Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2017, Az. 3 StR 516/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 12916

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:040417B3STR516.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 516/16
vom
4. April 2017
in der Strafsache
gegen

wegen Beihilfe zur sexuellen Nötigung
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 1. a) und 2. auf dessen Antrag -
am 4.
April 2017 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO be-schlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 9.
August 2016 wird
a) das Verfahren im Fall II. 4 der
Urteilsgründe eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
b) das vorgenannte Urteil -
unter Aufrechterhaltung der zugehö-rigen Feststellungen -
aufgehoben,
aa) soweit der Angeklagte im Fall II. 5 der Urteilsgründe ver-urteilt worden ist,
bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

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Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten -
unter Freispruch im Übrigen -
wegen Beihilfe zur sexuellen Nötigung, Beleidigung und Beihilfe zur Beleidigung in Tateinheit mit Beihilfe zur Sachbeschädigung unter Einbeziehung von früher gegen ihn verhängten Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrensbean-standung und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das [X.] führt auf Antrag des [X.] zur teilweisen Einstellung des Verfahrens und hat darüber hinaus den aus der Entscheidungsformel ersichtli-chen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet
im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1. Die Verfahrensrüge dringt aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen nicht durch.
2. Auf Antrag des [X.] hat der Senat das Verfahren gemäß §
154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO
eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Beleidigung in Tateinheit mit Bei-hilfe zur Sachbeschädigung verurteilt worden ist.
3. Im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 5 der Ur-teilsgründe wegen Beihilfe zur sexuellen Nötigung kann der Ausspruch über die insoweit verhängte [X.] von einem Jahr und drei Monaten kei-nen Bestand haben, weil sich die [X.] als rechtsfehlerhaft erweist.
Das [X.] hat der Strafzumessung den gemäß § 27 Abs. 2 Satz
2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Regelstrafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung zugrunde gelegt. Das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 177 Abs. 5 StGB aF hat die [X.] ver-1
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neint. Zur Begründung hat sie auf die Erwägungen Bezug genommen, aus [X.] sie im Hinblick auf den als Täter der sexuellen Nötigung verurteilten [X.] die Annahme eines minder schweren Falles abgelehnt hat. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht
stand.
Sieht das Gesetz einen besonderen Strafrahmen für minder schwere [X.] vor und ist -
wie hier gemäß §
27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB -
auch ein gesetzlich vertypter [X.] gegeben, muss bei der [X.] im Rahmen einer Gesamtwürdigung zunächst geprüft werden, ob die allgemei-nen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tragen. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorlie-gen eines minder schweren Falles abzulehnen, so sind zusätzlich die den ge-setzlich vertypten [X.] verwirklichenden Umstände in die ge-botene Gesamtabwägung einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter die Anwen-dung des milderen Strafrahmens danach weiterhin nicht für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten [X.]es gemilderten Regelstrafrahmen [X.] legen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 7. März 2017
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2 StR 567/16, juris Rn. 6; vom 13. Oktober 2016 -
3 [X.], juris Rn.
5, jeweils mwN).
Daran fehlt es hier. Die [X.] hat nicht geprüft, ob ein minder schwerer Fall anzunehmen ist, weil bei dem Angeklagten -
im Gegensatz zu dem Mitangeklagten -
der gesetzlich vertypte [X.] nach §
27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB vorliegt.
4. Die Einzelstrafe im Fall II. 5 der Urteilsgründe ist deshalb neu zu [X.]. Hierzu hebt der Senat auch den den Angeklagten an sich nicht [X.] Schuldspruch in diesem Fall auf, um der nunmehr zur Entschei-6
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dung berufenen [X.] eine Strafzumessung aufgrund einer gegebenen-falls abweichend vorzunehmenden rechtlichen Bewertung der Tat zu ermögli-chen. Im Einzelnen:
a) Nach den Feststellungen des [X.]s verbrachte die in [X.] Hinsicht psychisch und körperlich beeinträchtigte Nebenklägerin das Wo-chenende vom 12. bis zum 15. September 2014 gemeinsam mit dem Angeklag-ten und dem Mitangeklagten in der Wohnung des Angeklagten. Während dieser [X.] beging der Mitangeklagte insgesamt sieben Straftaten zum Nachteil der Nebenklägerin, im Wesentlichen Beleidigungen sowie die im Fall II. 5 der Ur-teilsgründe abgeurteilte sexuelle Nötigung.
Zu der Beteiligung des Angeklagten an den Taten hat die [X.] allgemein ausgeführt, dass dieser "zwar nicht bei allen aufzuzeigenden Strafta-ten in der Weise beteiligt" gewesen sei, dass er dem Mitangeklagten "jeweils im Einzelfall konkrete Anweisungen zu einem entsprechenden Verhalten gegeben" habe. Er habe aber "durch sein Gesamtverhalten" von Anfang an "demons-triert", "dass er das provozierende, demütigende und menschenverachtende Verhalten gegenüber der Nebenklägerin stützte und gleichfalls wollte". Er habe seinen "persönlichen Spaß" an den Aktionen des Mitangeklagten zum Nachteil der Nebenklägerin gehabt und dies "unverhohlen" gezeigt. Dadurch habe er den Mitangeklagten in dessen "ohnehin vorhandenen Tatentschluss" bestärkt.
Die sexuelle Nötigung des Mitangeklagten zum Nachteil der Nebenkläge-rin ereignete sich den Feststellungen zufolge, nachdem der Angeklagte und der Mitangeklagte eine [X.]lang mit der Nebenklägerin auf dem Sofa gesessen hat-ten. Der Angeklagte forderte den Mitangeklagten sodann "unvermittelt" auf, "seinen Penis aus der Hose zu holen" und ihn der Nebenklägerin ins Gesicht zu halten sowie in ihren Mund zu stecken. "Daraufhin" zog der Mitangeklagte "un-9
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ter dem Einfluss dieser Aufforderung" seine Hose herunter, setzte sich auf die Nebenklägerin und drückte ihr seinen nackten Penis ins Gesicht. Anschließend forderte er "gemäß der an ihn gerichteten
Aufforderung" die Nebenklägerin auf, seinen Penis in den Mund zu nehmen.
b) Aufgrund dieser Feststellungen hätte das [X.] prüfen müssen, ob der Angeklagte den Mitangeklagten zu der sexuellen Nötigung angestiftet hat. Dies wird nunmehr nachzuholen sein. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) stünde einer entsprechenden Änderung des Schuld-spruchs nicht entgegen (vgl. dazu [X.], Urteile vom 14. Oktober 1959 -
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StR 291/59, [X.]St 14, 5, 7; vom 17. Juli 1979 -
1 [X.], [X.]St 29, 63, 66), sondern lediglich der Verhängung einer höheren Einzelstrafe.
Die der Verurteilung des Angeklagten zugrunde liegenden bisherigen Feststellungen bleiben von dem Rechtsfehler indes unberührt und können des-halb gemäß §
353 Abs. 2 StPO bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in [X.] stehen.
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5. Die Teileinstellung des Verfahrens sowie die Aufhebung der [X.] im Fall II. 5 der Urteilsgründe entziehen auch dem Ausspruch über die Ge-samtstrafe die Grundlage. Auch insoweit haben die zugehörigen, rechtsfehler-frei getroffenen Feststellungen indes Bestand.
Becker

Ri[X.] [X.] und Ri'in[X.] Dr. Spaniol

befinden sich im Urlaub und sind daher

gehindert zu unterschreiben.

Becker

Tiemann

Hoch
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Meta

3 StR 516/16

04.04.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2017, Az. 3 StR 516/16 (REWIS RS 2017, 12916)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12916

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 516/16

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