Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2021, Az. GSSt 2/20

Großer Senat für Strafsachen | REWIS RS 2021, 9393

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Gegenstand

Jugendgerichtsverfahren: Einziehung des Wertes von Taterträgen bei Anwendung von Jugendstrafrecht


Leitsatz

Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Satz 1 StGB) steht auch bei Anwendung von Jugendstrafrecht nicht im Ermessen des Tatgerichts.

Tenor

Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Satz 1 StGB) steht auch bei Anwendung von Jugendstrafrecht nicht im Ermessen des Tatgerichts.

Gründe

I.

1

Gegenstand der Vorlegung ist die Frage, ob die Einziehung des Wertes von [X.] nach § 73c Satz 1 StGB im Jugendstrafrecht – anders als im allgemeinen Strafrecht – im Ermessen des Tatgerichts steht.

2

1. In dem beim 1. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das [X.] den Angeklagten – einen im Tatzeitraum Heranwachsenden – unter anderem wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und vielfacher Betrugstaten zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen erbeutete der Angeklagte durch die Taten Geld und Waren im Gesamtwert von etwa 17.000 Euro, wobei dem Urteil zu entnehmen ist, dass er nicht mehr bereichert und [X.] ist. Das [X.] hat angenommen, dass die Einziehungsentscheidung im [X.] namentlich wegen des das Jugendstrafrecht beherrschenden [X.] im Ermessen des Tatgerichts stehe. Auf dieser Basis hat es von der Einziehung des Wertes von [X.] abgesehen. Diese würde den Angeklagten entmutigen und der Versuchung aussetzen, erneut Straftaten zu begehen.

3

2. Der 1. Strafsenat möchte die gegen die [X.] der Einziehung gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft verwerfen. Aufgrund der neuen Regelungen der Vermögensabschöpfung stehe die Entscheidung über die Einziehung von [X.] und des Wertes von [X.] (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) im Jugendstrafverfahren nach seiner Auffassung im Ermessen des Tatgerichts (§ 8 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Die dem [X.] danach zustehende Ermessensausübung sei – soweit entscheidungsrelevant – rechtlich nicht zu beanstanden.

4

3. An einer auf diese Rechtsauffassung gestützten [X.] hat sich der 1. Strafsenat durch Entscheidungen des 2. und 5. Strafsenats gehindert gesehen, wonach [X.] nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB bei Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen im Jugendstrafrecht gleichfalls zwingend anzuordnen seien (vgl. [X.], Urteile vom 21. November 2018 – 2 [X.], [X.], 221, 222; vom 24. Mai 2018 – 5 [X.] und 624/17; vom 8. Mai 2019 – 5 [X.], [X.]R StGB § 73 nF Anwendungsbereich 1; Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 [X.]). Er hat deshalb gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 [X.] bei diesen Strafsenaten angefragt, ob sie an entgegenstehender Rechtsprechung festhielten. Ferner hat er beim 3. und 4. Strafsenat angefragt, ob dortige Rechtsprechung entgegenstehe und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten werde (Beschluss vom 11. Juli 2019 – 1 [X.], [X.], 682 – [X.]).

5

In ihren Antwortbeschlüssen haben der 2. und 5. Strafsenat an ihrer Rechtsprechung festgehalten (Beschlüsse vom 6. Mai 2020 – 2 [X.]; vom 6. Februar 2020 – 5 [X.], [X.], 124). Der 4. Strafsenat hat mit Beschluss vom 10. März 2020 (4 [X.], [X.], 261) unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 15. Januar 2019 (4 [X.]) geantwortet, dass seine Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung des 1. Strafsenats entgegenstehe und er bei dieser bleibe. In gleicher Weise hat sich der 6. Strafsenat geäußert (Beschluss vom 1. Dezember 2020 – 6 [X.]). Rechtsprechung des 3. Strafsenats steht nach dessen Auskunft nicht entgegen (Beschluss vom 16. Oktober 2019 – 3 [X.]/19).

II.

6

Mit Beschluss vom 8. Juli 2020 (1 [X.]) hat der 1. Strafsenat dem [X.] gemäß § 132 Abs. 2 [X.] folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Steht die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von [X.] nach § 73c Satz 1 StGB im Jugendstrafverfahren im Ermessen des Tatgerichts (§ 8 Abs. 3 Satz 1 [X.])?

7

Der 1. Strafsenat hat ausgeführt, die [X.] sei gegenüber dem [X.] eingeschränkt, weil nur die Einziehung des Wertes von [X.] entscheidungserheblich sei und die Einziehung von im Vermögen des Jugendlichen oder Heranwachsenden (noch) vorhandenen [X.] gemäß § 73 Abs. 1 StGB erzieherisch geboten sein dürfte. Eine Kollision mit dem Erziehungsgedanken ergebe sich in der Regel lediglich in der hier vorliegenden Konstellation der Einziehung des Wertes von [X.], wenn der Täter nicht mehr bereichert und [X.] sei. Im Übrigen halte er an seiner Rechtsauffassung fest.

8

Der [X.] hat beantragt zu beschließen:

Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von [X.] nach § 73c StGB steht im Jugendstrafverfahren nicht im Ermessen des Tatgerichts.

III.

9

Die Vorlegung ist sowohl aus Gründen der Divergenz (§ 132 Abs. 2 [X.]) als auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 132 Abs. 4 [X.]) zulässig.

1. Die Voraussetzungen einer Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 [X.] liegen vor, weil die beabsichtigte Entscheidung von der Rechtsprechung des 2., 4., 5. und 6. Strafsenats abweichen würde. Die Rechtsfrage ist für den Ausgang des dortigen Strafverfahrens auch entscheidungserheblich. Der 1. Strafsenat kann die Revision der Staatsanwaltschaft nur dann vollumfänglich verwerfen, wenn er entgegen der Rechtsprechung der genannten Strafsenate die von ihm auch im Übrigen als rechtsfehlerfrei angesehene Einziehungsentscheidung nach § 73c Satz 1 StGB bei Anwendung von Jugendstrafrecht als vom tatrichterlichen Ermessen abhängig erachtet.

2. Darüber hinaus ist die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 4 [X.]. Denn sie reicht über den Einzelfall hinaus und kann sich jederzeit wieder stellen, wobei ihre Beantwortung voraussichtlich Bedeutung für eine große Zahl weiterer Verfahren erlangen wird (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 24. Juli 2017 – [X.], [X.]St 62, 247 Rn. 1 mwN).

IV.

Der [X.] beantwortet die Rechtsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.

Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung durch Gesetz vom 13. April 2017 ([X.] I S. 872) rechtfertigt nicht die Annahme, [X.] nach § 73c Satz 1 StGB stünden bei Anwendung von Jugendstrafrecht – anders als im allgemeinen Strafrecht – nunmehr im Ermessen der Jugendgerichte. Eine Statuierung von Ermessensentscheidungen findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr rechnet der zwingend ausgeformte § 73c Satz 1 StGB zu den „allgemeinen Vorschriften“, die nach § 2 Abs. 2 [X.] unverändert auch im Jugendstrafrecht anzuwenden sind, sofern nichts anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung enthält das [X.] nicht. Eine solche ist namentlich nicht in der lediglich die Kumulation von Rechtsfolgen betreffenden Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] zu erblicken.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die neue Gesetzeslage keiner bewussten gesetzgeberischen Entscheidung entsprungen ist, sind nicht vorhanden. Die neuen Bestimmungen werfen auch keine derart gewichtigen jugendspezifischen Probleme auf, dass eine sich in den Gesetzesmaterialien widerspiegelnde Diskussion zwingend zu erwarten gewesen wäre, mangels derer von einer planwidrigen Gesetzeslücke ausgegangen werden müsste, die durch richterliche Rechtsfortbildung im Sinne des [X.] gefüllt werden könnte.

1. Die vormalige Rechtslage in ihrer Ausformung durch den [X.] musste dem Gesetzgeber keinen Anlass zu einer ausdrücklichen Problemerörterung geben. Die bereits nach „altem“ Recht obligatorisch ausgestalteten Verfallsregelungen der §§ 73, 73a StGB in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung waren gemäß ständiger Rechtsprechung des [X.]s ohne Einschränkung im Jugendstrafrecht anzuwenden (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 [X.], [X.]St 55, 174, 177 f. mwN; s. auch [X.], Beschluss vom 8. Mai 2019 – 5 [X.], aaO). Inbegriffen waren der Grundsatz der zwingenden Verfallsanordnung sowie das sog. [X.]. Dies galt gleichermaßen in Fällen, in denen der Wert des [X.] nicht mehr im Vermögen des jungen Straftäters vorhanden war. Der Vermeidung von Härten diente – wie im allgemeinen Strafrecht – allein die Vorschrift des § 73c StGB aF. Der [X.] hat auf diesbezügliche Einwendungen einer Jugendstrafkammer hin weder erwogen, dass die Verfallsanordnung gemäß dem bereits seinerzeit unverändert geltenden § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] im Ermessen des Jugendgerichts stehe, noch hat er unter Hinweis auf § 15 [X.] systematische Bedenken erhoben oder die Geltung des [X.]s im Jugendstrafrecht grundsätzlich in Zweifel gezogen. Vielmehr hat er betont, dass die gesetzgeberische Wertentscheidung nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen unterlaufen werden dürfe (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 [X.], aaO).

2. Im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 ([X.] I S. 872) wurde der zwingende Charakter von [X.] nach §§ 73, 73c StGB beibehalten. Jedoch wurde die „Härtefallregelung“ in das Vollstreckungsverfahren verlagert (§ 459g Abs. 5 Satz 1 [X.]). Damit sollten die Beweisaufnahme von schwierigen Finanzermittlungen entlastet und Hemmnisse für eine effektive Vermögensabschöpfung beseitigt werden (vgl. BT-Drucks. 18/9525, [X.]). Beide Gedanken haben auch für das Jugendstrafverfahren Gültigkeit, ohne dass dies gesonderter Erläuterung bedürfte.

Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber das Jugendstrafrecht gleichsam „unbewusst“ in das vorstehende Konzept einbezogen haben könnte. Zwar wird die Frage in den Gesetzesmaterialien nicht näher erörtert. Zum Zweck der Erstreckung der §§ 73, 73c StGB auf das Jugendstrafrecht mussten jedoch keine Sonderregelungen geschaffen werden, die dann der Einzelbegründung bedurft hätten. Zudem hat der Gesetzgeber in der – wenngleich redaktionellen – Änderung des § 76 Satz 1 [X.] die Zulässigkeit der Einziehung von Vermögenswerten im vereinfachten Jugendverfahren ausdrücklich bestätigt. Der Regierungsentwurf führt hierzu aus, dass der Zusatz „von [X.]“ nicht erforderlich sei, „weil sowohl die Einziehung von [X.] als auch die Einziehung von [X.], [X.] und [X.] erfasst sein sollen und mit dem Begriff ‘Einziehung’ alle Varianten abgedeckt“ würden (BT-Drucks. 18/9525, [X.]). Mangels jeglicher Modifikationen liefert die Änderung Zeugnis dafür, dass den neuen Regelungen für das Jugendstrafrecht umfassende Geltung verschafft werden sollte (vgl. zu § 76 Satz 1 [X.] schon [X.], Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 [X.], aaO, [X.]; zust. [X.], aaO, [X.]). Der Entscheidung des Gesetzgebers liegt ersichtlich die Auffassung zugrunde, dass erzieherischen sowie resozialisierenden Belangen nach neuem Recht Rechnung getragen werden kann, dies jedoch – wie im allgemeinen Strafrecht – künftig im Vollstreckungsverfahren (§ 459g Abs. 5 [X.]) statt wie bisher (§ 73c StGB aF) im Erkenntnisverfahren (vgl. [X.], Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 [X.], aaO; s. auch [X.]/[X.], [X.], 730, 731; [X.], [X.] 2018, 231, 232 f.; [X.], [X.] 2018, 415, 416 f.).

Zugleich liefe es dem Gesetz und dem dahinter stehenden Willen des Gesetzgebers zuwider, die [X.] im Erkenntnisverfahren ohne begleitende Maßgaben dem freien Ermessen der Jugendgerichte zu überantworten, das Reformkonzept für das Jugendstrafrecht dabei insoweit umzukehren und die für das Vollstreckungsverfahren neu geschaffenen Vorschriften dort in der Folge im Wesentlichen leerlaufen zu lassen.

3. Die Reform macht im Blick auf hergebrachte Prinzipien des Jugendstrafrechts keine Neubewertung der Rechtslage durch die Rechtsprechung notwendig oder auch nur möglich. Die Neuregelung steht mit [X.] nicht in einem unverträglichen Spannungsverhältnis.

a) Aus § 2 Abs. 1 [X.] ergibt sich kein die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB überlagernder Rechtssatz, der die zwingende Anwendung dieser Einziehungsregelungen mit im Vollstreckungsverfahren nachfolgender Härtefallprüfung ausschließt. Zwar hat die Auslegung des [X.]es dem primären Ziel des Jugendstrafrechts zu folgen, dass sich Jugendliche und Heranwachsende künftig gesetzestreu verhalten und nicht erneut straffällig werden (Spezialprävention, § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 13. Juli 1954 – 1 [X.], [X.]St 6, 258, 259 [zu § 401 Abs. 2 [X.]]). Dies rechtfertigt es aber nicht, § 2 Abs. 1 [X.] als eine Art „[X.]“ (vgl. [X.]/[X.], [X.] 2018, 219, 222; ähnlich schon [X.], [X.], 272) zu begreifen.

Die Vorschrift bietet neben der inhaltlichen Bestimmung der Eigenart jugendstrafrechtlicher Sanktionen eine Orientierungshilfe für die Interpretation unbestimmter Rechtsbegriffe im [X.] (vgl. BT-Drucks. 16/6293, [X.]). Die Formulierung „vor allem“ in § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] macht dabei deutlich, dass neben spezialpräventiven Zielen auch andere [X.] zu berücksichtigen sind. Entsprechendes gilt für § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Die Norm bekennt sich zum „Erziehungsgedanken als Leitprinzip“, an dem die Rechtsfolgen und das Verfahren zur Erreichung des Ziels künftiger Legalbewährung „vorrangig“ auszurichten sind (vgl. BT-Drucks. 16/6293, [X.] f.). Durch den Zusatz „vorrangig“ wird dabei zum Ausdruck gebracht, dass nicht durchgehend auf helfende und fördernde Maßnahmen ausgerichtete erzieherische Erwägungen maßgeblich sein können.

Der Gesetzgeber verfolgt mit §§ 73 ff. StGB (wie schon nach vormaligem Recht) das auch im Jugendstrafrecht legitime Ziel, möglichen Beeinträchtigungen des Vertrauens der Rechtsgemeinschaft in die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung zu begegnen, die sich ergeben können, wenn Straftäter deliktisch erlangte Vermögenswerte dauerhaft behalten dürften (sog. „positive“ Generalprävention, vgl. BT-Drucks. 18/9525, [X.], 65; [X.] 110, 1, 29; s. auch [X.], Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 [X.], [X.]R StGB § 73c Verhältnismäßigkeit 1). Mit der Entziehung des deliktisch [X.] oder dessen Wertes wird dem Täter ebenso wie der Rechtsgemeinschaft vor Augen geführt, dass strafrechtswidrige Bereicherungen nicht geduldet werden. Das gilt gleichermaßen gegenüber jugendlichen oder heranwachsenden Straftätern. Es unterliegt dabei keinem Zweifel, dass (auch) jugendstrafrechtliche Sanktionen, einschließlich schuldindifferenten Ausgleichsmaßnahmen, zumindest als „Nebeneffekt“ generalpräventiv wirken und wirken sollen (vgl. BT-Drucks. 16/6239, S. 10; s. auch [X.], Beschluss vom 30. September 1985 – 3 [X.]; [X.]/[X.]/Sonnen, [X.], 8. Aufl., § 2 Rn. 1; [X.], [X.] 2012, 124, 125; weitergehend etwa [X.] in Festschrift [X.], 2010, [X.], 224 f.; [X.], [X.] 2013, 86, 91 ff.).

Dem entspricht die Lage im Zivilrecht. Auch dort werden dem (beschränkt geschäftsfähigen) Minderjährigen bei einer Entreicherung die Folgen der verschärften Haftung des § 819 BGB nicht erspart, wenn und soweit er sich Vorteile durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung verschafft hat und er analog § 828 Abs. 3 BGB die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte (vgl. [X.], Urteil vom 7. Januar 1971 ‒ [X.], [X.]Z 55, 128, 136 f.; [X.], aaO, [X.] f.; [X.]/[X.], aaO, S. 731). Für volljährige junge Erwachsene versteht sich dies von selbst.

Neben der Rechtsgemeinschaft muss dem jugendlichen oder heranwachsenden Einziehungsbetroffenen vor Augen geführt werden, dass er rechtswidrig erlangte Vermögensvorteile nicht behalten darf und, abgesehen von besonderen Umständen (§ 459g Abs. 5 [X.]), auch im Fall der Entreicherung dafür einzustehen hat. Angesichts dessen wohnt der Einziehung von [X.] und deren Wert zugleich eine spezialpräventive Funktion inne, lässt sich mithin im Einzelfall unschwer mit dem Erziehungsgedanken vereinbaren. Soweit [X.] (noch) im Vermögen des Delinquenten vorhanden sind, ist deren Abschöpfung in besonderem Maße erzieherisch geboten, was nunmehr im Grundsatz auch der Auffassung des vorlegenden Senats entspricht (vgl. [X.] Rn. 12).

b) Der [X.] hat die Härtefallprüfung entgegen dem [X.] (Rn. 36) nicht etwa „abgeschafft“. Vielmehr hat er sie aus den bereits genannten Gründen in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Das gesetzgeberische Konzept fügt sich ohne wesentliche Brüche in die Systematik des Jugendstrafrechts ein.

aa) Es existiert [X.] des Inhalts, dass Rechtsfolgen durchgängig oder nahezu durchgängig im Zeitpunkt der Urteilsverkündung festzulegen sind. Über die §§ 27 und 61 [X.] hinaus ist im Jugendstrafrecht eine Fülle von dem Erkenntnisverfahren nachgehenden [X.] zu treffen (vgl. z.B. § 7 Abs. 2 ff., § 11 Abs. 2, § 15 Abs. 3 Satz 1, § 22 Abs. 2 Satz 2, § 23 Abs. 1 Satz 3, § 24 Abs. 2, § 112a Nr. 3 Satz 2 [X.]). Sie zielen überwiegend gerade auf die Verwirklichung des [X.]. Dabei werden – insbesondere im Blick auf die Möglichkeit, selbst verschuldensunabhängige Sanktionen zu verschärfen – sogar Einschränkungen der Rechtskraft in Kauf genommen (vgl. [X.]/[X.]/Sonnen, aaO, § 11 Rn. 5; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 11 Rn. 5; [X.]/[X.]/[X.]/Wulf, [X.], § 11 Rn. 13). Diese gehen teils weit über das im allgemeinen Strafrecht zulässige Maß hinaus. Da im Rahmen von § 459g Abs. 5 [X.] [X.] lediglich abgemildert, nicht aber verschärft werden können, resultiert spezifisch aus einer nachgehenden Entscheidung kein Konflikt mit dem Erziehungsgedanken.

[X.]) Der das Zuchtmittel der Geldauflage betreffenden Regelung des § 15 [X.] (auch [X.]. § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.]) lässt sich kein die Vorteilsabschöpfung im Jugendstrafrecht schlechthin begrenzendes Prinzip entnehmen (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 15), das der vom Gesetzgeber getroffenen Wertentscheidung durchgreifend entgegengehalten werden könnte. Wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift erweist (dazu ausführlich [X.], Beschluss vom 6. Februar 2020 – 5 [X.], aaO, [X.]), hat es der Gesetzgeber in den Anwendungsfällen des § 15 [X.] bewusst bei einem Nebeneinander dieser Regelungen mit dem Rechtsinstitut der Einziehung bzw. des vormaligen Verfalls belassen. Dabei erscheint ausgeschlossen, dass er einen etwa daraus resultierenden „Zielkonflikt“ (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19, Rn. 15) im Sinne eines das Recht des Verfalls bzw. der Einziehung insgesamt erfassenden Vorrangs insbesondere des in § 15 Abs. 2 Nr. 2 [X.] enthaltenen Rechtsgedankens lösen wollte. Das gilt in gleicher Weise für die Zeit vor und nach der Reform der Vermögensabschöpfung. Näher liegt die Annahme, dass den später eingefügten, auch für das Jugendstrafrecht von Anfang an zwingend ausgestalteten Regelungen zum Verfall bzw. der Einziehung – vorbehaltlich etwaiger Absehensentscheidungen gemäß § 421 [X.] – der Vorrang gegenüber einer „Gewinnabschöpfung“ durch eine Geldauflage nach § 15 [X.] gebührt (vgl. auch [X.], aaO, [X.]).

Darüber hinaus würde eine Verallgemeinerung vor allem der in § 15 Abs. 2 Nr. 2 [X.] enthaltenen Regelung zum Entzug von „Gewinnen“ für das Jugendstrafrecht auf die Wiedereinführung des vom Gesetzgeber in Bezug auf die gesamte [X.] bereits 1992 aufgegebenen Nettoprinzips hinauslaufen. Dabei wäre die Abschöpfung sogar noch auf die Fälle beschränkt, in denen keine Entreicherung eingetreten ist. Dem Gesetz und den damit verfolgten Intentionen auch des [X.]s, der das [X.] nochmals stärken und Hemmnisse für eine effektive Vermögensabschöpfung bei Wegfall der Bereicherung beseitigen wollte (vgl. BT-Drucks. 18/9525, [X.], 55), liefe eine solche Anschauung zuwider (vgl. [X.]/[X.], aaO, S. 731).

cc) Der Beschleunigungsgrundsatz streitet für das gesetzgeberische Konzept. Denn das Erkenntnisverfahren wird hierdurch von Finanzermittlungen entlastet (dazu schon oben Ziff. 2), die sich aufgrund der damit einhergehenden erhöhten Intensität des Ermittlungsverfahrens und der zusätzlich belastenden Wirkung des Hauptverfahrens sogar erzieherisch nachteilig auswirken könnten. Letzteres gilt auch dann, wenn man aus dem Erziehungsgedanken eine Beschränkung der obligatorischen Anwendung der [X.] auf die Einziehung von noch im Vermögen des Angeklagten vorhandenen [X.] ableitet (vgl. [X.] Rn. 12). Konsequenz wäre – worauf der [X.] zutreffend hinweist – eine verschärfte und gegebenenfalls mit Zwangsmaßnahmen verbundene Ermittlungspflicht zu den Vermögensverhältnissen des Jugendlichen oder Heranwachsenden.

dd) Aus der Unzulässigkeit der Geldstrafe im Jugendstrafrecht (vgl. [X.], Urteil vom 13. Juli 1954 – 1 [X.], aaO, S. 259; Beschluss vom 17. Juni 2010 – 4 [X.], aaO, 177 f.; [X.] Rn. 28) kann nicht auf die Unzulässigkeit der (obligatorischen) Wertersatzeinziehung geschlossen werden. Diese ist weder Strafe noch hat sie strafähnliche Wirkung, was sich auch daran erweist, dass dem Verurteilten im Fall der Uneinbringlichkeit keine Ersatzfreiheitsstrafe droht (vgl. [X.] 110, 1, 14; [X.], Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 [X.], aaO, [X.]). Die Reform hat daran nichts geändert (vgl. [X.], Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 [X.], aaO; [X.], [X.] 2018, 226). Schon deshalb kann aus einer Geldzahlungspflicht keine bereichsspezifische, die Zulässigkeit der Wertersatzeinziehung ausschließende [X.] gefolgert werden. Zudem sind [X.] im jugendrechtlichen Sanktionensystem ausweislich § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4, Abs. 2, auch [X.]. § 23 Abs. 1 Satz 4 [X.], auch ansonsten vorgesehen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 [X.], aaO [X.]).

ee) Der in § 81 [X.] angeordnete Ausschluss der Adhäsion im Verfahren (nur) gegen Jugendliche tritt nicht in Spannung mit dem zwingenden Charakter der [X.]. § 81 [X.] dient dem Zweck, einen kontradiktorischen Streit zwischen den Beteiligten des [X.] und einen damit möglicherweise verbundenen Zeitverzug zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 16/3038, [X.]). Er wird durch die (obligatorische) Abschöpfung von [X.] nicht beeinträchtigt. Ein Grundsatz des Inhalts, dass das Jugendgericht im Verfahren gegen Jugendliche nicht mit [X.] befasst werden dürfe ([X.] Rn. 33), ist § 81 [X.] deshalb nicht zu entnehmen. Es begründet dabei keinen Wertungswiderspruch, wenn das Jugendgericht die vom Täter erlangte Beute oder deren Wert einzieht, worauf die materiellen Ansprüche des Verletzten im Vollstreckungsverfahren befriedigt werden. Zwar wird der Geschädigte durch § 81 [X.] aus den genannten jugendspezifischen Gründen vom Adhäsionsverfahren ausgeschlossen. Dies bedeutet aber nicht, dass er nicht mithilfe der Strafjustiz die ihm gebührende Wiedergutmachung erhalten dürfte.

ff) Sofern spezialpräventive Gründe im Einzelfall gegen die Einziehung des Wertes von [X.] sprechen, kann die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung nach der in der Wortfassung an die „Härtefallregelung“ des § 73c StGB aF angelehnten Vorschrift des § 459g Abs. 5 Satz 1 [X.] unterbleiben.

(1) Die Vorschrift ist im Jugendstrafverfahren anwendbar (vgl. [X.], Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 [X.], aaO; Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 16; [X.], aaO, [X.]; [X.], [X.], 648, 650). Dass im Rahmen von § 459g Abs. 5 [X.] Umstände maßgeblich sein können, die bereits im Erkenntnisverfahren vorlagen, [X.] den Prinzipien des Jugendverfahrens nicht (dazu schon oben [X.]). Die dagegen mit der Begründung systemwidriger Verlagerung von [X.] vorgebrachten Einwände (vgl. [X.] Rn. 23 f.) zielen im [X.] gegen die gesetzgeberische Wertentscheidung, § 73c StGB aF zu streichen, und zeigen keine [X.] Konfliktpunkte auf.

(2) Durch § 459g Abs. 5 Satz 1 [X.] ist der Einziehungsbetroffene ebenso wirkungsvoll vor übermäßigen Eingriffen geschützt wie durch § 73c StGB aF (vgl. [X.], Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 [X.], aaO; vom 8. Mai 2019 – 5 [X.]; Beschluss vom 22. März 2018 ‒ 3 StR 577/17, [X.], 427). Dies gilt auch für Jugendliche und Heranwachsende, soweit Jugendstrafrecht Anwendung findet (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 17; [X.]/[X.], aaO, S. 732). Bei einer Entreicherung oder sonstigen Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung stellt sich die Neuregelung für den Angeklagten sogar günstiger dar, weil nach § 459g Abs. 5 Satz 1 [X.] gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Vollstreckung der [X.] zwingend zu unterbleiben hat (vgl. [X.], Urteile vom 27. September 2018 – 4 [X.], NStZ-RR 2019, 22, 23; vom 8. Mai 2019 – 5 [X.], aaO; Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17, aaO). Dabei ermöglicht es die allgemeine [X.], eine „erdrückende Wirkung“ (vgl. BT-Drucks. 18/9525, [X.]4) der Einziehungsentscheidung auch jenseits der Entreicherung auf der Vollstreckungsebene zu vermeiden (vgl. [X.], Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 [X.], aaO; vom 8. Mai 2019 – 5 [X.], aaO).

(3) Die durch das Gericht (§ 459g Abs. 5 Satz 1 [X.]) vorzunehmende Härtefallprüfung ist bei Jugendlichen und Heranwachsenden dem Jugendrichter als [X.] übertragen (§ 82 Abs. 1 [X.]). Im Hinblick darauf, dass die Zielbestimmung des § 2 Abs. 1 [X.] auch für das Vollstreckungsverfahren Geltung beansprucht (vgl. BeckOK [X.]/Putzke, 19. Edition, Stand: 1.11.2020, § 2 Rn. 3; vgl. auch [X.]/[X.], aaO, § 87 Rn. 6a, § 2 Rn. 58; zum Erziehungsgedanken im Vollstreckungsverfahren bereits [X.]/[X.], [X.], 1956, Einführung Rn. 6, § 82 Rn. 5), ist gewährleistet, dass außer dem Umstand der Entreicherung und sonstigen für die Verhältnismäßigkeit maßgeblichen Gesichtspunkten dem Leitprinzip der Erziehung sowie dem Gedanken der Resozialisierung Rechnung getragen wird (vgl. [X.], 8. Aufl., § 459g Rn. 16; [X.], aaO, [X.], [X.], aaO, [X.]). Es ist nicht zu befürchten, dass der Jugendrichter zur Bewertung der Auswirkungen vermögensrechtlicher Maßnahmen auf den Jugendlichen oder Heranwachsenden im Vollstreckungsverfahren generell weniger in der Lage sein könnte als im Erkenntnisverfahren. Hiergegen spricht überdies, dass ihm – je nach Zeitablauf – hinsichtlich des Entwicklungsstandes und der sonstigen Situation des Verurteilten sogar eine breitere Beurteilungsbasis zur Verfügung stehen kann.

(4) Die Möglichkeit der Wiederaufnahme nach § 459g Abs. 5 Satz 2 [X.] für den Fall, dass nachträglich Umstände bekannt werden oder eingetreten sind, die der Absehensentscheidung den Boden entziehen, macht keine andere Beurteilung notwendig. Aufgrund der Anlehnung an § 459g Abs. 5 Satz 1 [X.] wird die Vollstreckung nur dann wieder aufgenommen, wenn sie sich als Kehrseite der Anordnung des Unterbleibens darstellt. Erzieherische Gesichtspunkte können bei der – als actus contrarius ebenfalls durch den Jugendrichter zu treffenden (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 459g Rn. 14) – Entscheidung wiederum Berücksichtigung finden. Auch bei etwaigen Maßnahmen nach § 459g Abs. 3 [X.] (vgl. [X.] Rn. 38), die nur in Betracht kommen, wenn eine begründete Erfolgsaussicht besteht (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 459g Rn. 9), können und müssen die Belange der jugendlichen bzw. heranwachsenden Einziehungsbetroffenen beachtet werden. Damit verlieren die im [X.] (Rn. 39) geltend gemachten Bedenken wegen langer Verjährungsfristen wesentlich an Gewicht. Andererseits wäre es auch unter dem Blickwinkel des [X.] wenig überzeugend, wenn etwa bei einer nachhaltigen Verbesserung der Vermögensverhältnisse des Einziehungsbetroffenen von einer Wiederaufnahme ausnahmslos abgesehen werden müsste.

4. Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] bietet keine Handhabe, nach § 73c Satz 1 StGB obligatorisch ausgestaltete [X.] bei Anwendung von Jugendstrafrecht dem Ermessen des Jugendgerichts anheimzugeben.

a) Allerdings betrifft die Norm über ihren Wortlaut hinaus nicht nur Nebenfolgen und Nebenstrafen, sondern auch Maßnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB, und schließt die Einziehung des Wertes von [X.] ein (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 [X.], aaO, [X.]; [X.] Rn. 14, jeweils mwN). Auch würde ihr Wortlaut, isoliert betrachtet, der vom vorlegenden Senat vertretenen Auffassung nicht zwingend entgegenstehen (vgl. [X.] [Kammer], [X.], 156, 157). Es entspricht indessen ständiger Rechtsprechung des [X.]s, dass der Regelungsgehalt von § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.], wofür auch die amtliche Überschrift streitet, auf die Frage der Kumulation von Rechtsfolgen beschränkt ist. Die Norm gestattet eine Verbindung der dort bezeichneten jugendstrafrechtlichen Sanktionen mit den Maßnahmen, Nebenfolgen und Nebenstrafen des allgemeinen Strafrechts (vgl. schon [X.], Urteil vom 13. Juli 1954 – 1 [X.], aaO, S. 259; Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 11 mwN; [X.]/[X.], aaO, § 8 Rn. 4). Ob die genannten Sanktionen im [X.] überhaupt verhängt werden dürfen, wird hingegen nicht von § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.], sondern von § 6 [X.] beantwortet. Danach sind lediglich die dort genannten Nebenfolgen im Jugendstrafrecht ausgeschlossen, nicht jedoch § 73c Satz 1 StGB.

b) Die Anwendungsvoraussetzungen der Maßnahmen, Nebenfolgen und Nebenstrafen des allgemeinen Strafrechts werden ebenfalls nicht von § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] bestimmt. Sie ergeben sich vielmehr aus dem jeweiligen sanktionsspezifischen Regelungsgefüge (vgl. [X.]/[X.], aaO, § 8 Rn. 4). Inbegriffen ist damit die Frage, ob die Anordnung im Ermessen des Tatgerichts steht (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 11). Ein Ermessen könnte sich demnach nur aus § 73c Satz 1 StGB selbst ergeben, was aber nicht zutrifft.

c) Der Vergleich mit der – im System des [X.]es funktionsgleichen – Vorschrift des § 7 Abs. 1 [X.] bestätigt den eingeschränkten Regelungsgehalt. Ebenso wenig wie für § 7 Abs. 1 [X.] aus der Verwendung des Wortes „können“ auf ein Anordnungsermessen zu schließen ist (vgl. [X.], Urteil vom 20. April 1991 – 4 StR 89/91, aaO, S. 374; Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 12 mwN; [X.]/[X.], aaO, § 7 Rn. 6), ist dem Wort „kann“ in § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] eine solche Bedeutung beizumessen (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 12). Der bis zum 2. März 1974 bestehende Wortlaut („können nur“; [X.], 153 vom 8. März 1973) stand schon aus grammatikalischen Gründen einer anderen Auslegung entgegen. Mit der – abgesehen von der Aufnahme der Führungsaufsicht – lediglich redaktionell motivierten Änderung durch das [X.] vom 2. März 1974 ([X.], 526) war kein Eingriff in den Regelungsgehalt des § 7 [X.] verbunden (vgl. BT-Drucks. 7/550, [X.]; [X.], Beschluss vom 17. Juni 2019 – 4 StR 62/19 Rn. 12).

d) Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] hat aufgrund der Reform der Vermögensabschöpfung keinen Bedeutungswandel im Sinne des [X.] erfahren.

aa) Es kann sicher ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber ihr einen anderen Regelungsgehalt verleihen wollte. Die Norm ist durch das [X.] nicht verändert worden. Hätte der Gesetzgeber die Verbindung von [X.] mit den genannten jugendstrafrechtlichen Sanktionen nur (noch) unter Modifikationen zulassen wollen, so wären ausdrückliche Regelungen etwa in Anlehnung an den Gehalt von § 73c StGB aF und § 459 Abs. 5 [X.] sowie diesbezügliche Erläuterungen in den Materialien zu erwarten gewesen. In dieser Weise ist der Gesetzgeber bei der Normierung von § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] auch vorgegangen, indem er für das Fahrverbot in Abweichung vom allgemeinen Strafrecht eine Begrenzung des Höchstmaßes auf drei Monate normiert hat. In Bezug auf § 73c Satz 1 StGB fehlt es daran.

[X.]) Aus den vorstehend aufgeführten Gründen gibt die Neuregelung der Vermögensabschöpfung keinen Anlass für eine Umdeutung des § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Denn [X.] kann (und muss) auch im Rahmen des gesetzgeberischen Konzepts mit der nunmehr im Vollstreckungsverfahren verankerten Härtefallklausel des § 459g Abs. 5 [X.] Rechnung getragen werden. Ob der vom Gesetzgeber beschrittene Weg die zweckmäßigste aller denkbaren Lösungen darstellt, hat der [X.] nicht zu entscheiden.

[X.] 

        

Raum

        

 Sost-Scheible 

        

Franke

        

Schäfer

        

 Jäger 

        

König 

        

Krehl 

        

 Quentin 

        

Spaniol

        

Cirener

        

 Mosbacher 

                          

 Feilcke 

        

Meta

GSSt 2/20

20.01.2021

Bundesgerichtshof Großer Senat für Strafsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

nachgehend BGH, 3. November 2021, Az: 1 StR 467/18, Urteil

§ 73c S 1 StGB, § 8 Abs 3 S 1 JGG, § 132 Abs 2 GVG, § 459g Abs 5 S 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2021, Az. GSSt 2/20 (REWIS RS 2021, 9393)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9393


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 StR 467/18

Bundesgerichtshof, 1 StR 467/18, 03.11.2021.

Bundesgerichtshof, 1 StR 467/18, 08.07.2020.

Bundesgerichtshof, 1 StR 467/18, 11.07.2019.


Az. 5 ARs 20/19

Bundesgerichtshof, 5 ARs 20/19, 06.02.2020.


Az. 4 ARs 10/19

Bundesgerichtshof, 4 ARs 10/19, 10.03.2020.


Az. 2 ARs 203/19

Bundesgerichtshof, 2 ARs 203/19, 06.05.2020.


Az. 6 ARs 15/20

Bundesgerichtshof, 6 ARs 15/20, 01.12.2020.


Az. GSSt 2/20

Bundesgerichtshof, GSSt 2/20, 20.01.2021.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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(Beantwortung der Anfrage des 4. Strafsenats vom 11. Juli 2019, 1 StR 467/18: Zwingende oder …


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