Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. 5 StR 504/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2016, 13520

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:060416U5STR504.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
5 StR 504/15

vom
6. April 2016
in der Strafsache
gegen

wegen Mordes u.a.

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Der 5.
Strafsenat des [X.]ndesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. April 2016, an der teilgenommen haben:
[X.] Prof. Dr. Sander

als Vorsitzender,

[X.]in Dr. [X.],
[X.] Dr. [X.],
[X.],
[X.] Dr. Feilcke

als beisitzende [X.],

[X.]ndesanwalt

als Vertreter der [X.]ndesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

W.

,
Rechtsanwältin
B.

als Verteidiger,

Rechtsanwalt N.

,
Rechtsanwalt K.

als Nebenklagevertreter,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:

Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 1. April 2015 auf-gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurge-richtskammer des [X.]s zurückverwiesen.

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Von Rechts wegen
-

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Störung der Totenruhe zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs [X.] verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen das Urteil richten sich die Revision des
Angeklagten und die zu seinen Ungunsten einge-legte Revision der Staatsanwaltschaft. Beide Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die vom Angeklagten zudem erhobene [X.] nicht ankommt.
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1. Das [X.] hat folgende
Feststellungen getroffen:
Nach der Trennung von seiner Ehefrau ging der nicht vorbestrafte [X.], der bis zu seiner Inhaftierung als [X.] im [X.] tätig war, im [X.] eine Beziehung zu [X.] ein. [X.] erfolgte nach der Ehescheidung die Eintragung der [X.]. In der neuen Beziehung lebte der Angeklagte die Freiheit zu weiteren sexuellen Kontakten offen aus. Nachdem er etwa im [X.] erst-mals mit sadomasochistischen Praktiken in Kontakt gekommen war, registrierte er sich Anfang September 2013 auf einer [X.]seite, deren Nutzer sich mit kannibalistischen Phantasien beschäftigen. Vom 6. September bis 5. Novem-ber
2013 verfasste der Angeklagte eine Vielzahl von Nachrichten an
unter-anderen Menschen interessiert zu sein, und bemühte sich, Treffen zu vereinba-ren. Hierbei verwies er mit Blick auf das im [X.] des von ihm bewohnten [X.] eingerichtete [X.] darauf, über geeignete Räumlichkeiten für die e-ren durchführen zu wollen. Fast ausnahmslos blieb es beim schriftlichen [X.]. Nur in zwei Fällen kam es zu persönlichen Treffen.
Am Abend des 12. September 2013 holte der Angeklagte den damals 30
Jahre alten Zeugen

[X.].

in dessen Wohnung in [X.] ab. Dessen Wunsch, vom Angeklagten aufgespießt und gegrillt zu werden, wurde jedoch nicht erfüllt, weil der Angeklagte zögerte und schließlich mitteilte, dass er zur Mitwirkung nicht mehr bereit sei; der Zeuge [X.].

Bei seinen Versuchen, ein Treffen zu vereinbaren, hatte der Angeklagte nur noch bei dem 59-jährigen Tatopfer

St.

Erfolg. Dieser 2
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war zumindest seit dem [X.] im [X.] auf der Suche nach einer Person, n-ten [X.]seite angemeldet. Am 2. Oktober 2013
nahm er Kontakt zum [X.]n auf. In der Folge kam es zu wiederholten schriftlichen und telefonischen Kontakten. Immer wieder drang St.

hierbei auf eine konkrete [X.]. Am 4. November 2013 reiste er schließlich vereinbarungsgemäß mit dem [X.]s nach [X.], wo er vom Angeklagten abgeholt wurde. In der Nacht zuvor war dieser in seinem [X.] vor eine Kamera getreten. Mit den Hän-den an seinem Geschlechtsteil manipulierend

großes Schlachtfest sei, was [X.] unterhielten sie sich über das gemeinsame Vorhaben, zu dem St.

im Unterschied zum Angeklagten fest entschlossen war und auf dessen Umsetzung er auch nach der Ankunft im [X.] drang. Beide kamen schließlich überein, dass der Angeklagte ihn im [X.]studio er-hängen sollte.
Mit einem ca. 4,10 m langen und 10,90 mm starken Kletterseil wurde ein sogenannter
Henkersknoten mit fünf bis fünfeinhalb Wicklungen geknüpft. Das andere Ende des Seiles verknotete der Angeklagte an einem Karabinerhaken, der sich am Ende des [X.] einer an einem Deckenbalken befestigten elektrischen Drahtseilwinde befand. St.

legte sich die Schlinge um den Hals und zog sie zu. Auf seine Aufforderung verknotete der Angeklagte ihm die Hände auf dem Rücken mit Plastikkabelbindern.
Zwischen 17:43 Uhr und 17:45 Uhr zog der Angeklagte

St.

mittels der Seilwinde nach oben. Durch die Einwirkung des [X.] von 83 kg zog sich die Schlinge zu und komprimierte die Hals-schlagadern mit der Folge einer bereits nach wenigen Sekunden eintretenden 6
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Bewusstlosigkeit. Durch das Zusammenziehen der Schlinge sowie der Knoten und die Belastungsdehnung des Materials verlängerte sich das Seil, so dass St.

mit den Füßen den Boden wieder berührte. Wegen der unmittel-bar nach [X.] eingetretenen Bewusstseinstrübung bestand jedoch für ihn keine Möglichkeit mehr, sich aus der Schlinge zu befreien.
Der Angeklagte handelte, um St.

in dessen Einverständnis zu töten. Durch die Tötung wollte der

voll schuldfähige

Angeklagte die an-schließende Zerstückelung des Körpers, insbesondere die Präparation der [X.],
ermöglichen, von der er sich sexuellen Lustgewinn versprach.
Um 17:47 Uhr schaltete der Angeklagte eine Videokamera an, die er be-reitgestellt hatte, um sich durch die späteren Aufnahmen der Zerstückelung des Leichnams eine dauerhaft verfügbare sexuelle Stimulanz zu verschaffen. [X.] bis ca. 17:49 Uhr der Körper des [X.] noch mehrfach deutlich sicht-bar gezuckt hatte, ließ der Angeklagte die Seilwinde wieder herunter und [X.] die Videokamera aus. Todeszeitpunkt und -ursache konnten nicht [X.] werden. St.

verstarb entweder durch Ersticken infolge des Hängens oder durch einen ihm durch den Angeklagten später beigebrachten [X.], sofern dieser noch vor Eintritt des Hirntodes erfolgte.
Nachdem der Angeklagte den Leichnam an den Füßen aufgehängt
hatte, schaltete er die Kamera erneut ein. In den folgenden 15 Minuten legte er Penis und beide Hoden frei, bevor er sie mit dem Messer komplett abtrennte. Sodann eröffnete er mit einem größeren Messer die Bauchhöhle durch die vordere Rumpfwand. Danach stellte er die Kamera aus. Als er sie um 19:02 Uhr erneut aktivierte, hatte er den Körper bereits weitgehend zerteilt. Er hatte den Kopf abgetrennt, den Rumpf durchschnitten und die Organe der Brust-
und Bauch-8
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einzelne Körperteile abgelegt. Die Hoden und den Penis hatte er dort auf einer silbernen 07 Uhr filmte sich der Angeklagte [X.], wie er

nunmehr vollständig unbekleidet

mit einem Messer die rechte Hand von dem auf einem Schneidebrett liegenden Arm abtrennte und im [X.] daran mit seinen blutigen Händen an seinem Penis manipulierte. Den Kopf kochte er; anschließend zertrümmerte er ihn mit einem
Vorschlaghammer. Er zerlegte die Leiche in kleine Teile und vergrub diese
im Garten, wo sie [X.] fast vollständig aufgefunden wurden; lediglich ein Hoden und der Penis fehl-ten.
2. Das [X.] hat die Voraussetzungen einer Tötung auf Verlangen (§
216 StGB) verneint; der Tötungswunsch von St.

sei für den [X.]n nicht handlungsleitend gewesen. Sein Entschluss habe schon [X.], bevor es zum Kontakt mit dem Geschädigten gekommen sei. Der An-geklagte habe seit Beginn seiner [X.] aus eigenem Antrieb nach Personen gesucht, die bereit wären, sich von ihm töten, insbesondere schlach-ten zu lassen. Sein entsprechender Entschluss habe mithin bereits festgestan-den, bevor St.

sich ihm als Opfer anbot. Dass dieser dabei den ernstlichen Wunsch hatte, getötet und verspeist zu werden, sei für den [X.]n zwar notwendige Voraussetzung zur Durchführung der Tat, aber nicht handlungsleitendes Motiv gewesen.
Das [X.] ist davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte we-gen Mordes in Tateinheit mit Störung der Totenruhe schuldig gemacht habe. Er habe sowohl zur Befriedigung des [X.] als auch zur Ermöglichung h-sich sexuelle Befriedigung, zumindest aber sexuellen Lustgewinn versprochen und das Geschehen deswegen teilweise auf Video aufgenommen. 11
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Das Ausweiden und Zerlegen eines getöteten Menschen dokumentiere eine grob ungehörige und eine rohe Gesinnung zeigende Handlung, die eine men-schenunwürdige und die Würde des Menschen als Gattungswesen missach-tende Behandlung darstelle.
Von der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe gemäß § 211 Abs. 1 StGB hat das [X.] abgesehen und die Strafe dem nach § 49 Abs. 1 Nr.
1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen. Zwar habe der Angeklagte zwei Mordmerkmale verwirklicht. Das in seiner Entschlussfähigkeit nicht beein-trächtigte Tatopfer sei aber mit der Tötung nicht nur einverstanden gewesen, sondern habe diese unbedingt gewollt. Angesichts der Nähe zum Tatbestand der Tötung auf Verlangen mit einem von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen sei die Verhängung lebenslanger Frei-
u-sogenannten
gleichartigen Taten zu erwarten. Er habe nach der Tat seine Suche nach [X.] eingestellt und seine Aktivitäten im [X.] beendet. Das von der Tat [X.] habe er gelöscht. Er habe Reue gezeigt und sich bei den Angehö-rigen des [X.] entschuldigt.
3. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die revisi-onsgerichtlicher Kontrolle nur begrenzt zugängliche Beweiswürdigung des [X.]s hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn sie erweist sich als lückenhaft und nicht frei von Widersprüchen. Das [X.] hat die [X.] nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen, dass St.

sich selbst getö-tet hat.

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a) Das [X.] hat die Einlassung des Angeklagten in der [X.], St.

habe sich stehend in die Schlinge fallen lassen und somit selbst getötet, als unwahre Schutzbehauptung angesehen. Es sei nicht möglich gewesen, dass dieser vor Einwirkung seines Körpergewichts auf das Kletterseil mit den Füßen Kontakt zum Fußboden gehabt habe ([X.]). Zwar habe St.

am Ende des Erhängungsvorgangs wieder Bodenkontakt ger-handen gewesen seien ([X.]). Durch das Körpergewicht habe sich das Seil jedoch nach Ansicht des sachverständig beratenen [X.]s während der Belastung im Bereich von der Oberkante des am Karabinerhaken befestigten [X.] bis zur Unterkante des [X.]
von ca. 20,5 cm auf ca.
43,4 cm, mithin um 22,9 cm verlängert. Angesichts dessen sei sicher aus-zuschließen, dass St.

vor Belastung des Seils mit seinem Körperge-wicht auch nur mit den Zehenspitzen Bodenkontakt gehabt habe ([X.]).
b) Diese Bewertung steht in einem nicht auflösbaren Widerspruch zu der vom [X.] getroffenen Feststellung, St.

habe sich vor dem Tätigwerden des Angeklagten die Schlinge des [X.] selbst um den Hals gelegt und zugezogen ([X.]). Denn dies kann er nur getan haben, wenn er

wenigstens auf Zehenspitzen

stand.
c) Diese Ausgangsposition kann

ungeachtet der abweichend getroffe-nen Feststellung

auch nicht aufgrund der vom [X.] mitgeteilten [X.] des Sachverständigen ausgeschlossen werden. Nach den insofern relevanten Daten befand sich die Unterkante des [X.] in einer Höhe von 196,5 cm. Infolge der Einwirkung des Körpergewichts verlängerte sich das Seil im Bereich von der Oberkante des [X.] bis zur Unterkante des Henkers-knotens von ca. 20,5 cm auf 43,4 cm ([X.]). [X.] befand sich die 15
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Unterkante des [X.] somit in einer Höhe von 176 cm. Von diesem Knoten ging die Schlinge nach unten ab. Angesichts dessen erscheint es ohne Weiteres möglich, dass der 171 cm große St.

in der ursprünglichen Position Kontakt zum Boden hatte. Es stellt eine Lücke dar, dass das [X.] sich hiermit nicht näher auseinandergesetzt hat.
Das gilt umso mehr, als es im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausführt, s-de.

mit den Füßen wieder auf dem ein eventueller Verlust des Kontaktes zum Boden nur von kurzer Dauer gewe-sen sein kann.
d) Allerdings
hat das auch insofern sachverständig beratene [X.] in diesem Zusammenhang ausgeführt, das durch das festgestellte Betätigen des [X.] erfolgte Zuziehen des Seils habe eine Kompression der Hals-
s-können. Schon die Bewusstseinstrübung habe eine Selbstbefreiung aus der Schlinge ausgeschlossen ([X.] 61).
Danach stünde der ursprüngliche und möglicherweise andauernde oder nach kurzer Zeit wieder bestehende Bodenkontakt dem vom [X.] fest-gestellten Geschehen nicht zwingend entgegen. Dies wäre freilich ebenso, wenn St.

wie der Angeklagte es behauptet

sich selbst in die Schlinge hätte fallen lassen. Auch dann hätte die unmittelbar nach dem Beginn der Kompression einsetzende Bewusstseinstrübung es ihm unmöglich [X.], die lebensgefährliche Lage insbesondere durch einen abstützenden 18
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Einsatz seiner Beine wieder zu beenden. Auch hiermit hat sich das [X.] nicht befasst.
e) Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass in die durchgeführten [X.] ein Vergleich zwischen der sich am unteren Rand des rechten Ohr-läppchens des Getöteten befindlichen Unterkante des [X.]
(153,1
cm) und der Höhe dieses Knotens bei einer stehenden und den Kopf neigenden, jedoch einen Zentimeter kleineren [X.] einbezogen worden ist, ohne zu erörtern, ob sich Ohrläppchen beim Menschen stets im sel-ben Verhältnis zur Gesamtkörpergröße
befinden.
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt aus den genannten Gründen (3.) zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) ebenfalls zur Aufhebung des [X.]. Im Übrigen hat sie hinsichtlich der Beurteilung des Konkurrenzverhältnis-ses sowie des Rechtsfolgenausspruchs zum Nachteil des Angeklagten Erfolg.
a) Das [X.] hat angenommen, der Angeklagte habe den Mord und die Störung der Totenruhe tateinheitlich verwirklicht, weil er die Zerstücke-lung des Leichnams von Anfang an geplant und in räumlich-zeitlichem Zusam-menhang mit der Tötung vorgenommen hat. Diese Umstände vermögen jedoch die

angesichts der fehlenden identischen Ausführungshandlung (§ 52 Abs. 1 StGB)

notwendige wertende Verknüpfung beider Tatbestände nicht zu tragen. Vielmehr stehen beide Delikte im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB), weil der für die Begehung des § 168 StGB erforderliche vorherige Tod des Opfers als maßgebliche Zäsur anzusehen ist.
b) Die Staatsanwaltschaft beanstandet weiter zu Recht, dass das Land-gericht von der Verhängung der nach § 211 Abs. 1 StGB bei einer Verurteilung wegen Mordes vorgeschriebenen lebenslangen Freiheitsstrafe abgesehen hat, 21
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weil es deren Milderung nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB mit Blick auf die Entschei-dungen des [X.]ndesverfassungsgerichts zur lebenslangen Freiheitsstrafe ([X.] 45, 187) und des [X.] ([X.], Beschluss vom 19. Mai 1981

s-erachtet hat. Denn die hierfür herangezogene sogenannte
Rechtsfolgenlösung ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
aa) Die ihr zugrundeliegende Entscheidung des [X.] ([X.], aaO) betraf allein das Mordmerkmal der Heimtücke. Eine
An-wendung der insofern aufgestellten Grundsätze auch auf die hier erfüllten Mordmerkmale der Befriedigung des [X.] sowie der Ermögli-chungsabsicht ist von Verfassungs wegen nicht ohne Weiteres geboten ([X.], NJW 2009, 1061, 1062 ff.).
bb) Die Voraussetzungen der Rechtsfolgenlösung sind nicht erfüllt.

u-ßergewöhnlicher Umstände haben, vorliegen

([X.] 45, 187, 266, 267) eintritt, in welchem die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe trotz der Schwere des tatbestandsmäßigen Unrechts wegen er-19.
Mai 1981

[X.], aaO, 118 f.). Dies soll etwa bei Taten in Betracht gezogen werden können, die durch eine notstandsnahe, ausweglos erschei-nende Situation motiviert, in großer Verzweiflung begangen, aus tiefem Mitleid d einer schweren Provokation verübt [X.] sind oder in einem vom Opfer verursachten und ständig neu angefachten, zermürbenden Konflikt oder in schweren Kränkungen des [X.] durch das Op-25
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fer, die das Gemüt immer wieder heftig bewegen, ihren Grund haben ([X.], Beschluss vom 19. Mai 1981

[X.], aaO, 119). Es müssen schuldmin-dernde Umstände besonderer Art vorliegen, die in ihrer Gewichtung gesetzli-chen Milderungsgründen vergleichbar sind und im Hinblick auf die überragende Bedeutung des geschützten Rechtsguts nicht voreilig bejaht werden dürfen ([X.], Urteile vom 10. Mai 2005

1 StR 30/05, [X.]R StGB § 211 Abs. 1 Strafmilderung 7; vom 23. November 2004

1 [X.], [X.], 154, 155).
(2) Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Der Angeklagte handelte nicht aus einer außergewöhnlichen Notlage heraus; er befand sich auch nicht in einer den angeführten Beispielen entsprechenden notstandsnahen Bedrängnis. Vielmehr tötete er nach den Feststellungen primär zur Befriedigung seines Ge-schlechtstriebs und damit in besonders verwerflicher Weise. Dabei erwächst der gesteigerte Unwert der Tat aus dem groben Missverhältnis von Mittel und Zweck, indem der Täter das Leben eines anderen Menschen der Befriedigung eigener Geschlechtslust unterordnet ([X.], Urteil vom
22. April 2005

2 [X.], [X.]St 50, 80, 86; [X.], NJW 2009, 1061, 1063).
(3) Hieran vermochte auch der Wunsch des [X.], getötet zu wer-den,
nichts zu ändern. Das menschliche Leben steht in der Werteordnung des Grundgesetzes

ohne zulässige Relativierung

an oberster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter ([X.], Urteil vom 7. Februar 2001

5 StR 474/00, [X.]St 46, 279). Hierdurch wird auch die sich aus § 216 StGB ergebende [X.] legitimiert ([X.], Urteil vom 20. Mai 2003

5 StR
66/03,
[X.], 537). Nur unter den engen

vom [X.] auf der Basis der getroffenen Feststellungen rechtsfehlerfrei verneinten (vgl. [X.], Urteil vom 22.
April 2005

2 [X.], [X.]St 50, 80, 91 f.)

Voraussetzungen dieser 28
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Vorschrift kann eine
Einwilligung bei einer vorsätzlichen Tötung eines Men-schen Bedeutung erlangen und die Tat in einem milderen Licht erscheinen las-sen. Ein Absehen von der Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe kommt mithin vorliegend nicht in Betracht und konnte vom [X.] auch nicht auf die kaum verständliche Erwägung gestützt werden, St.

habe getötet, zerstückelt und verspeist werden wollen und sei nicht lediglich

wie das Opfer in dem Fall, der der Entscheidung aus dem [X.] zugrunde lag ([X.], aaO)

mit seiner Tötung einverstanden gewesen, um das Ziel einer Penisam-putation zu verwirklichen ([X.] 88).
cc) Angesichts dessen braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob die tatgerichtliche Einschätzung, St.

ychischen auf einer hinreichenden Prüfung beruht. Er kann auch offen lassen, ob an der sogenannten
Rechtsfolgenlösung überhaupt festzuhalten ist.
5. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Hierfür weist der [X.] auf das Folgende hin:
a) Sollte das neue Tatgericht sich nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte

St.

erhängt hat, wäre bei der [X.] Blick zu nehmen. Hierbei wäre zu würdigen, dass der Angeklagte im Rah-men seiner ersten Vernehmung als Beschuldigter gegenüber der [X.] hat, St.

([X.] 30) und im Übrigen mit den von diesem für die Tat gemachten Vorgaben übereinstimmt. St.

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Verletzungen im Kopfbereich, außer natürlich den Kopf abschneiden, solange St.

zum Zeitpunkt des Schnittes noch lebte, so wäre eine Verurtei-lung des Angeklagten wegen versuchten Mordes (§§ 211, 22, 23 Abs. 1 StGB) in Betracht zu ziehen.
b) Sofern es ungeachtet der sonstigen auf eine durch den Angeklagten begangene Tötung hindeutenden Indizien (etwa Geständnis bei der [X.] Beschuldigtenvernehmung; durch St.

geäußerter Wunsch, in näher beschriebener Weise getötet zu werden; gegen eine Selbsttötung sprechende sexuell untermauerte Phantasie, geschlachtet zu werden) erneut auf die vom Tatgericht angestellten Berechnungen ankommen sollte, wird die Durchführung eines Versuchs mit einer derartigen Anordnung in Betracht zu ziehen sein, die mit der auf dem Video festgestellten Hängesituation im Ergeb-nis
identisch und dieser nicht nur ähnlich ist.
c) Zudem wird gegebenenfalls
auch die Gelegenheit bestehen, näher darzulegen, welche konkreten Auswirkungen die seitens des [X.]. gehabt haben könnte und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse dieser [X.] zugrunde
liegen. Denn die vom [X.] festgestellte unmittelbar nach [X.] einsetzende, zumindest weitgehende Handlungsun-fähigkeit versteht sich nicht von selbst.
d) Sollte das neue Tatgericht erneut feststellen, dass der Angeklagte vor dem Geschehen im [X.]-Studio [X.] konsumiert und sich anschließend Zeitpunkt bereits bestehenden Tatplans bei der Bemessung einer eventuell zu 33
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verhängenden [X.] werden.

[X.] [X.]

Bellay

Feilcke

Meta

5 StR 504/15

06.04.2016

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. 5 StR 504/15 (REWIS RS 2016, 13520)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13520

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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