Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2010, Az. III ZR 315/09

III. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5483

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[X.] BESCHLUSS [X.]/09 vom 24. Juni 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 839 B, [X.] Zur Beachtlichkeit einer [X.] für einen Amtsträger, wenn diese wegen einer Befristung außer [X.] getreten ist und nicht durch eine andere ersetzt wurde. [X.], Beschluss vom 24. Juni 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 24. Juni 2010 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 4. Novem-ber 2009 - I-11 U 15/09 - gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuwei-sen. Die Klägerin erhält Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses Stellung zu nehmen. Gründe: [X.] Die klagende Versicherungsgesellschaft nimmt den Beklagten aus über-gegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers auf Schadensersatz wegen eines Brands in Anspruch, der am 16. November 2007 in einem in M. ge-legenen Wohngebäude ausgebrochen ist. Der Brand entstand durch Hitzeüber-tragung von dem im Flur des ersten Obergeschosses stehenden Kaminofen und dessen Ofenrohr auf die dahinter liegende Wand. Der Beklagte, der den Kaminofen am 12. Februar 2007 in seiner Eigenschaft als örtlich zuständiger Bezirksschornsteinmeister geprüft und abgenommen hatte, hatte bei seiner Prüfung den zwischen dem Ofenrohr und der gemauerten Wand bestehenden 1 - 3 - Abstand von (nur) 8,5 cm für unbedenklich erachtet. Die Klägerin hält die [X.] des Beklagten für rechtsirrig. Ihrer Meinung nach wäre der festgestellte Abstand aufgrund der einschlägigen Bestimmungen nur dann ausreichend ge-wesen, wenn die Wand mit einer Papiertapete verkleidet gewesen wäre. Bei der vorhandenen, aus Vinyl gefertigten und zudem überstrichenen Tapete wäre ein größerer Abstand einzuhalten gewesen. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. 2 I[X.] Der Senat ist davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Zulas-sung der Revision nicht vorliegen und diese keine Aussicht auf Erfolg hat. 3 1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. 4 Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf das von ihm [X.] Vorliegen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung "gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPOfi zugelassen. In der Sache hat es das Vorliegen einer objektiven Amtspflichtverletzung für nicht zweifelsfrei erachtet und die Haftung des [X.] jedenfalls wegen mangelnden Verschuldens abgelehnt. Ob aber der [X.] in der hier zu beurteilenden konkreten Situation schuldhaft gehandelt hat, weil er hätte erkennen können und müssen, dass der Kaminofen oder das O-fenrohr im Widerspruch zu den einschlägigen Vorschriften angebracht war und deshalb eine erhöhte Brandgefahr bestanden hat, ist eine Frage der [X.] - 4 - bezogenen tatrichterlichen Würdigung, die den Zulassungsgrund der grundsätz-lichen Bedeutung und auch den der Fortbildung des Rechts nicht zu begründen vermag. Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht erkennbar an der Recht-sprechung des [X.] orientiert. Der Zulassungsgrund der Diver-genz ist deshalb ebenfalls nicht gegeben. 2. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. 6 a) Das Berufungsgericht ist bei der Prüfung des Verschuldens des [X.]n von den vom [X.] formulierten Maßstäben ausgegangen. Grundsätzlich muss sich jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes not-wendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse verschaffen. Bei der [X.] und Rechtsanwendung hat er die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegung sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet einen Schuldvorwurf. Dies gilt ins-besondere in Fällen, in denen die objektiv unrichtige Rechtsanwendung eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt - bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall - zweifelhaft sein kann und noch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - [X.]/04 - NJW 2005, 748, 749 m.w.N.). 7 - 5 - b) Der Beklagte hatte bei seiner nach § 43 Abs. 7 BauO [X.] durchge-führten Überprüfung zu berücksichtigen, dass nach § 17 Abs. 1 BauO [X.] bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen unter Berücksichti-gung insbesondere der Brennbarkeit der Baustoffe so beschaffen sein müssen, dass der Entstehung eines Brandes oder der Ausbreitung von Feuer und [X.] vorgebeugt wird. Nach § 8 der Feuerungsverordnung [X.] müssen zu Bautei-len aus brennbaren Baustoffen bestimmte näher beschriebene Abstände [X.] werden. 8 Das Berufungsgericht ist des Weiteren zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte bei seiner Tätigkeit die [X.] zur Landes-bauordnung des [X.], Kultur und Sport vom 12. Oktober 2000 ([X.]. [X.] S. 1432) zu beachten hatte, die als allgemeine Weisung nach § 9 Abs. 2 Buchst. a [X.] [X.] erlassen wurde. Die [X.] war zwar, was das Berufungsgericht nicht angesprochen hat und von der Revision beanstandet wird, bis zum 31. Dezember 2005 befristet und damit zum Zeitpunkt der hier durchgeführten Untersuchung formal außer [X.] getreten. Sie ist jedoch nicht durch eine andere [X.] er-setzt worden. In dieser Situation können (müssen) die mit der Durchführung und Überwachung der Bauordnung betrauten Stellen und Behörden davon [X.], dass sich die Auffassung der obersten Bauaufsichtsbehörde zu den in der [X.] gemachten Aussagen auch nach deren Auslaufen nicht geändert hat (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Heinz/Czepuck, BauO [X.], 11. Aufl., § 17 Rn. 1a). Dabei darf insbesondere bei "sicherheitsrelevanten" Fragen wie denen des Brandschutzes erwartet werden, dass die oberste Bau-aufsichtsbehörde, wenn und soweit die Nichtverlängerung der Geltungsdauer der [X.] auf einer anderen Bewertung der Gefahrenlage beru-hen sollte, darauf schon vor Erlass einer neuen [X.] in [X.] - 6 - neter Weise (Rundschreiben, Runderlasse etc.) hinweist, um zukünftigen Brandgefahren zu begegnen. Zu § 17 BauO [X.] verweist die [X.] hinsichtlich der verwendeten brandschutztechnischen Begriffe und der zugehörigen Prüfbe-stimmungen auf die [X.] 4102-4 - Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen. Zugleich bestimmt sie, dass die Bekleidung und die Oberfläche von Bauteilen, die nichtbrennbar oder schwerentflammbar sein müssen, sowie deren Oberflächenbehandlung grundsätzlich in die Beurteilung der Brennbarkeit mit einzubeziehen sind, es sei denn, es handelt sich um Beschichtungen bis 0,5 mm Dicke, um Anstriche oder um Tapeten auf Mauerwerk, Beton oder mi-neralischen Putzen. 10 Bei einem Mauerwerk handelt es sich um einen nicht brennbaren Stoff nach Nr. 2.2.1 der [X.] 4102-4. In der Vorbemerkung der [X.] 2102-4 2.2. ist darauf hingewiesen, dass die Baustoffklasse auch dann erhalten bleibt, wenn die Baustoffe oberflächlich mit Anstrichen auf Dispersions- oder Alkydharzbasis oder mit üblichen Papierwandbekleidungen (Tapeten) versehen sind. Damit steht die Definition für nicht brennbare Stoffe nach der [X.] 4102-4 in einem Widerspruch zur [X.] zu § 17 BauO [X.], die eine Differen-zierung der Tapeten im Hinblick auf das Material, aus dem sie hergestellt sind, nicht vornimmt. 11 - 7 - c) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, es treffe den [X.]n keinen [X.], wenn er sich allein an der [X.] zu § 17 BauO und nicht auch an der [X.] 4102-4 orientiert und auf-grund dessen den Abstand von 8,5 cm für ausreichend erachtet habe, ist revisi-onsrechtlich nicht zu beanstanden. 12 In der [X.], die als Weisung im Sinne des § 9 Abs. 2 [X.] [X.] von den zuständigen Stellen und Behörden vorrangig zu beachten ist, wird die [X.] 4102-4 lediglich zur Baustoffbezeichnung in Bezug genommen. Der Beklagte als Bezirksschornsteinmeister musste nicht in Betracht ziehen, dass hinsichtlich der Einschätzung der Brandgefahr bei mit Tapeten versehe-nem Mauerwerk ergänzend auf die Festsetzungen der [X.] 4102-4 zurückge-griffen werden muss. 13 Da die [X.] keine nähere Beschreibung oder Differen-zierungen der verschiedenen Tapetenarten vornimmt, ist auch die Würdigung des Berufungsgerichts frei von [X.], der Beklagte habe sich nicht ver-anlasst sehen müssen, den Fragen der Entflammbarkeit und des [X.] [X.] nachzugehen. 14 - 8 - Mangels Verschuldens scheidet ein allein in Betracht kommender Scha-densersatzanspruch nach § 839 BGB gegen den Beklagten aus. 15 [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.11.2008 - 1 O 219/08 - [X.], Entscheidung vom 04.11.2009 - I-11 U 15/09 -

Meta

III ZR 315/09

24.06.2010

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2010, Az. III ZR 315/09 (REWIS RS 2010, 5483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5483

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III ZR 315/09

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