Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2007, Az. 3 StR 149/07

3. Strafsenat | REWIS RS 2007, 3376

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[X.] vom 19. Juni 2007 in der Strafsache gegen wegen schweren Bandendiebstahls u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Juni 2007 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2006 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-gen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Bandendieb-stahls in sieben Fällen und wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine auf mehrere Verfahrensrügen und die allgemeine Sachbe-schwerde gestützte Revision bleibt ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Bean-standungen des Verfahrens geben dem Senat Anlass zu den folgenden Ausfüh-rungen: 1 1. Die Besetzungsrüge zeigt keinen Rechtsfehler auf. Dies gilt auch, so-weit die Verteidigerin beanstandet, der Vorsitzende habe die [X.]zu Unrecht von der Dienstleistung entbunden. Diese hatte, als sie am Vortag der mehrtägigen Hauptverhandlung als Ersatz für die erkrankte [X.] fernmündlich geladen wurde, mitgeteilt, sie habe ein Kleinkind zu versorgen und könne zwar für den ersten Hauptverhandlungstag eine Betreuung sicherstellen, sei dann aber ohne jede Betreuungsmöglichkeit. Hierzu ist die Verteidigerin der Auffassung, die Entscheidung des Vorsitzenden sei willkürlich, und führt aus: 2 - 3 - "Wenn man wirklich will, findet man in einer solchen Situation ohne jeden Zwei-fel eine staatliche Stelle, die sachgerechte Kinderbetreuung übernimmt." [X.] berichtet sie, es schon erlebt zu haben, wie das Kind einer Schöffin wäh-rend der Sitzung von einem Wachtmeister eines Gerichts mit Kartenspielen vor dem Sitzungssaal betreut wurde. Damit belegt die Verteidigerin nicht eine willkürliche Richterentziehung, sondern nur einen bemerkenswerten Mangel an Verständnis für die Nöte der Mutter und die Bedürfnisse des Kindes. 3 2. Die Befangenheitsrüge versagt. Nach der dienstlichen Erklärung des [X.], der die Verteidigung nicht entgegengetreten ist, liegt ihr folgender Verfahrensablauf zugrunde: 4 Nach zweimonatiger Hauptverhandlung näherte sich die Beweisaufnah-me aus Sicht der [X.] ihrem Ende. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob Beweisanträge der Verteidigung zu erwarten seien, erklärte die Verteidi-gerin des Angeklagten, Frau Rechtsanwältin A.

(damals noch: Al. -

), am 24. April 2006, sie werde wohl noch 30 bis 40 Beweisanträge stellen, ohne diese dabei näher zu bezeichnen. Der Vorsitzende bestimmte daraufhin vorsorglich weitere Hauptverhandlungstermine. Bis zum 2. Juni 2006 wurden indes keine Beweisanträge gestellt. An diesem Tag teilte der [X.] mit, die Kammer würde am 19. Juni 2006 die Beweisaufnahme schließen wollen. Auf seine Nachfrage erklärte die Verteidigerin, keine Beweisanträge stellen zu wollen. Gleiches erklärte sie am 19. Juni 2006. Erst nachdem der Vorsitzende daraufhin die Beweisaufnahme geschlossen hatte und die [X.] bis zum 3. Juli 2006, dem für die Schlussvorträge vorgesehenen Termin, unterbrechen wollte, kündigte sie für diesen Tag die Stellung von [X.] - 4 - weisanträgen an. Daraufhin setzte der Vorsitzende zur Mitteilung solcher Anträ-ge eine Frist bis zum 23. Juni 2006, um bis zum nächsten Verhandlungstag ge-gebenenfalls die Herbeischaffung von Beweismitteln veranlassen zu können. Auf die Fragen der Verteidiger zur Zulässigkeit dieser Fristsetzung verwies der Vorsitzende auf neuere Rechtsprechung des [X.], nach der [X.] in diesem Zusammenhang möglich seien. Zugleich erörterte er mit den Verfahrensbeteiligten Termine für eine weitere Fortsetzung des Verfah-rens. Die Verteidigerin stellte bis zum nächsten Verhandlungstag keine [X.], sondern beanstandete zu Beginn der Verhandlung die (inzwischen ge-genstandslos gewordene) Fristsetzung nach § 238 Abs. 2 StPO. Die [X.] bestätigte daraufhin die Fristsetzung des Vorsitzenden. Dies wiederum war der Anlass für das gegen [X.] der [X.] gerichtete [X.]. Das [X.] hat das Gesuch zu Recht zurückgewiesen. Die [X.] durch den Vorsitzenden, die von der [X.] bestätigt worden ist, war nicht nur zulässig (vgl. [X.], [X.]. vom 9. Mai 2007 - 1 StR 32/07 - zur Veröffentlichung in [X.]St vorgesehen), sondern angesichts des Prozessver-haltens der Verteidigerin auch geboten. 6 Das Strafverfahren dient dazu, den Strafanspruch des Staates um des Rechtsgüterschutzes Einzelner und der Allgemeinheit willen in einem justizför-mig geordneten Verfahren durchzusetzen, d. h. in fairer Weise den wahren Sachverhalt zu ermitteln und auf der Grundlage einer Schuldfeststellung zu einer schuldangemessenen Bestrafung des Angeklagten zu kommen (vgl. [X.] 57, 250, 275). Nicht zuletzt in dessen Interesse (vgl. [X.] 63, 45, 69) besteht das Gebot, das Verfahren innerhalb angemessener Frist durchzu-führen, worauf in jüngerer Zeit das [X.] in seiner Kam-7 - 5 - merrechtsprechung wiederholt und nachdrücklich hingewiesen hat (vgl. [X.] aaO m. w. N.). Die im Verlauf des Verfahrens mehrfach gestellten Fragen des [X.] nach eventuell noch vorhandenem Aufklärungsbedarf der Verteidigung und die Absprache neuer Verhandlungstermine dienten erkennbar dazu, das Verfahren zu straffen. An diesem Ziel hatte die Verteidigung hier offensichtlich kein Interesse. Dass der Vorsitzende, nachdem seine bisherigen Bemühungen nicht unterstützt worden waren, eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen setzte, war eine gebotene Maßnahme, um der von der Verteidigung betriebe-nen Verschleppung des Verfahrens entgegenzuwirken. Entgegen der Ansicht der Revision war die Fristsetzung auch dann sinnvoll, wenn - wie hier - nach Fristablauf eingehende Beweisanträge nach § 244 Abs. 3 StPO hätten beschie-den werden sollen: Das Verstreichenlassen der Frist hätte nämlich als Indiz [X.] gewertet werden können, dass später gestellte Beweisanträge der Prozess-verschleppung dienten. 8 [X.]

Winkler Pfister

von Lienen [X.]

Meta

3 StR 149/07

19.06.2007

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2007, Az. 3 StR 149/07 (REWIS RS 2007, 3376)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3376

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