Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2020, Az. VII ZR 187/19

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11738

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:110320BVI[X.]187.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR
187/19

vom

11. März 2020

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VII. Zivilsenat des [X.] hat am 11.
März 2020 durch den Vorsitzenden
Richter Pamp, [X.]
Kartzke sowie
die Richterinnen [X.], Borris
und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer
wird auf bis 13.000

Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die [X.] im Wege der Stufenklage auf Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit einem zwischen den [X.]en ge-
schlossenen Vertrag über die Entwicklung eines Arzneimittelbestandteils in Anspruch.
Das [X.] hat mit Teilurteil die [X.] zur Erteilung verschiede-ner Auskünfte verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide [X.]en Rechtsmittel eingelegt, wobei die Klägerin ihre [X.] in der Berufungsinstanz erweitert hat.
Nachdem die [X.]en den Rechtsstreit hinsichtlich eines
Auskunftsan-trags übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat das
Berufungsgericht un-ter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das erstinstanzliche Urteil

1
2
3
-
3
-

teilweise abgeändert und die [X.] unter Klageabweisung im Übrigen ver-
urteilt, an die Klägerin Auskunft zu erteilen
a)
durch Vorlage der von Frau J.

H.

im Jahr 2011 oder 2012 bei der
Hochschule für A.

W.

(HA.
) vor-
gelegten Bachelorarbeit,
b)
zu Art, Umfang und Inhalt der mit Frau J.

H.

im Zu-sammenhang mit
dem KMU-Innovativ-Verbundprojekt "Entwick-lung physiologischer, gut
verträglicher und hochwirksamer Thera-pieverfahren für [X.]/Infektionen unter
Berücksichtigung biomi-metischer Prinzipien"
mit den
Förderkennzeichen
0315557A und 0315557B des Projektträgers Forschungszentrum J.

GmbH
("Entwicklungsvorhaben") ausgetauschten Informationen,
c)
durch Mitteilung der Personen, die bei der HA.

mit der
Betreu-ung und
Begutachtung der unter Ziff. 2.a)
genannten [X.]
befasst waren,
d)
darüber, in welchem Umfang die [X.] für die von Frau J.

H.

bei
der HA.

vorgelegte Bachelorarbeit und für ihre Ab-schlussarbeit der
Studienleistung "Praxissemester"
(i) das [X.] oder [X.] Material, das
Gegenstand des [X.] war, ins-
besondere soweit die [X.]
es von der Klägerin zu 1. oder de-ren Auftragnehmern, insbesondere der
B.

Gesellschaft für Prozessentwicklung mbH, B.

,
erhalten hat, oder
(ii) Know-how der Klägerinnen zu [X.] oder [X.]-haltigem
Material
zur Verfügung gestellt hat,
e)
durch Vorlage des Abschlussberichts der von
Frau H.

im Jahr 2012
absolvierten Studienleistung "Praxissemester"
und der Bescheinigung der
[X.]n an Frau H.

zur Dauer und zum
Tätigkeitsbereich der
Studienleistung "Praxissemester",
die bei der HA.

vorgelegt wurden, ferner
durch Mitteilung der Personen, die
-
4
-

bei der HA.

und bei der [X.]n mit der
Betreuung und Begut-achtung der Studienleistung "Praxissemester"
befasst
waren,
f)
in Form der Vorlage sämtlicher Entwicklungsarbeitsergebnisse, insbesondere
Rohdaten, Dokumentationen oder auch Zwischen-berichte der Abteilung W.

,
Dr. M.

S.

, zu
aa)
den Chargen 36-2012, 46-2012, 49-2012, 03-2013, 07-2013 zur Herstellung
von Toxmaterial im Maßstab 1:5 aus dem von der Klägerin
zu 1. über den
Auftragsdienstleister B.

GmbH [X.] Ausgangsmaterial
(Capture-Eluat) mit der Bezeichnung 12ILAB05,
bb)
den Chargen 46-2011 (Maßstab 1:16, aus 11ILAB04, aus November
2011)
und 21-2012 (Maßstab 1:16, aus 11ILAB11, aus Mai 2012) mittels Äkta avant 150
(Pilotproduktion),
g)
über das Ergebnis der Prüfung der Patentsituation betreffend die stabile
Formulierung aus dem Frühjahr 2012.
Das Berufungsgericht hat die tenorierten Auskunftsansprüche der Klägerin
teilweise auf der Grundlage der im Entwicklungsvertrag vereinbarten In-
formationspflichten der [X.]n und teilweise gemäß §
242 BGB in Verbin-dung mit den im Entwicklungsvertrag vereinbarten Geheimhaltungspflichten der [X.]n für begründet erachtet.
Im Rahmen der Bemessung der Sicherheitsleistung für die vorläufige Vollstreckung hat das Berufungsgericht den Kostenaufwand für die Erteilung der im Berufungsurteil zuerkannten Auskunftsansprüche schätzt. Dabei hat es die Ausführungen der [X.]n im Schriftsatz vom 28.
Juni
2019 zugrunde gelegt, mit denen diese ihren Aufwand für sämtliche von der Klägerin in der Berufungsinstanz geltend gemachten Auskunftsanträge mit 38.000

Arbeitsstunden zu je 47,50

te. Im Hinblick auf die übereinstimmende Teilerledigungserklärung und die teilweise Klageabwei-sung hat das
4
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-
5
-

Berufungsgericht
den von der [X.]n geschätzten Aufwand um 1/3 gekürzt. Lediglich hinsichtlich des [X.] zu Buchstabe f) könnten besonders umfangreiche Recherchen durch wissenschaftlich qualifizierte Mitarbeiter der [X.]n erforderlich sein. Die übrigen Auskünfte ließen sich mit allenfalls leicht überdurchschnittlichem
bzw. geringem Aufwand und auch durch einfacher qualifizierte Mitarbeiter erledigen. Ein Geheimhaltungsinteresse der [X.]n, das diese mit mindestens 100.000

neint. Es sei weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass der [X.]n durch die Auskunftserteilung ein konkreter Nachteil drohe. Die [X.] habe lediglich unspezifiziert vorgetragen, dass die Auskünfte teilweise ihre [X.] Interessen
gefährdeten, weil sie zumindest auch Know-how der [X.]n enthielten, das nichts mit dem Entwicklungsvorhaben zu tun habe. Daraus lasse sich nicht entnehmen, inwiefern dies hinsichtlich der zuerkannten Auskunftsansprüche der Fall sein solle. Die Studentin H.

solle nach eige-ner Darstellung keine Arbeitsergebnisse von weiterführender Bedeutung erzielt haben. Im Übrigen
seien die Auskunftsanträge, denen stattgegeben worden sei, auf Informationen beschränkt, die das Entwicklungsvorhaben beträfen und [X.] mit der Klägerin zu teilen seien.
Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen rich-tet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.]n. Diese beantragt, die Revision gegen das Berufungsurteil zuzulassen, wobei sie ihren Klageab-
weisungsantrag
in vollem Umfang weiterverfolgen möchte.
Die [X.]
ist der Auffassung, der Wert ihrer
Beschwer betrage unter Zugrundelegung der Schätzung
des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit der Höhe der Sicherheitsleistung zumindest 25.000

Vorsorglich stellt sie zu-dem die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Geheimhaltungsinteresse der

6
7
-
6
-

[X.]n sei nicht dargelegt, zur Überprüfung. Sie habe dargetan, dass die von ihr zu erteilenden Auskünfte auch eigenes, mit dem Entwicklungsvorhaben nicht in Zusammenhang stehendes Know-how beträfen.

II.
1. Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers
an der [X.] der Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
Dezember
2019

VII
ZR
151/19 Rn.
7; Beschluss vom 21.
August
2019
-
VII ZR 2/19 Rn.
7; Beschluss vom 21. Juni 2017 -
VII ZR 41/17 Rn.
11 m.w.[X.], NJW 2017, 3164). Wendet sich der Rechtsmittelführer gegen die Verurteilung
zur Auskunftserteilung durch das Berufungsgericht,
ist für die Bemessung des Werts der Beschwer sein
Interesse maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] darauf abzustellen, welchen
Aufwand an Zeit und Kosten die Erfüllung
der zu-erkannten
Auskunftsansprüche
erfordert und ob die verurteilte [X.] ein schüt-zenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten
(vgl. [X.],
Beschluss vom 3.
Juli
2018

II
ZB
13/17
Rn.
10, [X.], 31; Beschluss
vom 28.
Februar 2017

[X.]/16
Rn.
8 m.w.[X.], [X.] 2017, 251; Beschluss vom 10. Juni 1999

[X.], NJW 1999, 3049, juris
Rn.
3 und 7; Beschluss vom 24.
November 1994 -
GSZ 1/94, [X.]Z 128, 85, juris
Rn.
10 ff.).
2. Nach diesen Maßstäben schätzt der Senat den Wert der Beschwer auf bis 13.000

.
a) Der Senat ist an die
im Rahmen der Bemessung der Sicherheitsleis-tung für die vorläufige Vollstreckung erfolgte Schätzung des
Berufungsgerichts
bei der Bemessung des Werts der Beschwer gemäß § 544 Abs.
2 Nr.
1 ZPO 8
9
10
-
7
-

(vormals §
26 Nr.
8 EGZPO)
nicht
gebunden (vgl. [X.],
Beschluss vom 28.
Februar 2017

[X.]/16
Rn.
11 m.w.[X.],
[X.] 2017, 251).
Die Schätzung des Berufungsgerichts ist unzutreffend. Dieses
hat fehler-haft den von der [X.]n angegebenen Stundensatz von 47,50

runde gelegt. Für die Wertbemessung bei der Erfüllung eines Auskunftsanspruchs
durch die verurteilte [X.] selbst sind nach der Rechtsprechung des [X.] die Vorschriften des Justizvergütungs-
und Entschädigungsgesetzes ([X.]) heranzuziehen. Muss sich die [X.] bei der Auskunftserteilung
fremder Hilfe bedienen, ist dagegen auf die Kosten abzustellen, die die Einschaltung der Hilfsperson verursacht
([X.], Beschluss vom 28. Februar 2017

I
ZR
46/16
Rn.
13 m.w.[X.], [X.] 2017, 251). Eigene Mitarbeiter einer zur Auskunft ver-urteilten [X.]
sind indes nach der Rechtsprechung des [X.] nicht als fremde Hilfspersonen anzusehen.
Auch wenn die [X.]
die geforderte Auskunft nicht selbst erteilen kann, sondern dazu auf die Hilfe sachkundiger Mitarbeiter angewiesen ist, ändert das nichts daran, dass es sich bei den eige-nen Mitarbeitern nicht um fremde Hilfspersonen handelt, deren Kosten unein-geschränkt zu berücksichtigen wären.
Bei der Bemessung des Werts der [X.] können

entgegen der Auffassung der [X.]n

die Personalkosten für eigene Mitarbeiter vielmehr nur nach Maßgabe der Stundensätze angesetzt werden, die die Mitarbeiter nach dem Justizvergütungs-
und Entschädigungs-gesetz ([X.]) als Zeugen in einem Zivilprozess erhalten würden
([X.], [X.] vom 19.
Februar
2019 -
II
ZR
376/17, juris Rn.
5; Beschluss vom 3.
Juli
2018

[X.]/17
Rn.
12, [X.], 31; Beschluss vom 28. Februar 2017

I
ZR 46/16
Rn.
14, [X.] 2017, 251). Da die verlangten Auskünfte nach eigenen
Angaben der [X.]n im Schriftsatz vom 28.
Juni 2019 nur von ihren Mitarbeitern zusammengetragen werden können, ist der Stundensatz gemäß §
22 [X.] in Höhe von höchstens 21

11
-
8
-

Auch wenn man den erforderlichen zeitlichen Aufwand für die Erfüllung der im Berufungsurteil zuerkannten Auskunftsansprüche mit dem Berufungsge-richt auf 2/3 der von der [X.]n angegeben 800 Arbeitsstunden
schätzt, be-trägt der Kostenaufwand bei Zugrundelegung eines Stundensatzes von 21

und damit der Wert der Beschwer
lediglich
11.200

b) Entgegen der Auffassung der [X.]n erhöht sich der Wert der [X.] nicht mit Rücksicht auf ein
Geheimhaltungsinteresse. Ein Geheim-
haltungsinteresse ist nur dann bei
der
Bemessung des Werts der Beschwer zu berücksichtigen, wenn der zur Auskunftserteilung verurteilte Rechtsmittelführer sein besonderes Interesse, bestimmte Tatsachen geheim zu halten, und den durch die Auskunftserteilung drohenden Nachteil substantiiert darlegt
und erfor-derlichenfalls glaubhaft macht
([X.], Beschluss vom 11.
Mai
2016

XII
ZB
12/16
Rn.
13 m.w.[X.], NJW-RR 2016, 1287; Beschluss vom 10.
Juni
1999

[X.], NJW 1999, 3049, juris
Rn.
7).
Die erforderliche
Darlegung ist im Streitfall nicht erfolgt. Die [X.] hat ihr Geheimhaltungsinteresse darauf gestützt, dass die zu erteilenden Auskünfte zumindest auch eigenes Know-how enthielten, das mit dem gemeinsamen [X.] nichts zu tun habe. Das Berufungsgericht hat insoweit zu Recht Vortrag
dazu vermisst, inwieweit dies der Fall sein soll. Die nur [X.] Behauptung der [X.]n, sie müsse teilweise auch eigenes Know-how preisgeben, das mit dem Entwicklungsvorhaben nichts zu tun habe, genügt den
Darlegungsanforderungen
nicht.
Welcher konkrete Nachteil der [X.]n durch

12
13
14
-
9
-

die Erteilung welcher Auskünfte drohen soll, wird ebenfalls nicht
dargelegt. Mit der Beschwerde zeigt die [X.] keine Anhaltspunkte auf, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.
Pamp
Kartzke
[X.]

Borris

Brenneisen

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.07.2018 -
417 [X.]/17 -

O[X.], Entscheidung vom [X.] -
1 [X.] -

Meta

VII ZR 187/19

11.03.2020

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2020, Az. VII ZR 187/19 (REWIS RS 2020, 11738)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11738

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 2/19

VII ZR 41/17

I ZR 46/16

II ZB 13/17

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