Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.08.2011, Az. VII S 18/11 (PKH)

7. Senat | REWIS RS 2011, 3844

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Gegenstand

Keine Überprüfung der Fristsetzung durch Revisionsgericht - Begrenzung des Amtsermittlungsgrundsatzes durch Mitwirkungspflicht der Beteiligten


Leitsatz

NV: Die Fristsetzung nach § 79b FGO ist als prozessleitende Verfügung nicht beschwerdefähig und folglich der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen .

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner hat mit Bescheid vom 7. April 2009 den Antrag des Antragstellers auf Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein abgelehnt und den hiergegen eingelegten Einspruch zurückgewiesen.

2

Das Finanzgericht ([X.]) hat die dazu erhobene Klage des Antragstellers als unbegründet abgewiesen. Der Antragsteller habe keine aktuelle Fassung seiner Satzung vorgelegt, weshalb die Zulässigkeit der Beitragsregelung nur eingeschränkt überprüft werden könne. Verbleibende Zweifel am Vorliegen der [X.] gingen zu Lasten des Antragstellers.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die unter dem Aktenzeichen [X.]/11 anhängige Beschwerde des Antragstellers, welche er auf den Zulassungsgrund des [X.] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) in Gestalt eines Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten und einer Verletzung der dem [X.] obliegenden Sachaufklärungspflicht stützt. Zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens beantragt der Antragsteller Prozesskostenhilfe (PKH).

Entscheidungsgründe

4

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung --ZPO--).

5

Nach § 142 [X.]O i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, d.h. wenn für den [X.] bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, und wenn die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint.

6

Bei der im [X.] gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung des Rechtsbegehrens lassen sich aber weder aus der Beschwerdebegründung noch aus den Akten des erstinstanzlichen Verfahrens Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass im Streitfall der von der Beschwerde geltend gemachte Zulassungsgrund des [X.]S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O vorliegen könnte.

7

a) Soweit die Beschwerde mit ihrem Hinweis auf § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O bemängeln will, das [X.] habe nicht auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden, sondern mit seiner Annahme, die aktuelle Fassung der Satzung liege nicht vor, gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen (vgl. insoweit Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 80), ist diese Rüge unbegründet. Denn die Vertreterin des Antragstellers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] selbst erklärt, die aktuelle Fassung liege (auch) ihr nicht vor.

8

b) Das [X.] hat auch nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 [X.]O) verstoßen. Nach seiner insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung kam es für die Anerkennung des Antragstellers als Lohnsteuerhilfeverein darauf an, ob in der Satzung die --ursprünglich enthaltene-- Klausel zur [X.] entfernt worden ist und ob die in der vorgelegten Beitragsordnung vorgesehene Befugnis des Vorstands, den [X.] anzupassen, eine Grundlage in der Satzung hat. Dafür durfte das [X.] vom Antragsteller die Vorlage einer aktuellen Fassung der Satzung verlangen. Da diese vom Antragsteller --trotz gerichtlicher Aufforderung nach § 79b Abs. 2 Nr. 2 [X.]O-- ohne Geltendmachung von [X.] nicht vorgelegt worden ist, hatte das Gericht keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung. Denn der Amtsermittlungsgrundsatz wird durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 [X.]O begrenzt (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 26. Januar 2000 [X.]/98, [X.], 871).

9

c) Das Vorbringen der Beschwerde, dass die vom [X.] zur Vorlage der Satzung gesetzte Frist zu kurz gewesen sei, kann einen rügefähigen Verfahrensmangel schon deshalb nicht begründen, da die Fristsetzung nach § 79b [X.]O als prozessleitende Verfügung i.S. des § 128 Abs. 2 [X.]O nicht beschwerdefähig (vgl. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 79b [X.]O Rz 16, m.w.N.) und folglich gemäß § 124 Abs. 2 [X.]O der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen ist. Sofern die Beschwerde in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügen will, fehlt es an substantiierten Darlegungen, welche Anstrengungen unternommen wurden, sich Gehör zu verschaffen.

d) Ob --wie die Beschwerde im Gegensatz zum [X.] meint-- aus der Vorlage von Textauszügen aus der Satzung und aus Niederschriften über eine Satzungsänderung auf den Inhalt einer --aktuellen-- Satzungsversion geschlossen werden kann, ist eine Frage der Tatsachenwürdigung und daher vom Revisionsgericht nicht zu entscheiden. Soweit sich die Beschwerde in der Art einer Revisionsbegründung gegen die materielle Richtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils wendet, wird damit im Übrigen kein Revisionszulassungsgrund nach den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt ([X.] vom 18. März 2004 [X.], [X.], 978, und vom 26. August 2004 [X.]/03, [X.], 1625, je m.w.N.). Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile umfassend zu gewährleisten (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschlüsse vom 30. September 2010 [X.]/10, [X.], 195; vom 30. Januar 2007 [X.], [X.], 1324).

Meta

VII S 18/11 (PKH)

19.08.2011

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

§ 79b FGO, § 124 Abs 2 FGO, § 128 Abs 2 FGO, § 76 Abs 1 S 2 FGO, § 76 Abs 1 S 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.08.2011, Az. VII S 18/11 (PKH) (REWIS RS 2011, 3844)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3844

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