Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2013, Az. 5 StR 104/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 6279

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5 [X.]/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 25. April 2013
in der Strafsache
gegen

wegen versuchter schwerer Brandstiftung u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 25. April 2013
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 21. November 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben. Jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrecht-erhalten. Insoweit wird die weitergehende Revision nach §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und Zuwiderhandlung ge-gen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz unter Ein-beziehung von Geldstrafen aus zwei amtsrichterlichen Straferkenntnissen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, der die Nichtanordnung der Maßregeln nach §§ 63 und 64 StGB von seinem Revisionsangriff ausnimmt. Das Rechtsmittel führt zur Auf-hebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Beschlussformel ersichtli-chen Umfang und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

1. Die Schuldfähigkeitsprüfung des [X.] hält rechtlicher [X.] nicht stand.

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a) Nach den durch die sachverständig beratene [X.] getroffe-nen Feststellungen litt der Angeklagte seit Jahren an einem drogeninduzier-ten paranoiden Zustandsbild ([X.] 10: [X.]), aufgrund dessen er aggressiv gestimmte Wahnideen namentlich gegenüber dem Zeugen [X.]
entwickelte und sich von diesem verfolgt sowie bedroht fühlte. Er war zumindest zur [X.] und zuvor der

haltlosen

Auffassung, [X.]
habe mit Mittätern zahlrei-che junge Frauen, unter anderem auch Bekannte des Angeklagten, unter Drogen gesetzt, vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen. Nach der durch das [X.] den Feststellungen nicht zugrunde gelegten [X.] kündigte ihm [X.]
am Tattag an, zu einer Freundin des Angeklagten nach [X.] fahren zu wollen, und bedrohte diesen mit einer Pistole.

b) Unter solchen Vorzeichen wäre das [X.] gehalten gewesen, sich nicht nur mit einer etwaigen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit, sondern auch mit der

gegebenenfalls ersichtlich nicht
verschuldeten

Auf-hebung der Unrechtseinsicht des Angeklagten aufgrund des diagnostizierten [X.] und damit der Aufhebung der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB zu befassen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 13. November 1990

1 [X.], [X.]R StGB § 20 Einsichtsfähigkeit 3, [X.], Beschluss vom 24.
September 1990

4 [X.], NStZ 1991, 31, 32).

c) Auch die Ausführungen zur Steuerungsfähigkeit ermöglichen nicht die Nachprüfung, ob das [X.] zu Recht nur die Voraussetzungen des § 21 StGB angenommen hat. Das gilt schon deswegen, weil das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen sowie die in den Urteilsgründen an-gesprochenen Vorbegutachtungen nur im Ergebnis, nicht jedoch in der [X.] mitgeteilt werden. Die allein wiedergegebene Erwägung des Sach-verständigen, die durch den Angeklagten vor der Tat gegen [X.]
erstatteten [X.] dem Zusammenhang der
Urteilsgründe beruhten gerade die

offen-3
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sichtlich unberechtigten

Strafanzeigen ihrerseits auf dem [X.]. Dementsprechend wurden einige Ermittlungsverfahren gegen den Angeklag-ten, die falsche Verdächtigungen zum Gegenstand hatten, wegen Schuldun-fähigkeit eingestellt ([X.], 5, 7).

2. Der Rechtsfehler führt zur [X.] auch insoweit, als von der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) bzw. in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen worden ist. Die durch den Ange-klagten hierzu vorgenommene Rechtsmittelbeschränkung ist unwirksam. Der Schuldspruch und eine mögliche [X.] sind hier mit Rücksicht auf eine denkbare Schuldunfähigkeit des Angeklagten so eng miteinander verknüpft, dass das Unterbleiben der [X.] nicht von der [X.] ausgenommen werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Sep-tember 2002

2 [X.], [X.]R StPO § 318 Maßregel 1; siehe auch [X.], Beschluss vom 22. Juni 2011

2 [X.], [X.], 72). [X.] gilt bereits im Hinblick auf § 72 StGB für die Frage der [X.] in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Februar 2009

2 [X.], [X.], 170). Das neu entscheidende Tatgericht wird deswegen namentlich [X.] darzulegen haben, ob und aus welchen Gründen der Angeklagte

auch eingedenk im angefochtenen Urteil angenommener fehlender [X.]

tatsächlich dauerhaft von seiner wahn-haften Störung geheilt ist. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB wird es zu erörtern haben, ob die Aussicht besteht, dass die Therapie-bereitschaft des Angeklagten geweckt werden kann (vgl. Fischer, StGB, 60.
Aufl., § 64 Rn. 20 mit zahlreichen Nachweisen).

3. Hingegen ist das äußere Tatgeschehen rechtsfehlerfrei festgestellt und daher von der Aufhebung nicht betroffen.

4. Sollte das neu entscheidende Tatgericht abermals zu der [X.] gelangen, dass der Angeklagte lediglich im Zustand verminderter 6
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Schuldfähigkeit nach § 21 StGB gehandelt hat, so wird es im Rahmen der Strafzumessung zu beachten haben, dass gerade wegen der wahnbedingten Beeinträchtigung des Steuerungsvermögens die Tatmodalitäten, aber auch die Rückfallgeschwindigkeit und der [X.] nur nach dem Maß der verminderten Schuld zum Nachteil des Angeklagten herangezogen wer-den dürfen (zur Art der Tatausführung:
st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 31. Januar 2012

3 StR 453/11, [X.], 169 mwN). [X.] gilt für die im angefochtenen Urteil erörterte [X.] bislang im Zusammenhang mit dem [X.] ergriffener hoheitlicher Maßnahmen gegen den Angeklagten. Soweit dort strafschärfend ausdrücklich der 2006 erfolgte, mithin Jahre zurückliegende Freispruch wegen Schuldunfähigkeit verwertet wird, begegnet dies jedenfalls ohne Mitteilung näherer Details, et-wa zum seinerzeitigen Vorstellungsbild des Angeklagten, Bedenken.

[X.] Schneider

König Bellay

Meta

5 StR 104/13

25.04.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2013, Az. 5 StR 104/13 (REWIS RS 2013, 6279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6279

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 StR 104/13

2 StR 139/11

3 StR 453/11

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