Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.05.2015, Az. VII R 6/14

7. Senat | REWIS RS 2015, 11157

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit den BFH-Beschlüssen vom 13.05.2015 VII R 62/13, VII R 63/13 - Versagung von Ausfuhrerstattung wegen Verstoßes gegen tierschutzrechtliche Vorschriften beim Eisenbahntransport von lebenden Rindern - Kein Anspruch auf Ausfuhrerstattung aus Vertrauensschutzgründen)


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 8. November 2013  4 K 110/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete im Jahr 2000 lebende Rinder zur [X.]usfuhr nach [X.] an. Nach einem Vortransport unbekannter Dauer wurden die Tiere am 27. September 2000 in [X.] auf die Bahn verladen. Beginn und Ende der Verladung sind ebenfalls nicht bekannt. Der Bahntransport führte über [X.], wo er am 28. September 2000 gegen 23:00 Uhr ankam und für eine Versorgungspause von etwa 1 1/2 Stunden unterbrochen wurde. [X.]m 29. September 2000 erreichte der Transport gegen 11:30 Uhr B ([X.]). Wann die Tiere zum Weitertransport nach [X.] auf das Schiff verladen wurden, ist nicht bekannt.

2

Den [X.]ntrag der Klägerin auf Zahlung von [X.]usfuhrerstattung lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZ[X.]--) mit der Begründung ab, der Bahntransport habe mit einer Gesamttransportzeit von 39 Stunden und 20 Minuten die nach der tierschutzrechtlichen Richtlinie maximal zulässige Transportzeit von 28 Stunden überschritten. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die hiergegen erhobene Klage ab. Die Zahlung von [X.]usfuhrerstattung für die [X.]usfuhr lebender Rinder setze nach [X.]rt. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 615/98 (VO Nr. 615/98) der [X.] vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur [X.]usfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport ([X.]mtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --[X.]Bl[X.]-- Nr. L 82/19) die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung sowie der Vorschriften der [X.]/[X.] ([X.] 91/628/[X.]) des Rates vom 19. November 1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der [X.]/[X.] und 91/496/[X.] ([X.]Bl[X.] Nr. L 340/17) i.d.F. der Richtlinie 95/29/[X.] des Rates vom 29. Juni 1995 zur Änderung der [X.]/[X.] über den Schutz von Tieren beim Transport ([X.]Bl[X.] Nr. L 148/52) voraus. Da die Klägerin jedoch keinen vollständig ausgefüllten [X.] vorgelegt habe, könne die Einhaltung der zulässigen [X.] sowie der vorgeschriebenen Ruhezeiten gemäß Kapitel VII des [X.]nhangs der [X.] 91/628/[X.] nicht im Einzelnen geprüft werden. Trotz im Streitfall nicht aufklärbarer Dauer bestimmter Transport- und Verladezeiten lasse sich aber jedenfalls feststellen, dass die maximal zulässige [X.] von 28 Stunden um wenigstens 10 Stunden überschritten worden sei. [X.]uch auf einen durch eine fehlerhafte Umsetzung der [X.] 91/628/[X.] in nationales Recht begründeten Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen.

4

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin nicht gegen die vom [X.] vertretene [X.]nsicht, der Bahntransport des Streitfalls habe gegen die Bestimmungen der [X.] 91/628/[X.] verstoßen. Sie macht vielmehr geltend, sie habe seinerzeit darauf vertrauen dürfen, dass bei Transporten mit der Bahn die tierschutzrechtlichen Vorschriften über das Be- und Entladen, die zulässige [X.] sowie die Ruhezeiten keine [X.]nwendung fänden. Ungeachtet dieser Vorschriften über Tiertransporte sei ihr daher aus Gründen des Vertrauensschutzes [X.]usfuhrerstattung zu gewähren. Mit der fehlerhaften Umsetzung der [X.] 91/628/[X.] in nationales Recht durch die Tierschutztransportverordnung --TierSchTrV-- (i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Juni 1999, [X.], 1337), nach deren damaligem § 24 [X.]bs. 5 die Vorschriften über die [X.], das Entladen sowie über die Ruhezeiten nicht auf [X.] anzuwenden gewesen seien, sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Es sei einem Wirtschaftsteilnehmer nicht zumutbar, sämtliche nationalen Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit Unionsrecht zu untersuchen. Im Übrigen könne man die unionsrechtlichen Tierschutzvorschriften der [X.] 91/628/[X.] nicht als klare oder eindeutige Regelungen bezeichnen. Sie seien mehrfach Gegenstand von an den [X.] ([X.]) gerichteten Vorabentscheidungsersuchen gewesen.

5

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den ablehnenden Bescheid vom 9. [X.]ugust 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 2006 aufzuheben und das HZ[X.] zu verpflichten, die beantragte [X.]usfuhrerstattung zu gewähren.

6

Das HZ[X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

8

Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der die Ausfuhrerstattung versagende Bescheid ist rechtmäßig (§ 101 Satz 1 [X.]O).

9

Wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, setzt (der auf den Streitfall anzuwendende) Art. 1 VO Nr. 615/98 für die Zahlung der Ausfuhrerstattung (u.a.) die Einhaltung der [X.] 91/628/[X.] voraus. Nach den Feststellungen des [X.] hat die Klägerin jedoch mangels eines vorgelegten Transportplans nicht den erforderlichen Nachweis erbracht, während des Transports der Tiere die Vorschriften der [X.] 91/628/[X.] über die maximale Transportdauer und die Ruhezeiten eingehalten zu haben, die nach dem [X.]-Urteil [X.] Agrar Handel vom 30. Juni 2011 [X.]/09 ([X.]:C:2011:440, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2011, 243) auch auf [X.] anzuwenden sind. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die maximal zulässige Transportdauer überschritten wurde.

Die Revision stellt dies nicht in Abrede, hält aber einen Anspruch auf Ausfuhrerstattung aus Vertrauensschutzgründen für gegeben, weil die Klägerin seinerzeit habe annehmen dürfen, die genannten tierschutzrechtlichen Transportvorschriften der [X.] 91/628/[X.] fänden bei [X.]n keine Anwendung. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes kann nach ständiger Rechtsprechung des [X.], der sich der erkennende [X.] angeschlossen hat, nicht gegen eine klare unionsrechtliche Bestimmung angeführt werden und das unionsrechtswidrige Verhalten einer für die Anwendung des Unionsrechts zuständigen nationalen Behörde kann kein berechtigtes Vertrauen eines Wirtschaftsteilnehmers darauf begründen, in den Genuss einer unionsrechtswidrigen Behandlung zu kommen ([X.]-Urteil [X.] vom 20. Juni 2013 [X.]/11, [X.]:C:2013:407, [X.], 249, Rz 52, m.w.N.; [X.]surteil vom 18. Mai 1993 VII R 70/92, [X.] 1994, 208).

Bei Art. 1 VO Nr. 615/98 handelt es sich um eine klare unionsrechtliche Bestimmung, die für die Zahlung der Ausfuhrerstattung für ausgeführte lebende Rinder verlangt, dass während des Transports der Tiere die tierschutzrechtlichen Vorschriften der [X.] 91/628/[X.] eingehalten worden sind. Es kommt daher eindeutig nicht auf die Einhaltung nationaler Transportvorschriften an. Dass der nationale Verordnungsgeber --wie die Revision geltend macht-- mit § 24 Abs. 5 [X.] die Richtlinie fehlerhaft umgesetzt hat, ist somit für den Streitfall ohne Belang.

Die Revision kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die tierschutzrechtlichen Transportvorschriften der [X.] 91/628/[X.] insgesamt unklar gewesen seien und mehrfach zu Vorabentscheidungsersuchen Anlass gegeben hätten. Eine --nachdem die Auslegung der maßgebenden unionsrechtlichen Vorschriften geklärt ist-- unionsrechtswidrige Behandlung zu seinen Gunsten kann der [X.] nicht verlangen, was erst recht dann gelten muss, wenn die Ausfuhrerstattung --wie im [X.] noch gar nicht gewährt worden ist, sondern erst darüber zu entscheiden ist, ob der Ausführer seinen Erstattungsanspruch nachgewiesen hat ([X.]surteil vom 24. August 2010 VII R 47/09, [X.], 437, [X.], 334).

Die seitens der Revision vertretene Rechtsansicht liefe darauf hinaus, einen Anspruch auf Zahlung von Ausfuhrerstattung, dessen Voraussetzungen nicht gegeben sind, gleichwohl für begründet zu halten, weil der Ausführer seinerzeit glaubte, die Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch zu erfüllen. Dieses Ergebnis lässt sich mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht begründen. Wer eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährte Subvention in Anspruch zu nehmen gedenkt und entsprechende Dispositionen trifft, trägt das Risiko, dass die maßgebenden Vorschriften durch die zuständigen Gerichte anders als zuvor von ihm vermutet ausgelegt werden und er die beantragte Subvention nicht erhält.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII R 6/14

13.05.2015

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 8. November 2013, Az: 4 K 110/11, Urteil

Art 1 EGV 615/98, Anh 1 Kap 7 Nr 48.5 EWGRL 628/91, § 24 Abs 5 TierSchTrV vom 11.06.1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.05.2015, Az. VII R 6/14 (REWIS RS 2015, 11157)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11157

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