Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.04.2011, Az. 6 AZR 727/09

6. Senat | REWIS RS 2011, 7503

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Mitteilung der Kündigungsbefugnis im Arbeitsvertrag - Inkenntnissetzen


Leitsatz

Für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB reicht die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. August 2009 - 16 [X.] - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines [X.] innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit [X.] am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das [X.] sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das [X.] eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des [X.] ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom [X.] nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des [X.]s geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des [X.]s zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 [X.] - Rn. 34).

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom [X.] der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen [X.] auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der [X.] bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das [X.] hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der [X.] bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der [X.] abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 [X.] in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

II. Der mit dem [X.] verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren ([X.] 23. Dezember 1961 - 5 [X.] - [X.]E 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 [X.] -) und, soweit wie hier der [X.] noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden ([X.]/Schütze/[X.] ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; [X.]/[X.] ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. [X.] 1. August 2001 - 4 [X.] [X.] §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. [X.] 27; [X.] 29. Oktober 1980 - [X.] - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. [X.] bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag ([X.] 23. Dezember 1961 - 5 [X.] - aaO; [X.] 4. November 1981 - [X.]/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 [X.] - [X.] § 16 Nr. 1 = [X.] § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; [X.]/[X.] ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und [X.]/[X.] aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/[X.] 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat ([X.] 23. Dezember 1961 - 5 [X.] - [X.]E 12, 158, 167 f.). Bis zur [X.] durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die [X.] ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag [X.] 1997, 734, 737).

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das [X.] hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der [X.] vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom [X.] zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der [X.] erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

I. Die Kündigung der [X.] vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 [X.] unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das [X.] war nicht nach § 174 Satz 2 [X.] ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des [X.] nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

1. Nach § 174 Satz 1 [X.] ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das [X.] ist nach § 174 Satz 2 [X.] nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 [X.] ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 [X.] scheidet aus (Senat 20. September 2006 - 6 [X.] - Rn. 33, [X.]E 119, 311).

2. Der Kündigungserklärung des [X.] im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der [X.] am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 [X.] zurückgewiesen. Die [X.] zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das [X.] rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. [X.] 30. Mai 1978 - 2 [X.] - [X.] [X.] § 174 Nr. 2 = EzA [X.] § 174 Nr. 2).

3. Das [X.] war nicht gemäß § 174 Satz 2 [X.] ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten [X.] in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der [X.] bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 [X.].

a) § 174 [X.] steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften (§ 180 Satz 1 [X.]). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 [X.] dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen (MünchKomm[X.]/[X.] 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien [X.] 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss ([X.] 29. Oktober 1992 - 2 [X.] - zu II 2 a der Gründe, [X.] [X.] § 174 Nr. 10 = EzA [X.] § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 [X.] - Rn. 46, 52, [X.]E 119, 311). Das [X.] nach § 174 Satz 2 [X.] muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein (vgl. [X.] 20. August 1997 - 2 [X.] - zu II 3 b bb der Gründe, [X.] [X.] § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA [X.] § 174 Nr. 12).

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 [X.] reicht für ein [X.] iSd. § 174 Satz 2 [X.] die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] liegt ein [X.] iSd. § 174 Satz 2 [X.] vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist (seit 30. Mai 1972 - 2 [X.] - [X.]E 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt ([X.] 20. August 1997 - 2 [X.] - zu II 3 b bb der Gründe, [X.] [X.] § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA [X.] § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 [X.] - Rn. 49, [X.]E 119, 311; [X.] 29. Oktober 1992 - 2 [X.] - zu II 2 a der Gründe, [X.] [X.] § 174 Nr. 10 = EzA [X.] § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 [X.] 355/84 - zu [X.] 5 [X.] der Gründe; [X.] 20. Oktober 2008 - II [X.]/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein [X.] iSd. § 174 Satz 2 [X.] verlangt aber [X.] auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind (vgl. [X.], 393, 395 f.).

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die [X.] verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 [X.] - Rn. 50, [X.]E 119, 311; [X.] 18. Oktober 2000 - 2 [X.] 627/99 - [X.]E 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 [X.] ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 [X.] - aaO).

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 [X.] zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 [X.] erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt ([X.] 11. Juli 1991 - 2 [X.] 107/91 - [X.] [X.] § 174 Nr. 9 = EzA [X.] § 174 Nr. 9; kritisch [X.] 2008, 393; Boecken [X.]. EzA [X.] § 174 Nr. 9).

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion [X.] ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer [X.]. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. [X.], insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des [X.]. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 [X.] ([X.]/[X.]/[X.]/[X.] AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

Die bloße Kundgabe der Erteilung der [X.] genügt aber den Anforderungen an ein [X.] iSd. § 174 Satz 2 [X.] allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das [X.] des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 [X.] - Rn. 50, [X.]E 119, 311; [X.] 12. Januar 2006 - 2 [X.] 179/05 - Rn. 38, [X.] KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der [X.] im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein [X.] ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 [X.] ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 [X.] wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das [X.] bei den an ein [X.] zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen (vgl. [X.] 30. Mai 1972 - 2 [X.] - [X.]E 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. [X.] 4. Februar 1981 - V[X.] ZR 313/79 - [X.] [X.] § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des [X.]n immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich [X.] ist.

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des [X.] in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des [X.] zu berufen.

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 [X.] unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist ([X.] 20. Oktober 2008 - II [X.]/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien [X.] 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der [X.] geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem [X.] gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. [X.] hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. [X.] 29. Juni 1989 - 2 [X.] 482/88 - [X.] [X.] § 174 Nr. 7 = EzA [X.] § 174 Nr. 6).

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das [X.] zutreffend errechnet. Konkrete [X.] erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Meta

6 AZR 727/09

14.04.2011

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Offenbach, 4. Dezember 2008, Az: 3 Ca 375/08, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 174 S 1 BGB, § 174 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.04.2011, Az. 6 AZR 727/09 (REWIS RS 2011, 7503)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7503

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 AZR 354/10 (Bundesarbeitsgericht)

Kündigung - Vollmacht - unverzügliche Zurückweisung - Ausbildungsverhältnis


6 AZR 492/14 (Bundesarbeitsgericht)

Inkenntnissetzen von der Bevollmächtigung


2 AZR 147/19 (Bundesarbeitsgericht)

Kündigung namens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts


7 Ca 9307/01 (Arbeitsgericht Düsseldorf)


2 AZR 867/11 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsbedingte Kündigung - Verbot der Wiederholungskündigung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.