Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2020, Az. 5 ARs 20/19

5. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11886

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:060220B5ARS20.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
ARs 20/19

vom
6. Februar 2020
in der Strafsache
gegen

wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.

hier:
Anfrage des [X.] vom 11. Juli 2019

1 [X.]

-
2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 6. Februar 2020 gemäß §
132 Abs.
3 Satz 1 GVG beschlossen:

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung zur zwingenden An-wendung von §
73 Abs.
1, §
73c Satz 1 [X.] im Jugendstraf-recht fest.

Gründe:
I.
Der 1. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:

hung von [X.] nach §
73 Abs.
1 [X.] und des Wertes von [X.] nach §
73c Satz 1 [X.] im Ermessen des Tatgerichts (§
8 Abs.

Er hat gemäß §
132 Abs.
3 Satz 1 GVG
bei dem 2. und 5. Strafsenat an-gefragt, ob sie an entgegenstehender Rechtsprechung festhalten. Ferner hat er bei dem 3. und 4.
Strafsenat angefragt, ob dortige Rechtsprechung entgegen-stehe und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten werde.

II.

Der beabsichtigten Entscheidung des 1.
Strafsenats steht [X.] des 5.
Strafsenats entgegen (Urteile vom 24. Mai 2018

5 StR 623/17 1
2
3
-
3
-
und 624/17; vom 8.
Mai 2019

5
StR 95/19; Beschlüsse vom 24.
Januar 2019

5
StR 475/18; vom 26.
November 2019

5
StR 570/19).

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest.

1. Entgegen der Auffassung des anfragenden Senats (vgl. [X.], [X.] vom 11. Juli 2019

1 [X.],
Rn. 16; im Folgenden: [X.]) gibt die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung durch das Gesetz vom 13.
April 2017 ([X.]
I [X.] 872) keinen Anlass zu einer Neubewer-tung der Einziehung von [X.] bzw. deren Wert (§
73 Abs.
1, §
73c Satz
1 [X.]) in dem Sinne, dass die Anordnung im jugendgerichtlichen [X.] nunmehr im Ermessen der Jugendgerichte stünde. Die [X.] einer Ermessensanordnung findet keinen Anhalt im Gesetz und widerstreitet dem Willen des Gesetzgebers.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] waren die [X.] in der bis zum 30.
Juni 2017 geltenden Fassung (§§
73 ff. [X.] aF) über §
2 Abs.
2 [X.] in vollem Umfang auch im Jugendstrafrecht anwendbar (vgl. [X.], Urteile vom 17. Juni 2010

4 [X.], [X.]St 55, 174, 177 f. [X.]; vom 8.
Mai 2019

5
StR 95/19). Inbegriffen war der Grundsatz der obli-gatorischen Anordnung des Verfalls, und zwar auch in Fällen, in denen der Wert des [X.] nicht mehr im Vermögen des Jugendlichen oder Heran-wachsenden vorhanden war. Der Vermeidung von Härten diente

wie im [X.] Strafrecht

allein die Vorschrift des §
73c [X.] aF. Der Bundesge-richtshof hat betont, dass diese gesetzgeberische Wertentscheidung nicht un[X.] Berufung auf erzieherische In[X.]essen un[X.]laufen werden dürfe (vgl. [X.], Ur-teile vom 17.
Juni
2010

4 [X.], [X.]O; vom 8.
Mai 2019

5
StR 95/19).

4
5
6
-
4
-
b) Der [X.] hat in Kenntnis der höchstrich[X.]lichen Recht-sprechung das [X.] im Wesentlichen unberührt gelassen. Be-reits die von ihm vorgenommene redaktionelle Änderung in §
76 Satz
1 [X.] erweist, dasneuen Regelungen auch insoweit uneingeschränkte Geltung verschaffen wollte. Aus dem diesbezüglichen Schweigen der Gesetzgebungsma[X.]ialien kann [X.] nicht abgeleitet werden, dass der das Jugendstrafrecht beherrschende Erziehungsgedanke übersehen worden sein könnte (vgl. [X.], [X.], 730, 731; [X.], [X.] 2018, 231, 232 f.; [X.], [X.] 2018, 415, 416 f.). Vielmehr ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass erzieherischen so-wie
resozialisierenden Belangen nach neuem Recht ohne Wei[X.]es Rechnung getragen werden kann, dies jedoch

wie im allgemeinen Strafrecht

künftig im Vollstreckungsverfahren (§
459g StPO) statt wie bisher (§
73c [X.] aF) im Er-kenntnisverfahren (vgl. auch [X.], Urteil vom 8.
Mai 2019

5
StR 95/19). [X.] wären bereichsspezifische Regelungen zur Ermessensausübung ge-rade für die ([X.] im [X.] zwingend zu er-warten gewesen.

Solche sind auch im Zuge spä[X.]er gesetzgeberischer Maßnahmen be-treffend das Jugendstrafrecht nicht erfolgt. Das gilt für das Gesetz vom 17.
August
2017 ([X.] I
[X.]
3202), in dem §
8 Abs.
3 [X.] lediglich eine Ergän-zung zur Höchstdauer des Fahrverbots erfahren hat (dazu [X.], Beschluss vom 17.
Juni
2019

4
StR 62/19,
Rn.
13). Mit dem Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren vom 9.
Dezember 2019 ([X.] I
[X.]
2146) sind einschlägige Regelungen ebenfalls nicht in das [X.] aufgenommen worden, obwohl im
Verlauf des [X.] von Teilen der Rechtsprechung und des Schrifttums bereits erhebliche Kritik an der zwingenden Anordnung der Einziehung im Jugendstraf-7
8
-
5
-
verfahren geäußert worden war (vgl. neben dem [X.] z.
B. [X.], NStZ
2018, 669; [X.], [X.] 2018, 249; 251; [X.]/[X.], [X.] 2018, 219; siehe
ferner [X.], [X.], 598; Höynck, Festschrift [X.], 2019, [X.]
245).

Es kann daher ausgeschlossen werden, dass es dem Willen des [X.] entspricht, die ansonsten obligatorisch ausgestaltete Einziehung fortan in das freie Ermessen der Jugendgerichte zu stellen. Dies gilt umso mehr, als Ermessensspielräume nach dem Standpunkt des 1.
Strafsenats selbst in Fällen eröffnet werden sollen, in denen der Jugendliche oder Heran-wachsende noch im Besitz der [X.] ist (vgl. auch [X.] Rn. 8, 26). Dass es un[X.] dem Aspekt der Resozialisierung bzw. der Erziehung gebo-ten oder auch nur gerechtfertigt sein könnte, dem jugendlichen oder heran-wachsenden Straftä[X.] die aus der Straftat gezogenen Vorteile zu belassen, ist nicht überzeugend begründbar. Im Gegenteil drängt auch der Erziehungsge-danke zu einer Abschöpfung von [X.] (vgl. auch [X.], Urteile vom 17. Juni 2010

4
[X.], [X.]O, [X.]
179; vom
8.
Mai 2019

5
StR 95/19). Für die Eröffnung eines gerichtlichen Ermessensspielraums ist daher kein Raum.

2. Die Vorschriften des [X.]es
stehen der obligatori-schen Anordnung einer ([X.] verbunden mit einer [X.] im Vollstreckungsverfahren nicht entgegen.

a) Aus §
2 Abs.
1 [X.] ergibt sich kein die Vorschriften der §§
73 ff. [X.] überlagernder Rechtssatz, der es erlauben würde, die zwingende Anwendung dieser Bestimmungen auszuschließen. Zwar hat die Auslegung des Jugendge-richtsgesetzes dem primären Ziel des Jugendstrafrechts zu folgen, dass sich 9
10
11
-
6
-
Jugendliche oder Heranwachsende künftig gesetzestreu verhalten und nicht erneut straffällig werden (Spezialprävention, §
2 Abs.
1 Satz 1 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 13.
Juli 1954

1 [X.], [X.]St
6, 258, 259 zu §
401 Abs. 2 [X.]). Dies rechtfertigt es aber nicht, §
2 Abs.

-funktionieren.

§
2 Abs.
1 [X.] bietet neben der inhaltlichen Bestimmung der Eigenart jugendstrafrechtlicher Sanktionen eine Orientierungshilfe für die In[X.]pretation unbestimm[X.] Rechtsbegriffe im [X.] (vgl. BT[X.]. 16/6293, [X.]

2 Abs.
1 Satz 1 [X.] macht dabei deutlich, dass neben spezialpräventiven Zielen auch andere [X.] zu berücksichtigen sind. Entsprechendes gilt für §
2 Abs.
1 Satz 2 [X.].

dem die Rechtsfolgen und das Verfahren zur Erreichung des Ziels künf-[X.]. 16/6293, [X.] durchgehend auf helfende und fördernde Maßnahmen ausgerichtete erzieheri-sche Erwägungen maßgeblich sein können.

Der Gesetzgeber verfolgt mit §§
73 ff. [X.] (wie bislang) das auch im Jugendstrafrecht legitime Ziel, möglichen Beeinträchtigungen des Vertrauens der Rechtsgemeinschaft in die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung zu be-gegnen, die sich ergeben können, wenn Straftä[X.] deliktisch erlangte [X.] dauerhaft behalten dürften (vgl. BT[X.]. 18/9525, [X.], 65; [X.] 110, 1, 29; siehe
auch [X.], Urteil vom 15.
Mai 2018

1
[X.],
NStZ-RR 2018, 241, 242). Mit der Entziehung des deliktisch [X.] wird dem Tä[X.] ebenso wie der Rechtsgemeinschaft vor Augen geführt, dass strafrechts-12
13
-
7
-
widrige Bereicherungen nicht geduldet werden. Das gilt gleichermaßen gegen-über jugendlichen oder heranwachsenden Straftä[X.]n und entspricht der Lage im Zivilrecht. Auch dort besteht kein Anlass, dem (beschränkt geschäftsfähigen) Minderjährigen die Folgen der verschärften Haftung des §
819 BGB zu erspa-ren, wenn und soweit er sich Vorteile durch eine vorsätzliche unerlaubte Hand-lung verschafft hat (vgl. [X.], Urteil vom 7. Januar 1971

[X.], [X.]Z 55, 128, 136 f.; [X.], [X.]O, [X.]
731). Für volljährige junge Erwachsene versteht sich dies von selbst.

Neben der Rechtsgemeinschaft muss dem jugendlichen oder heran-wachsenden Einziehungsbetroffenen vor Augen geführt werden, dass er rechtswidrig erlangte Vermögensvorteile nicht behalten darf und auch im Fall der Entreicherung dafür regelmäßig (vgl. aber § 459g Abs. 5 StPO) einzustehen hat. Demgegenüber wohnt der
([X.] zugleich eine spezial-präventive Funktion inne.

Sofern der [X.] (insbesondere Rn.
27) dahin zu verstehen sein könnte, ein auf generell obligatorische Einziehung zielender Wille des [X.] könne durch einen (etwa) abweichenden, in §
2 [X.] ange-legten Willen früherer Gesetzgeber gewissermaßen überspielt werden, würde der Senat dem schon für sich genommen nicht folgen können.

b) Die Vorschrift des §
8 Abs.
3 Satz
1 [X.] ist entgegen dem [X.] (Rn. 16) kein tauglicher Ausgangspunkt für die [X.] einer Er-messensanordnung der ([X.]. Sie ist in ihrem

auch aus der amtlichen Überschrift ersichtlichen und durch den [X.] in ständiger Rechtsprechung zugrundegelegten (vgl. schon [X.], Urteil vom 13. Juli 1954
14
15
16
-
8
-

1 [X.], [X.]St 6, 258, 259)

engen Anwendungsbereich betreffend (nur) die Zulässigkeit der Verbindung (auch) von Maßnahmen nach §
11 Abs.
1 Nr.
8 [X.] gerade mit [X.], [X.] und Jugendstrafe nicht geändert worden. Es ist nicht ersichtlich, dass und aus welchem Grund die Norm trotz ihres vor und nach der Reform der Vermögensabschöpfung identi-schen Wortlauts (und mangels eines in diese Richtung zielenden gesetzgeberi-schen Willens) einen grundlegenden Bedeutungswandel erfahren haben könn-te. Der Senat verweist im Einzelnen auf die Ausführungen des 4.
Strafsenats ([X.], Beschluss vom 17. Juni 2019

4
StR 62/19,
Rn. 11 ff.), denen er sich vollumfänglich anschließt.

c) Ein Ermessensvorbehalt folgt auch nicht aus der Möglichkeit der [X.] Gewinnabschöpfung durch Erteilung einer Geldauflage ge-mäß §
15 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und 4, Abs. 1 Satz
2 [X.]. Abs.
2 Nr.
2, auch [X.]. §
23 Abs.
1 Satz
2 [X.]. Wie §
8 Abs.
3 Satz
1 [X.] hat die

durch die Reform abermals nicht tangierte

Vorschrift des §
15 [X.] nur einen einge-schränkten Anwendungsbereich. Schon im Blick darauf kann ihr kein die [X.] im Jugendstrafrecht durchgängig begrenzendes Prinzip ent-nommen werden (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019, [X.]O,
Rn.
15).

[X.]) Dies erweist sich auch an der Entstehungsgeschichte.

Bei der Schaffung des [X.]es ([X.] 1953 [X.] 751) übernahm der Gesetzgeber nicht den bis dahin im Bereich des Jugendstraf-rechts zugelassenen Verfall (§
16 Abs.
2 R[X.]), sondern überließ es der [X.] Strafrechtsreform, die mit dem Verfall zusammenhängenden Rechts-probleme insgesamt zu lösen. Um der Entwicklung nicht vorzugreifen, wurde die genannte Verfallsvorschrift aufgehoben. Stattdessen wurde für die Gewinn-17
18
19
-
9
-
abschöpfung die im Ermessen des [X.] stehende Möglichkeit einer Geldauflage geschaffen (BT[X.]. I/3264, [X.]). Im Zuge der Reform (auch) der Verfallsvorschriften durch das Zweite Strafrechtsreformgesetz vom 4.
Juli 1969 ([X.] I [X.]
717, 734 f.) wurde §
15 Abs.
2 Nr.
2 [X.] zwar beibehalten. Wie un[X.] anderem aus der seinerzeit neu eingeführten Vorschrift des §
76 Satz 1 [X.] hervorgeht ([X.] I 1974 [X.] 469, 526), hat der Gesetzgeber die Anwen-dung des Verfalls umfassend auch für das Jugendstrafverfahren eröffnet. [X.] ist der [X.] in ständiger Rechtsprechung ohne Wei[X.]es von der Zulässigkeit der Anordnung des Verfalls von Wer[X.]satz ne-ben [X.], [X.] und
Jugendstrafe ausgegangen (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Juni 2010

4
[X.], [X.]O, [X.] 178
f. [X.]).

[X.] hat es der Gesetzgeber in den Anwendungsfällen des §
15 [X.] bewusst bei einem Nebeneinander der beiden Rechtsinstitute belassen. Dass er einen etgl. [X.], Beschluss vom 17.
Juni
2019

4
StR 62/19,
Rn. 15) im Sinne eines das Recht des Verfalls bzw. der Einziehung insgesamt erfassenden Vorrangs insbesondere des in §
15 Abs.
2 Nr.
2 [X.] enthaltenen Rechtsgedankens lösen wollte, liegt fern. Das gilt in gleicher Weise für die Zeit vor und nach der Reform der [X.]. Sehr viel näher liegt die Annahme, dass den spä[X.] eingefügten, auch für das Jugendstrafrecht zwingend ausgestalteten Regelungen zum Verfall bzw. der Einziehung

vorbehaltlich etwaiger Absehensentscheidungen nach §
421 StPO

auflage nach §
15 [X.] gebührt.

bb) Darüber hinaus würde eine Verallgemeinerung vor allem der in §
15 Abs.
2 Nr.

Jugendstrafrecht auf die Wiedereinführung des vom Gesetzgeber in Bezug auf 20
21
-
10
-
die gesamte [X.] bereits 1992 aufgegebenen [X.]. Dabei wäre die Gewinnabschöpfung sogar noch auf die Fälle be-schränkt, in denen keine Entreicherung eingetreten ist. Dem Gesetz und dem dahin[X.]stehenden Willen auch des [X.]s, der das [X.] nochmals stärken wollte (vgl. BT[X.]. 18/9525, [X.]
55), liefe eine solche An-schauung offensichtlich zuwider (vgl. [X.], [X.]O, [X.]
731).

3. Auch die im [X.] betreffend § 459g Abs. 5 StPO ange-führten Bedenken führen zu keinem anderen Ergebnis.

a) Durch §
459g Abs.
5 Satz
1 StPO ist der Einziehungsbetroffene [X.] wirkungsvoll vor übermäßigen Eingriffen geschützt wie durch §
73c [X.] aF (vgl. [X.], Urteile vom 15. Mai 2018

1 [X.], NStZ-RR 2018, 241, 242; vom 8.
Mai 2019

5
StR 95/19; Beschluss vom 22.
März 2018

3 StR 577/17, [X.], 427). Dies gilt auch für Jugendliche und Heranwachsende (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019

4 StR 62/19,
Rn.
17; [X.], [X.]O, [X.]
732). Bei einer Entreicherung oder sonstigen Unverhältnismäßigkeit der Voll-streckung stellt sich die Neuregelung für den Angeklagten sogar günstiger dar, weil nach §
459g Abs.
5 Satz 1 StPO eine Vollstreckung der Einziehungsanord-nung zwingend zu un[X.]bleiben hat (vgl. [X.], Urteile vom 27. September 2018

4
StR 78/18, NStZ-RR 2019, 22, 23; vom 8.
Mai 2019

5
StR 95/19,
Rn. 6;
Beschluss vom 22.
März 2018

3 StR 577/17, [X.]O). Dabei ermöglicht es die [X.]. 18/9525, [X.]
94) der ([X.]sentscheidung auch [X.] auf der Vollstreckungsebene zu vermeiden
(vgl. [X.], Urteile vom 15.
Mai
2018

1 [X.], [X.]O, 243; vom 8. Mai 2019

5
StR 95/19).

22
23
-
11
-
Die durch das Gericht (§
459g Abs.
5 Satz 1 StPO) vorzunehmende Här-tefallprüfung ist bei Jugendlichen und Heranwachsenden dem Jugendrich[X.] als [X.] übertragen (§
82 Abs.
1 [X.]). Damit ist gewährleistet, dass außer dem Umstand der Entreicherung sowie sonstigen für die [X.] maßgeblichen Gesichtspunkten auch erzieherischen Erwägungen sowie dem Gedanken der Resozialisierung Rechnung getragen werden kann (vgl.
[X.], 8. Aufl., §
459g Rn. 16; [X.], [X.]O, [X.]
233). Es ist nicht zu be-fürchten, dass der Jugendrich[X.] zur Bewertung der Auswirkungen [X.] Maßnahmen auf den Jugendlichen oder Heranwachsenden im Voll-streckungsverfahren generell weniger in der Lage sein könnte als im Erkennt-nisverfahren. Hiergegen spricht auch, dass ihm

je nach Zeitablauf

hinsicht-lich des Entwicklungsstandes und der sonstigen Situation des Betroffenen etwa nach Jugendstrafvollzug sogar eine brei[X.]e Beurteilungsbasis zur Verfügung stehen kann.

b) Die Möglichkeit der Wiederaufnahme nach §
459g Abs.
5 Satz 2 StPO für den Fall, dass nachträglich Umstände bekannt werden oder eingetreten sind, die der Absehensentscheidung den Boden entziehen, macht keine abwei-chende Beurteilung notwendig. Aufgrund der Anlehnung an §
459g Abs.
5 Satz 1 StPO wird die Vollstreckung nur wieder aufgenommen, wenn sie sich als Kehrseite der Anordnung des Un[X.]bleibens darstellt. Erzieherische Gesichts-punkte können bei der

[X.] zu treffenden (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.]., §
459g Rn.
14)

Entscheidung hier wiederum Berücksichtigung finden. Auch bei etwa-igen Maßnahmen nach §
459g Abs.
3 StPO ([X.] Rn. 22), die nur in Betracht kommen, wenn eine begründete Erfolgsaussicht besteht (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.]O, §
459g Rn. 9), können und müssen die Belan-ge der jugendlichen bzw. heranwachsenden Einziehungsbetroffenen beachtet 24
25
-
12
-
werden. Damit verlieren die im [X.] (Rn.
22) geltend gemachten Bedenken auch un[X.] dem Blickwinkel langer Verjährungsfristen wesentlich an Gewicht.

4. Zusammenfassend stellt es demnach eine bewusste Entscheidung
des Gesetzgebers dar, die Verhältnismäßigkeitsprüfung aus dem Erkenntnis-verfahren in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern (§
459g Abs.
5 Satz 1 StPO). Sie ist als solche bis zur Grenze einer

nach Auffassung des Senats nicht gegebenen

Verfassungswidrigkeit von der Judikative hinzunehmen. Einwände gegen das gesetzliche Grundkonzept oder Rechtsprobleme, die sich aus Detailregelungen ergeben könnten, berechtigen die ordentliche Gerichts-barkeit nicht, das gesetzgeberische Konzept durch ein eigenes zu ersetzen. Demgemäß scheidet es auch im Lichte
der im [X.] (Rn.
21
ff.) am
setzgeberische Entscheidung für das Jugendstrafrecht mithin umzukehren und die für das Vollstreckungsverfahren neu geschaffenen Vorschriften in der Folge setzgeber beim Wort zu nehmen; ihn zu korrigieren, is([X.], Beschluss vom 24. Oktober
2019

1 StR 173/19,
Rn.
6).

Sander
Schneider
König

Berger

Mosbacher

26

Meta

5 ARs 20/19

06.02.2020

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2020, Az. 5 ARs 20/19 (REWIS RS 2020, 11886)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11886

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

1 StR 467/18

4 StR 126/10

1 StR 651/17

3 StR 577/17

1 StR 173/19

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