Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2011, Az. XII ZR 159/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 722

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 159/09
Verkündet am:

7.
Dezember 2011

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1581; ZPO § 323;
FamFG § 238
a)
Zur (hier verneinten) Präklusion von Tatsachen, nachdem eine Abänderungsklage gegen ein Urteil über laufenden nachehelichen Unterhalt abgewiesen wurde.
b)
Zur Berücksichtigung der nach Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen ent-standenen Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten als sonstige Ver-pflichtung im Rahmen der Leistungsfähigkeit (im [X.] an Senatsurteil vom 7.
Dezember 2011 -
XII
ZR
151/09
-
zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt).
[X.], Urteil vom 7. Dezember 2011 -
XII ZR 159/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
Dezember
2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und [X.], [X.], [X.] und Dr. Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die [X.]revision des [X.]
wird das Urteil des 9.
Zivilsenat
-
2.
Senat für Familiensa-chen
-
des [X.] vom 30.
September 2009 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung -
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens
-
an das Ober-landesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie haben eine 1990 geborene Tochter und heirateten 1991. Sie trennten sich im Dezember 1998. Die Ehe wurde auf den im Juli 1999 zugestellten Scheidungsantrag geschieden. Die Scheidung ist seit November
2001
rechtskräftig.
Der 1948
geborene Kläger ist Handwerksmeister und mit seinem [X.] Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Kälteanlagenbau betreibt. [X.] überließ
der Kläger seinem [X.], dem er nach dessen Meisterprüfung im Jahr 1999 zunächst eine hälftige Gewinnbeteiligung am Be-1
2
-
3
-
trieb eingeräumt hatte, eine weitere Gewinnbeteiligung. Der Kläger ist wieder-verheiratet
und wohnt im eigenen Haus. Seine Ehefrau ist arbeitslos.
Die 1961 geborene Beklagte hatte vor der Eheschließung eine Ausbil-dung zur Bürokauffrau abgeschlossen. Während der Ehe war sie bis 1994 als Angestellte im öffentlichen Dienst tätig. Danach war sie zeitweilig im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung im Betrieb des [X.] angestellt. Außerdem absolvierte sie eine Ausbildung zur staatlich geprüften Kosmetikerin. Zeitweise betrieb sie ein Kosmetikstudio und einen Naturkostladen. Nach der Trennung nahm sie an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teil und arbeitete seit 2001 halbschichtig als Bürofachkraft. In der Folgezeit war sie wiederholt arbeitslos. [X.] zog sie mit der Tochter auf die Insel B.

und scheiterte dort mit dem Versuch, eine selbstständige Tätigkeit in der Wellnessabteilung eines Hotels aufzubauen.
Daran schloss sich ein Verbraucherinsolvenzverfahren an.
Die Tochter der Parteien bewohnt seit September 2006 eine eigene Wohnung und wird vom Kläger unterhalten.
Der nacheheliche Unterhalt ist durch das Urteil des Berufungsgerichts vom 22.
Januar
2003 auf laufend monatlich 1.402,50

anschließende Abänderungsklage des [X.] wurde aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4.
Oktober
2006 vom Amtsgericht
abgewiesen. Seine hierge-gen eingelegte Berufung nahm der Kläger nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18.
April 2007 zurück.

Mit der vorliegenden Abänderungsklage erstrebt der Kläger, an die Be-klagte
ab der im Oktober 2008 eingetretenen Rechtshängigkeit seiner Klage keinen nachehelichen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Ferner hat er in der Berufungsinstanz die Rückzahlung überzahlten Unterhalts geltend gemacht. Der Kläger beruft sich auf
eine krankheitsbedingte Einkommensreduzierung. 3
4
5
6
-
4
-
Die Übertragung einer weitergehenden Gewinnbeteiligung
auf seinen [X.] sei ebenfalls krankheitsbedingt
erfolgt.
Die Beklagte komme ihrer Erwerbsoblie-genheit nicht nach.

Das Amtsgericht
hat die Abänderungsklage
abgewiesen. Auf die Beru-fung des [X.] hat das Berufungsgericht den Unterhalt der Höhe nach [X.] lassen, aber bis einschließlich 31.
Dezember
2011 begrenzt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Revision, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Der Kläger will mit der [X.]revision eine frühere Redu-zierung des Unterhalts
erreichen.

Entscheidungsgründe:
Für das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3.
November 2010 -
XII
ZB
179/10
-
FamRZ 2011, 100
Rn.
10).
Die Revision der Beklagten beschränkt sich -
übereinstimmend mit der nur eingeschränkten Revisionszulassung (vgl. Senatsurteile [X.] 179, 43 =
[X.], 406
Rn.
11 mwN und vom 27.
Mai
2009 -
XII
ZR
78/08
-

FamRZ
2009, 1300 Rn.
17)
-
auf den Zeitraum nach Ablauf der Befristung mit dem 31.
Dezember
2011.
Die Beklagte ist auch nur in diesem Umfang durch das Berufungsurteil
beschwert. Auf die [X.]revision des [X.]
ist
das Berufungsurteil
hingegen auch für den vorausgegangenen Zeitraum zu überprü-fen (vgl. §
554 Abs.
2 Satz
1 ZPO;
[X.] Urteil vom 22.
März 2006

VIII
ZR
173/04
-
NJW-RR 2006, 1328, 1329 mwN).
7
8
9
-
5
-
Revision und [X.]revision haben Erfolg und führen zu einer voll-ständigen Aufhebung des Berufungsurteils.

I.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in [X.], 318 veröffentlicht ist, scheitert eine Reduzierung der titulierten Unter-haltsverpflichtung daran, dass der Kläger eine Verringerung des Einkommens nicht substantiiert vorgetragen habe. Die Beteiligungsverhältnisse und [X.] des Familienbetriebes seien nicht im Einzelnen dargelegt worden. Vorsorgeaufwendungen hätten konkret dargelegt und belegt werden müssen. Eine Einkommensprognose anhand des Einkommens der letzten drei Jahre lasse sich anhand des lediglich für das [X.] vorgelegten Steuerbe-scheids nicht treffen. Soweit der Kläger die Vernehmung seines Steuerberaters beantragt habe, richte sich der Antrag auf Ausforschung und sei damit unzuläs-sig.
Das Hinzutreten eines weiteren Unterhaltsberechtigten stelle zwar grundsätzlich einen Abänderungsgrund dar. Der Kläger habe jedoch die Bedürf-tigkeit seiner Ehefrau nicht hinreichend belegt. Der [X.] der Tochter stelle keinen tauglichen Abänderungsgrund dar, weil er wegen der durchgängigen Barunterhaltspflicht des [X.] dessen [X.] nicht beeinflusst habe.
Auf den Einwand, die Beklagte sei unterhaltsrechtlich zur Aufnahme ei-ner vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet, könne der Kläger seine Abänderungs-klage nicht stützen, weil dieser Einwand
nach §
323 Abs.
2 ZPO präkludiert sei. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Amts-10
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-
6
-
gericht im letzten Abänderungsverfahren. Der Auffassung, dass es auf die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren ankomme, wenn die Berufung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werde, sei nicht zu folgen. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 4.
Oktober
2006 habe bereits eine Obliegenheit der Beklagten zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit bestanden. Die Tochter habe ihr 15.
Le-
bensjahr schon im März 2005 beendet, sodass die Kindererziehung die [X.] nicht mehr an der Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert habe.
Der [X.] des [X.] greife hingegen durch. Eine Präklu-sion dieses Einwands sei nicht eingetreten. Es sei zu beachten, dass der Ge-setzgeber die Befristung des nachehelichen Unterhalts neu geregelt habe. Eine nachträgliche Gesetzesänderung eröffne die Abänderungsklage, ohne dass es auf eine
Veränderung der tatsächlichen Umstände ankomme. Die Übergangs-regelung in §
36 Nr.
1 und 2 EGZPO stehe dem nicht entgegen. Die [X.], dass das [X.] vom 21.
Dezember 2007 in-soweit keine neue Abänderungsmöglichkeit mehr eröffne, sei nicht überzeu-gend. Es sei unbillig, den Parteien im Nachhinein vorzuhalten, sie hätten bereits
im Erstverfahren kurz vor der erwarteten und diskutierten Unterhaltsreform der Entwicklung der Rechtsprechung des [X.] Rechnung tragen müssen.
Ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch sei unbillig. Ins Gewicht fal-lende ehebedingte Nachteile habe die Beklagte nicht erlitten. Sie habe nach der Trennung wieder halbschichtig in ihrem früheren Tätigkeitsbereich gearbeitet. Soweit sie sich beruflich umorientiert habe
und damit gescheitert sei, falle dies nicht in den Verantwortungsbereich des [X.]. Vielmehr sei davon auszuge-hen, dass sie die halbschichtige Tätigkeit im Bürobereich mit zunehmendem
14
15
-
7
-
Alter des Kindes zu einer Vollzeittätigkeit habe aufstocken können. Ein Nachteil in der Altersversorgung sei zwar ausweislich des abzuändernden Urteils nicht durch den Versorgungsausgleich
ausgeglichen worden, habe aber kein so er-hebliches Gewicht, dass die Befristung ausgeschlossen wäre.
Die Ehe der Parteien habe bis zur Rechtshängigkeit des [X.] ca. acht Jahre und zwei Monate gedauert. Hinzu komme aber die Betreu-ung der Tochter bis zur Vollendung des 15.
Lebensjahres. Ob diese Betreuung durch dritte Personen stattgefunden und die Tochter einen Ganztagskindergar-ten besucht
habe, sei nicht entscheidend. Auf der anderen Seite habe der
Klä-ger seit Januar 2001 nachehelichen Unterhalt gezahlt, sodass eine Befristung des Unterhalts bis Ende 2011 angemessen sei. Die Beklagte habe Gelegenheit gehabt, durch eine Verstärkung ihrer Erwerbsbemühungen eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit zu erreichen und ihren Lebenszuschnitt auf die [X.] Verhältnisse einzustellen. Die
Befristung sei ihr auch nach §
36 Nr.
1
EGZPO zumutbar.

II.
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage
richtet sich nach §
323 ZPO aF. Sie ist im vorliegenden Fall gegeben. Der Kläger hat sich zur Begründung der Abänderungsklage auf gesunkene Einkünfte berufen, ferner auf eine nach Wiederverheiratung hinzugekommene weitere Unterhaltspflicht gegenüber [X.] Ehefrau. Bei beiden Umständen handelt es sich um neue Tatsachen, die nach dem vorausgegangenen Abänderungsverfahren eingetreten
sind (vgl. Se-16
17
18
-
8
-
natsurteile
vom 29.
September 2010 -
XII
ZR
205/08
-
[X.], 1884 Rn.
11
f. und vom 8.
Juni 2011 -
XII
ZR
17/09
-
FamRZ 2011, 1381 Rn.
16).
2. Das Berufungsgericht hat den Einwand der vollschichtigen Erwerbsob-liegenheit für präkludiert gehalten. Dem kann nicht gefolgt werden. Solches stünde auch im Widerspruch zu seiner Ansicht, dass der Anspruch sich insge-samt aus §
1573 Abs.
2 BGB ergeben soll.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats setzt der Anspruch auf Aufsto-ckungsunterhalt voraus, dass der Unterhalt begehrende geschiedene Ehegatte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder aber ausüben kann (Senatsurteile vom 10.
November 2010 -
XII
ZR
197/08
-
FamRZ 2011, 192 Rn.
16; vom 26.
Oktober 2011 -
XII
ZR
162/09
-
zur Veröffentlichung be-stimmt
-
und vom 16.
Dezember 1987 -
IVb
ZR
102/86
-
FamRZ 1988, 265, 266). Demnach könnte sich der Unterhaltsanspruch aber nicht vollständig aus §
1573 Abs.
2 BGB
ergeben, sondern zum Teil nur aus anderen Anspruchs-grundlagen.
b) Eine Präklusion des Einwands der vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht eingetreten.
Nach §
323 Abs.
2 ZPO (entsprechend §
238 Abs.
2 FamFG) kann die Klage nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind.
Übereinstimmend mit der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es hier auf den Schluss der mündli-chen
Verhandlung an, auf die das -
letzte
-
Sachurteil ergangen ist
(Senatsurteil vom 17.
Mai 2000 -
XII
ZR
88/98
-
FamRZ 2000, 1499). Die Verhandlung in der Berufungsinstanz ist nur dann maßgeblich, wenn das Berufungsgericht in der Sache entscheidet, nicht hingegen, wenn die Berufung -
vor oder nach [X.] Verhandlung
-
zurückgenommen wird. Durch die [X.] 19
20
21
-
9
-
wird der Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz wieder zum maßgebenden Zeitpunkt
im Sinne von §
323 Abs.
2 ZPO
(Senatsurteil [X.] 96, 205, 211 =
FamRZ 1986, 43, 44; [X.] FamRZ 1989, 304 unter unzutreffender Berufung auf das Senatsurteil vom 27.
Januar 1988

IVb
ZR
14/87
-
FamRZ 1988, 493).

Das Urteil kann nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch das eine
vorausgegangene Abänderungsklage abweisende
Urteil sein.
Nach der Rechtsprechung des Senats kann §
323 ZPO auch bei klageabweisenden Urteilen zur Anwendung kommen, wenn diese -
im Rahmen der Überprüfung der ursprünglichen Prognose
-
die künftige Entwicklung der Verhältnisse vo-rausschauend berücksichtigen. Eine spätere Abänderungsklage stellt dann abermals die Geltendmachung einer von der (letzten) Prognose abweichenden Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das [X.] vorsieht, um die (erneute) Anpassung an die veränderten [X.] zu ermöglichen (vgl. Senatsurteile
vom 20.
Februar 2008 -
XII
ZR
101/05
-
FamRZ 2008, 872, 873 und vom 28.
März 2007 -
XII
ZR
163/04
-
FamRZ 2007, 983, 984).
Die Präklusion geht dann aber nicht weiter als die Rechtskraftwirkung des Urteils, zu deren Ermittlung auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind
(vgl. Senatsurteile vom 20.
Februar 2008 -
XII
ZR
101/05
-
FamRZ 2008, 872, 873 und
vom
3.
November 2004 -
XII
ZR
120/02
-
FamRZ 2005, 101, 102
f.). Im vorliegenden Fall hatte
das Amtsgericht in dem die [X.] abweisenden früheren Urteil aber jedenfalls nach dem seinerzeit schon er-folgten [X.] der Tochter einen Betreuungsunterhalt als nicht mehr geschuldet bezeichnet
und eine Vollzeiterwerbsobliegenheit der [X.]n nicht in Frage gestellt. Es hat die Klage vielmehr abgewiesen, weil der Klä-ger das Vorbringen zu seinem Einkommen nicht an dem [X.] des 22
23
-
10
-
Oberlandesgerichts
ausgerichtet habe
und die Klage daher unschlüssig sei. Es enthält somit keine aktualisierte, der Vollzeiterwerbstätigkeit entgegen stehende Prognoseentscheidung.
Dementsprechend lässt sich dem Urteil auch nicht ent-nehmen, dass die Beklagte fortan etwa teilweise wegen Erwerbslosigkeit unter-haltsberechtigt sei, sodass sich keine Präklusion für den Kläger ergibt.
c)
Aufgrund der unzutreffenden Annahme einer Präklusion hat sich für das Berufungsgericht
die Frage eines teilweisen Unterhalts wegen Erwerbslo-sigkeit nach §
1573 Abs.
1 BGB
nicht gestellt. Zwar sprechen seine Ausführun-gen zur Befristung des Unterhalts gegen einen solchen Anspruch
und dürfte auch der Prozessvortrag der insoweit darlegungs-
und beweispflichtigen Be-klagten
(vgl. Senatsurteil vom 31.
Januar
1990 -
XII
ZR
36/89
-
FamRZ 1990, 496, 497 mwN)
nicht ausreichend sein. Da das Berufungsgericht
indessen mit der fortgeschriebenen
Unterhaltsberechnung
von einer Obliegenheit zu
einer nur
teilschichtigen Erwerbstätigkeit ausgegangen ist, bestand für die Beklagte, auch wenn sie Bewerbungsunterlagen vorgelegt hat, insoweit keine Veranlas-sung zu einem eingehenden Sachvortrag, wozu ihr noch Gelegenheit gegeben werden muss.
Demnach mangelt es dem Berufungsurteil an für die Bestimmung des [X.] notwendigen Feststellungen.
3. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Bedarf nach §
1578 Abs.
1 BGB bleiben ebenfalls nicht frei von Bedenken, was zum Teil mit den bereits aufgezeigten Beanstandungen zusammenhängt.
a) Das Berufungsgericht hat übereinstimmend mit dem Amtsgericht den Vortrag des [X.] zu einem gegenüber dem Vorprozess gesunkenen Ein-kommen für nicht substantiiert und den Antrag auf
Vernehmung des Steuerbe-raters als [X.] für unzulässig gehalten.
24
25
26
27
-
11
-
Es
entspricht im Ausgangspunkt der Rechtsprechung
des Senats, dass Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit jedenfalls in dem Fall, dass den [X.] die Darlegungs-
und Beweislast trifft, so detailliert darzulegen sind, dass eine Trennung von unterhaltsrechtlich beachtlichen und -
etwa im Unterschied zum Einkommensteuerrecht
-
unbeachtlichen Positionen möglich ist (Senatsurteil vom 23.
April
1980 -
IVb
ZR
510/80
-
FamRZ 1980, 770
zur Leistungsfähigkeit nach §
59 [X.]; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
44). Das gilt ebenfalls, wenn es sich um eine Abänderungsklage des Unterhaltspflichtigen handelt,
und erst recht, wenn
bereits der Ausgangstitel auf einer derart detaillierten Einkommensermitt-lung basiert, wie es hier der Fall ist.
Auch dann ist der Kläger
für eine Reduzie-rung seines Einkommens darlegungs-
und beweisbelastet
und kann die not-wendige Darlegung nicht durch das Beweisangebot der Vernehmung eines Steuerberaters als Zeugen ersetzt werden ([X.]/[X.] aaO §
1 Rn.
44 mwN).
Allerdings rügt die [X.]revision
zu Recht, dass das Vorbringen des [X.]
den vom Berufungsgericht
gestellten Anforderungen jedenfalls teilweise genügt hat, ohne dass dies vom Berufungsgericht
berücksichtigt worden ist. Die vom Berufungsgericht
vermissten Geschäftsergebnisse des Handwerksbetriebs hat der Kläger
ebenso wie die vereinbarte Gewinnbeteiligung (zunächst 35%, später 5%) durch Vorlage von
Bescheinigungen seines Steuerberaters vorge-tragen. Diese weisen die auf den Kläger
entfallenden Gewinnanteile für die [X.] 2005 bis 2007 aus
und sind in der Berufungsinstanz ergänzt und teilweise erläutert worden.
Insoweit hätte es zumindest eines -
ggf. mit Auflagen verbundenen
-
gerichtlichen Hinweises bedurft, in welchen Punkten das Beru-fungsgericht
weiteren Sachvortrag des [X.]
erwartete. Die Begründung des amtsgerichtlichen Urteils ersetzte einen Hinweis nicht, schon weil der Kläger sein Vorbringen in der Berufungsinstanz nachgebessert hat.
28
29
-
12
-
b) Das vom Berufungsgericht aus dem [X.] übernommene Einkommen der Beklagten kann nach dem oben zum [X.] Ausgeführten nicht bestehen bleiben. Der Kläger ist aufgrund des vorausge-gangenen Abänderungsverfahrens mit dem Einwand der weitergehenden [X.] nicht präkludiert.
Vielmehr ist die Beklagte sowohl für die Voraus-setzungen des [X.] als auch für ihre Bedürftigkeit darlegungs-
und beweisbelastet. Sollte ein
neben dem Aufstockungsunterhalt allein in [X.] kommender
(Teil-)Anspruch
der Beklagten aus §
1573 Abs.
1 BGB nicht bestehen, wäre
anstelle der vom Berufungsgericht aus dem Vorprozess fortge-schriebenen Berechnung mit einem Einkommen der Beklagten aus teilschichti-ger Tätigkeit ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger
Tätigkeit zugrunde zu legen.
4. Auch im Hinblick auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des [X.] begegnet das Berufungsurteil
durchgreifenden Bedenken.
Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass das Hinzutreten eines weiteren Unterhaltsberechtigten grundsätzlich einen zu berücksichtigenden Abänderungsgrund darstellt. [X.] durfte es nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kläger die Bedürftigkeit seiner Ehefrau nicht hinreichend belegt habe.
Nach §
1581 Satz
1 BGB braucht der Verpflichtete, der nach seinen Er-werbs-
und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs-
und Vermö-gensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht.
30
31
32
33
-
13
-
Eine sonstige Verpflichtung in diesem Sinne ist auch eine weitere Unter-haltspflicht. Zwar darf nach der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsge-richts bei der Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine Unterhaltspflicht gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten nicht berück-sichtigt werden ([X.] FamRZ 2011, 437). Darauf, dass die
Unterhaltspflicht erst nach der Scheidung entstanden ist und sie mit der geschiedenen Ehe
und deren Lebensverhältnissen nicht vereinbar ist, kommt es bei der Bestim-mung der Leistungsfähigkeit aber nicht an. Allerdings muss es sich bei dem hinzugetretenen Unterhalt um eine dem Geschiedenenunterhalt zumindest gleichrangige Verpflichtung handeln (Senatsurteil vom 7.
Dezember 2011

XII
ZR
151/09
-
zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt).
Ob der Unterhalt der heutigen Ehefrau dem der Beklagten nach §
1609 Nr.
2, 3 BGB gleich-
oder vorrangig ist, ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsurteils nicht.
Die Darlegungs-
und Beweislast für die Voraussetzungen des hinzuge-tretenen Unterhaltsanspruchs trägt der Unterhaltspflichtige
(Senatsurteil vom 7.
Dezember 2011 -
XII
ZR
151/09
-
zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt), wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist. Die [X.]revision be-anstandet hingegen zu Recht, dass das Berufungsgericht die Bedürftigkeit der Ehefrau nicht für belegt gehalten hat.
Der Vortrag des [X.]
zum Einkommen der Ehefrau (zunächst Erwerbseinkommen, später Arbeitslosengeld) war aber ohne weiteres so zu verstehen, dass weitere Einkommensquellen nicht vorhan-den sind. Das ergibt sich für ein mögliches Arbeitseinkommen schon aus den Voraussetzungen der Bewilligung von Arbeitslosengeld nach §§
117
ff. SGB
III. Für das Entstehen eines Unterhaltsanspruchs genügt es zudem, dass das Ein-kommen der Ehefrau unter dem des [X.] liegt (zur Beurteilung des
konkurrierenden Unterhaltsanspruchs nach den für den nachehelichen Unter-halt geltenden Maßstäben s. Senatsurteile
vom 7.
Dezember 2011 34
35
-
14
-

XII
ZR
151/09
-
zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt
-
und [X.] 183, 197 =
[X.], 111 Rn.
46
ff.).

An der mangelnden Bedürftigkeit der Ehefrau hätte deren [X.] demnach nur scheitern können, wenn diese außerhalb des Einkommens aus nicht selbstständiger Tätigkeit und Arbeitslosengeld
über erhebliche weitere Einkünfte, etwa aus Kapitalvermögen verfügen würde
(zur Behandlung des [X.] des neuen Ehegatten entsprechend den für den Geschiede-nenunterhalt geltenden Maßstäben s. Senatsurteile
vom 7.
Dezember 2011

XII
ZR
151/09
-
zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt
-
und [X.] 183, 197 =
[X.], 111). Selbst wenn aber ein solches Verständnis nicht zwingend gewesen wäre, hätte das Berufungsgericht -
wie die [X.]revision zutref-fend rügt
-
nach §
139 Abs.
2 Satz
1 ZPO darauf hinweisen müssen, dass in-soweit weiterer Vortrag des [X.] erforderlich sei.

Da das Berufungsgericht sowohl hinsichtlich des Unterhaltsrangs als auch bezüglich der [X.] der heutigen Ehefrau keine ausrei-chenden Feststellungen getroffen hat, ist für die Revisionsinstanz zu unterstel-len, dass diese unterhaltsbedürftig und ihr Unterhalt dem der Beklagten zumin-dest gleichrangig ist. In diesem Fall ist die hinzugetretene Unterhaltspflicht aber bei der Anpassung des [X.] unter dem Gesichtspunkt der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.] vom 7.
Dezember 2011 -
XII
ZR
151/09
-
zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt).
5. a) Den Einwand der Befristung hat das Berufungsgericht
nicht durch die Entscheidung im vorausgegangenen Abänderungsverfahren für ausge-schlossen gehalten und hat hier auf die seit 1.
Januar 2008 geltende [X.] als Abänderungsgrund abgestellt. Das stimmt zwar nicht mit der -
nach 36
37
38
-
15
-
dem Erlass des Berufungsurteils ergangenen
-
Rechtsprechung des Senats überein, erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist allerdings mit der gesetzlichen Neuregelung zum 1.
Januar 2008 im Hinblick auf die Befristung des [X.] keine materielle Rechtsänderung verbunden gewesen. Wurde ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß §
1573 Abs.
2 BGB nach [X.] vom 12.
April
2006 (XII
ZR
240/03
-
FamRZ 2006, 1006) durch Urteil festgelegt, so ergibt sich weder aus der
anschließenden Se-natsrechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des §
1578
b BGB am 1.
Ja-
nuar 2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse ([X.] vom 29.
September 2010 -
XII
ZR
205/08
-
[X.], 1884 Rn.
18
ff. und
[X.] 183, 197 =
[X.], 111). Das gilt auch dann, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, die von der Unterhaltsberechtigten betreut wurden
(Senatsurteil vom 29.
September 2010 -
XII
ZR
205/08
-
[X.], 1884 Rn.
30
ff.).
Die genannten Entscheidungen des Senats beziehen sich indessen zum einen auf Fälle, in
denen die Gesetzesänderung als -
im wesentlichen
-
einziger Abänderungsgrund angeführt wurde. Der vorliegende Fall liegt allerdings schon insofern anders, als es sich bei dem im Ausgangsverfahren zugesprochenen Unterhalt nicht ausschließlich um Aufstockungsunterhalt nach §
1573 Abs.
2 BGB handelte, sondern zum Teil um Betreuungsunterhalt
nach §
1570 BGB, der einer Befristung nicht zugänglich war
(zum Verhältnis von Herabsetzung und Befristung in Bezug auf die Präklusion vgl. Senatsurteil vom 23.
November 2011
-
XII
ZR
47/10
-
zur Veröffentlichung bestimmt). Durch die Abweisung der zwischenzeitlichen Abänderungsklage im Jahr 2006 ist insoweit keine neue Grundlage geschaffen
worden, weil das Urteil des Amtsgerichts -
wie oben nä-her begründet worden ist
-
insoweit keine Rechtskraftwirkung entfaltet hat.
39
40
-
16
-
Demnach haben sich hier andere wesentliche Umstände verändert, die eine Neubewertung der Befristung nach §
1578
b BGB
erfordern. Auch die Wiederverheiratung des [X.] kann in diesem Zusammenhang Berücksichti-gung finden, wenn sie nicht bereits im Rahmen der Neubemessung der [X.] Niederschlag gefunden hat (vgl. [X.] FamRZ 2011, 437 Rn.
20; Senatsurteil vom 30.
März
2011 -
XII
ZR
63/09
-
FamRZ
2011, 875
Rn.
23).
b) Ob die Befristung und die
hierfür angeführten Erwägungen, welche von der Revision
nicht angegriffen worden sind, in der Sache Bestand haben, hängt indessen von den noch nachzuholenden Feststellungen zum Unterhalts-tatbestand ab
(vgl. Senatsurteil vom 27.
Mai
2009 -
XII
ZR
78/08
-
[X.], 1300 Rn.
42, 62).
41
42
-
17
-
III.
Das Berufungsurteil
ist demnach aufzuheben. Der Senat ist wegen der noch nachzuholenden Feststellungen nicht in der Lage, in der Sache abschlie-ßend zu entscheiden.

Hahne

[X.]

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.03.2009 -
9 [X.]/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 30.09.2009 -
9 [X.]/09 -

43

Meta

XII ZR 159/09

07.12.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2011, Az. XII ZR 159/09 (REWIS RS 2011, 722)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 722

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 159/09

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