Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.06.2017, Az. XII ZB 465/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 9311

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[X.]:[X.]:BGH:2017:210617BXIIZB465.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 465/14
vom
21. Juni
2017
in der Familiensache

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 21.
Juni
2017
durch den Vorsitzenden Richter
Dose und
die Richter Schilling, Dr.
Nedden-Boeger,
Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu
5 wird der Beschluss des 6.
Senats für Familiensachen in [X.] des [X.] vom 7.
August 2014 auf-gehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens,
an das Ober-landesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert:
1.350

Gründe:
I.
Das
Amtsgericht hat im Scheidungsverbundverfahren mit Beschluss vom 17.
März 2014 die Ehe der 1952
geborenen
Antragstellerin
(im Folgenden: [X.]) und des
1951
geborenen
Antragsgegners
(im Folgenden: Ehemann) geschieden
und den Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom 1.
November 1975 bis zum 31.
Juli 2012 geregelt. Dabei hat es neben dem Ausgleich von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der privaten [X.]
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-

vorsorge angeordnet, dass zu Lasten des betrieblichen Anrechts des [X.]s bei der R.
AG (Beteiligte zu
5) im Wege der internen Teilung zugunsten der Ehefrau ein auf den 31.
Juli 2012 bezogenes
Anrecht mit einem Aus-gleichswert von 370.070,98

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde hat die R.
AG geltend ge-macht, die Entscheidung des Amtsgerichts berücksichtige nicht, dass der [X.] bereits seit dem 1.
November 2011 aus dem ungekürzten betrieblichen Anrecht eine Altersrente beziehe und dadurch ein "[X.]" eingetreten sei. Die R.
AG hat im Beschwerdeverfahren eine aktualisierte Auskunft vorge-legt, mit der
sie den Ausgleichswert zum 31.
August 2014 nach Abzug von [X.] mit 327.572,46

e-schwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die R.
AG mit ihrer zugelas-senen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. [X.], dessen Entscheidung in [X.], 754 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dass der Rentenbezug des [X.] und der damit einhergehende "Verzehr"
des [X.] der
Versorgung keine Änderung der Verhältnisse im Sinne von §
5 Abs.
2 Satz
2 [X.] darstelle. Eine abweichende Sichtweise würde dazu führen, dass der aus-gleichspflichtige Ehegatte

sofern er keinen Unterhalt zahlen müsse

dazu animiert werde, das Verfahren über den Versorgungsausgleich möglichst lange herauszuschieben, um weiterhin die ungeschmälerte Versorgung zu beziehen. 2
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4
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Hinzu komme, dass der Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung nicht zu-verlässig vorhergesagt und der [X.] durch das Gericht bei seiner Ent-scheidung deshalb nicht zutreffend berücksichtigt werden könne.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Richtig ist dabei allerdings im Ausgangspunkt, dass der nachehezeitli-che Rentenbezug keine auf die Ehezeit zurückwirkende tatsächliche
Änderung im Sinne von §
5 Abs.
2 Satz
2 [X.] darstellt (vgl. Senatsbeschlüsse [X.], 32 =
[X.], 775 Rn.
28
ff. und vom 24.
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[X.], 2000 Rn.
14
ff.). Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mehrfach ausgesprochen hat, rechtfertigt dies aber nicht die Schlussfolgerung, dass die laufenden Veränderungen der Bewer-tungsfaktoren einer betrieblichen Altersversorgung in der Leistungsphase beim Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt werden dürften.
aa) Ansonsten käme es zu einer übermäßigen Inanspruchnahme des [X.]. Denn dieser muss aus dem erst noch auszugleichenden [X.] bereits laufende Leistungen an den [X.], die sich nach Durchführung des Versorgungsausgleichs als überproportio-nal zu dem bei ihm nur anteilig verbleibenden Anrecht darstellen würden, [X.] gesetzliche Erstattungs-
oder Ausgleichsmechanismen außerhalb des §
30 [X.] nicht vorgesehen sind. Den Versorgungsträger mit solchen Mehrbelastungen zu belegen, wäre jedoch mit grundgesetzlichen Rechtsgaran-tien nicht vereinbar.
Nach der Rechtsprechung des [X.] schützt Art.
2 Abs.
1 GG einen privaten Versorgungsträger vor hoheitlichen Eingriffen in [X.], die er abgeschlossen hat, und er gewährleistet ferner die Handlungsfrei-heit des [X.] im wirtschaftlichen Bereich. Einen unzulässigen 5
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Eingriff würde es darstellen, wenn einem privatrechtlichen Träger der [X.] Altersversorgung die Verpflichtung auferlegt werden sollte, einem ge-schiedenen Versorgungsempfänger Leistungen in einem Umfang zu erbringen, auf die dieser nach dem Inhalt des abgegebenen Versorgungsversprechens keinen Anspruch hat. Um einen solchen Eingriff handelte es sich, wenn der Versorgungsträger zunächst für eine Übergangszeit die volle Rentenleistung erbringen und dennoch rückwirkend
das ungekürzte Anrecht teilen müsste. Denn mit der planmäßigen Auszahlung der Rente an die ausgleichspflichtige Person ab Erreichen der vereinbarten Altersgrenze erfüllt der [X.] bereits einen Teil seiner vertraglichen Leistungszusage so, als sei und [X.] das bei ihm erworbene Anrecht ungeteilt. Eine zusätzlich auf das Ende der Ehezeit bezogene (höhere)
Bewertung des Anrechts im Versorgungsausgleich würde zu einer wesentlichen Vermehrung der Zahlungsströme führen und die versicherungsmathematische Äquivalenz nach der Begründung des Leistungs-versprechens stören. Den Trägern der ergänzenden Altersversorgung dürfen indessen über die durch den Versorgungsausgleich angeordnete, wertneutrale Halbteilung bestehender Anrechte hinaus keine zusätzlichen Leistungspflichten und Risiken aufgebürdet werden, durch die das versicherungsmathematische Gleichgewicht von Deckungsbeitrag und
Leistungsanspruch einseitig zu Lasten des [X.]
verschoben würde. Zwar gibt es keinen verfassungs-rechtlichen Grundsatz, dass einem privatrechtlich organisierten [X.] jede Belastung durch den Versorgungsausgleich erspart bleiben müsse; es fehlt aber an
einer
verfassungsrechtlich tragfähigen
Legitimation dafür, ei-nem privaten Versorgungsträger wegen der Scheidung eines Betriebsangehöri-gen weitergehende wirtschaftliche Belastungen zuzumuten, als dies mit der aufwandsneutralen Umsetzung des Versorgungsausgleichs verbunden ist
(vgl. Senatsbeschlüsse [X.], 32 =
[X.], 775 Rn.
45
ff. und vom 24.
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[X.], 2000 Rn.
18
ff.). Diese für kapi--
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talgedeckte Versorgungen aufgestellten Grundsätze gelten in gleicher Weise für rückstellungsfinanzierte Anrechte aus Direktzusagen
(vgl.
Senatsbeschluss [X.], 32 =
[X.], 775 Rn.
67
f.). Denn die Beurteilung, dass der Versorgungsausgleich bei einer auf das Ende der Ehezeit bezogenen (höheren) Bewertung des Anrechts für den Versorgungsträger nicht kostenneutral [X.] werden kann, wenn dieser nach dem Ende der Ehezeit aus dem unge-kürzten Anrecht vertragsgemäße Leistungen an die ausgleichspflichtige Person erbringt, hängt nicht mit der Finanzierungsform des Anrechts, sondern damit zusammen, dass der Wert des Anrechts als stichtagsbezogener versiche-rungsmathematischer Barwert angegeben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24.
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[X.], 2000 Rn.
21).
bb) Es ist auch nicht möglich, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten aus dem reduziert verbliebenen Anrecht den
auf das Ende der Ehezeit bemessenen
vollen
Ausgleichswert zu übertragen. Wenn ein solcher Ausgleich nicht zu Las-ten des [X.] ginge, hätte dies nämlich zur Folge, dass sich der zwischenzeitliche Rentenbezug aus dem noch ungekürzten Anrecht nach der Scheidung allein zu Lasten des ausgleichspflichtigen Ehegatten auswirkt, indem sein Anrecht nicht nur um den ehezeitlichen Ausgleichswert, sondern zusätzlich um den vollen Barwertverlust während des zwischenzeitlichen Rentenbezuges gekürzt
würde. Der [X.] gebietet aber nicht nur, dass die aus-gleichsberechtigte Person die Hälfte des in der Ehezeit erworbenen Anrechts abzüglich der anteiligen Kosten der Teilung erhält, sondern ebenso, dass der ausgleichspflichtigen Person die Hälfte des von ihm erworbenen Anrechts ab-züglich der anteiligen [X.] verbleibt (Senatsbeschluss [X.], 32 =
[X.], 775 Rn.
51
f.; BT-Drucks. 16/10144 S.
126).
Allein der bestimmungsmäßige Bezug der Rentenleistung rechtfertigt es nicht, der ausgleichspflichtigen Person einen geringeren Anteil an dem im Zeit-9
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punkt der Rechtskraft der Entscheidung noch vorhandenen restlichen Barwert zuzuweisen,
als ihn die ausgleichsberechtigte Person erhielte. Vielmehr ist die zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung über den [X.] eingetretene oder noch zu erwartende Minderung des De-ckungskapitals des zu teilenden Anrechts grundsätzlich im Wege eines gleich-mäßigen Abzugs auf beide
Ehegatten zu verteilen. Um dies zu bewirken, hat es der Senat im Ausgangspunkt gebilligt, den Ausgleichswert anhand des noch vorhandenen restlichen [X.] zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der mutmaßli-chen Rechtskraft zu ermitteln (Senatsbeschlüsse [X.], 32 =
[X.], 775 Rn.
55 und vom 24.
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[X.], 2000 Rn.
22).
b) [X.] wird daher nach der Zurückverweisung der Sache aktuelle Auskünfte zum restlichen Barwert der Versorgungsverpflichtung zu einem Bewertungszeitpunkt einzuholen haben, der zeitnah zu seiner (erneu-ten) Beschlussfassung liegt.
Liegt der zum entscheidungsnahen Zeitpunkt aktualisierte Barwert unter dem Barwert zum Ehezeitende, kann freilich nur noch die Hälfte des in seinem Barwert geminderten [X.]s auf die Ehefrau
übertragen werden. Das wird dem [X.] gerecht, wenn sich die vom Ehemann aus dem noch ungeteilten Anrecht bei der R.
AG bezogenen Leistungen im Rahmen [X.] zugunsten der Ehefrau
ausgewirkt haben. Hat die Ehefrau
demgegenüber seit dem Ende der Ehezeit von den (ungekürzten) [X.] in unterhaltsrechtlicher Hinsicht nicht profitiert, kann der [X.] durch den Ausgleich des im Entscheidungszeitpunkt noch vorhandenen [X.] nicht vollständig erfüllt werden. In diesem Fall sind die gesetzlich eröffneten Korrekturmöglichkeiten zu prüfen. Insbesondere kann 11
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der [X.] dann dadurch
verwirklicht werden, dass die Gegenan-rechte der Ehefrau bei der [X.], die in umgekehrter Richtung [X.] wären, ganz oder teilweise gemäß §
27 [X.] vom Versorgungs-ausgleich ausgenommen werden, soweit die gesamten Umstände des Einzel-falls dies rechtfertigen (Senatsbeschlüsse [X.], 32 =
[X.], 775 Rn.
58
f. und vom 24.
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[X.], 2000 Rn.
26). Hierzu hat das Beschwerdegericht

aus seiner Sicht folgerichtig

bislang noch keine Feststellungen getroffen.
3. Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht zugleich Gelegen-heit, die Angemessenheit der [X.] zu überprüfen (vgl. [X.] vom 18.
März 2015

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[X.], 913 Rn.
11
ff. und

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vom 25.
März 2015

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[X.], 916
Rn.
8
ff.). Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose

Schilling

Nedden-Boeger

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.03.2014 -
4 [X.]/12 S -

OLG Frankfurt in [X.], Entscheidung vom 07.08.2014 -
6 UF 109/14 -

Meta

XII ZB 465/14

21.06.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.06.2017, Az. XII ZB 465/14 (REWIS RS 2017, 9311)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9311

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