Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2008, Az. 1 StR 484/08

1. Strafsenat | REWIS RS 2008, 1841

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[X.]/08 vom 23. September 2008 [X.]St: ja [X.]R: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StPO § 246 Abs. 1 StPO § 244 Abs. 3 1. Aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfah-rens folgt die Befugnis, den Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen zu setzen. § 246 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen. 2. Wird nach der gesetzten Frist ein Beweisantrag gestellt, kann dies ein Indiz für die innere Tatsache der [X.] darstellen, wenn der [X.] die Gründe für die verspätete Antragstellung nicht nachvollziehbar und substantiiert darlegen kann und auch die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nicht zur Beweiserhebung drängt. 3. Macht der Vorsitzende von der Möglichkeit der Fristsetzung Gebrauch, ist die Anordnung nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO zu protokollieren. Die [X.] sind darauf hinzuweisen, dass eine Ablehnung der [X.], die nach Fristablauf gestellt wurden, wegen [X.] bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen möglich ist. 4. Wurde der Hinweispflicht entsprochen, können [X.] auch erst im Urteil wegen [X.] abgelehnt werden. [X.], [X.]. vom 23. September 2008 - 1 [X.] - [X.] in der Strafsache gegen - 2 - wegen Steuerhinterziehung - 3 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 23. September 2008 be-schlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. März 2008 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt, wovon vier Monate als verbüßt gelten. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 [X.] Die Verfahrensrüge, mit der die rechtsfehlerhafte Ablehnung verschie-dener [X.] wegen [X.] geltend ge-macht wird, hat keinen Erfolg. 2 - 4 - 1. Die Revision trägt folgendes Verfahrensgeschehen vor: 3 Am 10. Hauptverhandlungstag wurde seitens des Vorsitzenden der [X.] angeordnet, dass —den Beteiligten – zur Stellung von weiteren Beweisanträgen eine Frist bis zum 26.09.2007 [X.] wird. Auf Antrag des Verteidigers des Angeklagten wurde die Frist unmittelbar im [X.] durch weitere Anordnung des Vorsitzenden bis zum 9. Oktober 2007 verlängert. [X.] wurde den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme einge-räumt. Am darauf folgenden Verhandlungstag beantragte der Verteidiger, die Frist für weitere Beweisanträge aufzuheben, und einen diesbezüglichen Be-schluss der [X.]. Nach Unterbrechung der Verhandlung bestätigte die Kammer die vom Vorsitzenden angeordnete Fristsetzung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es —nach der neuen Rechtsprechung des [X.] vor [X.] in umfangreichen Verfahren zulässig und sinnvoll ist, solche Fristen zu [X.] Die gesetzte Frist erscheine zudem angemessen. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung wurden auch nach dem 9. Oktober 2007 gestellte [X.] seitens des [X.]s entgegengenommen, denen teilweise auch nachgegangen wurde. Im Rahmen seines Schlussvortrages am 27. Verhand-lungstag stellte der Verteidiger dann verschiedene [X.], die [X.] im Urteil wegen [X.] abgelehnt wurden. 4 2. Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 3 StPO sowie des Rechts auf ein faires Verfahren ist bereits unzulässig, da sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht entspricht. 5 a) Der Beschwerdeführer muss die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Revisionsgericht auf Grund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein [X.] - 5 - fahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. statt aller [X.], [X.] Aufl. § 344 Rdn. 24 m.w.N.). Für einen er-schöpfenden Vortrag sind dabei auch - verfassungsrechtlich unbedenklich ([X.] NJW 2005, 1999, 2002) - die [X.]n vorzutragen, die der erhobenen Rüge entgegenstehen könnten (vgl. zuletzt Senat NStZ-RR 2007, 53, 54). b) Mit der Rüge wird geltend gemacht, dass die [X.] die [X.] im Urteil wegen [X.] abgewiesen habe, ohne zuvor darauf hingewiesen zu haben, dass Beweisanträge, die nach Ablauf der am 10. Hauptverhandlungstag gesetzten Frist gestellt werden, auch wegen [X.] abgelehnt werden können. Dies ist indes nach der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der [X.], die in der Gegener-klärung der Staatsanwaltschaft mitgeteilt wird und der die Revision nicht entge-gengetreten ist, nicht der Fall. Danach wurde vielmehr am 11. Hauptverhand-lungstag nachdem der Gerichtsbeschluss verkündet worden war, der die [X.] bestätigte, mit den Verfahrensbeteiligten die Bedeu-tung der Fristsetzung erörtert. Seitens des Vorsitzenden wurde darauf [X.], dass es als Indiz für eine [X.] gewertet werden kann, wenn Beweisanträge erst nach Fristablauf gestellt werden, und dass bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Zurückweisung der Beweisanträ-ge wegen Prozessverschleppung in Betracht kommt. Dieses [X.] mitzuteilen, das für die Beurteilung der Verfahrensrüge bedeutsam ist, versäumt die Revision. Das mag seine Ursache darin haben, dass in der Revi-sionsinstanz ein anderer Verteidiger als in der Tatsacheninstanz beauftragt war. In solchen Fällen trifft den neuen Verteidiger indes eine Erkundigungspflicht (vgl. Senat NStZ 2005, 283, 284), zumal in der Revisionsbegründung ausdrück-lich das Fehlen eines entsprechenden Hinweises gerügt wurde. Unter diesen 7 - 6 - Voraussetzungen gebietet auch das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Effektivität des Rechtsschutzes kein anderes Ergebnis ([X.] StraFo 2005, 512). c) Bei der gegebenen Sachlage wäre die Rüge zudem aber auch unbe-gründet. Das [X.] hat die [X.] zu Recht wegen Prozess-verschleppungsabsicht abgelehnt. Die verlangte Beweiserhebung konnte nichts Sachdienliches zugunsten des Angeklagten erbringen, was dem Antragsteller auch bewusst war. Darüber hinaus bezweckte er mit dem Antrag ausschließlich die Verzögerung des [X.]. Durch die begehrte Beweiserhe-bung wäre auch eine wesentliche Verzögerung eingetreten. 8 aa) Unter umfassender Würdigung aller maßgeblichen Umstände (vgl. [X.]St 51, 333, 336 Rdn. 17) hat die [X.] die vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen für die Ablehnung der [X.] wegen Verschlep-pungsabsicht (vgl. insoweit nur [X.]St 51, 333, 336 Rdn. 15) rechtsfehlerfrei dargelegt. Ihr war dabei nicht verwehrt, das voraussichtliche Beweisergebnis vorweg zu würdigen ([X.]St 21, 118, 122). 9 Hierfür hat sie die Aussagen der bisher vernommenen Zeugen und den sonstigen Akteninhalt berücksichtigt, aus der sich für die in den abgelehnten Beweisanträgen behauptete herausragende Stellung des Zeugen im Unterneh-men des Angeklagten keinerlei Anhaltspunkte ergaben. Weiter führt die [X.] aus, dass auch die Vernehmung anderer Zeugen, die in Erledigung früherer Beweisanträge der Verteidigung zu identischen Beweisthemen erfolgte, keine Erkenntnisse, die den Angeklagten entlasteten, erbracht hatte. Aufgrund eingehender Würdigung der dargelegten Gesichtspunkte gelangt das [X.] sodann zu der Überzeugung, dass sich die Verteidigung bei Stellung der 10 - 7 - gegenständlichen [X.] über die Nutzlosigkeit der begehrten [X.] bewusst war. Unter Darlegung des bisherigen Prozessverlaufes und Prozessverhaltens, wobei unter anderem - neben anderweitigen [X.] - auch auf die seitens der Kammer gesetzte Frist abgestellt wird, be-gründet die [X.] anschließend, dass seitens der Verteidigung mit den [X.]n ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlus-ses bezweckt wurde. Diese Erwägungen erweisen sich in tatsächlicher Hinsicht als tragfähig und rechtlich zutreffend. Namentlich war es der [X.] nicht verwehrt, den Umstand, dass die [X.] nach Ablauf der seitens der [X.] gesetzten Frist zur Stellung von Beweisanträgen gestellt worden [X.], in die Abwägung mit einzubeziehen. Dieser Aspekt wurde lediglich als einer von mehreren Gesichtspunkten in die erforderliche Gesamtabwägung einge-stellt. Es führte nicht die verspätete Antragstellung als solche zur Zurückwei-sung, was nach § 246 Abs. 1 StPO unzulässig wäre. Darauf, dass es als Indiz für eine [X.] gewertet werden kann, wenn Beweisanträge nach Fristablauf gestellt werden (vgl. insoweit auch [X.]St 51, 333, 344 Rdn. 37), waren die Verfahrensbeteiligten hingewiesen worden. 11 bb) Ohne Rechtsfehler hat die [X.] auch dargelegt, dass die beantragte Beweiserhebung zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens geführt hätte. Für die Vernehmung des nicht am Gerichtsort wohnenden [X.] hätte, da aufgrund der eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Ange-klagten eine Durchführung der Beweisaufnahme am [X.] nicht mehr möglich war, ein weiterer Hauptverhandlungstag anberaumt werden müssen. Hierbei konnte das [X.] - neben anderen Gesichtspunkten - auch berücksichtigen, dass aufgrund der eingeschränkten [X.] - keit des Angeklagten eine - zudem auch aus anderen Gründen nicht ohne [X.] durchführbare - unmittelbare Beweisaufnahme am Tage der Antragstel-lung nicht möglich war. Es zog insoweit bei seiner Bewertung der Wesentlich-keit der Verzögerung lediglich eine [X.] heran, von der [X.] ohne weiteres kein Anlass bestand. Ein von der Revision in diesem Zusammenhang erkannter Zynismus ist nicht gegeben. Angesichts der [X.], dass seitens des Gerichts für den [X.] bereits im [X.] an die Schlussvorträge die Urteilsberatung und -verkündung vorgese-hen war, wäre - auch unter Berücksichtigung der sich aus dem Rubrum des Urteils ergebenden Folge der bisherigen Hauptverhandlungstermine (zuletzt einmal wöchentlich) - eine Verzögerung von mehreren Tagen eingetreten. Da das Verfahren im Übrigen abschlussreif war und bereits seit Ende 2001 andau-erte, war die Verzögerung, die demnach eingetreten wäre, auch wesentlich. Im Hinblick auf den [X.]eunigungsgrundsatz sind, je länger ein Strafverfahren andauert, die Anforderungen an die Wesentlichkeit der Verfahrensverzögerung geringer. In solchen Fällen kann auch eine relativ geringfügige zeitliche [X.] wesentlich sein. Ob an der bisherigen Rechtsprechung weiter festzuhal-ten ist, wonach der Ablehnungsgrund der [X.] nur Anwen-dung finden kann, wenn die Erhebung des beantragten Beweises das Verfah-ren wesentlich verzögern würde, braucht daher vorliegend - wenngleich gute Gründe für die Aufgabe der diesbezüglichen Rechtsprechung sprechen (vgl. [X.]St 51, 333, 342 Rdn. 32 ff., [X.] [X.] 2008, 9, 10) - nicht entschieden zu werden. [X.]) Nachdem die Verfahrensbeteiligten im [X.] an den [X.]uss der [X.], der die Frist für die Stellung von Beweisanträgen des [X.] bestätigte, darauf hingewiesen worden waren, dass nach Fristablauf gestellte Beweisanträge auch wegen [X.] abgelehnt werden 13 - 9 - können, war es auch zulässig, die [X.] darauf gestützt im Urteil abzulehnen. Zutreffend trägt die Revision in diesem Zusammenhang zwar vor, dass dies nach der Rechtsprechung des [X.] regelmäßig nicht zulässig ist. Die insoweit maßgeblichen Gesichtspunkte, die ein solches Vorge-hen dem Grundsatz nach verbieten, sind vorliegend indes nicht gegeben. (1) In der Regel kann ein Hilfsbeweisantrag im Urteil abgelehnt werden. Mit der [X.] Antragstellung im Schlussvortrag bringt der Antragsteller zum Ausdruck, dass er auf eine Bescheidung in der Hauptverhandlung nach § 244 Abs. 6 StPO verzichtet und sich damit einverstanden zeigt, dass sein [X.] erst in den Urteilsgründen beschieden wird [X.] in [X.]. § 244 Rdn. 92). Dies gilt indes nicht, wenn die Ablehnung des Beweisantrags auf [X.] gestützt werden soll. Dann ist der Beweisantrag grundsätzlich wie ein unbedingt gestellter Antrag zu behandeln; er ist mit einem in der Hauptverhandlung verkündeten [X.]uss zu bescheiden, um dem [X.] die Gelegenheit zu geben, den gegen ihn erhobenen [X.] zu entkräften (vgl. [X.]St 22, 124 f.; [X.] NStZ 1986, 372; [X.] 1990, 394; [X.] NStZ 1998, 207 m. Anm. [X.]). 14 (2) Ist aber im Laufe des Verfahrens - wie hier - durch entsprechenden Hinweis des Gerichts klargestellt, dass es als Indiz für eine Verschleppungsab-sicht gewertet werden kann, wenn Beweisanträge erst nach Ablauf einer zuvor gesetzten Frist gestellt werden, besteht kein Anlass, dem Antragsteller [X.] die Möglichkeit zur Verteidigung gegen den [X.] zu geben. Maßnahmen, mit denen er die Ablehnung des Beweisantrags unter [X.] hätte vermeiden können, wie z.B. die in der Revision aufge-zeigte Ausübung des Selbstladerechts oder die Stellung anderweitiger, mögli-cherweise gar im Hinblick auf die Bescheidung des ersten [X.] - bedingte Anträge, sind zumutbar und vom redlichen Antragsteller auch zu er-warten, wenn er aufgrund entsprechender Hinweise des Gerichts darum weiß, dass nach einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit der Ablehnung wegen [X.] erwogen wird. Zudem besteht für den Antragsteller in Kenntnis der konkreten prozessualen Situation ohne weiteres die Möglichkeit, die Beweisanträge unbedingt zu stellen. Dadurch wird weder die Verteidigung in unzulässiger Weise beschränkt, noch das Verfahren verzögert. Zudem würden die mit der Fristsetzung zur Antragstellung verfolgten Zwecke im Wesentlichen leer laufen, wenn in diesen Konstellationen der Grundsatz Anwendung fände, dass [X.] nicht im Urteil wegen [X.] zurück-gewiesen werden dürfen. 3. Soweit mit der Revision darüber hinaus im Hinblick auf die Fristset-zung durch das [X.] die Verletzung von § 246 Abs. 1 StPO gerügt wird, ist die Rüge unbegründet. § 246 Abs. 1 StPO verbietet nicht die Ablehnung ei-nes Beweisantrags wegen [X.] gemäß § 244 Abs. 3 StPO. Verspätete Stellung eines Beweisantrags kann alleine schon für Verschlep-pungsabsicht sprechen ([X.] NStZ 1990, 350, 351). Einer Fristsetzung, die lediglich ein Indiz für die innere Tatsache der [X.] sein kann und die zudem keine Ausschlussfrist ist, steht § 246 Abs. 1 StPO nicht entge-gen. Vielmehr folgt eine diesbezügliche Befugnis aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens, insbesondere der [X.]. 16 a) Nach den §§ 213 ff., § 238 Abs. 1 StPO hat der Vorsitzende die Durchführung der Hauptverhandlung durch geeignete Maßnahmen [X.] und deren Durchführung sicherzustellen. Dies gibt ihm - soweit der [X.] nicht durch § 243 StPO festgelegt ist - auch die Befugnis, den Gang 17 - 11 - der Beweisaufnahme, insbesondere auch die zeitliche Reihenfolge der [X.] Beweiserhebungen, zu bestimmen [X.] in [X.]. § 238 Rdn. 3). Daraus folgt auch die Befugnis, durch eine Fristsetzung für eventuelle Beweisanträge die weitere Gestaltung der Beweisaufnahme zu fördern, wenn die vom Gericht nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) für geboten gehaltene Beweiserhebung abgeschlossen ist. Eine solche Vorge-hensweise wird bei Verfahren, die bereits seit längerem andauern, [X.] solchen mit einer Hauptverhandlung, die mindestens zehn Verhandlungstage umfasst (§ 229 Abs. 2 StPO), regelmäßig im Hinblick auf den [X.]euni-gungsgrundsatz, der einen Abschluss des Verfahrens in einem angemessenen zeitlichen Rahmen gebietet (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK), angezeigt sein, um eine hinreichend straffe Verhandlungsführung zu ermöglichen. b) § 246 Abs. 1 StPO verbietet demgegenüber lediglich aufgrund des im Strafprozess geltenden Prinzips materieller Wahrheit eine Präklusion von [X.] auf Grund Zeitablaufs (Fischer in [X.]. § 246 Rdn. 1). Eine solche geht indes mit der Fristsetzung nicht einher. Werden Anträge nicht innerhalb der gesetzten Frist gestellt, sind für eine [X.] des Antragstellers lediglich signifikante Indizien gegeben, wenn dieser die Gründe für die verspätete Antragstellung nicht nachvollziehbar und substantiiert darle-gen kann und auch die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nicht zur Beweiserhebung drängt ([X.]St 51, 333, 344 Rdn. 37). 18 c) Auch soweit § 246 Abs. 1 StPO ein Verbot enthalten sollte, den [X.] einen Zeitpunkt für die Stellung von Beweisanträgen vorzu-schreiben (so - nicht tragend - [X.] NStZ 1986, 371; [X.] NStZ 1990, 350, 351), würde gegen dieses Verbot durch die Fristsetzung nicht verstoßen. Denn den Verfahrensbeteiligten bleibt es - sei es aus prozesstaktischen oder aus [X.] - 12 - deren Gründen - weiter freigestellt, auch nach der gesetzten Frist Beweisanträ-ge zu stellen. An der Pflicht des Gerichts zur Entgegennahme und Verbeschei-dung der Beweisanträge ändert sich nichts ([X.]St 51, 333, 345 Rdn. 38). d) Macht der Vorsitzende von der Möglichkeit der Fristsetzung Gebrauch, ist die Anordnung nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO zu protokollieren. Es empfiehlt sich, den Grund der Anordnung und die Angemessenheit der Frist in gebotenem Umfang zu begründen. Hierbei sind die Verfahrensbeteiligten darauf hinzuweisen, dass das Gericht Beweisanträge, die nach Ablauf der Frist gestellt werden, nach den allgemeinen Regeln entgegen zu nehmen und zu bescheiden hat. Darüber hinaus ist darzulegen, dass im Falle der Antragstel-lung nach Fristablauf der Antragsteller die Gründe hierfür substantiiert darzule-gen hat und das Gericht, wenn nach dessen Überzeugung kein nachvollziehba-rer Anlass für die verfristete Antragstellung besteht, grundsätzlich davon [X.] kann, dass der Antrag nichts anderes als die Verzögerung des Verfah-rens bezweckt, falls nicht die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO gleichwohl zur Beweiserhebung drängt. Demgemäß sind die Verfahrensbeteilig-ten auch darauf hinzuweisen, dass - ggfs. bei [X.]n auch im Ur-teil - eine Ablehnung der Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt wurden, wegen [X.] bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen möglich ist. 20 I[X.] Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg. Ergänzend zu der Antragsschrift des [X.] bemerkt der Senat: 21 - 13 - Entgegen der Auffassung der Revision sind die Feststellungen des an-gefochtenen Urteils weder lückenhaft noch widersprüchlich. Der Angeklagte initiierte die zur Aburteilung gelangten Geschäfte nicht, um einen günstigeren Rückerwerb der Kraftfahrzeuge zu erreichen. Wie den Urteilsgründen in ihrem Zusammenhang noch hinreichend entnommen werden kann, handelte es sich bei den Geschäften um [X.] im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 1 AO, um die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) vorzutäuschen, der dem Unternehmen des Angeklagten tatsächlich nicht zustand. In den weite-ren Fällen wurden durch [X.] [X.]. § 41 Abs. 2 Satz 1 AO umsatz-steuerpflichtige Inlandsgeschäfte zwischen dem Unternehmen des Angeklagten und dessen Kunden verschleiert, um so seine aus § 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG folgende Zahlungsverpflichtung zu umgehen. Vor [X.] Hintergrund erweist sich auch die Beweiswürdigung des [X.]s nicht als rechtsfehlerhaft. 22 Unter Berücksichtigung des im Urteil hinreichend dargelegten [X.]s hat die [X.] auch der eingetretenen Verfahrensverzögerung bei der Strafzumessung rechtsfehlerfrei Rechnung getragen. Die von der Revi-sion in diesem Zusammenhang vermisste Berücksichtigung bei der Bemessung 23 - 14 - der Einzelstrafen findet sich im Urteil auf Seiten 97 und 100. Unter Berücksich-tigung des Umfangs und der Komplexität des Verfahrens ist die zur [X.] gewährte Anrechnung in revisionsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. [X.]Wahl Hebenstreit [X.] [X.]

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1 StR 484/08

23.09.2008

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2008, Az. 1 StR 484/08 (REWIS RS 2008, 1841)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1841

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