Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.11.2014, Az. IV ZR 367/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 985

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 367/14

Verkündet am:

26. November 2014

Heinekamp

[X.]

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren
nach §
128 Abs.
2 ZPO mit [X.] bis zum
29.
Oktober 2014

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil des [X.]

14.
Zivilsenat

vom 20.
September 2012 aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 7.782,94

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversiche-rung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
Juli 2003 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der 1
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-

bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) ab-geschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde d. [X.] nicht in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht nach §
5a [X.] a.F. belehrt. Mit Schreiben vom 20.
Januar 2011 erklärte d. [X.] "den Widerspruch gem. §
5a [X.] a.F. bzw. den Widerspruch nach §
8 [X.],
bzw. den Widerruf nach §
355 BGB höchstvorsorglich die An-fechtung nach §
119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte d. [X.] den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 9.
März 2011 erklärte d. [X.] nochmals "den Widerspruch gem. §
5a [X.] a.F. bzw. nach §
8 [X.],
bzw. den Widerruf nach §
355 BGB".

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 7.782,94

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt
werden können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d. [X.] das Klagebegehren weiter.
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4
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-
4
-

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe d. [X.] zwar nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über das [X.] belehrt. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der Versicherer d. [X.] nicht ord-nungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht. Die mit dem Versicherungsschein übermittelte Belehrung 6
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-
5
-

war

wie das Berufungsgericht fehlerfrei festgestellt hat

nicht druck-technisch hervorgehoben. Soweit sich der Versicherer auf die Belehrung gemäß Schreiben vom 30.
Juni 2003 beruft, hat das Berufungsgericht den vom Versicherer zu führenden Beweis des -
vom [X.] mit Nichtwissen bestrittenen
-
Zugangs dieses Schreibens als nicht erbracht angesehen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Für den Fall, dass die Widerspruchsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht in Gang gesetzt worden war,
bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11 [X.], 817 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die [X.] müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert wer-den, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Le-bensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.] -
wie hier
-
nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die [X.] nicht erhalten hat.

bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 12
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6
-

2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014
aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
41-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

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7
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Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO
Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.02.2012 -
13 O 2059/11 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 20.09.2012 -
14 U 1511/12 -

17

Meta

IV ZR 367/14

26.11.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.11.2014, Az. IV ZR 367/14 (REWIS RS 2014, 985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 985

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IV ZR 76/11

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