Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.07.2016, Az. 26 W (pat) 509/15

26. Senat | REWIS RS 2016, 8040

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "TAS TELEBOX(Wort-Bild-Marke)/TAS" - Dienstleistungsidentität – zur Kennzeichnungskraft – erhöhter Aufmerksamkeitsgrad – unmittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 053 886

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 18. Juli 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] und des Richters kraft Auftrags Schödel

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des [X.] vom 26. November 2014 aufgehoben. Das [X.] wird angewiesen, die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 053 886 für die Dienstleistung der

Klasse 41: Ausbildung

wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 01 536 anzuordnen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/ Bildmarke (weiß, rot, grau)

Abbildung

2

ist am 15. September 2010 angemeldet und am 28. Dezember 2010 unter der Nummer 30 2010 053 886 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 42 und der

3

Klasse 41: Ausbildung.

4

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 28. Januar 2011 veröffentlicht worden ist, hat der Beschwerdeführer aus der Wortmarke

5

[X.]

6

die am 6. April 1998 unter der Nummer 398 01 536 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 41 und 42 in das Markenregister eingetragen worden ist, Widerspruch erhoben, der sich ausschließlich gegen die für die angegriffene Marke registrierte Dienstleistung „Ausbildung“ in Klasse 41 richtet und sich nur auf die Widerspruchsdienstleistungen „Erziehung; Ausbildung; kulturelle Aktivitäten; Aus- und Fortbildungsberatung; Organisation und Veranstaltung von Seminaren, Konferenzen und Kongressen; Herausgabe von Publikationen“ stützt.

7

Mit Beschluss vom 26. November 2014hat die Markenstelle für Klasse 38 des [X.] den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei den gegenseitigen Dienstleistungen „Ausbildung“ der Klasse 41 liege Identität vor. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich. Die Bedeutung der Buchstabenfolge „[X.]“ als Abkürzung für den Namen des Widersprechenden „[X.]“ sei nicht nachweisbar, so dass nicht von einer Kennzeichnungsschwäche aufgrund eines beschreibenden Anklangs auszugehen sei. Die jüngere Marke unterscheide sich von der Widerspruchsmarke hinreichend deutlich aufgrund des zusätzlichen [X.] „[X.]“ und deren graphischer Ausgestaltung in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht. Es bestehe für den Verkehr keine Veranlassung, die angegriffene Marke auf den Bestandteil „[X.]“ zu reduzieren, da diesem keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme und das Wort „[X.]“ die von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen in keiner Weise beschreibe. Der Bestandteil „[X.]“ sei auch nicht so klein gehalten, dass er in den Hintergrund trete oder übersehen werde. Damit stünden sich „[X.]“ und „[X.] [X.]“ gegenüber, die sich hinreichend unterschieden.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er ist der Ansicht, die angegriffene Marke halte den aufgrund der Identität der Dienstleistungen gebotenen weiten Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Die jüngere Marke werde von dem Bestandteil „[X.]“ geprägt, da dieser mittig angeordnet und in wesentlich größerer Schrift als der übrige Text „[X.]“ geschrieben sei. Der Bestandteil „[X.]“ trete dahinter zurück, da der Verkehr dazu neige, Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen. In schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht stünden sich daher die Wörter „[X.]“ und „[X.]“ identisch gegenüber.

9

Der Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des [X.] vom 26. November 2014 aufzuheben und das [X.] anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistung „Ausbildung“ der Klasse 41 wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 01 536 anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, die jüngere Marke unterscheide sich durch die Umrahmung und das schräggestellte Wort „[X.]“ sowie die farbliche Gestaltung ausreichend von der Widerspruchsmarke. Die angegriffene Marke werde keinesfalls von dem Bestandteil „[X.]“ geprägt.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 19. April 2016 sind die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 2, [X.]. 57 – 59 [X.]) auf die Rechtsauffassung des Senats hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht für die Dienstleistung der Klasse 41 „Ausbildung“ unmittelbare Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; [X.], 356 [X.]. 45 f. - [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] 2016, 382 [X.]. 19 – BioGourmet m. w. N.).

1. Ausgehend von der [X.] werden die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung identischer Dienstleistungen verwendet.

Es besteht Dienstleistungsidentität, weil beide Marken für die Dienstleistung „Ausbildung“ der Klasse 41 eingetragen sind.

2. Von der Dienstleistung „Ausbildung“ werden breite Verkehrskreise angesprochen, die ihr wegen der Bedeutung für die persönliche Entwicklung und das berufliche Fortkommen erhöhte Aufmerksamkeit entgegenbringen.

3. Der [X.] „[X.]“ kommt eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

a) Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] GRUR 2010, 1096 [X.]. 31 - BORCO/[X.] [Buchst. a]; [X.] a. a. [X.]. 31 - BioGourmet). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt ([X.] WRP 2015, 1358 [X.]. 10 - [X.]/[X.]solar; [X.] 2008, 905, 907 [X.]. 16 - Pantohexal).

Die vom Senat durchgeführte Internetrecherche hat ergeben, dass die Widerspruchsmarke „[X.]“ für die hier maßgebliche Dienstleistung „Ausbildung“ auch als Abkürzung keinen Bedeutungsgehalt hat (www.abkuerzungen.de, [X.]), so dass ihr eine originäre durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt. Dass es sich dabei um die Abkürzung des [X.] der Widersprechenden „[X.]“ handelt, ist keine für die angesprochenen Verkehrskreise naheliegende Bedeutung (vgl. [X.] 2002, 626, 628 – IMS).

b) Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

4. Ausgehend von identischen Dienstleistungen, einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und trotz eines erhöhten Aufmerksamkeitsgrades der angesprochenen Verkehrskreise hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand nicht mehr ein.

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] 2013, 833 [X.]. 30 – Culinaria/[X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 53 – [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] GRUR 2005, 1042 [X.]. 28 f. - [X.]; [X.] 2012, 64, [X.]. 14 - Maalox/[X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] (vgl. [X.] GRUR 2006, 413 [X.]. 19 - [X.]/SIR; [X.] a. a. [X.]. 37 - BioGourmet).

b) Die Vergleichsmarken sind vor allem in klanglicher Hinsicht weit überdurchschnittlich ähnlich, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr gegeben ist.

III.

Für eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf eine der Verfahrensbeteiligten aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]) gibt weder die Sach- und Rechtslage noch das Verhalten der Beteiligten Anlass.

Meta

26 W (pat) 509/15

18.07.2016

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.07.2016, Az. 26 W (pat) 509/15 (REWIS RS 2016, 8040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8040

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

26 W (pat) 520/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Finca del Toro/EL TORO (Widerspruchsmarke zu 1])/TOROS (Widerspruchsmarke zu 2])" – teilweise Warenidentität …


26 W (pat) 37/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "POLLO REAL (IR-Marke)/real,- (Widerspruchsmarke zu 1), Wort-Bild-Marke)/real,- (Widerspruchsmarke zu 2), Gemeinschaftsbildmarke)" - zur …


26 W (pat) 87/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "City-POST 24 (Wort-Bild-Marke)/POST/Deutsche Post (Gemeinschaftsmarke)/ExtraPost" – zur Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit und -identität – …


26 W (pat) 60/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "SPY (Wort-Bild-Marke)/Spy Mountain (Unionswortmarke)" – Warenidentität und –ähnlichkeit - zur Kennzeichnungskraft – keine …


29 W (pat) 505/19 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – " DLOHN ..der Lohn/ edlohn (Unionsmarke, Wort-Bildmarke)" – klangliche Verwechslungsgefahr bei identischen und …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.