Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.08.2011, Az. VII B 9/11

7. Senat | REWIS RS 2011, 3872

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Gegenstand

Keine Bindung des FA an die in einer Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesenen Beträge - Berichtigung einer Lohnsteuerbescheinigung - Änderung des Lohnsteuerabzugs


Leitsatz

1. NV: Die vom Arbeitgeber ausgestellte Lohnsteuerbescheinigung erbringt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung lediglich einen widerlegbaren Beweis; das FA ist an ihren Inhalt nicht gebunden .

2. NV: Berichtigt der Arbeitgeber eine Lohnsteuerbescheinigung, die weder einbehaltene noch an das FA abgeführte Beträge unzutreffend als Lohnsteuer ausweist, handelt es sich nicht um eine Änderung des Lohnsteuerabzugs i.S. des § 41c Abs. 3 Satz 1 EStG .

Tatbestand

1

I. Die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) waren im Streitjahr 2005 bis einschließlich Oktober als Arbeitnehmer einer [X.] (Arbeitgeberin) tätig. Die Arbeitgeberin, betreffend deren Vermögen im August 2005 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde, zahlte den Klägern für die Monate Juli bis September 2005 keine Löhne und meldete dementsprechend beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) keine einbehaltene Lohnsteuer an. Sie zahlte stattdessen Beträge zur Vorfinanzierung des [X.], die aufgrund "fiktiver" Lohnabrechnungen berechnet worden waren und die später mit dem gezahlten Insolvenzgeld verrechnet wurden. Für Oktober 2005 zahlte die Arbeitgeberin wieder Löhne und führte die einbehaltene Lohnsteuer an das [X.] ab. Die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitgeberin ausgestellten [X.] wiesen allerdings auch die in den Monaten Juli bis September 2005 "fiktiv" berechneten Bruttolöhne sowie [X.] aus. Im März 2006 stellte die Arbeitgeberin dann berichtigte [X.] aus, in denen Lohnzahlungen für die Monate Juli bis September 2005 nicht mehr aufgeführt waren.

2

Während die Kläger mit ihrer Einkommensteuererklärung 2005 die in den ursprünglichen [X.] ausgewiesenen Bruttolöhne und [X.] angaben, berücksichtigte das [X.] in der [X.] zum Einkommensteuerbescheid 2005 die [X.] gemäß den berichtigten [X.]. Nachdem die Kläger Einspruch und Klage gegen den Einkommensteuerbescheid erhoben hatten, erließ das [X.] auf Antrag der Kläger einen Abrechnungsbescheid, mit dem es die [X.] hinsichtlich der [X.] bestätigte.

3

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) ab. Das [X.] urteilte, dass die Arbeitgeberin berechtigt gewesen sei, die [X.] zu berichtigen, weil diese [X.] für die Monate Juli bis September 2005 ausgewiesen hätten, obwohl die Arbeitgeberin keine Lohnsteuer einbehalten, angemeldet und an das [X.] abgeführt habe. Durch die berichtigten [X.] habe die Arbeitgeberin daher den Lohnsteuerabzug nicht i.S. des § 41c Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geändert, sondern lediglich die Löhne und [X.] für die Monate Januar bis Oktober 2005 zutreffend ausgewiesen.

4

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, welche sie auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der [X.]sordnung --[X.]O--) stützen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

6

Der Senat kann offenlassen, ob die Klärungsbedürftigkeit der von der Beschwerde formulierten Rechtsfragen schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O verlangt. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor, weil sich diese Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen und somit nicht klärungsfähig sind.

7

Die bezeichneten Rechtsfragen gehen in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass ein Arbeitgeber Lohnsteuer in nicht zutreffender Höhe vom Arbeitslohn einbehalten und beim Finanzamt angemeldet hat. Nach den Feststellungen des [X.] im Streitfall, an die der Senat in einem Revisionsverfahren gebunden wäre (§ 118 Abs. 2 [X.]O), hat die Arbeitgeberin jedoch für die Monate Juli bis September 2005 weder Lohnsteuer einbehalten noch beim [X.] angemeldet. Sie hat lediglich am Ende des Arbeitsverhältnisses über die während der genannten Monate den Klägern gezahlten Löhne sowie die einbehaltenen [X.] eine unzutreffende Bescheinigung ausgestellt. Ein Fall der in § 41c Abs. 3 Satz 1 EStG geregelten Änderung des Lohnsteuerabzugs liegt daher --wie das [X.] zutreffend ausgeführt [X.] nicht vor.

8

Anders als die Beschwerde offenbar meint, ist das [X.] bei der Veranlagung eines Arbeitnehmers zur Einkommensteuer auch nicht verpflichtet, die in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesene Lohnsteuer als die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer i.S. des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen. Vielmehr entspricht es der ständigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) --und ist daher nicht klärungsbedürftig--, dass die Lohnsteuerbescheinigung lediglich einen widerlegbaren Beweis im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erbringt und somit bei der Veranlagung keine Bindung an ihren Inhalt besteht ([X.]-Urteile vom 19. Oktober 2001 [X.], [X.]/NV 2002, 340; vom 13. Dezember 2007 [X.], [X.]E 220, 124, [X.], 434; [X.]-Beschluss vom 7. Februar 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 944).

Meta

VII B 9/11

18.08.2011

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 8. Dezember 2010, Az: 2 K 1347/08, Urteil

§ 36 Abs 2 Nr 2 EStG 2002, § 41c Abs 3 S 1 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.08.2011, Az. VII B 9/11 (REWIS RS 2011, 3872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3872

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Referenzen
Wird zitiert von

B 10 EG 3/19 R

10 Sa 621/13

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