BGB § 839 A; [X.] 2004 § 10 Abs. 1 Satz 3; [X.] 2011 §
9 Abs. 2 Satz 6
Die gemäß §
10 Abs.
1 Satz
3 [X.] 2004 (siehe jetzt §
9 Abs.
2 Satz 6 [X.] 2011) als [X.] tätige sachverständige Person oder Stelle ist Beamter im haftungsrechtlichen Sinn.
[X.], Urteil vom 15. September 2011 -
III ZR 240/10 -
OLG [X.]

LG [X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2011 durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter
Dörr, Dr. [X.], [X.] und Tombrink

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel
der [X.]n werden das Urteil des 2. Zivil-senats des [X.] in [X.] vom 7.
Mai 2010 aufgehoben und das Urteil der [X.] für Han-delssachen des Landgerichts [X.] vom 17. April 2009 abgeän-dert.

Die Klage wird
abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin betreibt wie schon ihre Rechtsvorgängerin
(im Folgenden werden die Klägerin und deren Rechtsvorgängerin
zusammenfassend als Klä-gerin bezeichnet) in O.

ein Werk zur Herstellung von [X.], in dem zwei mit Gas und alternativ mit Öl befeuerte Kessel sowie eine [X.]
eingesetzt werden.

1
-

3

-

Für die
drei Einrichtungen
existierte ein gemeinsamer geeichter Gasver-brauchszähler des
Energieversorgungsunternehmens, der
mit einem so ge-nannten [X.]
ausgestattet war. Ein solches Instrument ist [X.], um den Verbrauchswert zu ermitteln, der unter Berücksichtigung der Druck-
und Temperaturverhältnisse tatsächlich erreicht wird
und der für die Zu-teilung von Emissionszertifikaten nach dem [X.] ([X.]) maßgeblich ist. In der Regel liegt der unter Einsatz
eines Men-genumwerter abzulesende
Wert höher als derjenige, der ohne eine solche
Ein-richtung angezeigt wird. An den Kesseln und der [X.] wa-ren jeweils eigene Verbrauchszähler angebracht, die die Klägerin zur Eigenkon-trolle
installiert hatte. Diese
waren nicht geeicht und verfügten nicht über einen [X.].

Im Juli 2004 beauftragte die Klägerin die [X.], einen Zuteilungsan-trag nach dem [X.] zu verifizieren. In diesem Antrag, der
sich auf den ersten Zuteilungszeitraum 2005 bis 2007 bezog, waren gemäß §
7 des
Zuteilungsgesetzes
2007 die in der Vergangenheit von dem [X.] entwickelten Kohlendioxidemissionen anzugeben. Bei einer Besichtigung des Werks der Klägerin registrierte die damit betraute Mitarbeiterin der [X.] den
geeichten Zähler des Energieversorgers und den [X.]. Da die Klägerin für alle drei Anlagen einen gemeinsamen [X.] stellen wollte, kam es für die Angestellte der [X.]n bei der Ortsbesichtigung
nur auf diesen Zähler an.

Nachdem die Emissionshandelsstelle des [X.] im September 2004 mitgeteilt hatte, dass die [X.] für die Zuteilung der Zertifikate
in die Berechnungen
nicht einbezogen werden [X.], stellte die Klägerin ihren [X.] auf die beiden Kessel um.
Mit der 2
3
4
-

4

-

Verifizierung des neuen Antrags betraute die Klägerin ebenfalls die [X.]. Die Parteien kamen dabei überein, auf eine neue Ortsbesichtigung zu verzich-ten. Die Klägerin übermittelte der [X.]n stattdessen die von den -
nicht [X.] und nicht mit
[X.]n ausgestatteten
-
Zählern der beiden Kessel abgelesenen Werte. Die [X.] prüfte deren Plausibilität und verifi-zierte die Angaben sodann in ihrem Prüfbericht.
Auf der Grundlage dieses [X.] zweiten Antrags wurden der Klägerin für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 35.766 Emissionsberechtigungen
zugeteilt.

Zur Verifizierung des Emissionsberichts im [X.] der Zuteilungspe-riode beauftragte die Klägerin einen anderen Sachverständigen. Dieser gab an, die im Werk der Klägerin entwickelten Treibhausgasemissionen seien im zwei-ten [X.] um etwa 13 bis 18
% zu niedrig angegeben worden. [X.] hierfür sei, dass der Verbrauch anhand
der nicht mit [X.]n ausgestatteten Zähler an den beiden Kesseln ermittelt worden sei.

Da die Klägerin somit nicht über eine ausreichende Menge von [X.] für die von ihrem Betrieb ausgehenden Kohlendioxidemissionen verfügte, erlegte ihr das
[X.] durch Bescheid vom 10. Dezember 2007 Zahlungen gemäß §
18 Abs.
1 [X.]
(in der damals
geltenden Fassung)
auf und stellte fest, dass sie 2.289 zusätzliche Emissionsberechtigungen abzuge-ben habe. Über die von der Klägerin hiergegen erhobenen Rechtsmittel ist noch nicht abschließend entschieden worden.

Die Klägerin ist der Auffassung, die [X.] sei bei der Verifizierung der
Angaben zu den ursprünglichen
Kohlendioxidemissionen im zweiten Antrag fehlerhaft verfahren, und meint deshalb, die [X.] sei ihr zum Ersatz des hieraus folgenden Schadens verpflichtet. Ihre auf Feststellung des
Schadenser-5
6
7
-

5

-

satzanspruchs gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. [X.] wendet sich die [X.] mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klage ist unbe-gründet und
deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung abzuweisen.

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] hafte
auf Scha-densersatz gemäß §
280 Abs.
1 BGB wegen Verletzung von
Pflichten, die ihr
aus einem
mit der Klägerin
geschlossenen Werkvertrag erwachsen seien. Die [X.] habe die Klägerin pflichtwidrig nicht darauf aufmerksam gemacht, dass die Verbrauchsmengen nach
dem Normwert zu ermitteln waren, das heißt nach dem Verbrauchswert (Normvolumen in [X.]), wie er unter Berücksichti-gung der Druck-
und Temperaturverhältnisse tatsächlich erreicht werde und nur unter Einsatz eines [X.]s abgelesen werden könne. Die [X.] habe als Sachverständige die [X.] der Klägerin nicht einfach übernehmen dürfen. Vielmehr hätte sie sich über deren Grundlagen ihre eigene
Überzeugung verschaffen müssen, wie sich aus der maßgeblichen Prüfungs-richtlinie ergebe. Diese bestimme
zudem, dass der Sachverständige grundsätz-lich eine Inaugenscheinnahme der Anlage und der Tätigkeiten vor Ort [X.] habe. Da die [X.] nicht habe damit rechnen dürfen, dass die Klä-gerin als Betreiberin der Anlage über die einschlägigen Kenntnisse verfügt ha-8
9
-

6

-

be, habe sie sich nicht auf deren Angaben verlassen dürfen, sondern hätte eine erneute Ortsbesichtigung durchführen müssen.
Es entlaste die [X.] auch nicht, dass die Klägerin möglicherweise eine zweite Besichtigung abgelehnt habe. Es wäre Aufgabe der [X.]n gewesen, den betreffenden Mitarbeiter der Klägerin von der Notwendigkeit einer zweiten Inaugenscheinnahme zu überzeugen oder das Testat zu verweigern.
Ein Mitverschulden der Klägerin scheide aus.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Wenn
die [X.], wie das Berufungsgericht angenommen hat,
bei der Verifizierung der Verbrauchsangaben in dem zweiten [X.] gegen Pflichten verstieß, die ihr gegenüber der Klägerin oblagen, ist
sie für etwaig
hieraus folgende Schadensersatzansprüche nicht passiv legitimiert. Vielmehr trifft
in diesem Fall die Haftung gemäß Art.
34 Satz
1 GG die [X.]. Denn
die Tätigkeit einer gemäß §
10 Abs.
1 Satz
3 des
für den Streitfall noch maßgeblichen [X.]es ([X.]) vom 8.
Juli 2004 ([X.]
I S.
1578; fortan [X.] 2004)
-
siehe jetzt
§
9 Abs.
2 Satz
6 des [X.]es vom 21.
Juli 2011
([X.]
I S.
1475; fortan [X.] 2011)
-
als
[X.]
tätigen sachverständigen Person oder Stelle ist als die
Ausübung eines öffentlichen Amts für das nach §
20 Abs.
1 Satz
2 [X.] 2004
zuständige [X.]
zu
qualifizieren.

1.
In der Kommentarliteratur zum [X.] ist umstritten, ob der [X.] lediglich privatrechtliche Beziehungen zum Anla-10
11
12
-

7

-

genbetreiber unterhält (so [X.], [X.], 2.
Aufl., §
10 [X.] Rn.
11; [X.] in [X.]/[X.], [X.], §
10
Rn.
15) oder ob die Tätigkeit des Sachverständigen
als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist (so [X.]/
v.
Hammerstein, [X.], §
10 Rn.
20
ff). Der [X.] folgt der
letztgenannten
Auf-fassung.

2.
Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amts darstellt, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s da-nach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betäti-gung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall auszuübende Tätigkeit dient, abzustellen (z.B. [X.]surteile vom 4.
Juni 1992 -
III
ZR 93/91, [X.]Z 118, 304, 305; vom 22.
März 2001 -
III
ZR 394/99, [X.]Z 147, 169, 171; vom 22.
Juni 2006 -
III
ZR 270/05,
[X.], 1684
Rn.
7; vom 14.
Mai 2009 -
III
ZR 86/08, [X.]Z 181, 65 Rn.
10; [X.]sbeschluss vom 31.
März 2011 -
III
ZR 339/09, NVwZ-RR 2011, 556 Rn.
7 jeweils mwN).
Nach der [X.]srechtsprechung ist es dabei zur Einstufung der Tätigkeit eines
Prüfers als Ausübung eines öffentlichen Amts nicht erforderlich, dass er selbst (zwangsweise durchsetzbare) Maßnahmen gegen die von seiner Prüftätigkeit betroffenen Personen ergreifen kann
(z.B. [X.]surteil vom 22.
März 2001 aaO S.
176). Es genügt vielmehr, dass seine Arbeit mit der Verwaltungstätigkeit einer Behörde auf das
Engste zusammen-hängt und er in diese so maßgeblich eingeschaltet ist, dass seine Prüfung ge-radezu einen Bestandteil der von der Behörde ausgeübten und sich in ihrem Handeln niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit bildet (z. B. [X.]surteil vom 13
-

8

-

14.
Mai 2009 aaO Rn.
18 mwN
und [X.]sbeschluss vom 31.
März 2011 aaO Rn.
9).

Als Ausübung eines öffentlichen Amts wurden demgemäß zum Beispiel Prüfungstätigkeiten der [X.]fahrzeugsachverständigen im Rahmen von §
21 [X.]
([X.], Urteil vom 30.
November 1967 -
VII
ZR 34/65, [X.]Z 49, 108, 110
ff; [X.]surteile vom 11.
Januar 1973 -
III
ZR 32/71
-
NJW 1973, 458; vom 25.
März 1993 -
III
ZR 34/92, [X.]Z 122, 85, 87
ff; vom
22.
März 2001 -
III
ZR 394/99, [X.]Z 147, 169, 171
ff), § 29 [X.]
([X.]surteil vom 22.
März 2001 aaO) und §
47a [X.]
([X.], NJW 1996, 1218
f; siehe auch den Hinweis des [X.]s im Urteil vom 22.
März 2001 aaO, S.
178), ferner der Sachverständigen nach der Prüfordnung für [X.] ([X.] aaO S.
174
ff), der [X.] ([X.]surteil vom 27.
Mai 1963
-
III
ZR 48/62,
[X.]Z 39, 358) sowie der [X.] bei der [X.] überwachungsbedürftiger Anlagen nach §
24 [X.]
a.[X.]. §§
9, 11 der mittlerweile außer [X.] getretenen Druckbehälterverordnung
([X.]surteil vom 25.
März 1993 aaO, S.
89
ff; [X.], [X.], 498) eingestuft.
Demgegenüber hat der [X.] entschieden, dass die Tätigkeit des Sachkundi-gen, der mit der wiederkehrenden Prüfung
nach §
26 Abs.
1 Satz
1 der berufs-genossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschrift für Krane betraut ist, und die-jenige eines Prüfers, der Bescheinigungen
zur Zuerkennung des Zeichens "GS = geprüfte Sicherheit"
erteilt, nicht die Ausübung eines öffentlichen Amts [X.], weil die betreffenden Personen nicht im [X.] der jeweiligen Behörde tätig werden ([X.]surteil vom 14.
Mai
2009 -
III
ZR 86/08, [X.]Z 181, 65 Rn.
11
ff und [X.]sbeschluss vom 31.
März 2011 -
III
ZR 339/09, NVwZ-RR 2011, 556 Rn.
10
ff).

14
-

9

-

3.
Nach den
vorstehenden Maßstäben
nimmt der im [X.] nach dem [X.]
tätige [X.] ein [X.] Amt im Sinne von
Art.
34 Satz
1 GG und §
839 Abs.
1 BGB wahr.
Seine Aufgaben sind in wenigstens gleicher Weise eng mit dem hoheitlichen Handeln einer Behörde verbunden,
wie diejenigen der Sachverständigen, deren Tätigkei-ten der [X.] bereits als Ausübung eines öffentlichen Amts qualifiziert hat.

a) Zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem so
genannten [X.] hat die [X.] die Richtlinie 2003/87/[X.]
des Europäi-schen Parlaments und des Rates vom 13.
Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der [X.] und zur Änderung der Richtlinie des Rates
96/61/[X.]
([X.], ABl Nr.
L
275 vom 25.
Oktober 2003, S.
32) erlassen, die einen Handel mit Berech-tigungen zur Emission von Treibhausgasen ab dem [X.] vorsieht. Ihrer Umsetzung dienen in
Deutschland insbesondere das Treibhausgas-Emissions-handelsgesetz
und -
für den hier in Rede stehenden Zeitraum von 2005 bis 2007
-
das
Gesetz
über den [X.] für [X.] in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (Zuteilungs-gesetz 2007
-
ZuG 2007) vom 26.
August 2004 ([X.]
I S.
2211).

Nach diesen Bestimmungen (siehe hierzu BVerfG
[[X.] des Ers-ten [X.]s], Beschluss vom 10.
Dezember 2009 -
1
BvR 3151/07, juris
Rn.
3
ff, insoweit nicht in NVwZ 2010, 435
abgedruckt)
bedarf die Freisetzung von [X.] durch bestimmte unter den Anwendungsbereich des [X.]es fallende Tätigkeiten (§
2 [X.]
2004 und 2011) [X.] (§
4 Abs.
1 [X.]
2004 und 2011). Der [X.] ist verpflichtet, bis zum 30.
April eines jeden Jahres eine Anzahl von Emissionsberechtigungen an das [X.] als zuständige Behörde 15
16
17
-

10

-

abzuliefern, die den durch seine Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht (§
6 Abs.
1 [X.]
2004., §
7 Abs.
1 [X.] 2011). Die Verantwortlichen haben allerdings nach §
9 Abs.
1 [X.]
2004
(§§
9, 11 bis 13 [X.] 2011) für jede Tätigkeit im Sinne des [X.]es einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach Maßgabe des jeweiligen Zuteilungsgesetzes. Um die Berechtigungen zu erhalten, muss der Anlagenbetreiber einen Antrag beim [X.] stel-len (§
10 Abs.
1 [X.]
2004, §
9 Abs.
2 [X.] 2011). Die Angaben im [X.] müssen von einer von der zuständigen Behörde bekannt gegebe-nen sachverständigen Stelle verifiziert worden sein (§
10 Abs.
1 Satz
2 und 3 [X.]
2004; jetzt §
9 Abs.
2 Satz 6 [X.] 2011). Die Berechtigungen werden dann aufgrund einer Entscheidung, die sich auf die jeweilige Zuteilungsperiode bezieht, dem Verantwortlichen zugeteilt und jährlich in Teilmengen an diesen ausgegeben (§
9 Abs.
2 [X.]
2004; siehe nunmehr
§
9 Abs.
4, §
14 [X.] 2011).

Die Anträge für die erste Zuteilungsperiode waren innerhalb von drei Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes über den [X.] zu stellen (§
10 Abs.
3 Satz
1 [X.]
2004). Dieses Gesetz trat am 31.
August 2004 in [X.] (vgl. §
24 ZuG 2007). Die Zuteilungsentscheidungen für die [X.] 2005 bis 2007 mussten spätestens sechs Wochen nach Ablauf der [X.] ergehen (vgl. §
10 Abs.
4 Satz
2 [X.]
2004). Eine Zuteilung sollte nach §
17 ZuG 2007
nur erfolgen, wenn die Richtigkeit der Angaben
des Betreibers
ausreichend gesichert war. Für bestehende Anlagen erging
die Zuteilung der
-
kostenlosen, vgl. §
18 Satz
1 ZuG
2007
-
Berechtigungen grundsätzlich auf der Basis ihrer historischen Emissionen

7 ZuG 2007).

18
-

11

-

b) Innerhalb dieser Verfahrensabläufe stellt sich die dem [X.] ob-liegende Überprüfung der Angaben des Antragstellers als eine mit dem Pflich-tenkreis des [X.]s auf das Engste zusammenhängende [X.] dar, die geradezu einen Bestandteil der hoheitlichen Tätigkeit dieser Be-hörde
ausmacht.

aa) Der [X.] hat nicht die Aufgabe, die für die Antragstellung
erforderlichen Angaben über den
Verbrauch von Kohlendioxid emittierenden Stoffen für den Betreiber zu ermitteln. Dies ist mittlerweile auch zwischen
den Parteien nicht mehr streitig. Im Gegenteil schließt eine solche Tätigkeit
des Sachverständigen seine
Einschaltung als [X.] nach Abschnitt
C
2.2 der Prüfungsrichtlinien des [X.]s zur Verifizierung von
Zuteilungsanträge (im [X.] abrufbar unter der Adresse [X.]) aus
(siehe auch §
14 Abs.
6 Satz
1 der Verord-nung über die Zuteilung von [X.] in der [X.] bis 2007 vom 31.
August 2004 [Zuteilungsverordnung 2007 -
[X.] 2007, [X.]
I S.
2255]). Vielmehr obliegt es dem [X.]
gemäß §
14 Abs.
1 Satz
1, Abs.
3 Satz
2 [X.] 2007, die im [X.] bereits enthaltenen tatsachenbezogenen Angaben auf ihre Richtigkeit hin und "den Antrag als Ganzes sowie die
ihm
vorgelegten Nachweise jeweils auf ihre innere Schlüssigkeit und Glaubwürdigkeit zu überprüfen".
Er ist hierbei zur Unpartei-lichkeit und Unabhängigkeit sowie zur objektiven Aufgabenerfüllung verpflichtet (Abschnitt
C 2.1 der Prüfungsrichtlinien, vgl. auch §
14 Abs.
6 Satz
1 [X.] 2007).

Die unabhängige und objektive Beurteilung der
Richtigkeit der Angaben des Antragstellers im [X.] stellt jedoch eine originäre Aufgabe 19
20
21
-

12

-

des [X.]s dar. Dieses hat nach §
17 Satz
1 ZuG 2007 die Rich-tigkeit der nach dem Gesetz erforderlichen Angaben zu überprüfen
(siehe auch §
15 Satz
1
ZuG 2012). Nach Satz
2 (in der seit dem
28.
Juli 2011
geltenden Fassung:
Satz
3) dieser Bestimmung darf die Behörde die Berechtigungen zu dem in §
10 Abs.
4, 1.
Halbsatz [X.] 2004
bestimmten Zeitpunkt nur erteilen, soweit die Richtigkeit der Angaben ausreichend gesichert ist. Die [X.] über den [X.] bleibt
somit
bei der Behörde, der
insbe-sondere eine stichprobenartige Prüfung der verifizierten Anträge obliegt (Regie-rungsbegründung des Entwurfs des [X.], [X.]. 14/04 S.
26
f). Gleiches gilt für Bewertungen mit erheblichem Entscheidungsspielraum, bei denen der [X.] nur die tatsächlichen Grundlagen zu überprüfen
hat (§
14 Abs.
2 Satz
1 [X.] 2007; Abschnitt
B der Prüfungsrichtlinien)
und für Zweifelsfälle ([X.]). Weiterhin ist das [X.] nach §
11 Abs.
1 Satz
1 [X.] 2004
berechtigt, die Richtigkeit der im [X.] gemachten Angaben auch nachträglich zu überprüfen. Hierzu ist es nach Satz
2 dieser Vorschrift
verpflichtet, wenn Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass die [X.] auf unrichtigen Angaben beruht.

Die Aufgaben des [X.]s und des [X.]s im Zutei-lungsverfahren nach dem [X.] überschnei-den sich demnach weitgehend. Der
[X.] nimmt
Pflichten wahr, die an sich dem [X.]
obliegen.
Die Behörde ist infolge der Verifizierung von ihrer Pflicht, die Richtigkeit der Angaben in den Zuteilungsanträgen
selbst zu prüfen, weitgehend entbunden. Der Sachverständige wird bei der [X.] der Richtigkeit der Angaben der Antragsteller
anstelle der Behörde tätig und verschafft dieser durch die
Verifizierung
die für deren Zuteilungsentschei-dung notwendigen tatsächlichen Grundlagen
([X.]/[X.], [X.], §
10 Rn.
17).
Der [X.]
ist
auf diese Weise zur
Unterstützung und [X.]
-

13

-

tung
(vgl.
[X.],
[X.], 2.
Aufl., §
10 [X.] Rn.
11; [X.]/
v.
Hammerstein, aaO)
des Amts in dessen behördliches Verfahren einbezogen. Die Verifizierung der Antragsangaben stellt sich damit als notwendiger -
an sich originär von der Behörde
zu leistender
-
Bestandteil deren Verwaltungshan-delns dar. Dadurch, dass diese Aufgabe zur Entlastung des [X.]s auf Private verlagert wurde, büßt sie ihren öffentlich-rechtlichen Charakter nicht ein.

Dieser Befund wird durch die europarechtlichen Rahmenbedingungen gestützt, die dem
Gesetzgebungsverfahren zugrunde lagen.
Zwischen dem [X.] der Frist für die Prüfung des Zuteilungsplans durch die [X.] und dem spätesten Zeitpunkt für die Zuteilungsentscheidung lagen nach den Vorgaben der Art.
9 Abs.
1 und 3 sowie Art.
11 Abs.
1 der Richtlinie 2003/87/[X.] nur drei Monate. Innerhalb dieses kurzen Zeitraums waren die er-forderlichen Rechtsverordnungen zu erlassen, die Anträge zu stellen und die Zuteilungsentscheidungen zu treffen (vgl.
[X.]. 14/04
S.
27). Die
Behör-de sollte dessen ungeachtet gemäß §
17 Abs.
1 Satz
2 ZuG
2007 nur berechtigt sein, die Emissionsberechtigungen zuzuteilen, wenn und soweit ausreichend gesichert war, dass die Angaben der Antragsteller zutrafen. Hieraus erklärt sich die Notwendigkeit,
externe [X.] einzuschalten, um einerseits die engen zeitlichen Vorgaben einhalten zu können und andererseits gleichwohl die erfor-derliche Richtigkeit der Zuteilungsentscheidung zu gewährleisten. Dies ent-spricht auch dem der Richtlinie vorangegangenen Grünbuch der Kommission der Europäischen [X.]en zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der [X.] vom 8.
März 2000 ([X.] (2000) 87 endgültig). Danach sollten die Mitgliedstaaten über ihre nationalen Behörden für die Überwachung der
Einhaltung der Vorschriften des Emissionshandels verantwortlich sein. Um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, sollte es ermöglicht werden, in den 23
-

14

-

Mitgliedstaaten "Betriebsprüfer aus der Privatwirtschaft in den Prüfungspro-zess"
einzubeziehen (aaO S.
28). Auch hieraus ergibt sich, dass die sachver-ständigen Stellen im Aufgabenbereich der nationalen Behörden tätig werden sollten und lediglich zu deren Entlastung eingeschaltet werden.

Die Übertragung der Pflichten, die an sich der Behörde obliegen, auf pri-vate [X.] beruhte damit nicht auf inhaltlichen, sondern auf verfahrens-technischen Gründen. Dies spricht ebenfalls gegen die Veränderung des öffent-lich-rechtlichen Charakters der Prüfungstätigkeit.

Auch die Regierungsbegründung zum Entwurf des
§
10 [X.] 2004
geht davon aus, dass die Tätigkeit der [X.] Bestandteil des behördlichen Zu-teilungsverfahrens ist. Danach werden,
wie zur Berichterstattung nach §
5 [X.]-E,
private [X.] "einge-schaltet"
([X.]. 14/04 S.
26). Die unmittelbar anschließenden Ausführun-gen der Begründung befassen sich mit den Aufgaben des zuständigen Amts. Hieraus
folgt, dass mit dem "Einschalten"
der [X.] deren Einbeziehung
in die Wahrnehmung der behördlichen
Prüfungspflichten gemeint ist.

Schließlich bedürfen die [X.], um nach §
10 Abs.
1 Satz
3 [X.] 2004/§
9 Abs.
2 Satz 6 [X.] 2011
tätig werden zu können, ebenso wie die Sachverständigen, deren Tätigkeit der [X.] als die Wahrnehmung eines [X.] Amts qualifiziert hat (siehe Nachweise oben unter Nummer 2), der
amtlichen Bestellung (§
10 Abs.
1 Satz
4
[X.] 2004
i.[X.]. §§
9
ff UAG bzw.
§
36 Abs.
1 [X.]; siehe jetzt §
21 Abs.
2 [X.] 2011
i.[X.]. §§
9
ff UAG
bzw.
§
36 Abs.
1 [X.]), ohne dass dies allerdings allein zur Anwendung des Art.
34 Satz
1 GG führt (vgl. [X.]surteil vom
22.
März 2001 -
III
ZR
394/99, [X.]Z
147, 169, 175).
24
25
26
-

15

-

bb) (1) Der Einordnung der Tätigkeit der [X.] nach §
10 Abs.
1 Satz
3 [X.] 2004
als Wahrnehmung eines öffentlichen Amts steht nicht
ent-gegen, dass dem [X.] eigene Prüfungskompetenzen und die Letztentscheidung verbleiben. Es genügt, wenn der Sachverständige maßgebli-chen Einfluss auf den Ausgang der Behördenentscheidung hat (vgl. [X.]sur-teile vom 25.
März 1993 -
III
ZR 34/92, [X.]Z 122, 85, 88; vom 22.
März 2001
-
III
ZR 394/99,
[X.]Z 147, 169, 172 und vom 14.
Mai 2009 -
III
ZR 86/08, [X.]Z 181, 65 Rn.
18; [X.], Urteil
vom 30.
November 1967 -
VII
ZR 34/65, [X.]Z 49 108, 112).
Dies ist bei den [X.]n im
[X.] nach dem [X.] der Fall. Verweigert der Sachver-ständige
sein Testat, scheidet die Zuteilung von Emissionsberechtigungen durch das [X.] grundsätzlich aus (vgl. §
10 Abs.
1 Satz
3 [X.] 2004; §
9 Abs.
2 Satz
6 TH[X.] 2011; siehe auch [X.]/v.
Hammerstein, [X.], §
10 Rn.
17). Erteilt er hingegen die Bestätigung, wird die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers von der Behörde in aller Regel nicht mehr in Zwei-fel gezogen
und nur
noch stichprobenmäßig (erneut) überprüft werden
(vgl. [X.]. 14/04 S.
26
f).

(2) [X.] ist weiter, dass der Sachkundige die Überprüfung nicht auf Ansuchen der Behörde, sondern auf Veranlassung des Antragstellers vor-nimmt.
Ein auf den Einzelfall bezogener Auftrag durch die öffentliche Verwal-tung ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn Funktion und Aufgabenbereich des Sachverständigen durch öffentlich-rechtliche Normen hinreichend bestimmt sind
([X.]surteil
vom 22.
März 2001 -
III
ZR 394/99, [X.]Z 147, 169, 175; vgl. auch [X.], Urteil vom 30.
November 1967 -
VII
ZR 34/65, [X.]Z 49, 108, 116
f). [X.] Voraussetzung ist für den [X.] im
[X.] erfüllt. Seine Aufgaben und Funktionen ergeben sich dem Grunde nach aus §
10 Abs.
1 27
28
-

16

-

Satz
3 [X.] 2004

9 Abs.
2 Satz
6 [X.]
2011) und sind in §
14 [X.] 2007
(siehe auch §
20 [X.] 2012)
im Detail geregelt. In der letztgenannten Bestim-mung sind außer den Aufgaben des Sachverständigen
auch Regelungen über seine Arbeitsweise und formale Erfordernisse des Testats enthalten. Darüber hinaus hat das [X.] die [X.] und -richtwerte im Einzelnen
in seinen Prüfungsrichtlinien für die Verifizierung von Zuteilungs-anträgen festgelegt.

Dass der Sachverständige vom Antragsteller und nicht von der Behörde vergütet
wird, ist, nicht anders als bei den "[X.]",
unbeacht-lich. Ebenso ist es ohne Belang, dass eine Regressnorm zugunsten des [X.] bei Pflichtverletzungen des [X.]s fehlt (vgl. [X.]surteil vom 22.
März 2001 -
III
ZR 394/99, [X.]Z 147, 169,178).

4.
Nach Art.
34 Satz
1 GG trifft die Verantwortlichkeit für in Ausübung eines öffentlichen Amts begangene Pflichtverletzungen grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Amtsträger steht. Diese Anknüpfung [X.] allerdings, wenn, wie im vorliegenden Rechtsstreit, kein Dienstherr vor-handen ist. In einem solchen Fall ist darauf abzustellen, wer dem Amtsträger die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung er gefehlt hat, anvertraut und ihn [X.] zur Mitwirkung bei der Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgabe berufen hat (z.B. [X.]surteile vom 15.
Januar 1987 -
III
ZR 17/85, [X.]Z 99, 326, 330 und vom 2.
Februar 2006 -
III
ZR 131/05, [X.], 698 Rn.
9; vgl. auch [X.]surteil vom 16.
September 2004 -
III
ZR 346/03, [X.]Z 160, 216, 228).
Dies ist im Streitfall
die [X.], da die [X.] in ihrer Eigenschaft als [X.] im [X.] nach dem [X.] bei der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben des Umweltbun-desamts
mitwirkt. Auf die Behörde, welche die Zulassung beziehungsweise Be-29
30
-

17

-

stellung des [X.]s nach §§
9
ff UAG oder §
36 Abs.
1 [X.] vorgenom-men hat, kommt es nicht an. Die Zulassung oder Bestellung verschafft dem Sachverständigen nur die gemäß §
10 Abs.
1 Satz
4 [X.] 2004
erforderliche Befähigung als [X.], nicht aber das öffentliche Amt, mit welchem er im Wirkungskreis des [X.]s tätig wird.

Schlick

Dörr
[X.]

[X.]
Tombrink

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 17.04.2009 -
13 [X.]/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.05.2010 -
2 U 60/09 -

Meta

III ZR 240/10

15.09.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2011, Az. III ZR 240/10 (REWIS RS 2011, 3328)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3328

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