Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2012, Az. 5 StR 221/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 5411

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5 [X.]/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 20. Juni 2012
in der Strafsache
gegen

wegen erpresserischen [X.] u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 20. Juni 2012
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.]s [X.] vom 3. Januar 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben. Davon ausge-nommen sind die Feststellungen zur Vorgeschichte und zum ersten Teil des Tatgeschehens (Ziffer II.1 der Urteilsgründe); insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des [X.].

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen erpresserischen [X.] in Tateinheit mit versuchter [X.] Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zu dem aus der [X.] ersicht-lichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den Feststellungen des [X.] bewohnten die Neben-klägerinnen [X.]
und [X.]
zur Tatzeit eine Einzimmerwohnung in [X.], wo sie seit geraumer [X.] nachgingen. Die Nebenklä-1
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gerin [X.]
war in den Angeklagten verliebt und zwischen beiden gab es gelegentliche sexuelle Kontakte. Am frühen Morgen des [X.] erschien der Angeklagte in der Wohnung und forderte von den dort anwesenden [X.] die Herausgabe von 1.000 e-rechtigten Forderung schlug er mit einer Stange auf die [X.] ein, drohte, sie umzubringen und

unter Vorhalt eines Messers

ihnen [X.] im Gesicht zuzufügen. Auf seine Aufforderung gaben ihm die Nebenklä-gerinnen das in ihren Portemonnaies
befindliche Bargeld im Wert von insge-[X.]. Unter Mitnahme der Stange verließ der An-geklagte sodann mit der Nebenklägerin [X.]
die Wohnung, um an einem nahe gelegenen Geldautomaten von den Konten der [X.] Geld abzuheben. Die Nebenklägerin [X.]
hatte zuvor auf Druck des Angeklag-ten eine

allerdings unzutreffende

PIN-Nummer auf einen Zettel geschrie-ben. Da sie sich weiterhin von dem Angeklagten bedroht fühlte, wagte die Nebenklägerin [X.]
nicht, wegzulaufen oder sich dem Angeklagten zu [X.] Geld von ihrem und dem Konto der Zeugin [X.]
abzuheben, was wegen nschließend begaben sich der Angeklagte und [X.]
in eine vom Angeklagten genutzte Wohnung Wohnungstür klingelten, öffnete die Nebenklägerin [X.] dass alles

2. Die den Feststellungen des [X.] zum Fall II.2 der Urteils-gründe zugrunde liegende Beweiswürdigung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie ist unklar und lückenhaft, da wesentliche, sich aufdrängende Gesichtspunkte unerörtert bleiben (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Juli 2011

5 StR 32/11, [X.], 358, und vom 24. Mai 2012

5 StR 52/12, jeweils mwN). Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, worauf das [X.] seine Überzeugung gründet, die Nebenklägerin habe sich nach [X.]
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Ein-druck der noch anhaltenden Drohung mit dem Tode vor dem Einsatz weiterer zwecklos erschienen sei ([X.]). Solches findet in keiner der verschiede-nen Aussagen der Nebenklägerin S.

eine Stütze. Eine nähere Erörte-rung der Frage, ob die Nebenklägerin den Angeklagten nach dem Verlassen der Wohnung wirklich aus Furcht oder aber aus anderen

Motiven zum Geldautomaten begleitete, drängte sich zudem nach den Ur-teilsfeststellungen aus mehreren Gründen auf. So hatte sich der Angeklagte bereits beim Verlassen des Hauses der Stange entledigt, mit der er zuvor in der Wohnung auf die [X.] eingeschlagen hatte, was

zumal vor dem Hintergrund der zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin [X.]
bestehenden sexuellen Beziehung

Anlass geben musste, an ei-nem Aufrechterhalten der Bedrohungslage zu zweifeln. Ferner drängte sich die emotionale Zuneigung der Nebenklägerin zum Angeklagten als mögli-ches Motiv dafür auf, seinen Wünschen Folge zu leisten. Dem Urteil lässt sich auch nicht entnehmen, wie es zu einem Ende der Bedrohungssituation gekommen ist und weshalb die Nebenklägerin [X.]
nach der vom [X.] angenommenen Tat 2 mit dem Angeklagten gemeinsam zu Bett ge-gangen ist und gegenüber der Polizei erklärt hat, es sei alles in Ordnung. Ein weiterer gegen eine Zwangslage sprechender, vom [X.] aber nicht erkennbar bedachter Umstand ist darin zu sehen, dass die von der Zeugin G.

notierte unzutreffende PIN lediglich das Scheitern des [X.] vom Konto der [X.], nicht aber das ebenfalls festgestellte Fehl-schlagen einer Abhebung vom Konto der Nebenklägerin [X.]
erklärt.

Von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind die Feststellungen zur Vor-geschichte sowie zu Tat 1, die daher bestehen bleiben können. Der [X.] kann gleichwohl insgesamt keinen Bestand haben. Das vom [X.] unter II.2 festgestellte Geschehen stünde bei zutreffender rechtlicher Bewertung zur Tat 1 in Tateinheit, was zur Aufhebung des gesamten [X.]s zwingt (vgl. [X.], Urteil vom 29. August 2007

5 [X.], in 4
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NStZ 2008, 87 insoweit nicht abgedruckt). Beide [X.] sind nicht nur durch das Weiterverfolgen des ursprünglichen Handlungsziels miteinan-der verbunden; zwischen ihnen besteht auch ein enger räumlicher und zeitli-cher Zusammenhang, wobei die Ausführungshandlungen unmittelbar inein-ander übergehen, so dass das gesamte Tätigwerden des Angeklagten objek-tiv auch für einen Dritten als
einheitliches Tun erscheint (vgl. etwa [X.], Ur-teile vom 23. Januar 1957

2 StR 565/56, [X.]St 10, 230, und vom 30.
November 1995

5 [X.], [X.]St 41, 368). Das unter II.2 der [X.] festgestellte Geschehen bedarf somit insgesamt neuer tatrichter-licher Aufklärung und Bewertung, wobei sich für die neue Hauptverhandlung eine Sachbehandlung gemäß § 154a StPO bezogen auf das Geschehen au-ßerhalb der Wohnung anbieten wird.

Für die neue Verhandlung weist der Senat ferner darauf hin, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein minder schwerer Fall trotz einiger gewichtiger mildernder Umstände letztlich rechtsfehlerfrei verneint worden ist, eine deutliche Erhöhung der Mindeststrafe dann jedenfalls eingehender Begründung bedarf, zumal hier zudem das dem Angeklagten aus anderweiti-gen Vollstreckungen drohende Gesamtstrafübel zu berücksichtigen war ([X.], Beschluss vom 10. November 2010

5 [X.], [X.], 225). Das neue Tatgericht wird ferner unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt gemäß § 64 StGB zu prüfen haben.

[X.] Schneider

Dölp Bellay

5

Meta

5 StR 221/12

20.06.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2012, Az. 5 StR 221/12 (REWIS RS 2012, 5411)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5411

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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