Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.11.2021, Az. VI R 22/19

6. Senat | REWIS RS 2021, 1354

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Gegenstand

Wirtschaftlicher Arbeitgeber bei konzerninterner internationaler Arbeitnehmerentsendung


Leitsatz

1. Im Falle einer konzerninternen internationalen Arbeitnehmerentsendung wird das aufnehmende inländische Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt, der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist.

2. Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff erforderliche arbeits- bzw. dienstvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns (zivilrechtlich) im Regelfall beruht. Unbeschadet dessen muss die entsandte Person nach allgemeinen Grundsätzen als Arbeitnehmer des wirtschaftlichen Arbeitgebers anzusehen sein.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 13.12.2018 - 3 K 795/16 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die in [X.] ansässige [X.] (AG) war die alleinige [X.]erin der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Die AG und die Klägerin schlossen unter dem ...2009 eine "Dienstleistungsvereinbarung" ([X.]). Ausweislich dieser [X.] verfügte die Klägerin infolge erheblicher Restrukturierungen, verbunden mit Personalabgängen auf allen Stufen, seinerzeit nicht über ausreichende Personalressourcen, um die Führung der [X.] sicherzustellen. Nach der [X.] bestand vor allem bei der Geschäftsführerfunktion eine Vakanz, die dringend geschlossen werden müsse und nur von einer mit der [X.]ranche vertrauten Person ausgeübt werden könne. Die Klägerin und die AG vereinbarten deshalb, dass die AG der Klägerin mit [X.] einen Geschäftsführer zur Verfügung stellte. [X.], der seinen Wohnsitz in [X.] hatte, war gleichzeitig Verwaltungsrat der AG und CEO der Unternehmensgruppe.

2

Die Handlungsverantwortung für [X.] lag nach § 2 [X.] uneingeschränkt bei der Klägerin; [X.] sollte im Namen, im Auftrag und auf Risiko der Klägerin handeln. Jegliche Mitverantwortung der AG wurde ausdrücklich abbedungen. Unbeschadet etwaiger Regressansprüche gegen die AG sollte die Klägerin gegenüber [X.] so haften, wie sie haften würde, wenn die Leistungen durch eigenes Personal erbracht würden.

3

Nach § 3 [X.] entsprach die Vergütung (Entschädigung), die die Klägerin an die AG zu leisten hatte, derjenigen, die auch an einen unabhängigen [X.] zu zahlen gewesen wäre (einschließlich gesetzlicher Sozialversicherungen und Arbeitgeberbeiträge). Das von dem vorhergehenden Geschäftsführer bezogene Gehalt (zuzüglich Sozialleistungen) galt dabei als Vergleichsbasis. Die AG verzichtete ausdrücklich (und bis auf weiteres) auf eine Gewinnmarge. Konkret vereinbarten die Klägerin und die [X.] (ausgenommen Auslagenersatz) in Höhe von ... €. Die Höhe der Monatspauschalen konnte jederzeit, jedoch unter [X.]eachtung einer Ankündigungsperiode von drei Monaten, angepasst werden.

4

Die [X.] konnte ohne Einhaltung einer Frist von beiden Vertragspartnern gekündigt werden. Sie unterstand nach § 6 [X.] [X.]er Recht.

5

[X.] wurde am ...2009 im Handelsregister als Geschäftsführer der Klägerin eingetragen. Die Vergütungen, die [X.] von der AG bezog, blieben auch nach seiner [X.]estellung zum Geschäftsführer der Klägerin im Wesentlichen unverändert.

6

Im Rahmen einer bei der Klägerin für die [X.] von Juli 2012 bis Oktober 2015 (Streitzeitraum) durchgeführten [X.] vertrat die Prüferin die Auffassung, die Zahlungen, die die Klägerin an die AG gemäß der [X.] für die Tätigkeit des Geschäftsführers [X.] geleistet habe, seien dem [X.] Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Die Klägerin sei nach § 38 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wirtschaftliche Arbeitgeberin des [X.], der in der [X.]undesrepublik [X.] ([X.]) gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 [X.]uchst. c EStG beschränkt steuerpflichtig sei. Die Einkünfte seien nach Art. 15 Abs. 4 des Abkommens zwischen der [X.]undesrepublik [X.] und [X.]erischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (D[X.]A [X.]) im Inland zu versteuern.

7

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) folgte der Auffassung der Prüferin und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid.

8

Das Finanzgericht ([X.]) wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1205 veröffentlichten Gründen ab.

9

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] sowie die Einspruchsentscheidung vom 09.12.2016 aufzuheben und den Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge vom 10.05.2016 dahin zu ändern, dass die Vergütungen für die Tätigkeit des entsandten Geschäftsführers [X.] nicht der [X.] Lohnsteuer unterliegen.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht entscheidungsreifen Sache an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Deren Feststellungen lassen keine abschließende [X.]eantwortung der Frage zu, ob das [X.] die Klägerin mit dem angefochtenen Haftungsbescheid zu Recht als wirtschaftliche Arbeitgeberin des [X.] wegen Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Anspruch genommen hat.

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen hat.

2. Arbeitgeber im Sinne des Lohnsteuerrechts ist grundsätzlich derjenige, dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung schuldet, unter dessen Leitung er tätig wird oder dessen Weisung er zu befolgen hat (Umkehrschluss aus § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung --LSt[X.]--). Dies ist regelmäßig der Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Dienstvertrag (zivilrechtlicher Arbeitgeber, s. [X.]surteile vom 19.02.2004 - VI R 122/00, [X.]FHE 205, 216, [X.]St[X.]l II 2004, 620, und vom 13.07.2011 - VI R 84/10, [X.]FHE 234, 204, [X.]St[X.]l II 2011, 986, Rz 15).

Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht zivilrechtliche Arbeitgeberin des [X.] war. Zwischen ihr und [X.] bestand kein (abhängiges) [X.]eschäftigungsverhältnis, kraft dessen [X.] der Klägerin seine Arbeitskraft gegen ein ([X.] schuldete. Hierüber besteht zwischen den [X.]eteiligten auch kein Streit. Der [X.] sieht insoweit daher von weiteren Ausführungen ab.

3. Nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG (in der im Streitzeitraum geltenden Fassung) ist inländischer Arbeitgeber in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in [X.] ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt; Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.

a) Diese Regelungen gelten insbesondere auch im [X.]ereich der Entsendung von Arbeitnehmern zwischen verbundenen Unternehmen. Sie greifen auch dann ein, wenn ein Arbeitnehmer bei einem verbundenen Unternehmen (entsendendes Unternehmen) angestellt ist und abwechselnd sowohl für dieses als auch für ein weiteres verbundenes Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) arbeitet, wobei das aufnehmende dem entsendenden Unternehmen den von diesem gezahlten Arbeitslohn anteilig ersetzt. In einem solchen Fall sind ggf. sowohl das entsendende als auch das aufnehmende Unternehmen (lohnsteuerrechtlich) Arbeitgeber des betreffenden Arbeitnehmers, so dass dessen Arbeitslohn anteilig von den verschiedenen Arbeitgeber-Unternehmen gezahlt wird.

b) Allerdings wird das inländische aufnehmende Unternehmen nicht allein schon dadurch zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, dass es dem entsendenden Unternehmen den Arbeitslohn erstattet, der auf die im Inland ausgeübte Tätigkeit entfällt. Voraussetzung für die wirtschaftliche Arbeitgeberstellung i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist vielmehr außerdem, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist (s. Urteil des [X.]undesfinanzhofs --[X.]FH-- vom 23.02.2005 - I R 46/03, [X.]FHE 209, 241, [X.]St[X.]l II 2005, 547, unter [X.]; Schreiben des [X.]undesministeriums der Finanzen --[X.]MF-- vom 03.05.2018 - IV [X.] 2-S 1300/08/10027, 2018/0353235, [X.]St[X.]l I 2018, 643, Rz 132 ff.).

c) Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff sonst erforderliche arbeits- bzw. dienstvertragliche [X.]indung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer (zivilrechtlich) im Regelfall beruht. Dies ändert aber nichts daran, dass die betreffende Person (nach allgemeinen Grundsätzen) auch als Arbeitnehmer des (wirtschaftlichen) Arbeitgebers anzusehen sein muss. Der wirtschaftliche Arbeitgeber ist ebenso wie der zivilrechtliche Arbeitgeber lohnsteuerrechtlicher Arbeitgeber und damit gemäß § 38 Abs. 3 EStG zur Einbehaltung und nach § 41a EStG zur Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer verpflichtet. Der Lohnsteuerabzug kommt nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG aber nur bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vom Arbeitslohn in [X.]etracht, also bei Einkünften von (lohnsteuerrechtlichen) Arbeitnehmern.

4. Nach diesen Maßstäben kann die Vorentscheidung keinen [X.]estand haben.

a) Im Streitfall stand [X.] nach den unangefochtenen und den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] nur in einem Anstellungsverhältnis zu der [X.], von der er für seine Arbeitsleistungen vergütet wurde. Für die Klägerin wurde [X.] --wie vorstehend ausgeführt-- hingegen ohne Geschäftsführerdienstvertrag und auch ohne weitere Vergütung kraft seiner [X.]estellung zu deren Geschäftsführer tätig.

Nach § 3 [X.] zahlte die Klägerin der [X.] eine Monatspauschale in Höhe von ... €, wobei die Vergütung (Entschädigung) derjenigen entsprechen sollte, die auch an einen unabhängigen [X.] zu zahlen gewesen wäre (einschließlich gesetzlicher Sozialversicherungen und Arbeitgeberbeiträge). Das [X.] hat angenommen, die Klägerin habe mit der vorgenannten Monatspauschale den Arbeitslohn des [X.] wirtschaftlich anteilig getragen. Diese Annahme ist von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz jedoch nicht hinreichend gedeckt. Das [X.] hat bei seiner diesbezüglichen [X.]eurteilung rechtsfehlerhaft nicht alle maßgeblichen Umstände des Streitfalls berücksichtigt.

aa) Zur [X.]eantwortung der Frage, ob das in [X.] ansässige aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, ist auf den wirtschaftlichen Gehalt und die tatsächliche Durchführung der zugrunde liegenden Vereinbarungen abzustellen (s.a. [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2018, 643, Rz 128).

(1) Zivilrechtlich beruhten die von der Klägerin an die [X.] geleisteten Monatspauschalen auf der zwischen diesen [X.]eteiligten geschlossenen [X.]. Hiernach entfielen die von der Klägerin nach § 3 [X.] zu zahlenden Monatspauschalen auf die Gestellung des [X.] als Geschäftsführer. [X.] der [X.] --neben der in § 1 [X.] ausdrücklich vereinbarten [X.] sollten durch die [X.] nach deren § 5 nicht begründet werden. Abweichendes hat das [X.] nicht festgestellt und wurde von den [X.]eteiligten auch nicht geltend gemacht.

(2) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann (allein) aus den vereinbarten und von der Klägerin an die [X.] gezahlten Monatspauschalen aber nicht geschlossen werden, dass die Klägerin durch diese Zahlungen den von der [X.] an [X.] geleisteten Arbeitslohn, soweit er auf die Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin entfiel, in Höhe von ... € wirtschaftlich trug.

Das [X.] hat den Inhalt des zwischen der [X.] und [X.] abgeschlossenen Arbeitsvertrags nicht festgestellt. Es steht folglich weder fest, welche Arbeitsleistungen [X.] der [X.] schuldete, noch, in welcher genauen Höhe er von der [X.] bezog. Darüber hinaus hat das [X.] keinerlei Feststellungen zu den Tätigkeiten und deren zeitlichem Umfang getroffen, die [X.] als Geschäftsführer der Klägerin im Streitzeitraum ausgeübt hatte. Damit lässt sich auch nicht feststellen, ob und falls ja, in welchem Umfang die Klägerin mit den von ihr an die [X.] gezahlten Monatspauschalen denjenigen Teil des von der [X.] an [X.] gezahlten Arbeitslohns ersetzt hat, der wirtschaftlich auf die Arbeit des [X.] als Geschäftsführer der Klägerin entfiel.

§ 3 [X.] ist zwar zu entnehmen, dass sich die zwischen der Klägerin und der [X.] vereinbarte Monatspauschale an dem von dem vorherigen Geschäftsführer der Klägerin bezogenen Gehalt (zuzüglich Sozialleistungen) orientierte. Hieraus ergibt sich aber nicht, dass die Monatspauschalen nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auch in einer [X.]eziehung zu dem von der [X.] an den Kläger gezahlten Arbeitslohn standen, den die Klägerin der [X.] --nach Auffassung der [X.] durch Zahlung der Monatspauschalen (teilweise) ersetzt haben soll. Eine Vereinbarung dahingehend, dass die Klägerin der [X.] den an [X.] gezahlten Arbeitslohn (teilweise) zu erstatten hatte, enthält die [X.] gerade nicht. Die [X.] stellt auch sonst keine Verbindung zwischen den Monatspauschalen und den [X.]ezügen her, die [X.] von der [X.] erhielt. Der Inhalt der [X.] bestätigt damit nicht (ohne weiteres) die Annahme des [X.], dass die Klägerin der [X.] mit den Monatspauschalen den Teil des an [X.] ausgezahlten Arbeitslohns ersetzt hat, der wirtschaftlich auf dessen Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin entfiel (s. dazu auch [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 209, 241, [X.]St[X.]l II 2005, 547, unter II.4.). Die [X.] lässt vielmehr auch eine Auslegung dahingehend zu, dass die [X.] der Klägerin unbeschadet der Regelung in § 5 [X.] die Übernahme der Geschäftsführung durch Gestellung des Geschäftsführers [X.] nach § 1 [X.] im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags schuldete und die Klägerin der [X.] diese vertraglich ausdrücklich vereinbarte ([X.] durch Zahlung der Monatspauschalen zu vergüten hatte. Der Arbeitslohn des [X.] wäre dann lediglich ein Preisbestandteil der Monatspauschalen gewesen, die die Klägerin der [X.] für die geschuldete Dienstleistung, also die Übernahme der Geschäftsführung durch [X.], schuldete (s.a. [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2018, 643, Rz 131).

bb) Der [X.] kann mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des [X.] zum wirtschaftlichen Gehalt der von der Klägerin an die [X.] gezahlten Monatspauschalen nicht selbst die Würdigung vornehmen, ob und falls ja, in welchem Umfang die Klägerin durch die Zahlung der Monatspauschalen den Arbeitslohn wirtschaftlich trug, den die [X.] ihrerseits dem [X.] schuldete, soweit er wirtschaftlich auf die Geschäftsführertätigkeit des [X.] bei der Klägerin entfiel. Die Vorinstanz erhält durch die Zurückverweisung der Sache Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen unter [X.]erücksichtigung der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung des [X.]s nachzuholen.

b) Darüber hinaus tragen die Feststellungen des [X.] auch nicht dessen Auffassung, dass [X.] die Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin als deren Arbeitnehmer ausgeübt hat.

Im Streitfall kann [X.] als beschränkt Steuerpflichtiger zwar Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 [X.]uchst. c EStG von der Klägerin als seiner (wirtschaftlichen) Arbeitgeberin bezogen haben. Nach dieser Vorschrift sind inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG) insbesondere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), die als Vergütungen für eine Tätigkeit als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden. Der [X.] kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des [X.] aber nicht abschließend beurteilen, ob [X.] --wie es die oben dargelegten Rechtsmaßstäbe [X.] nach allgemeinen Grundsätzen auch als Arbeitnehmer der Klägerin anzusehen war.

aa) Das [X.] ist insoweit zunächst allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Einsatz des [X.] als Geschäftsführer der Klägerin (auch) in deren Interesse lag. Das [X.] hat diesbezüglich insbesondere auf die Einleitung der [X.] abgestellt, nach der die Klägerin seinerzeit nicht über ausreichende Personalressourcen verfügte, um die Führung der Geschäfte sicherzustellen, wobei vor allem hinsichtlich der Geschäftsführerfunktion eine Vakanz bestand, die dringend durch eine mit der [X.]ranche vertraute Person geschlossen werden musste. Die Vorinstanz hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach § 2 [X.] die Handlungsverantwortung und das Risiko der Geschäftsführertätigkeit des [X.] trug. Die daraus abgeleitete (rechtliche) Würdigung des [X.] ist jedenfalls möglich und auch nicht von [X.] beeinflusst. Die [X.]esetzung der Geschäftsführerposition liegt typischerweise vorrangig im eigenen Interesse der Gesellschaft, hinter das dasjenige des [X.] --hier der [X.]-- in der Regel zurücktritt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Einsatz des [X.] als Geschäftsführer der Klägerin ausnahmsweise in erster Linie im Interesse der [X.] (als Gesellschafterin der Klägerin) erfolgte, hat das [X.] weder festgestellt noch wurden sie von den [X.]eteiligten substantiiert vorgetragen.

bb) Die Ansicht des [X.], [X.] sei in den Arbeitsablauf der Klägerin eingebunden gewesen, ist indessen nicht frei von [X.].

Das [X.] hat hierzu ausgeführt, [X.] sei als Geschäftsführer der aufnehmenden GmbH stets in deren Hierarchie eingebunden, weil er an der Spitze dieser Hierarchie stehe. Das zusätzliche Kriterium der Weisungsgebundenheit gelte nur für andere Arbeitnehmer, nicht aber für Geschäftsführer. Diese Auffassung der Vorinstanz ist rechtsfehlerhaft.

(1) [X.]ei Organen juristischer Personen ist zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis zu unterscheiden ([X.]FH-Urteil vom 20.10.2010 - VIII R 34/08, Rz 23, m.w.[X.]). [X.]estellung und Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden. Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertretungsorgan regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag. Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Tätigkeit. Abzustellen ist deshalb auch bei der [X.]eurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalls und nicht auf dessen organschaftliche Stellung ([X.]FH-Urteil vom 20.10.2010 - VIII R 34/08, Rz 23, m.w.[X.]).

(2) Im Streitfall bestand kein ([X.] zwischen der Klägerin und [X.]. Aus den Feststellungen des [X.] lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass [X.] (vertraglichen) Regelungen mit der Klägerin oder mit der [X.] unterworfen war, denen z.[X.]. Aussagen zu bestimmten Arbeitszeiten, zu persönlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit gegenüber der Klägerin zu entnehmen sind und die damit auf eine Eingliederung des [X.] in den [X.]etrieb der Klägerin hindeuten können. [X.]ei dieser Sachlage ist die Würdigung des [X.] schon deshalb lücken- und damit rechtsfehlerhaft, weil ein konkreter Umfang der (erforderlichen) Geschäftsführungstätigkeit des [X.] für die Klägerin nach den bisherigen Feststellungen der Vorinstanz nicht erkennbar ist. Für einen GmbH-Geschäftsführer können sich je nach Einzelfall zudem auch aus der Organstellung und dem Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der laufenden Geschäfte unterschiedliche Verpflichtungen ergeben, die bei der Prüfung der Eingliederung des Geschäftsführers in den [X.]etrieb der GmbH von [X.]edeutung sein können.

Ferner hat das [X.] nicht beachtet, dass die [X.]eteiligungsquote des [X.] an der [X.] und deren Stellung als Alleingesellschafterin der Klägerin ebenfalls Anlass geben können, die Tätigkeit des [X.] als Geschäftsführer der Klägerin als selbständige zu beurteilen. Denn die [X.]eteiligungsquote kann im Rahmen der steuerlichen [X.]eurteilung zumindest als Indiz für eine selbständige Tätigkeit herangezogen werden (s. [X.]FH-Urteil vom 20.10.2010 - VIII R 34/08, Rz 29), insbesondere wenn dienstvertragliche Vereinbarungen zwischen Geschäftsführer und GmbH --wie im [X.] fehlen. Auch hierzu mangelt es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] und einer entsprechenden tatrichterlichen Würdigung.

(3) Das [X.] wird daher im zweiten Rechtsgang auch die Frage, ob [X.] als Arbeitnehmer der Klägerin in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und deren Weisungen unterworfen war, nochmals unter [X.]eachtung der Rechtsauffassung des [X.]s zu prüfen haben.

5. Sofern das [X.] im zweiten Rechtsgang erneut zu der Auffassung gelangen sollte, dass die Klägerin der [X.] mit der Zahlung der Monatspauschalen von ... € (anteilig) den Arbeitslohn des [X.] erstattet hat und sie wirtschaftliche Arbeitgeberin des als Arbeitnehmer anzusehenden Geschäftsführers [X.] war, wird es ferner zu prüfen haben, ob die sich hierdurch ergebende Aufteilung des von [X.] insgesamt bezogenen Arbeitslohns zwischen der Klägerin und der [X.] Fremdvergleichsgrundsätzen standhält. Dies kann nicht bereits aufgrund der Vereinbarung in § 3 [X.] bejaht werden, sondern hängt (auch) von den tatsächlich für die Klägerin einerseits und die [X.] andererseits erbrachten Arbeitsleistungen des [X.] ab. Hierzu fehlen --wie bereits [X.] ebenso wie zu dem von [X.] insgesamt bezogenen Arbeitslohn tatrichterliche Feststellungen.

Sollte sich dabei eine zum Nachteil der Klägerin gereichende Aufteilung des Arbeitslohns ergeben, weil [X.] für seine (tatsächlich ausgeübte) Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin unter ansonsten vergleichbaren [X.]edingungen nur geringere [X.]ezüge als ... € (einschließlich etwaig anfallender gesetzlicher Sozialversicherungen und Arbeitgeberbeiträge) monatlich zugestanden hätten, wäre die Zahlung des Mehrbetrags durch die Klägerin an die [X.] steuerrechtlich nicht als die Erstattung von Arbeitslohn, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen, die die Klägerin nicht in ihrer Eigenschaft als wirtschaftliche Arbeitgeberin des [X.] geleistet hätte und die deshalb auch nicht zu einer Haftung für Lohnsteuer führen könnte. Dies wird das [X.] bei der Ermittlung der Höhe des [X.] im zweiten Rechtsgang ggf. zu berücksichtigen haben.

Ebenso wird das [X.] im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob die Monatspauschalen --worauf § 3 [X.] hindeuten könnte-- teilweise auch auf die Erstattung von nicht zu Arbeitslohn führenden Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entfielen und daher aus diesem Grund nicht in voller Höhe dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen gewesen wären. Dies würde ebenfalls zu einer Herabsetzung des [X.] führen müssen.

6. Da bisher nicht feststeht, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin nach inländischem Lohnsteuerrecht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war und gemäß § 42d EStG als Haftende in Anspruch genommen werden konnte, kann der [X.] zunächst dahinstehen lassen, ob die betreffenden Einkünfte des [X.] nach Art. 15 Abs. 4 D[X.]A [X.] im Inland besteuert werden durften. Jedenfalls kann Art. 15 Abs. 4 D[X.]A [X.] entgegen der Auffassung des [X.] nicht zur [X.]egründung der inländischen Lohnsteuerabzugspflicht der Klägerin herangezogen werden. Doppelbesteuerungsabkommen dienen grundsätzlich nicht dazu, steuerliche Pflichten zu begründen, sondern allein der Vermeidung einer vorhandenen Doppelbesteuerung. Rechtsgrundlagen zur [X.]egründung von Steuerpflichten können sich hingegen nur aus den allgemein geltenden gesetzlichen [X.]estimmungen ergeben ([X.]FH-Urteil vom 24.03.1999 - I R 64/98, [X.]FHE 190, 74, [X.]St[X.]l II 2000, 41, unter II.[X.].1.a).

7. Da die Revision der Klägerin bereits mit der Sachrüge Erfolg hat, kommt es auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge nicht mehr an.

8. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 22/19

04.11.2021

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Thüringer Finanzgericht, 13. Dezember 2018, Az: 3 K 795/16, Urteil

§ 1 Abs 4 EStG 2009, § 38 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 38 Abs 1 S 2 EStG 2009, § 38 Abs 3 EStG 2009, § 41a EStG 2009, § 42d Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 49 Abs 1 Nr 4 Buchst c EStG 2009, § 1 Abs 2 LStDV 1990, § 19 EStG 2009, Art 15 Abs 4 DBA CHE, § 49 Abs 1 Nr 4 Buchst c EStG 2009, § 18 EStG 2009, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.11.2021, Az. VI R 22/19 (REWIS RS 2021, 1354)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1354

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Wird zitiert von

1 StR 74/22

Zitiert

VIII R 34/08

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