Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2009, Az. Xa ZB 28/08

Xa- Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2283

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[X.][X.] vom 30. Juli 2009 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Leistungshalbleiterbauelement [X.] § 59 Abs. 1, § 61 Abs. 2, § 100 Abs. 1 a) Der Umstand, dass der auf den [X.] der mangelnden Patentfä-higkeit gestützte Einspruch mit einer älteren Anmeldung begründet wird, die bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist, steht der Zulässigkeit des Einspruchs unabhängig davon nicht entgegen, ob der Einsprechende sich auf mangelnde Neuheit oder auf fehlende erfinderi-sche Tätigkeit beruft. b) [X.] ist auch dann statthaft, wenn das anstelle des [X.] zur Entscheidung über den Einspruch berufene Patentgericht die-sen verworfen hat. [X.], [X.]uss vom 30. Juli 2009 - [X.] - [X.]
- 2 - Der [X.] des [X.] hat am 30. Juli 2009 durch [X.], [X.], die Richterin Mühlens und [X.] [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Einsprechenden wird der [X.]uss des 23. [X.]s ([X.]) des Bundespa-tentgerichts vom 24. April 2008 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Bundespa-tentgericht zurückverwiesen. Gründe: [X.] [X.]führerin hat gegen das am 18. Dezember 2001 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 19. Juni 2001 an-gemeldete [X.] Patent 101 62 242 (Streitpatent), das ein "Leistungshalblei-terbauelement für beispielsweise Halbbrückenschaltungen" betrifft, am 18. Mai 2005 Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent zu widerrufen, weil sein Gegenstand nicht patentfähig sei. Die Einsprechende hat den Einspruch auf zwei im Prüfungsverfahren genannte Patentveröffentlichungen, darunter die am 22. November 2001 veröffentlichte [X.] [X.] 1 - 3 - 100 23 950 ([X.]) sowie auf vier weitere druckschriftliche [X.] gestützt. Sie hat die geltend gemachte mangelnde Patentfähigkeit damit [X.], dass das Leistungshalbleiterbauelement nach Patentanspruch 1 des Streitpatents sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus den [X.] [X.] und [X.] ergeben habe. Das Patentgericht hat den Einspruch als unzulässig verworfen. 2 Hiergegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbe-schwerde der Einsprechenden, der die Patentinhaberin entgegentritt. 3 I[X.] [X.] ist zulässig. 4 Zu Unrecht möchte die Patentinhaberin die Rechtsbeschwerde verworfen wissen, weil diese nach § 100 Abs. 1 [X.] nur gegen [X.]üsse der Be-schwerdesenate des Patentgerichts stattfinde, durch die über eine Beschwerde nach § 73 [X.] oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines [X.] nach § 61 Abs. 2 [X.] entschieden wird. 5 Zutreffend ist zwar, dass die Rechtsbeschwerde ungeachtet ihrer Zulas-sung durch das Patentgericht zu verwerfen wäre, wenn sie nach dem Gesetz unstatthaft wäre, da ein unstatthaftes Rechtsmittel auch durch seine Zulassung durch den iudex a quo nicht statthaft wird ([X.] 97, 9, 10 - Transportbehälter; [X.] 154, 102). Im Streitfall ist die Rechtsbeschwerde jedoch schon deshalb zulässig, weil das Patentgericht nicht nach § 61 Abs. 2 [X.], sondern nach § 147 Abs. 3 Nr. 1 [X.] a.F. zur Entscheidung über den Einspruch berufen war und ungeachtet der Aufhebung dieser Vorschrift berufen geblieben ist ([X.] 6 - 4 - 173, 47 [X.]. 10 - [X.]; [X.], [X.]. v. 16.9.2008 - [X.], [X.], 90 [X.]. 5 - Beschichten eines Substrats; [X.]. v. 9.12.2008 - [X.], [X.], 184 [X.]. 4 ff. - Ventilsteuerung). Dementsprechend findet nach § 147 Abs. 3 Satz 5 [X.] a.F., der im gleichen Umfang anwendbar bleibt, die Rechtsbeschwerde gegen den angefochtenen [X.]uss statt. Diese Rechtslage gilt im Übrigen auch für [X.] unverändert fort, die nicht mehr unter die Übergangsregelung des § 147 Abs. 3 [X.] fallen. Eine Entscheidung "über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 [X.]" im Sinne des § 100 Abs. 1 [X.] ist ent-gegen der Meinung der Rechtsbeschwerdeerwiderung (ebenso Schul-te/Kühnen, [X.], 8. Aufl., § 100 Rdn. 13) jede das Einspruchsverfahren ab-schließende Entscheidung, die das Patentgericht anstelle des Patentamts trifft, und damit auch die Verwerfung des Einspruchs. Denn nach der Begründung des [X.] eines Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes (BT-Drucks. 16/735 S. 13 = [X.] 2006, 228, 231) soll auch mit der Neufassung des § 100 Abs. 1 [X.] das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde in dem Umfang eröffnet werden, in dem es bereits nach § 147 Abs. 3 Satz 5 [X.] a.F. statthaft ist, der allgemein auf "die [X.]üsse der Beschwerdesenate" abstellt. Es sei deshalb, so heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs (aaO), in § 100 Abs. 1 [X.] "aus-drücklich auch die Entscheidung des [X.]s nach § 61 Abs. 2 [X.] - neu - aufzunehmen". Danach ist aber die Formulierung "[X.]üsse der Beschwerdesenate –, durch die über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird" nur deshalb gewählt worden, weil § 61 Abs. 1 [X.] von eben solchen [X.]üssen der [X.] spricht. Hieraus kann mithin nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber 7 - 5 - künftig die Verwerfung des Einspruchs dem bei einer Sachentscheidung eröff-neten Rechtsmittel entziehen wollte, wenn sie nicht durch das Patentamt, son-dern durch das Patentgericht erfolgt. II[X.] [X.] ist auch begründet. Das Patentgericht hat den Einspruch zu Unrecht als unzulässig verworfen. 8 1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Patentgericht ausge-führt: Eine Einspruchsbegründung genüge nur dann den gesetzlichen Anforde-rungen, wenn die für die Beurteilung des behaupteten [X.]es maß-geblichen Umstände im Einzelnen so dargelegt würden, dass Patentinhaber und Patentamt oder Patentgericht daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des [X.]s ziehen könnten. Dieser Substantiierungspflicht würden die innerhalb der Einspruchsfrist vorgetragenen Darlegungen der Einsprechenden nicht gerecht. Sie habe geltend gemacht, dass der Gegenstand der Erfindung nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Dabei habe sie jedoch nicht berücksichtigt, dass die Entgegenhaltung [X.], auf die sie sich hierbei gestützt habe, zwar auf eine Patentanmeldung vom 16. Mai 2000 zurückgehe, jedoch nachveröffentlicht sei. Die [X.] sei mithin zur Substantiierung des geltend gemachten [X.]s nicht geeignet. Es könne auch nicht angenommen werden, die Einsprechende habe den [X.] auch auf den "[X.] der mangelnden Neuheit" stützen wollen, denn sie habe die Neuheit des Gegenstands der Erfindung gegenüber der [X.] in der Einspruchsbegründung dargelegt. Ebenso wenig lasse die Begründung erkennen, dass dem Streitpatent nur der Zeitrang seiner Anmeldung zukomme. Schließlich seien auch die Darlegungen zu den übrigen angeführten [X.] nicht geeignet, den geltend gemachten [X.] zu [X.]. 9 - 6 - 2. Diese Beurteilung hält der Nachprüfung im [X.] nicht stand. 10 Nach § 59 Abs. 1 [X.] ist der Einspruch schriftlich zu erklären und zu begründen. Er kann nur auf die Behauptung gestützt werden, dass einer der in § 21 [X.] genannten Widerrufsgründe vorliege. Die Tatsachen, die den [X.] rechtfertigen, sind im Einzelnen anzugeben. Die Angaben müssen, so-weit sie nicht schon in der Einspruchsschrift enthalten sind, bis zum Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich nachgereicht werden. Diese Voraussetzungen erfüllt die Einspruchsschrift im Streitfall. 11 a) Eine Einspruchsbegründung genügt der formellen gesetzlichen [X.], wenn sie die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt, dass der Patentinhaber und insbesondere das Patentamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorlie-gen oder Nichtvorliegen eines [X.]s ziehen können ([X.], [X.]. v. 30.3.1993 - [X.], [X.], 651, 653 - Tetraploide Kamille). Der Vor-trag muss erkennen lassen, dass ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann ([X.]. v. 29.4.1997 - [X.], [X.], 740 - Tabakdose). Da der Einspruch nur auf die Be-hauptung gestützt werden kann, einer der in § 21 [X.] genannten Widerrufs-gründe liege vor, muss die überprüfbare Tatsachenangabe sich außerdem auf den geltend gemachten [X.] beziehen ([X.] 100, 243, 246 - Streichgarn). Ob die Tatsachen den Widerruf auch tatsächlich rechtfertigen, ist alsdann keine Frage der an die Einspruchsschrift zu stellenden förmlichen [X.]en mehr, sondern eine solche der Begründetheit. 12 - 7 - b) Danach hat die Einsprechende den Anforderungen an die [X.] des Einspruchs genüge getan, indem sie innerhalb der Einspruchsfrist die-jenigen druckschriftlichen [X.] genannt hat, die den geltend ge-machten [X.] der mangelnden Patentfähigkeit ausfüllen sollen. Ob sie die mangelnde Patentfähigkeit tatsächlich zu begründen vermögen oder ob dies etwa daran scheitert, dass eine von zwei [X.], auf die sich die Einsprechende stützt, nicht zu dem bei der Prüfung der erfinderischen Tä-tigkeit zu berücksichtigenden Stand der Technik zählt, ist keine Frage der Zu-lässigkeit, sondern der Begründetheit des Einspruchs. 13 c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem [X.]uss des [X.] vom 29. April 1997 ([X.], aaO - Tabakdose). In dieser Entscheidung hat der [X.] für die Zulässigkeit eines auf fehlende Patentfähigkeit des patentierten Gegenstandes infolge einer offenkundigen Vorbenutzung gestützten Einspruchs bestimmte Angaben in dreierlei Hinsicht für erforderlich gehalten: Die Einspruchsbegründung müsse einen bestimmten Gegenstand der Benutzung bezeichnen, damit überprüft und festgestellt wer-den könne, ob und gegebenenfalls inwieweit er den patentgemäßen Gegens-tand [X.] oder [X.]. Ferner sei die Angabe bestimmter Umstän-de der Benutzung dieses Gegenstandes im Sinne des § 3 Abs. 1 [X.] erforder-lich, damit überprüft und festgestellt werden könne, ob er der Öffentlichkeit zu-gänglich gemacht worden sei. Schließlich bedürfe es einer nachprüfbaren An-gabe dazu, wann der Gegenstand in dieser Weise benutzt worden sei, damit ermittelt und gegebenenfalls festgestellt werden könne, ob der Gegenstand zum Stand der Technik gehöre, von dem aus Neuheit und erfinderische [X.] zu beurteilen seien. Auch wenn man diese Anforderungen auf einen auf druckschriftliche [X.] gestützten Einspruch übertragen wollte, wären sie im vorliegenden Fall erfüllt. Denn aufgrund der Vorlage oder [X.] - 8 - stimmten Bezeichnung der Druckschrift steht der als vorbekannt angeführte Gegenstand ebenso fest wie der sich aus der [X.] ergebende Zeit-punkt, zu dem dieser Gegenstand der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Ob dieser Zeitpunkt vor oder nach dem für den Zeitrang des Streitpatents maßgeb-lichen Datum liegt, ist auch in diesem Zusammenhang keine Frage der Zuläs-sigkeit des Einspruchs, sondern der sachlichen Prüfung der Patentfähigkeit. - 9 - IV. Eine mündliche Verhandlung hat der [X.] nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 [X.]). 15 Meier-Beck [X.] Mühlens

[X.] Bacher Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 24.04.2008 - 23 W (pat) 334/05 -

Meta

Xa ZB 28/08

30.07.2009

Bundesgerichtshof Xa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2009, Az. Xa ZB 28/08 (REWIS RS 2009, 2283)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2283

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