Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.09.2023, Az. VIII ZB 44/22

8. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 7731

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Gegenstand

Kostenentscheidung nach Erledigung in der Hauptsache


Tenor

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Verfahrensgegenstands wird bis zur übereinstimmenden Erklärung der Erledigung in der Hauptsache auf 1.788 € und für die [X.] danach auf bis 1.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin verpflichtete sich in einem gerichtlichen Vergleich gegenüber dem Antragsgegner, eine von ihr bewohnte, in [X.] gelegene Wohnung bis zum 30. April 2022 zu räumen und an den Antragsgegner herauszugeben. Zugleich verzichtete sie auf die Stellung weiterer Räumungsschutzanträge.

2

Am 13. April 2022 hat die Antragstellerin beim Amtsgericht einen Antrag nach § 794a ZPO auf Verlängerung der Räumungsfrist bis zum 31. Oktober 2022 gestellt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Antragstellerin ihr Begehren zunächst weiterverfolgt. Nachdem am 22. August 2022 die Zwangsräumung der Wohnung stattgefunden hat, haben die Parteien das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

3

Aufgrund der Erledigungserklärungen der Parteien hat der Senat über die Kosten des Verfahrens gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im Verfahren nach § 794a ZPO sind auch für die Kosten erster Instanz die §§ 91 ff. ZPO maßgeblich (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 422 Rn. 4; [X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 794a Rn. 6 i.V.m. § 721 Rn. 15; Musielak/[X.], ZPO, 20. Aufl., § 794a Rn. 6 i.V.m. § 721 Rn. 9). Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10. Februar 2016 - [X.], juris Rn. 10; vom 17. Mai 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1342 Rn. 6; vom 9. Februar 2021 - [X.], NJW 2021, 1887 Rn. 4). Bei Anlegung des vorgenannten [X.] sind im Streitfall die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben.

4

1. Es ist - auch im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts geht (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 422 Rn. 5; vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 19. Oktober 2004 - [X.], [X.], 725 unter II; vom 17. Juli 2006 - [X.], [X.], 666 Rn. 3; vom 15. September 2009 - [X.] 36/08, [X.], 2113 Rn. 3; vom 23. Oktober 2013 - [X.] 166/11, juris Rn. 3; vom 30. April 2020 - [X.], juris Rn. 7; vom 15. Juli 2020 - I[X.] 11/20, NJW-RR 2020, 983 Rn. 7; vom 25. Oktober 2022 - [X.]/21, NJW 2022, 3778 Rn. 6). Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (vgl. [X.], Beschlüsse vom 19. Oktober 2004 - [X.], aaO; vom 17. Juli 2006 - [X.], aaO; vom 28. Oktober 2008 - [X.], aaO; vom 15. September 2009 - [X.] 36/08, aaO; vom 23. Oktober 2013 - [X.] 166/11, aaO; vom 30. April 2020 - [X.], aaO; vom 15. Juli 2020 - I[X.] 11/20, aaO).

5

2. Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die - für die Zulassung der Rechtsbeschwerde maßgebliche - in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Rechtsfrage, ob ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf den Antrag auf Bewilligung oder Verlängerung einer Räumungsfrist nach § 794a ZPO zulässig ist (dafür [X.], [X.], 568; [X.], [X.], 839; Musielak/[X.], ZPO, 20. Aufl., § 794a Rn. 2; BeckOK-ZPO/[X.], Stand: 1. Juli 2023, § 794a Rn. 1.1; aA [X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 794a Rn. 7; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 794a Rn. 1; differenzierend: [X.], Mietrecht, 15. Aufl., § 794a ZPO Rn. 31) zu entscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 422 Rn. 5). Bleibt diese Frage damit offen, ist ungewiss, welchen Ausgang das Verfahren genommen hätte. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.

Dr. Bünger     

  

Kosziol     

  

Wiegand

  

Dr. Reichelt     

  

Messing     

  

Meta

VIII ZB 44/22

19.09.2023

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BGH, 3. Juni 2022, Az: VIII ZB 44/22, Beschluss

§ 91a Abs 1 S 1 ZPO, § 794a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.09.2023, Az. VIII ZB 44/22 (REWIS RS 2023, 7731)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7731

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