Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2013, Az. I ZR 34/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 697

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

28. November 2013

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Kostenlose Schätzung
[X.] § 5
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Die Werbung eines Edelmetallankäufers mit dem Hinweis "kostenlose Schät-zung" verstößt nicht als "Werbung mit einer Selbstverständlichkeit" gegen das Irreführungsverbot des §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.].
[X.], Urteil vom 28. November 2013 -
I [X.] -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 28.
November 2013 durch [X.] Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und [X.], Prof. Dr. Büscher, [X.] und Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 13.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 31.
Januar 2013 wird auf Kosten der Kläge-rin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Die Parteien betätigen sich auf dem Gebiet des Ankaufs von Altedelme-tallen. Die Klägerin hat ihren Geschäftssitz in [X.], die Beklagte betreibt in [X.]/[X.] ein Ladengeschäft. Die Beklagte warb im [X.] in einer im "Heidekurier" erschienenen
Anzeige für den Ankauf von Edelmetallen und offerierte dabei eine "Kostenlose Schätzung" der ihr zum 1
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Kauf angebotenen Waren. Der konkrete Inhalt der Anzeige ergibt sich aus der nachfolgend wiedergegebenen Ablichtung.

Die Klägerin hält die Werbung mit dem Hinweis "Kostenlose Schätzung" für irreführend. Sie hat die Beklagte deshalb mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 14.
Oktober 2011 abgemahnt und die Abgabe einer strafbewehrten Unter-lassungserklärung verlangt. Die Beklagte ist dem geltend gemachten Unterlas-sungsbegehren
mit anwaltlichem Schreiben vom 28.
Oktober 2011 entgegenge-treten, hat sich aber dennoch verpflichtet,

ohne Präjudiz für die Sach-
und Rechtslage und Anerkennung einer Rechts-pflicht, aber gleichwohl rechtsverbindlich gegenüber der Klägerin,
es bei [X.] einer von der Klägerin im Einzelfall festzusetzenden und auf [X.] durch das zuständige Gericht überprüfbaren Vertragsstrafe zu unterlas-sen, ab dem 4.
November 2011 im geschäftlichen Verkehr beim Goldankauf mit der Formulierung "kostenlose Schätzung" zu werben.

Die mit der Abmahnung geltend gemachten vorprozessualen Anwalts-kosten der Klägerin hat
die Beklagte nicht
bezahlt. Die Klägerin nimmt
die Be-klagte deshalb auf Zahlung von 651,80

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4
-

Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abge-wiesen ([X.], [X.], 812). Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis der Klägerin bejaht. Einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] hat es dagegen verneint. Dazu hat das Berufungsge-richt ausgeführt:

Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass [X.] hinsichtlich ihres in S.

ansässigen Agenturpartners "Schuh-
und
Schlüsseldienst", der im Namen und auf Rechnung der Klägerin Edelmetalle ankaufe, ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien bestehe.

Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch sei indes nicht [X.], weil die von der Klägerin beanstandete Werbung der [X.] nicht im Sinne von §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] irreführend sei. Die Beklagte habe nicht in wettbewerbswidriger Weise mit Selbstverständlichkeiten geworben, da
es sich bei ihrem Angebot, die von potentiellen Kunden zum Kauf angebotenen Edelmetalle kostenlos zu schätzen, um eine freiwillige Sonderleistung der [X.] handele.

I[X.] Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision sind nicht begründet.
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5
-

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwi-schen der Klägerin und
der [X.] ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von §
8 Abs.
3 Nr.
1, §
2 Abs.
1 Nr.
3 [X.] besteht, weil ein [X.] der Klägerin, der seinen Sitz im etwa 13
Kilometer vom Ladengeschäft der [X.] entfernt gelegenen S.

hat, für die Klägerin Edelmetalle an-
kauft. Die Revisionserwiderung erhebt insoweit auch keine Beanstandungen.

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Abmahnkosten aus §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] abgelehnt. Die Ab-mahnung der Klägerin war nicht berechtigt im Sinne dieser Vorschrift.

a) Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der [X.] gegen §
3 Abs.
1, §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] verneint. Es hat angenommen, die streit-gegenständliche Anzeige der [X.] enthalte keine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Die freiwillige Sonderleistung der [X.], das kostenlose Schätzen der ihr zum Kauf angebotenen Edelmetalle, beziehe sich weder auf eine Eigenschaft der angebotenen Leistung, die dieser wesensmäßig und deshalb selbstverständlich sei, noch auf einen gesetzlich vorgeschriebenen und daher für alle gleichartigen Leistungsangebote geltenden Umstand. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Werbung mit objektiv richtigen Angaben gemäß §
5 Abs.
1 [X.] unzulässig sein, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erweckt. Ein solcher unrichtiger Eindruck kann etwa entstehen, wenn Werbebe-hauptungen etwas Selbstverständliches in einer Weise hervorheben, dass der Adressat der Werbung hierin einen besonderen Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vermutet (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juli 1987
I
ZR
120/85, GRUR 10
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6
-
1987, 916, 917 = [X.], 28
[X.]; Beschluss vom 23.
Oktober 2008
I
ZR
121/07, [X.], 435 Rn.
2
Edelmetallankauf; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 31.
Aufl., §
5 Rn.
2.115; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
5 B Rn.
72). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder zum Wesen der angebotenen Ware oder Leistung gehörende Umstände besonders hervorgehoben werden, so dass die Werbeadressaten davon ausgehen, es werde mit einem Vorzug gegenüber an-deren Waren gleicher Gattung oder Konkurrenzangeboten geworben, obwohl es sich tatsächlich um Merkmale handelt, die das Leistungsangebot des Wer-benden gegenüber anderen Angeboten nicht auszeichnen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO §
5 Rn.
2.115). In der zu §
3 [X.] aF ergangenen Ent-scheidung "[X.]" hat der Senat die Werbung zugelassen, weil sie weder gesetzlich vorgeschrieben war noch eine zum Wesen der Ware gehö-rende Eigenschaft betraf, sondern eine freiwillige, wenn auch übliche Sonder-leistung darstellte, die im gesundheitlichen Interesse der Verbraucher lag, ohne diese unmittelbar wirtschaftlichen Risiken auszusetzen ([X.], [X.], 916, 917). Wesensmäßige Eigenschaften der beworbenen Ware oder Leistung und gesetzlich vorgeschriebene Angaben sind jedoch nur Beispiele einer unlau-teren Werbung mit Selbstverständlichkeiten (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO §
5 Rn.
2.115 und die bei [X.].[X.]/[X.], §
5 Rn.
178 aufgeführten Fälle). Entscheidend ist, dass der angesprochene Verkehr in der herausgestellten Eigenschaft der beworbenen Ware oder Leistung irrtümlich einen Vorteil sieht, den er nicht ohne weiteres, insbesondere auch nicht bei [X.] der gleichen Ware oder Leistung bei einem Mitbewerber, erwarten kann ([X.], [X.], 435 Rn.
2
Edelmetallankauf).

c) Die Revision
rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe verkannt, dass eine Werbung mit freiwilligen Sonderleistungen
gegen §
5 Abs.
1 Nr.
2 [X.] verstoßen könne, auch wenn eine derartige Leistung wegen ihrer [X.]
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ligkeit nicht als gleichermaßen selbstverständlich wie eine gesetzlich vorge-schriebene oder durch ihr Wesen zwangsläufig gegebene Leistung angesehen werden könne. Sie meint, die Werbung mit der freiwilligen Sonderleistung (kos-tenlose Schätzung der zum Kauf angebotenen Artikel) vermittle den Werbead-ressaten den Eindruck, der Goldankauf durch die Beklagte sei besonders [X.], weil Mitbewerber vom Kaufpreis noch die für die Schätzung des Werts anfallenden Kosten abzögen. Das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dem Publikum sei bekannt, dass die kostenlose Schätzung im Goldankaufsgeschäft eine Selbstverständlichkeit sei. Die Klägerin habe dies auch in Abrede gestellt.

d) Die Werbung mit dem Hinweis "kostenlose Schätzung" umfasst nicht nur die Fallgestaltung, dass der Wert eines der [X.] zum Kauf angebote-nen Gegenstands vor Abgabe eines Ankaufgebots kostenfrei ermittelt wird. Diese Schätzung muss die Beklagte schon deshalb vornehmen, um dem poten-tiellen Kunden einen konkreten Preis für den Fall eines Ankaufs nennen zu können. Dass diese Wertermittlung kostenlos erfolgt, ist eine Selbstverständ-lichkeit und wird von einem durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher auch ohne weiteres erkannt, so dass eine Irrefüh-rung bereits von vornherein ausscheidet.

Die von der Klägerin beanstandete Werbung der [X.] erstreckt sich ihrem Wortlaut nach auch auf den Fall, dass die Beklagte von einem Verbrau-cher, der keine Verkaufsabsicht hat, um eine Schätzung gebeten wird, weil er erfahren möchte, wieviel ein bestimmter Gegenstand wert ist. Es ist nicht fest-gestellt und von der Klägerin auch nicht vorgetragen, dass die Beklagte für eine derartige Wertermittlung ein Entgelt verlangt.

Auch wenn es sich bei der Schätzung des Wertes einer zum Kauf ange-botenen Sache um eine üblicherweise von [X.] unentgeltlich 15
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vorgenommene Leistung handelt, bleibt es doch gerade in den Fällen, in denen
die Wertermittlung unabhängig von einer Verkaufsabsicht des Verbrauchers erfolgt, eine freiwillige Sonderleistung der [X.], die nicht als selbstver-ständlich angesehen werden kann und daher auch nicht mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Angabe oder mit einem zum Wesen der Ware gehörenden Umstand vergleichbar ist. Es kommt hinzu, dass es sich bei dem in Rede ste-henden Angebot
um eine unentgeltliche Leistung handelt, die zumindest dann, wenn ein Vertragsschluss mit der [X.] nicht beabsichtigt ist, nicht der [X.], sondern nur dem nachfragenden Verbraucher
dient. Auf eine solche freiwillige, für einen Verbraucher
nicht mit finanziellen Risiken verbundene Leis-tung muss der Anbieter auch dann werbend hinweisen dürfen, wenn er sie nicht allein gewährt, sondern eine entsprechende Übung auch bei seinen Mitbewer-bern besteht (vgl. [X.], [X.], 916, 917
[X.]).

Da die Abmahnung der Klägerin vom 14.
Oktober 2011 somit nicht [X.] war, besteht auch kein Kostenerstattungsanspruch aus §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.].

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II[X.] Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

[X.]
Pokrant
Büscher

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.06.2012 -
7 [X.]/12 -

[X.], Entscheidung vom 31.01.2013 -
13 [X.] -

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Meta

I ZR 34/13

28.11.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2013, Az. I ZR 34/13 (REWIS RS 2013, 697)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 697

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 34/13

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