Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2020, Az. 5 StR 168/20

5. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11447

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:080720U5STR168.20.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
5 StR 168/20
vom
8. Juli 2020
in der Strafsache
gegen

wegen [X.] [X.] Schriften u.a.

-
2
-
Der 5.
Strafsenat des [X.]s hat in der Sitzung vom 8. Juli 2020, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in
am [X.] Cirener,

die [X.]
am [X.],
[X.],
Prof. Dr. Mosbacher,
[X.],
von Häfen

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt
beim [X.]

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
-
3
-
für Recht erkannt:

1.
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 7. November 2019 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch ent-standenen notwendigen Auslagen zu tragen.

2.
Die Revision des Angeklagten gegen das vorbenannte Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

-
Von Rechts wegen
-

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten

unter Freispruch im Übrigen

wegen Verbreitung [X.] Schriften in zwei Fällen und wegen 24 Fällen des Erwerbs [X.] Schriften zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von drei Jahren verurteilt, hiervon drei Monate als vollstreckt erklärt und [X.] getroffen. Die mit einer Verfahrens-
und der 1
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-
Sachrüge geführte Revision des Angeklagten bleibt ebenso erfolglos wie die mit der Verletzung sachlichen Rechts begründete, auf den Teilfreispruch
beschränkte und vom [X.] vertretene Revision der Staatsan-waltschaft.
I.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s kam der einschlägig vor-bestrafe und nach Erledigung einer über vierjährigen Haftstrafe unter [X.] stehende pädophile Angeklagte im Juni 2015 über das [X.]

N.

N.

.

Spätestens ab dem 11. Juni
2015 taus

N.

-klagte unter seinem echten Namen auftrat. An diesem Tag sandte der Ange-klagte seinem Chatpartner am Nachmittag und

aufgrund neuen
Tatentschlus-ses

am Abend mehrere Bilddateien kinderpornographischen Inhalts (Taten 1 und 2). Zwischen dem 25. Mai 2015 und dem 1. Februar 2017 speicherte er in 24 Fällen jeweils zuvor aus dem [X.] heruntergeladene Dateien mit [X.] Inhalten auf verschiedenen Speichermedien (Taten 3 bis 26).

N.

11.
Juni
2015 stundenlang über einen angeblichen Missbrauch an dessen ver-.

N.

.

ten Dreier-.

.

lich geplanten Missbrauchstaten ausführlich erörtert. In dem
Rollenspiel wurde .

Berlin abholen und mit zu sich nach [X.] mitnehmen könne, um sie zu dort 2
3
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5
-

.

mitteilte, dass sich

N.

so schwer verletzt habe, dass .

Der Angeklagte tauschte sich in diesem Zusammenhang auch mit dem ihm als [X.] bekannten

Sc.

über Vorstellungen des sexu-.

.

.

sagte der Angeklagte unter Bezugnahme auf die angebliche Verletzung

N.

Sc.

.

feststellen.
Das [X.] hat sich davon überzeugt, dass es dem Angeklagten
bei dieser Kommunikation mit

N.

Sc.

um das ge-meinsame Phantasieren mit Gleichgesinnten im Sinne eines Rollenspiels und nicht

wie die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorwirft

um die ernstlich gewollte Verwirklichung konkret geplanter Verbrechen ging. Vom Vorwurf des [X.] zur Begehung

N.

Sc.

) hat es ihn deshalb aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
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II.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
1. Die Rüge einer Verletzung von § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG hat keinen Erfolg.
a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Auf Antrag des Angeklagten wurde am ersten [X.] gemäß § 171b
Abs. 1 Satz
1, Abs. 3 Satz 1 GVG durch Gerichtsbeschluss die Öffentlichkeit für den Gang der Hauptverhandlung mit Ausnahme der Verlesung der Anklageschrift und der Urteilsverkündung zum Schutz der Privatsphäre des Angeklagten aus-geschlossen. Anschließend wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhan-delt. Am vierten und letzten [X.] erklärte der Verteidiger, dass der Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit nunmehr nur bis zum jetzt erreichten Zeitpunkt gelten solle, im Übrigen nicht aufrechterhalten. Daraufhin beschloss die [X.], die Öffentlichkeit wiederherzustellen, weil der [X.] auf ihren Ausschluss nicht mehr aufrechterhalten werde. Der Angeklagte wurde anschließend nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnis-sen befragt, zudem wurden Urkunden verlesen. Der Vertreter der Staatsanwalt-schaft und der Verteidiger erhielten nach § 258 Abs. 1 StPO das Wort und be-zogen sich auf ihre bereits am vorherigen Verhandlungstag in nichtöffentlicher Sitzung gestellten Schlussanträge und wiederholten diese in öffentlicher [X.]. Der Angeklagte hatte anschließend

wie bereits am vorherigen Verhand-lungstag

das letzte Wort.
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b) Mit seiner Rüge beanstandet der Beschwerdeführer demnach, dass seinem Antrag gemäß die Öffentlichkeit für einen Teil der Hauptverhandlung

und damit auch für sein letztes Wort

wiederhergestellt wurde, nachdem sie zuvor zu seinem Schutz ausgeschlossen worden war. Derart widersprüchliches Verhalten verdient keinen Rechtsschutz (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Januar 2019

4 [X.], [X.], 301 mwN). Ungeachtet der vom Generalbun-desanwalt zu Recht aufgezeigten Zulässigkeitsmängel kann der Senat ange-sichts der Tatsache, dass die Wiederherstellung der Öffentlichkeit dem Wunsch des Angeklagten entsprach, zudem ausschließen, dass er aufgrund etwa an-wesender Öffentlichkeit in seinem [X.] beeinflusst gewesen sein könnte.
2. Die sachlich-rechtliche Überprüfung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Die auf
tragfähiger Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Schuldsprüche wegen Verbreitung [X.] Schriften in zwei Fällen und wegen Erwerbs [X.] Schriften in der Alternative des Sichverschaffens in 24 Fällen nach §
184b Abs. 1 und Abs. 3 StGB in der ab 27. Januar 2015 geltenden Fassung vom 21. Januar 2015 ([X.] I., S. 10). Dass der Angeklagte sämtliche von ihm gespeicherten kinderpornographischen Schriften zuvor aus dem [X.] heruntergeladen und sich damit verschafft hat, hat die [X.] auf der Grundlage eines umfassenden Geständnisses ausdrücklich festgestellt. Auch die [X.] sind rechtsfeh-lerfrei.
III.
Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.
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a) Nach den Feststellungen des [X.]s hat sich der Angeklagte hinsichtlich der freigesprochenen Tatvorwürfe nicht nach § 30 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
aa) Die bloße Kundgabe, ein Verbrechen begehen zu wollen, erfüllt den Tatbestand des § 30 Abs. 2 [X.]. 1 StGB nicht. Vielmehr muss die Erklärung darauf gerichtet sein, sich gegenüber dem Adressaten zu binden, sei es in Form der Annahme einer von diesem stammenden Aufforderung, sei es in Form eines aktiven Sicherbietens diesem gegenüber in der Erwartung, dass er dem [X.] zustimmen werde. Diese beabsichtigte Selbstbindung macht es erforderlich, dass die Erklärung ernsthaft ist (vgl. [X.], Urteil vom 1. April 2018

5 StR 595/17, NStZ-RR 2018, 221 mwN). Daran fehlt es hier.
bb) Eine Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2 [X.]. 3 StGB setzt voraus, dass mindestens zwei Beteiligte tatsächlich zur Tatbegehung [X.] sind (vgl. [X.], aaO). Auch dies war nach den Feststellungen nicht der Fall.
b) Die zum Freispruch führende Beweiswürdigung weist

eingedenk des
nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsumfangs (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2015

5 StR 521/14, [X.], 178, 179)

entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft keinen Rechtsfehler auf.
Das [X.] hat sich aufgrund mehrerer plausibler Beweisanzeichen die Überzeugung davon verschafft, dass die Kommunikation
zwischen dem An-

N.

der Vorbereitung einer konkreten Straftat diente. Vor dem Hintergrund der [X.] des forensisch erfahrenen Sachverständigen

[X.]

, wonach der Angeklagte aufgrund früherer Erfahrungen Phantasien weitaus erregender als 13
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einen tatsächlichen Kontakt erlebe und es deshalb eher unwahrscheinlich sei, -Straftaten an Kindern begehe, hat die Argumentation der [X.] Bestand, angesichts der ausgetauschten Inhalte sei auszuschlie-ßen, das.

den in die detaillierte Planung ihres eigenen Missbrauchs eingebunden gewe-sen sei. Dies wird durch die Zeugenaussage eines ermittelnden Polizeibeamten gestützt, der nach Sichtung der Chatverläufe sofort den Eindruck hatte, dass .

Kleinere Mängel in der Argumentation der [X.]

wie sie der
[X.] aufgezeigt hat

stellen das Ergebnis ihrer Überzeu-gungsbildung angesichts der genannten tragenden Erwägungen nicht in Frage. Entgegen der missverständlichen Formulierung, die Einlassung des Angeklag-

(vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 19. September 2017

1 [X.], NStZ-RR 2018, 20, 21; KK-StPO/[X.], 8. Aufl., § 261 Rn. 90), hat sich das [X.] bei der Würdigung der Einlassung vor dem [X.] der weiteren Beweisergebnisse von den zutreffenden rechtlichen Maßstäben leiten lassen.
Cirener

Berger

Mosbacher

[X.]

von Häfen

Vorinstanz:
[X.], [X.], 07.11.2019 -
430 Js 59780/15 5 KLs 21 Ss 279/20
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Meta

5 StR 168/20

08.07.2020

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2020, Az. 5 StR 168/20 (REWIS RS 2020, 11447)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11447

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 370/18

5 StR 595/17

5 StR 521/14

1 StR 436/17

5 StR 168/20

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