Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2005, Az. KRB 2/05

Kartellsenat | REWIS RS 2005, 2880

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/05
vom 28. Juni 2005 in der [X.]
Nachschlagewerk: ja [X.]St: nein Veröffentlichung: ja

OWiG § 30 Abs. 1; [X.] § 38 Abs. 4 Satz 1 a.F. (§ 81 Abs. 2 Satz 1 [X.] n.F.)

a) Die Unterbrechung der Verjährung gegen wenigstens ein Organ im Sinne des § 30 Abs. 1 OWiG führt dazu, daß auch die an sich verjährten [X.]ndlun-gen anderer Organe für die Bemessung des [X.] gegen das dahinter-stehende Unternehmen herangezogen werden können, soweit die [X.]ndlun-gen sämtlicher Organe - hier im Hinblick auf die Umsetzung einer einheitli-chen [X.] - aufgrund einer Bewertungseinheit zu einer einheitli-chen prozessualen Tat zusammengefaßt sind.
b) Je länger und nachhaltiger ein Kartell praktiziert wurde und je [X.] es angelegt ist, um so höhere Anforderungen sind an die [X.] zu stellen, wenn er einen wirtschaftlichen Vorteil aus der [X.] verneinen will.
[X.], [X.]uß vom 28. Juni 2005 - [X.] - [X.] - 2 - [X.] hat am 28. Juni 2005 ohne mündliche Verhandlung durch den Präsidenten des [X.] Prof. [X.], den Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Goette und die [X.] Prof. [X.], Dr. Raum und [X.] beschlossen: 1. [X.] des Betroffenen zu 4 sowie der [X.] zu 1, 4 und 5 gegen das [X.]eil des [X.]enats des [X.] vom 6. Mai 2004 werden nach § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO mit der [X.] als unbegründet verworfen, daß sämtliche Betroffene und [X.] nur wegen vorsätzlichen [X.] verurteilt sind. Die Rechtsbeschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und ihre insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. 2. Auf die Rechtsbeschwerden der St[X.]tsanwaltschaft wird das vorgenannte [X.]eil gemäß § 79 Abs. 3, 5 OWiG im [X.] hinsichtlich sämtlicher [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und [X.]ntscheidung, auch über die verbliebenen Kosten des Verfahrens, an einen anderen [X.]enat des [X.] zurückverwiesen. - 3 - Gründe: Das [X.] hat die Betroffenen zu 2 bis 6 wegen eines Ver-stoßes gegen das Verbot des § 1 [X.] (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 [X.] a.F. bzw. § 81 Abs. 1 Nr. 1 [X.] n.F.) zu Geldbußen zwischen 8.500 [X.]uro und 51.000 [X.]uro verurteilt. Gegen die hinter den Betroffenen stehenden Unternehmen, die [X.] zu 2 bis 6, sowie gegen die [X.] zu 1 hat es Geld-bußen zwischen 85.000 und 345.000 [X.]uro verhängt. Hiergegen wenden sich der Betroffene zu 4 sowie die [X.] zu 1, 4 und 5 mit ihren gegen den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch gerichteten Rechtsbeschwerden. Die St[X.]tsanwaltschaft erstrebt mit ihrer Rechtsbeschwerde, die vom [X.] nicht vertreten wird, gegen sämtliche [X.] eine [X.]r-höhung der Bußgelder. Während die Rechtsmittel des Betroffenen und der [X.] unbegründet sind, führen die Rechtsbeschwerden der [X.] zur Aufhebung der Rechtsfolgenaussprüche gegen sämtliche [X.]. I. Das [X.] hat die Betroffenen und [X.]n wegen einer einheitlichen Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 1 [X.] a.F. und § 81 Abs. 1 Nr. 1 [X.] n.F. i.V.m. § 1 [X.] n.F. verurteilt, weil sie sich zwischen 1995 und 1998 an einem [X.] für Transportbeton im Raum [X.] beteiligt haben. 1. Nach den Feststellungen des [X.]s kam es infolge der [X.] und der Verlegung des Regierungssitzes nach [X.] im Stadtgebiet von [X.] zu einer starken Zunahme der Bautätig-keit, die dazu führte, daß weitere Hersteller für Transportbeton auf den [X.]er - 4 - Markt drängten. Dies löste bei den bereits am Markt tätigen Herstellern die [X.] aus, es werde zukünftig zu einem harten Preiswettbewerb auf diesem Markt kommen. Auf Initiative des Zeugen H., der damals Geschäftsfüh- rer des Marktführers R. war, kamen die auf dem [X.]er Markt tätigen [X.] Anfang 1995 überein, ein Quotensystem einzuführen. Danach wurden auf der Basis der im [X.] erzielten Marktanteile den [X.]n entsprechende Anteile an der Gesamtproduktion ein-geräumt; neue Anbieter sollten in das [X.] einbezogen werden. Im Sinne dieser Übereinkunft erfolgte dann auch die Aufnahme weiterer Hersteller, wobei die Quote der bereits am Markt tätigen anderen [X.] jeweils entsprechend abgesenkt wurde. Während sich die [X.] zu 2 schon zu Beginn an den [X.]n beteiligte, traten die [X.] zu 3, 4 und 6 Mitte 1995, die [X.] zu 5 im [X.] 1995 und schließlich die [X.] zu 1 [X.]nde 1995 dem Kartell bei. Fast alle in [X.] am Markt anbietenden [X.] - mit Ausnahme eines kleinen Unternehmens mit ganz geringem Marktanteil - schlossen sich der [X.] an. Im Rahmen gemeinsamer Treffen, die mehrmals im Jahre stattfanden, wurden die bislang verkauften Mengen von den einzelnen Transportbetonher-stellern gemeldet und zu der voraussichtlichen Gesamtmenge für [X.] in [X.] gesetzt. So konnten die auf die einzelnen Kartellmitglieder entfallenden Mengen bestimmt und die [X.]inhaltung der [X.] überwacht werden. Nach den Feststellungen des [X.]s stieg die Nachfrage nach Transportbeton insbesondere in den Jahren 1995 und 1996 aufgrund des in [X.] bestehenden Baubooms stark an. Die [X.] betrug 4 Mio. cbm, im Jahr 1996 4,5 Mio. cbm. Der [X.] erhöhte sich im [X.] von 132,55 [X.] auf - 5 - 150,70 [X.] und erreichte im Jahr 1996 einen Spitzenwert von 151,59 [X.] pro Kubikmeter. Nach einem Absinken der Gesamtproduktion im Jahr 1997 auf 3,6 Mio. cbm Transportbeton verringerte sich der Durchschnittspreis auf 150,99 [X.] und im [X.] bei einer nochmals zurückgegangenen Jahresge-samtproduktionsmenge von 2,6 Mio. cbm auf 142,80 [X.] pro Kubikmeter. Zu einem gravierenden [X.]inbruch der Nachfrage auf dem [X.] kam es im Verlaufe des Jahres 1997, wobei sich dieser wegen der langfristigen ver-traglichen Bindungen und späterer Liefertermine erst mit einer erheblichen zeit-lichen Verzögerung auswirken konnte. Dennoch kam es innerhalb des [X.] schon im Laufe des Jahres 1997 und verstärkt im Jahre 1998 zu erheblichen Spannungen, weil unter den Beteiligten zunehmende Auseinandersetzungen um die ihnen zugedachten Quoten entstanden. Jedenfalls bis Oktober 1998 hielten sich die Beteiligten an die [X.]n und meldeten ihre Produk-tionszahlen, auch wenn sie wegen der rückgängigen Nachfrage über die ihnen eingeräumte Quote hinaus Aufträge zu akquirieren versuchten. Mit der Ankün-digung der Firma [X.] im Oktober 1998, den Kubikmeter Transportbeton für 80,00 [X.] anbieten zu wollen, fand das [X.] ein [X.]nde. 2. Das [X.] hat in dem Verhalten eine Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 [X.] a.F. und danach (ab August 1998) eine solche nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 [X.] n.F. gesehen. Sämtliche nach dem Beitritt zu einem Kartell vorgenommenen [X.]inzelabsprachen würden zu einer Bewertungseinheit verbunden. Deshalb liege bis zur Beendigung des [X.] jeweils nur eine einheitliche Ordnungswidrigkeit vor. Hinsichtlich der [X.]n hat das [X.] - sach-verständig beraten - eine [X.]rhöhung des [X.] nach § 81 Abs. 2 [X.] abgelehnt, weil nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne, daß die [X.] aufgrund der [X.] tatsächlich einen Mehrerlös er-- 6 - zielt hätten. Die erzielten Preise ließen sich durch den seinerzeit bestehenden Nachfrageüberhang erklären. II. [X.] des Betroffenen zu 4 wie auch der [X.] zu 1, 4 und 5 zeigen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Rechtsmittelführer auf. [X.] der St[X.]tsanwaltschaft sind dagegen erfolgreich, weil das [X.] den [X.] zum Vor-teil der [X.]n nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat. 1. [X.] des Betroffenen zu 4 und der [X.] sind aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbe-gründet gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO. Der [X.] ergänzend lediglich folgendes: a) Das [X.] geht zu Recht von einer sämtliche [X.]inzelab-sprachen umfassenden Bewertungseinheit aus. Mit der Begründung des [X.] wurden nach den Feststellungen des [X.]s die wesentlichen [X.]ckdaten festgelegt. Diese Grundabsprache betraf einmal die Zuteilung von Quoten auf der Basis der Marktanteile an der Gesamtproduktionsmenge des Jahres 1994, eine Öffnungsklausel für weitere hinzukommende Anbieter sowie die [X.]inführung eines Meldesystems, das auf der Grundlage der mitgeteilten Absatzmengen eine Übersicht über die Gesamtproduktionsmenge ermöglichte und die Berechnung der von den einzelnen Kartellmitgliedern noch zu liefern-den Mengen erlaubte. Die auf dieser Grundlage bei den späteren Treffen ausgehandelten [X.] dienten nur noch der Aktualisierung der Grundabrede oder ihrer - 7 - Anpassung, soweit neue Mitglieder in das [X.] aufgenommen werden sollten. [X.]in eigenständiger Unrechtsgehalt kam ihnen nicht zu. Für derartige, lediglich konkretisierende Absprachen gelten die Grundsätze, die der Bundes-gerichtshof zu [X.] des Hinwegsetzens im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 [X.] a.F. entwickelt hat. Diese auf dieselbe Rechtsgutsverlet-zung gerichteten [X.]ndlungen stellen keine mehrfache Verletzung desselben Tatbestandes dar, vielmehr werden sie schon vom gesetzlichen Tatbestand zu einer Bewertungseinheit verbunden ([X.]St 41, 385, 394). Die konkretisieren-den [X.] erfüllen den Tatbestand des [X.] über die Unwirksamkeit einer Kartellvereinbarung, weil sie darauf abzielen, die [X.] umzusetzen. Damit wird die verbotene Absprache als gültig angesehen und behandelt, obwohl ihr das Gesetz die Wirksamkeit abspricht. Dies reicht für die [X.]rfüllung des Tatbestands des [X.] aus ([X.], [X.]. v. 4.11.2003 - [X.], [X.]/[X.] D[X.]-R 1233, 1234 - [X.] Kabelkartell). Dabei ist unerheblich, ob die Vertreter der Kartellmitglieder im Vorfeld der [X.] die eigenen Produktionsmengen zutreffend weitergegeben haben. Selbst wenn diese Mitteilungen falsch gewesen sein sollten, haben die Beteiligten jedenfalls den Anschein gesetzt, sich an die [X.] zu wollen. Damit haben sie aber zumindest die übrigen Mitglieder in der Durchführung des [X.] bestärkt und dadurch - wie das [X.] zutreffend angenommen hat - die Umsetzung der unwirksamen Kartellabspra-che gefördert. b) Der Annahme einer Bewertungseinheit steht auch nicht entgegen, daß durch die 6. [X.]-Novelle der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 38 Abs. 1 Nr. 1 [X.] a.F. umgestaltet und in die Novelle als § 81 Abs. 1 Nr. 1 [X.] auf-genommen wurde. Die 6. [X.]-Novelle ([X.] - [X.]) - 8 - trat - nach Beendigung des [X.] [X.]nde Oktober 1998 - erst zum 1. Januar 1999 in [X.] (Art. 4). Der [X.] hat eine entsprechende Korrektur des [X.] bei den [X.] vorgenommen und die Berichtigung des Schuldspruchs gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 357 StPO auch auf die nicht revidierenden Betroffenen und [X.]n erstreckt. Das neue Gesetz ist nicht als milderes Gesetz im Sinne des § 4 Abs. 3 OWiG anzuwenden. Vielmehr wurden die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 [X.] n.F. sogar verschärft, weil nunmehr allein die bloße Zuwiderhandlung gegen § 1 [X.] bußgeldbewehrt und ein zusätzliches Sich-Hinwegsetzen nicht mehr erforderlich ist, während der [X.] nicht verändert wurde. Auch im Hinblick auf die Annahme einer Bewertungsein-heit bleibt die später in [X.] getretene Regelung des § 81 Abs. 1 Nr. 1 [X.] auf das [X.]rgebnis ohne Auswirkung. Insoweit verbindet die kartellbegründende Vereinbarung die darauf bezogenen Abreden zu einer einheitlichen strafrechtli-chen Bewertung (vgl. [X.]St 46, 6, 13 f.). Die auf Konkretisierung und Aktuali-sierung der Grundvereinbarung angelegten [X.] sind damit im Hinblick auf § 81 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gleichfalls zu einer einheitlichen Tat zu-sammengefaßt worden, deren Verjährung insgesamt erst mit Beendigung des [X.] beginnt (§ 31 Abs. 3 OWiG). c) Die Ordnungswidrigkeit ist im Hinblick auf die [X.] zu 5 weder ganz noch teilweise verjährt. Zwar ist die Ordnungswidrigkeit ihres dama-ligen Geschäftsführers [X.] verjährt, weil insoweit keine verjährungsunterbre- chenden Maßnahmen ergriffen wurden. Nach den Feststellungen des Oberlan-desgerichts hat sich jedoch der Betroffene zu 5, der spätere Geschäftsführer [X.]., spätestens ab [X.] 1997 für die [X.] zu 5 an den [X.] beteiligt und [X.] abgegeben. Gegen diesen ist die [X.] jedenfalls durch [X.]rlaß des Bußgeldbescheids unterbrochen worden. Wird - 9 - die Verjährung gegen ein Organ im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unter-brochen, wirkt diese Unterbrechung auch gegen die [X.] als das von dem Organ vertretene Unternehmen (vgl. [X.], [X.]. v. 5.12.2000 - 1 StR 411/00, NJW 2001, 1436, 1437). Die Unterbrechung der Verjährung führt dazu, daß die prozessuale Tat insgesamt nicht verjährt (vgl. [X.]St 22, 105, 107). Insoweit ist die Unterbre-chung der Verjährung das entsprechende Gegenstück zur eingetretenen [X.], die sich auf die Ordnungswidrigkeit als Ganzes bezieht (§ 33 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Auf diese einheitliche und nicht verjährte Tat erstreckt sich [X.] die richterliche Kognitionspflicht (vgl. [X.], [X.]. v. 5.7.1995 - [X.], [X.], 147). Dies bedeutet, daß der [X.] ver-pflichtet ist, auch zeitlich vorgelagerte [X.] oder Taten anderer Leitungsorgane im Sinne des § 30 Abs. 1 OWiG zu prüfen und gegebenenfalls bei der Bemessung des [X.] zu Lasten der [X.]n zu [X.]. 2. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsbeschwer-den der St[X.]tsanwaltschaft zu Ungunsten der [X.]n sind begrün-det, weil das [X.] das Vorliegen eines [X.] gemäß § 38 Abs. 4 [X.] a.F. nicht rechtsfehlerfrei verneint hat. a) Das [X.] geht im Ansatz ohne Rechtsverstoß davon aus, daß die Frage, ob überhaupt ein Mehrerlös entstanden ist, unter Bedacht auf den Zweifelsgrundsatz festzustellen ist. Der kartellbedingte Mehrerlös ist nach der Rechtsprechung der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen [X.]in-nahmen, die aufgrund des Wettbewerbsverstoßes erzielt werden, und den [X.]in-nahmen, die das durch die [X.]n bevorzugte Unternehmen ohne den Wettbewerbsverstoß erzielt hätte ([X.], [X.]. v. 24.4.1991 - [X.] 5/90, - 10 - [X.] 2718, 2719 - Bußgeldbemessung). Nur wenn der [X.] eine sichere Überzeugung gewonnen hat, daß durch den [X.] ein Mehrerlös erzielt worden ist, ist der [X.] nach § 38 Abs. 4 Satz 1 zweiter [X.]lbsatz [X.] a.F. eröffnet. Insoweit ist kein Raum für eine Schätzung. Dies ergibt sich auch aus der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 38 Abs. 4 Satz 2 [X.], welche die Schätzung ausdrücklich auf die Höhe des [X.] beschränkt. b) Die Beweiswürdigung des [X.]s, mit der es den Anfall eines [X.] bei den Betroffenen verneint, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die rechtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweis-würdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte [X.]rfahrungssätze verstößt (vgl. [X.], [X.]. v. 12.9.2001 - 2 [X.], [X.], 48, m.w.N.). Ferner ist die Beweiswürdigung dann fehlerhaft, wenn der Tatrichter die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannt oder die erforderliche Gesamtwürdigung unterlassen hat ([X.], [X.]. v. 10.12.1986 - 3 StR 500/86, [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung 2). [X.]) Das [X.] hat dem wirtschaftlichen Grundsatz, daß die Gründung eines [X.] grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der im [X.] beteiligten Unternehmen dient, nicht das aus Rechtsgründen gebotene Ge-wicht zugemessen. Die generelle [X.]ignung eines [X.], für seine Mitglieder wirtschaftliche Vorteile entstehen zu lassen, folgt schon daraus, daß die betei-ligten Unternehmen durch die Festlegung bestimmter Quoten der Notwendigkeit enthoben sind, sich im Wettbewerb am Markt zur [X.]rlangung von Aufträgen ge-gen konkurrierende Unternehmen durchzusetzen, was regelmäßig über die von ihnen angebotenen Preise erfolgt. Wird den beteiligten Unternehmen von [X.] eine fest umrissene Quote zugedacht, können die Marktmechanismen keine Wirkung entfalten. Damit wird grundsätzlich der Preiswettbewerb [X.] außer [X.] gesetzt. Deshalb liegt es nach der Lebenserfahrung nahe, daß die im Rahmen des [X.] erzielten Preise höher liegen als die im [X.] erreichbaren Marktpreise. Das Unternehmen, das aufgrund der ihm eingeräumten Quote nicht im Wettbewerb bestehen muß, wird regelmäßig sei-ne Preissenkungsspielräume nicht nutzen. Die Bildung eines [X.] und seine Durchführung indizieren daher, daß den Beteiligten hieraus auch jeweils ein Vorteil erwächst. Unternehmen bilden derartige Kartelle, um keine Preissen-kung vornehmen und damit auch keine Gewinnschmälerung hinnehmen zu müssen. Nach ökonomischen Grundsätzen wird bei Kartellen regelmäßig eine Kartellrendite entstehen. Deshalb spricht - wie der [X.] bereits im Hinblick auf Submissionsabsprachen ausgeführt hat ([X.]St 38, 186, 194) - eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Kartell gebildet und erhalten wird, weil es höhere als am Markt sonst erzielbare Preise erbringt. [X.]ine solche Wahrscheinlichkeitsaussage muß der Tatrichter allerdings anhand weiterer Be-weismittel daraufhin überprüfen, ob sie im konkreten Fall zur Gewißheit wird ([X.], [X.]. v. 21.11.2000 - 1 StR 300/00, [X.], 103, 104; vgl. auch [X.], [X.]. v. 16.5.2002 - 1 StR 40/02, [X.]R StPO § 261 [X.]rfahrungssatz 8). [X.]s mag ausnahmsweise Konstellationen geben, in denen aus der [X.] eines [X.] kein Mehrerlös erwächst oder dies zumindest nicht [X.] ist. Da der Mehrerlös durch die Außerkraftsetzung der Marktmecha-nismen entsteht, werden dabei die zeitliche Dauer der [X.]n und ihre Intensität zu beachten sein. Dies hat Auswirkungen auf die [X.]rörterungs-pflichten des Tatrichters. Je länger und nachhaltiger ein Kartell praktiziert wurde und je flächendeckender es angelegt ist, um so höhere Anforderungen sind an die Darlegungen des Tatrichters zu stellen, wenn er einen wirtschaftlichen Vor-teil aus der [X.] verneinen will. Dem wird die Begründung des [X.]s nicht gerecht. - 12 - bb) Das [X.] geht von einem Nachfrageüberhang bei Transportbeton auf dem [X.]er Markt aus und hält deshalb die [X.]ntstehung eines kartellbedingten [X.] nicht für erwiesen. Dies ist insoweit zutref-fend, als eine starke Nachfrage eine Quotenvereinbarung überlagern könnte. [X.] nämlich ein Nachfrageüberhang, hätte dies zur Folge, daß auf [X.] die fortgeschriebenen Quoten nicht unbedingt zu einem Mehrerlös füh-ren müßten, weil für die quotierten Mengen aufgrund der starken Nachfrage ohnehin eine Absatzmöglichkeit bestanden hätte. [X.]inen Nachfrageüberhang, der einen Ausnahmetatbestand im Sinne der oben formulierten Grundsätze darstellen könnte, belegt das [X.] indessen nur unzureichend und nicht widerspruchsfrei. (1) Mit der Annahme eines Nachfrageüberhangs lassen sich bereits die Feststellungen des [X.]s zur [X.]ntstehung des [X.]s nicht ohne weiteres vereinbaren. Das [X.] führt insoweit nämlich aus, daß die Befürchtung der etablierten Anbieter, es werde in [X.] zu einem "ver-nichtenden Preiswettbewerb" kommen ([X.]), zur Gründung des [X.] geführt habe. [X.]ine solche Befürchtung hätte aber keine Grundlage, wenn es aufgrund der starken Nachfrage überhaupt nicht zu einem vernichtenden Preiswettbewerb hätte kommen können. Im übrigen würden die Anbieter in [X.] großer Nachfrage die ihnen am Markt eröffneten Gewinnchancen nutzen, mithin also bestrebt sein, die Preise hoch zu halten. Zur [X.]rmittlung, ob das Kartell preiswirksam wurde, hätte es insbesondere näherer Darlegung bedurft, wie sich die Durchschnittspreise für Transportbeton pro Kubikmeter im Vorfeld der Kartellgründung, also in der 2. Jahreshälfte des Jahres 1994 und dann im [X.], entwickelt haben. Hierzu fehlen für das [X.] jegliche Feststellungen. Für das [X.] beschränkt sich das [X.] auf die Mitteilung von Durchschnittspreisen; eine Aufschlüs-- 13 - selung dahingehend, wie sich die Preise zeitlich entwickelt haben, nimmt das [X.] nicht vor. Gerade im Hinblick auf die erst im Jahresverlauf 1995 zum Kartell beigetretenen [X.]n käme einem Vergleich der Preise vor und nach Beitritt zum Kartell erhebliche Aussagekraft zu. (2) [X.]ingehender [X.]rörterung hätte auch die preisliche Situation nach dem [X.] im Jahr 1997 bedurft. Auffallend ist insoweit, daß die Durch-schnittspreise dadurch kaum gesunken sind. Das [X.] erklärt dies zwar nachvollziehbar mit dem Umstand, daß es erhebliche zeitliche Abstände zwischen Vertragsschluß und Lieferung gegeben habe, daß also während des Baubooms geschlossene Verträge erst später ausgeführt und abgerechnet [X.] seien. Für die Frage der Preiswirksamkeit des [X.]s wäre jedoch eine Untersuchung der neu geschlossenen Verträge von besonderem Aussa-gewert gewesen. [X.]in Nachfragerückgang führt, wenn auch mit zeitlicher [X.], zu einem Rückgang der Preise. Sinkende Nachfrage bedingt einen schärferen Wettbewerb, der über die angebotenen Preise ausgetragen wird. Umgekehrt indiziert ein nur geringer Preisrückgang bei sinkender Nachfrage, daß die wettbewerblichen Strukturen - wie etwa bei Vorliegen eines [X.] - nicht intakt sind. [X.]in entsprechender nicht mehr markttypischer Mehrpreis könn-te zumindest in der Schlußphase des [X.] im Jahre 1998 vorgelegen haben. Hierfür sprechen insbesondere der hohe Durchschnittspreis von 142,80 [X.] pro Kubikmeter und der dann von [X.] im Oktober 1998 angebotene Preis von 80 [X.] pro Kubikmeter, der zur Beendigung des [X.] führte. (3) Schließlich sind auch die Feststellungen zu einem Nachfrageüber-hang nicht widerspruchsfrei. Wie die St[X.]tsanwaltschaft zutreffend ausführt, bestehen insoweit Unklarheiten, als sich nach den Ausführungen im [X.]eil die [X.]n zu 1, 3 und 4 um höhere Quoten bemüht und teilweise ihre Quoten überschritten haben. Dies setzt aber voraus, daß sie über freie Kapazi-- 14 - täten verfügt haben müssen, weil andernfalls solche Bestrebungen nicht erklär-bar wären. Das Vorhandensein freier Kapazitäten deckt sich aber nicht ohne weiteres mit der Annahme eines Nachfrageüberhangs. (4) Im Ansatz zutreffend sieht das [X.] allerdings ein gegen das Vorliegen eines [X.] sprechendes Indiz darin, daß bei [X.] Ausschreibungen für die Bauvorhaben "[X.]" und "S." im Jahre 1995 vergleichbare Preise erzielt wurden und der Durchschnittspreis für Transportbeton in [X.] gleich und in [X.]mburg sogar höher gewesen sei. Beide Gesichtspunkte schließen jedoch die Annahme eines kartellbedingten [X.] nicht aus. Die Ausschreibungspreise geben nur einen Anhalt für das [X.], zudem können sie auf einer besonderen [X.]ssituation für Großbaustellen beruhen, für die der in Betracht kommende [X.] schon aus Kapazitätsgründen beschränkt sein wird. Der Vergleich mit [X.] und [X.]mburg ist nur aussagekräftig, soweit er das Preisgefüge über einen längeren [X.]raum hinweg erfaßt. Nur dann, wenn sich die Preise auch in der [X.], in der praktisch der gesamte [X.]er Markt kartellgebunden war, in vergleichbaren Größenordnungen bewegten, ist ein Rückschluß auf einen fehlenden kartellbedingten Mehrerlös sachgerecht. c) Läßt sich - was vor allem im Hinblick auf die Marktsituation zum [X.]nde des [X.] naheliegen wird - die [X.]ntstehung eines kartellbedingten Mehrerlö-ses für jede [X.] nachweisen, kann die Höhe des [X.] ge-schätzt werden (§ 38 Abs. 4 Satz 2 [X.] a.F.). Dabei werden die Preise die Grundlage der Schätzung sein müssen, die sich innerhalb solcher [X.]räume gebildet haben, die von [X.] nicht beeinflußt sind. Soweit besondere konjunkturelle [X.]inflüsse die Preisbildung geprägt haben, ist diesem Umstand im Wege der Schätzung dadurch Rechnung zu tragen, daß [X.] mit entsprechenden konjunkturellen Bedingungen herangezogen werden. Die sich - 15 - dabei ergebenden Preisdifferenzen könnten dann auf den durch die [X.] beeinflußten Markt übertragen werden. Dabei hat der neue Tatrichter so-wohl hinsichtlich der [X.]rmittlung der Schätzungsgrundlagen als auch hinsichtlich der Schätzung an sich den Zweifelsgrundsatz, in der Regel in Form entspre-chender Sicherheitsabschläge, zu beachten. [X.] [X.]
Raum [X.]

Meta

KRB 2/05

28.06.2005

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2005, Az. KRB 2/05 (REWIS RS 2005, 2880)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2880

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.