Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.03.2021, Az. 7 C 1/20

7. Senat | REWIS RS 2021, 7732

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Gegenstand

Rücknahme der Zuteilung von Emissionsberechtigungen


Leitsatz

1. Nach § 14 ZuV 2020 kommt es bei Wärmeflüssen zwischen Anlagen darauf an, dass die Anlage, von der Wärme bezogen wird, in der relevanten Zuteilungsperiode nicht dem Treibhausgas-Emissionshandelsregime unterliegt.

2. Art. 9 des Beschlusses 2011/278/EU der Europäischen Kommission verpflichtet die zuständige nationale Behörde nicht, den maßgeblichen Bezugszeitraum für die Beurteilung der historischen Aktivitätsraten einer Anlage selbst zu bestimmen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine teilweise Rücknahme der Zuteilung von Emissionsberechtigungen.

2

Sie betreibt eine Anlage zur Herstellung von Papier. Die [X.], die ein mit fossilen Brennstoffen befeuertes Heizkraftwerk betreibt, das seit 2009 auch aus einem Ersatzbrennstoff-Wirbelschichtkessel ([X.]) besteht, liefert seit 2012 fast ausschließlich die Wärme für die Papiermaschinen der Klägerin. Die Klägerin und die Firma [X.] bilden die S. Holding.

3

Das [X.] des [X.] ([X.]) stellte mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 an die [X.] für die sogenannte dritte Handelsperiode vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2020 fest, dass der [X.] als Abfallverbrennungsanlage im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 3 [X.] 2011 einzustufen ist und nicht (mehr) den Pflichten nach den §§ 5 bis 7 [X.] 2011 unterliegt. Zuvor hatte das [X.] als [X.] ([X.]) die Auffassung vertreten, die Gesamtanlage der [X.] sei nach wie vor emissionshandelspflichtig.

4

Nachdem die Klägerin als maßgeblichen Bezugszeitraum die Jahre 2009 bis 2010 gewählt hatte, teilte ihr die [X.] mit Bescheid vom 18. Februar 2014 für die Jahre 2013 bis 2020 insgesamt 667 937 Berechtigungen zu. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass ein wesentlicher Teil der Anlage, von der die Klägerin ihre Wärme beziehe, in der dritten Handelsperiode nicht mehr in den Anwendungsbereich des [X.] falle. Diese Änderung sei noch nicht durch die [X.] geprüft worden, so dass der Bescheid bei einer Nichtablehnung der Änderung voraussichtlich anzupassen sei.

5

Mit Bescheid vom 19. Februar 2014 teilte die [X.] der [X.] für deren Anlage für die Jahre 2013 bis 2020 insgesamt 13 806 Emissionsberechtigungen zu. In den Gründen hieß es, aus der Feststellung des [X.]s ergäben sich keine Änderungen an der [X.]. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage an die [X.] änderte die [X.] die Gesamtzahl der auszugebenden Berechtigungen für die Jahre 2013 bis 2020 um minus 13 806 Berechtigungen und wies die jährlichen Ausgabemengen mit jeweils "Null" Berechtigungen aus.

6

Mit Bescheid vom 16. Februar 2015 nahm die [X.] die Zuteilung gegenüber der Klägerin durch den Bescheid vom 18. Februar 2014 zurück, soweit eine Zuteilung von mehr als 337 693 Emissionsberechtigungen erfolgt sei, änderte die jährlichen Ausgabemengen für die Jahre 2013 bis 2020 und forderte unter Anordnung sofortiger Vollziehung binnen acht Wochen nach Bekanntgabe 87 267 Emissionsberechtigungen von der Klägerin zurück.

7

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren von der Klägerin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht hat ihre Berufung mit Urteil vom 29. Oktober 2019 zurückgewiesen: Die Teilrücknahme des [X.]s stütze sich auf § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, der gemäß § 9 Abs. 6 Satz 2 [X.] 2011 im Emissionshandelsrecht anwendbar sei. Der [X.] vom 18. Februar 2014 sei zum Zeitpunkt seines Erlasses im Hinblick auf die Höhe der Emissionsberechtigungen rechtswidrig gewesen. Die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme lägen ebenfalls vor. Es könne dahinstehen, ob der [X.] eine Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewähre. Weder habe die Klägerin in den Fortbestand des Bescheids vertraut noch sei ein etwaiges Vertrauen schutzwürdig. Aus dem Hinweis im [X.] an die [X.], die Entlassung des [X.]s aus der [X.] habe keine Auswirkungen auf die Zuteilung, könne die Klägerin nicht ableiten, eine solche Entlassung habe keine Auswirkungen auf ihre Zuteilung. Vielmehr habe die [X.] in dem [X.] an die Klägerin auf eine anstehende Stellungnahme der [X.] und auf die sich hieraus ergebenden Folgen hingewiesen. Das öffentliche Interesse an der Teilrücknahme bestehe. Die Jahresfrist für eine Rücknahme sei gewahrt. Diese Frist habe frühestens mit dem Erlass des streitgegenständlichen [X.]s zu laufen begonnen. Das Recht zur Rücknahme sei nicht verwirkt. Der Rücknahmebescheid leide auch nicht an [X.]. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens sei ausgeschlossen. Eine nachträgliche Änderung des gewählten Bezugszeitraums sei ebenso ausgeschlossen wie eine Wiedereinsetzung in die Antragsfrist.

8

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend: Der [X.] sei nicht rechtswidrig. Das Berufungsgericht habe § 9 Abs. 6 [X.] 2011 und § 14 [X.] 2020 bundesrechtswidrig ausgelegt. Der Zuteilungsanspruch könne nicht deshalb gekürzt werden, weil eine Anlage nach Beginn der Handelsperiode nicht mehr der Emissionshandelspflicht unterliege. Weder der Wortlaut von § 14 [X.] 2020 noch die dieser Vorschrift zugrundeliegende Richtlinie 2003/87/[X.] und der Beschluss 2011/278/[X.] könnten dieses Ergebnis stützen. Da § 14 [X.] 2020 auf den Zeitraum vor der Handelsperiode 2013 bis 2020 abstelle, seien für Beschränkungen im Zeitraum der Handelsperiode nur die Bestimmungen des 4. Abschnitts der [X.] heranzuziehen. Die [X.] Fassung von Art. 13 des Beschlusses 2011/278/[X.] spreche für einen ausschließlich historischen Wärmebezug wegen des verwendeten Begriffs "historically". Auch die [X.] Sprachfassung des [X.] trage die Kürzung des [X.] nicht. Eine Überausstattung sei dem System aufgrund der Wahlmöglichkeiten gemäß § 8 Abs. 1 [X.] 2020 immanent. Die Aufhebung der Zuteilungsentscheidung setze nach § 9 Abs. 6 Satz 1 [X.] 2011 einen bindenden und zur Rücknahme verpflichtenden Rechtsakt der [X.] voraus, der nicht vorliege. Vielmehr begründe die Eintragung von Anlagen in die von einem Mitgliedstaat übermittelte Liste im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2003/87/[X.] als endgültige Zuteilung den Schutz des Anlagenbetreibers. Jedenfalls sei die Rücknahmebefugnis durch die Beklagte verwirkt. Die Beklagte habe lange vor Erlass des Teilaufhebungsbescheids und des [X.]s vom 18. Februar 2014 Kenntnis von einer angeblichen Teilrechtswidrigkeit gehabt.

9

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2019 und das Urteil des [X.] vom 1. November 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Anlage "P. G." 87 267 Emissionsberechtigungen auszugeben, soweit die [X.] die Zuteilung von insgesamt 330 244 Emissionsberechtigungen an die Klägerin nicht ablehnt,

sowie

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des [X.] ohne [X.] zurückgewiesen (§ 137 Abs. 1 VwGO).

1. a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Anwendung von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG als Rechtsgrundlage für die Teilrücknahme des [X.]s für rechtmäßig erachtet. Nach § 9 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen ([X.] - [X.] 2011) vom 21. Juli 2011 ([X.] [X.] 1475) ist die Zuteilungsentscheidung aufzuheben, soweit sie auf Grund eines Rechtsakts der [X.] nachträglich geändert werden muss. Dieser Fall liegt nicht vor. Im Übrigen bleiben die §§ 48 und 49 VwVfG nach § 9 Abs. 6 Satz 2 [X.] 2011 unberührt.

b) Das Berufungsgericht hat mit Recht einen formellen Mangel des Rücknahmebescheids wegen unterbliebener Anhörung der Klägerin nach § 28 Abs. 1 VwVfG vor seinem Erlass verneint. Der [X.] ist im Widerspruchsverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden. Das Vorbringen der Klägerin hat die [X.] zum Anlass genommen, ihre Rücknahmeentscheidung zu überdenken. Sie hat sich im Widerspruchsbescheid eingehend mit den klägerischen Argumenten auseinandergesetzt. Entgegen der Auffassung der Revision scheitert die Heilung des [X.]s nicht an der Nichtigkeit des [X.] nach § 44 VwVfG. Die Heilung ist gemäß § 45 Abs. 1 VwVfG zwar ausgeschlossen, wenn eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG nichtig macht. So liegt es hier aber nicht. Die von der Klägerin geltend gemachte Nichtigkeit wegen einer Vorfestlegung der [X.] hat das Berufungsgericht mit Recht bereits deshalb zurückgewiesen, weil sich aus dem klägerischen Vorbringen hierfür nichts ergibt.

2. Der Teilrücknahmebescheid ist auch materiell rechtmäßig.

a) Das Berufungsgericht hat ohne [X.] die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG als gegeben angesehen. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Frage der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 [X.] 24.03 - BVerwGE 121, 226 <229>). Nachträgliche Änderungen der rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen eines Verwaltungsakts können nur Anlass und Rechtfertigung für einen Widerruf nach § 49 VwVfG sein (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 VwVfG zu nachträglich eingetretenen Tatsachen oder geänderten Rechtsvorschriften).

Mit Recht hat das Berufungsgericht die teilweise Rechtswidrigkeit des [X.]s vom 18. Februar 2014 bejaht, soweit der Klägerin mehr als 337 693 Emissionsberechtigungen zugeteilt wurden. Die Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen erfolgte entgegen § 14 der Verordnung über die Zuteilung von [X.] in der Handelsperiode 2013 bis 2020 ([X.] - [X.] 2020) vom 26. September 2011 ([X.] [X.] 1921), geändert durch [X.]. 2 der Verordnung vom 13. Juli 2017 ([X.] [X.] 2354), weil der [X.] gemäß Bescheid des [X.]es vom 18. Dezember 2012 in der dritten Zuteilungsperiode nicht (mehr) der Emissionshandelspflicht unterlag. Die Auffassung der Revision, nachträgliche Änderungen einer Zuteilung seien allein nach den Regelungen des 4. Abschnitts der [X.] zulässig, übersieht, dass sich die Rechtmäßigkeit der Zuteilung am Maßstab des § 14 [X.] 2020 bestimmt.

§ 14 [X.] 2020 enthält eine Kürzungsregelung hinsichtlich der zuzuteilenden Berechtigungen, soweit in einem [X.] mit Produkt-Emissionswert messbare Wärme aus einer nicht in den Anwendungsbereich des [X.]es fallenden Anlage oder anderen Einrichtung bezogen wurde. In diesem Fall wird die nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] 2020 berechnete vorläufige jährliche Anzahl der dem betreffenden [X.] zuzuteilenden Berechtigungen vermindert um die Anzahl Berechtigungen, die dem Produkt entspricht aus erstens der Wärmemenge, die in den die Aktivitätsrate des [X.]s bestimmenden Jahren des nach § 8 Abs. 1 [X.] 2020 gewählten Bezugszeitraums bezogen wurde, und zweitens dem [X.] für messbare Wärme gemäß Anhang 1 der einheitlichen [X.]. § 14 [X.] 2020 setzt [X.]. 13 des Beschlusses 2011/278/[X.] der [X.] vom 27. April 2011 zur Festlegung [X.]-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß [X.]. 10a der Richtlinie 2003/87/[X.] und des Rates um ([X.]. 17/6850 [X.]2) und ist unionsrechtskonform auszulegen.

aa) Die Auslegung des § 14 [X.] 2020 anhand seines Wortlauts führt nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Das Tatbestandsmerkmal "soweit Wärme ... bezogen wurde" weist zwar möglicherweise auf einen bereits vergangenen Bezug von Wärme aus einer Anlage hin, so dass der Import der Wärme aus einer Anlage, die in einer früheren Handelsperiode dem Anwendungsbereich des [X.] unterlag, maßgeblich sein könnte. Andererseits lässt die weitere Formulierung "aus einer nicht unter den Anwendungsbereich ... fallenden Anlage oder anderen Einrichtung" ein Verständnis der Vorschrift in der Weise zu, dass die aktuelle rechtliche Einordnung der Anlage entscheidend ist.

Auch der Wortlaut von [X.]. 13 des Beschlusses 2011/278/[X.] ist nicht eindeutig, zumal er in den verschiedenen Sprachfassungen nicht einheitlich ist. Nach [X.]. 13 des Beschlusses 2011/278/[X.] wird, soweit in einen Anlagenteil mit [X.] messbare Wärme aus einer nicht unter das [X.] fallenden Anlage oder anderen Einrichtung importiert wurde, die gemäß [X.]. 10 Abs. 2 Buchst. a des Beschlusses 2011/278/[X.] berechnete vorläufige jährliche Anzahl der dem betreffenden Anlagenteil mit [X.] kostenlos zuzuteilenden Emissionszertifikate um die Wärmemenge gekürzt, die in dem betreffenden Jahr aus einer nicht unter das [X.] fallenden Anlage oder anderen Einrichtung historisch importiert wurde, multipliziert mit dem Wert der [X.] für messbare Wärme gemäß [X.] Die [X.] Sprachfassung verwendet danach zweimal die Worte "importiert wurde", beim [X.] ergänzt um den Begriff "historisch". Daraus folgt aber nicht, dass für den Tatbestand auf Zeiträume vor dem Beginn der dritten Zuteilungsperiode 2013 bis 2020 Bezug genommen wird. Das Merkmal "nicht unter das [X.] fallende Anlage" in der Gegenwartsform deutet eher darauf hin, dass keine Anknüpfung an frühere Bezugszeiträume entscheidend sein soll. Mit der Vergangenheitsform wird lediglich klargestellt, dass der Anwendungsbereich von [X.]. 13 des Beschlusses 2011/278/[X.] eröffnet ist, wenn von der Herkunftsanlage bereits während des vorangegangenen Bezugszeitraums Wärme bezogen wurde. Für den maßgeblichen Zeitpunkt der Emissionshandelspflicht wird die Gegenwartsform "fallende Anlage" verwendet. Insoweit geht die Argumentation der Revision fehl, dass die [X.] Sprachfassung, die ebenfalls die Formulierung "importiert wurde" verwende und dazu "in der Vergangenheit erfolgten", ihre Auffassung stütze.

Auch aus anderen Sprachfassungen lässt sich nicht das von der Revision gewünschte Ergebnis herleiten. Die [X.] Sprachfassung des Beschlusses verwendet nicht die Vergangenheitsform "importiert wurde", sondern das Wort "imported" ("importiert") als Partizip; zudem wird die Präsenz-Formulierung "encompasses measurable heat" ("umfasst messbare Wärme") gebraucht. Entsprechendes gilt für die [X.] Sprachfassung " ... comprend de la chaleur ... importée", die [X.] Sprachfassung " ... abarque calor ... importado", die [X.] Sprachfassung " ... comprende [X.]" und die [X.] Sprachfassung "Als een productbenchmark-subinstallatie [X.] die wordt ingevoerd uit een ... ".

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) ist bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 2017 - [X.]/16 u.a. [[X.]:[X.]:[X.]] - Rn. 31). Auch danach bestätigt sich nicht die Auffassung der Revision, sondern vielmehr die gegenteilige Position.

[X.]. 13 des Beschlusses 2011/278/[X.] spiegelt die Systematik des Beschlusses 2011/278/[X.] wider. Nach Satz 1 des [X.] des Beschlusses 2011/278/[X.] soll die Menge der Zertifikate, die Bestandsanlagen kostenlos zuzuteilen ist, auf historischen Produktionsdaten beruhen. [X.]. 9 des Beschlusses 2011/278/[X.] bestimmt, dass für Bestandsanlagen die Mitgliedstaaten die historischen Aktivitätsraten der einzelnen Anlagen auf Basis der gemäß [X.]. 7 des Beschlusses 2011/278/[X.] erhobenen Daten für den Bezugszeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 oder, soweit sie höher sind, für den Bezugszeitraum 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010 bestimmen. Die Anknüpfung an einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erfolgt gemäß Satz 2 des [X.] des Beschlusses 2011/278/[X.], um für die Produktionsdaten sicherzustellen, dass der Bezugszeitraum so weit wie möglich für die [X.] repräsentativ ist und eine Zeitspanne umfasst, für die zuverlässige Daten vorliegen, und um den Einfluss besonderer Umstände wie vorübergehende Anlagenschließungen möglichst zu begrenzen.

Entsprechendes gilt für § 14 [X.] 2020. Die [X.] regelt in § 8 die maßgebliche Aktivitätsrate. Nach dessen Absatz 1 bestimmt sich für Bestandsanlagen die maßgebliche Aktivitätsrate entsprechend der Regelung in [X.]. 9 des Beschlusses 2011/278/[X.]. Auf diese Weise kann die Höhe des [X.] auf Grundlage möglichst repräsentativer Produktionsdaten ermittelt werden. Die Bestimmung der zukünftigen Berechtigungen erfolgt aufgrund eines der Handelsperiode vorangegangenen Bezugszeitraums. Hiervon ist der Fall zu unterscheiden, dass die Wärme nicht mehr aus einer in den Anwendungsbereich des [X.]es fallenden Anlage bezogen wird. Wenn die Herkunftsanlage von [X.]en aus der Emissionshandelspflicht herausfällt, ist der historische [X.] dieser Anlage nicht mehr repräsentativ für den [X.] aus dem Emissionshandelssystem der Zuteilungsperiode.

Die an Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung von § 14 [X.] 2020 bestätigt, dass es allein darauf ankommt, ob die Anlage, von der Wärme bezogen wird und die nicht dem [X.] unterliegt, in der relevanten Zuteilungsperiode, für die die Zuteilung erfolgt, vom Handel bzw. von der Pflicht zum Einsatz von Emissionsberechtigungen freigestellt ist. § 14 [X.] 2020 will verhindern, dass eine Anlage für einen Wärmeverbrauch, der außerhalb des [X.]es anfällt und für den keine Emissionsberechtigungen aufgewandt werden müssen, Emissionsberechtigungen erhält. Es soll daher keine kostenlose Zuteilung für den Verbrauch von Wärme gewährt werden, die von Anlagen oder anderen Einrichtungen außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2003/87/[X.] bereitgestellt wird ([X.]. 17/6850 [X.]2).

Das Berufungsgericht hat hierzu eine zutreffende vergleichende Betrachtung angestellt. Wenn für den Wärmebezug aus einer im Bezugszeitraum noch nicht handelspflichtigen Anlage, die in der dritten Handelsperiode dem Handelssystem unterliegt, eine Kürzung der Zuteilung vorzunehmen wäre, obwohl die Wärmeproduktion nunmehr der Pflicht der Abgabe von Emissionsberechtigungen unterliegt, wäre dies ein mit dem Gesetzeszweck nicht übereinstimmendes Ergebnis. So läge es umgekehrt auch, wenn eine Kürzung ausgeschlossen wäre, obwohl die Anlage in der dritten Handelsperiode nicht mehr der Abgabepflicht unterliegt. Dies führte zu einer Zuteilung von Emissionsberechtigungen, der gegenwärtig keine Abgabepflicht für die Wärmeproduktion gegenübersteht. Solche Ergebnisse sind weder vom Unionsrecht noch vom nationalen Recht beabsichtigt.

cc) Die Auslegungshinweise der [X.] im [X.] on the harmonized free allocation methodology for the [X.]-ETS post 2012 stehen entgegen der Auffassung der Klägerin diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Das [X.] ist rechtlich nicht bindend und gibt nicht den offiziellen Standpunkt der [X.] wieder ([X.] unter 1.1; vgl. auch [X.], Urteil vom 8. September 2016 - [X.]/15 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] u.a. - Rn. 75; BVerwG, Beschluss vom 22. November 2018 - 7 [X.] 10.17 - [X.] 406.256 [X.] Nr. 4 Rn. 24). Zudem sind Nr. 2.3 der Auslegungshinweise nur Aussagen für den Grundfall zu entnehmen, dass Wärme von einer nichthandelspflichtigen zu einer handelspflichtigen Anlage geführt wird. Für die Annahme der Revision, die dortigen Hinweise beträfen einen Wärmebezug aus einer in der Vergangenheit und vor Beginn der Handelsperiode nicht emissionshandelspflichtigen Anlage, fehlt jeder Anhaltspunkt. Entsprechendes gilt für das Dokument "Question & Answers on the harmonised free allocation methodology for the [X.]-ETS post 2012" vom 9. November 2011 und insbesondere für die Antwort auf die Frage 2.7 "How does the allocation for a heat consumer change when its heat supply changes during the baseline period?". Die Frage betrifft einen Wechsel der wärmeliefernden Anlage innerhalb des Bezugszeitraums.

dd) Soweit die [X.] in ihrer Stellungnahme vom 29. November 2012 gegenüber dem [X.] die Auffassung vertreten hat, dass die Anlage der [X.] weiterhin emissionshandelspflichtig sei, hat diese Äußerung keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des [X.]s. Vielmehr ist der Ausschluss von der [X.] mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 bestandskräftig festgestellt worden.

ee) Einer von der Revision angeregten Vorlage an den Gerichtshof der [X.] zur Klärung der Frage, ob [X.]. 13 des Beschlusses 2011/278/[X.] dahingehend auszulegen ist, dass eine nachträgliche ([X.] einer kostenlos für einen Wärmebezug einem Antragsteller gewährten Zuteilung ausscheidet, falls dieser Wärmebezug aus einer Anlage erfolgt, die nur vor Beginn und insbesondere während des vom Antragsteller gewählten Bezugszeitraums, aber nicht mehr nach Beginn der Handelsperiode 2013 bis 2020 dem Anwendungsbereich des Emissionshandels unterlag, bedarf es angesichts des eindeutigen Auslegungsergebnisses nicht.

b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der [X.] als begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG zurückgenommen werden durfte. Dabei konnte es dahinstehen lassen, ob der [X.] eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gewährt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 3 [X.] 3.95 - BVerwGE 104, 289 = juris Rn. 36 f.). Denn auch unter den strengeren Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 VwVfG durfte die Rücknahme erfolgen. Ein etwaiges Vertrauen der Klägerin ist nicht schutzwürdig. Demgemäß kommt es nicht zu einer Abwägung nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG von schutzwürdigem Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsakts mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Für die Klägerin war es auf Grund des [X.]s vom 18. Februar 2014 erkennbar, dass die [X.] wegen des Ausscheidens des Anlagenteils aus der [X.], aus dem die Klägerin Wärme bezieht, eine Neubewertung und Neuberechnung vornehmen würde, wenn die [X.] die mitgeteilten Änderungen der Zuteilungsmengen nicht ablehnt. Damit waren sämtliche Äußerungen der [X.] (etwa) in ihrer Stellungnahme vom 29. November 2012 überholt. Soweit die Klägerin aus Ausführungen der [X.] im Bescheid vom 19. Februar 2014 an die [X.] Vertrauen gewonnen haben will, weist das Berufungsgericht mit Recht darauf hin, dass die Klägerin bei der von ihr herangezogenen Textpassage eine hinreichende Trennung der jeweiligen Bescheidadressaten vermissen lässt. Die Entlassung des [X.]s aus der Emissionshandelspflicht hatte für die [X.] keine Auswirkungen. [X.] hätte bei der Klägerin auch dann nicht entstehen können, wenn sie sich über die Rechtslage im Unklaren gewesen wäre.

Zudem kann sich die Klägerin nicht auf Vertrauen berufen, weil sie die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Mit Rücksicht auf den im [X.] vom 18. Februar 2014 enthaltenen Hinweis der voraussichtlichen Änderung der Zuteilung musste die Klägerin von der anstehenden Änderung der Zuteilung ausgehen. Für den Fall, dass diese Umstände für den Ausschluss von Vertrauensschutz nicht genügen, wären sie jedenfalls als maßgebliche Umstände im Rahmen der Abwägung nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zum Nachteil der Klägerin zu berücksichtigen.

c) [X.] nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG von einem Jahr seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von Tatsachen, die die Rücknahme rechtfertigen, ist eingehalten. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Rücknahmefrist bereits deshalb gewahrt ist, weil der Rücknahmebescheid vom 16. Februar 2015 der Klägerin vor Ablauf eines Jahres seit dem Erlass des [X.]s vom 18. Februar 2014 zugegangen ist. Die Bekanntgabe des zurückgenommenen Verwaltungsakts ist aber der frühest denkbare Zeitpunkt für den Beginn des Laufs der Frist nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG.

d) Ohne [X.] hat das Berufungsgericht auch eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis der Beklagten verneint. Soweit die Revision geltend macht, die [X.] habe bei ihr wegen des [X.]s an die [X.] vom 19. Februar 2014 die Vorstellung geweckt, von der [X.] keinen Gebrauch zu machen, führt dies nicht auf einen Umstand, der eine Verwirkung begründen könnte. Einer solchen Annahme steht der Hinweis auf eine mögliche spätere Änderung und Rücknahme in dem [X.] vom 18. Februar 2014 entgegen. Auch verfängt die von der Revision geltend gemachte Verzögerung der Rücknahme trotz Kenntnis der die Rücknahme begründenden Tatsachen nicht. Mit Rücksicht auf die für den Lauf der gesetzlichen Rücknahmefrist gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG bestehenden Maßstäbe ist der Vorwurf der Verzögerung als Voraussetzung einer Verwirkung unbegründet.

3. Die Rückforderung von 87 267 Emissionsberechtigungen gemäß Ziffer 3 des [X.] vom 16. Februar 2015 hat das Berufungsgericht zutreffend gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG als rechtmäßig beurteilt. Die begehrte Rückgabe der Emissionsberechtigungen kann die Klägerin mangels erfolgreicher Anfechtungsklage nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO beanspruchen.

Einer Entscheidung nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren bedarf es nicht, weil die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

7 C 1/20

18.03.2021

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 29. Oktober 2019, Az: OVG 12 B 51.18, Urteil

Art 9 EUBes 278/2011, Art 13 EUBes 278/2011, § 9 Abs 2 TEHG 2011, § 45 Abs 1 Nr 3 VwVfG, § 48 Abs 1 VwVfG, § 48 Abs 2 VwVfG, § 48 Abs 4 VwVfG, § 9 Abs 2 Nr 1 ZuV 2020, § 14 ZuV 2020

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.03.2021, Az. 7 C 1/20 (REWIS RS 2021, 7732)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7732

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